opir !^ ^^yi^^rt ♦ ■'■>■ ARCHIV DEK PHARMACIE. Zeitschrift des Deutschen Apotheker -Vereins. Herausgegeben vom Directorium unter Redaction V-llV^/^ E. Keichardt. ,' "^;^.'i. Jahrgang, II. Band. Im Selbstverläge des Vereins. In Coniinission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S. 1874. ARCHIV DEE *-*■■* ^ PHARMAGTE. Dritte Eeite , V. Band. Der ganzen Folge CCV. Band. Herausgegeben Directorium des deutschen Apothekervereins unter ßedaction E. Reicliarclt 53. Jahrgang. Im Selbstverlage des Vereins. In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S. 1874: ge- sammelt. *) Vergl. in Betreff dieses groesartlgen IndustriezAvelges ; Flüekiger, lieber die Erdnuss, Archiv der Pharm. 190 (1869) p. 7ü— 84, 4* 52 Ausfuhrproducte Smyrnas und Syriens. Der Abschnitt Storax (p. 145) ist durch zahlreiche Un- genauigkeiten entstellt; der Verfasser ist mit dieser Droge, welche freilich im Welthandel nicht schwer ins Gewicht fällt, wenig vertraut. Der Baum, Liquidambar orientalis Miller, nicht Styrax officinalis L, wie Scherzer angiebt, wird nur in der Umgebung des Busens von Kos ausgebeutet in einer Weise, welche jedes gute pharmacognostische Werk aus neuerer Zeit besser schildert als der Verfasser des vor- liegenden Buches, In Betreff des Scammoniums (p. 144), welches nach seiner Angabe in fast allen Ortschaften der Provinz gewonnen wird, erwähnt Scherzer, dass die Production abnehme. Zum Theil dürfte sich dieses daraus erklären, dass Wurzeln nach England verschifft werden, wo daraus das reine Harz dargestellt wird, da die kleinasiatischen Pro- ducenten ihre Waare immer verfälschen. Die Ausfuhr der Wurzel selbst ist vermuthlich nicht bedeutend; Scherzer gedenkt ihrer nicht. — Nach der Pharmacopoea Germanica wäre sie officinell. lieber die von Smy rna ausgeführte Seifenwurzel enthält das Scherzer'sche Buch (p. 146) die unrichtige An- gabe, sie stamme von Saponaria officinalis L. Die Wurzel wird weiss, dick, knollenförmig genannt, was wohl nur auf die sogenannte ägyptische oder levantische Seifen- wurzel passt , welche in der pharmacognostischen Literatur von Gypsophila Struthium L. abgeleitet wird. Aber auch diese Annahme ist unrichtig, denn die eben genannte Pflanze wächst in Spanien und keineswegs im Orient und besitzt nur eine schwache Wurzel, während die fragliche weisse Seifenwurzel sich durch ungemeinen Umfang auszeich- net. Auch Scherzer bezeugt, dass sie in Ivleinasien ziemlich viel technisch gebraucht werde; die Stammpflanze wachse in den meisten wasserreichen Gegenden Anatoliens. Es müsste daher nicht schwer sein, sie auszumitteln. Süss holz (p. 146) wächst überall in der Provinz in Menge, wird aber mit so geringer Sorgfalt behandelt, dass ea Äusfuhrproducte Smyrnas und Syriens. 53 nur Absatz findet, wenn Spanien und Sicilien*) in ihren Lieferungen zurückbleiben. In der Bereitung des Süssholzsaftes dagegen hat Smyrna, Dank den Engländern, einen Fortschritt aufzuweisen. Während nämlich in Calabrien dieses Geschäft immer noch in rohester Weise betrieben wird, giebt es in Nazli, Sokia, Aidin, Alaschehr ansehnliche mit modernen Einrichtungen ausgestattete Fabriken.**) Bis jetzt bringen sie ihren Lakriz- saft zwar von tadelloser Beschaffenheit, aber nur in Massen, nicht in gerollten Stangen , auf den Markt. Zur Ausfuhr ge- langen ungefähr 5500 Kisten, im Werthe von 300,000 Gul- den; der Artikel gewinnt zusehends an Bedeutung. — Der Merkwürdigkeit halber möge aus dem Scherzer'sohen Buche (p. 144) folgende Stelle hier Raum finden: „Eine in London mit frischer Succus- Masse angestellte Analyse ergab folgendes Resultat: „ 63,3 Succus - Extract 9.1 Asche 4.2 vegetabilische Stoffe 23,4 Wasserstoff" In Betreff der Krappe ultur spricht Scherzer (p. 124) noch keine Befürchtungen aus; es scheint also, dass die in Deutschland erdachte synthetische Darstellung des Alizarins dem anatolischen Bauer noch keine Sorgen macht. Die Pro- vinz liefert jährlich 65000 bis 70000 Centner Krapp, im Werthe von etwa 1,800,000 östr. Gulden; sechsjährige Wurzeln geben die feinste Waare ab. Salep wird nach Scherzer (p. 148) in Mersina (Rhodus gegenüber) Milas und Mugla, die beiden letzteren südöstlich von Smyrna, gewonnen. Die Orientalen haben im frühesten *) Sicilien führt unseres Wissens kein Siissholz aus. **) Wenn diese wirklieh auf den Namen Fabriken Anspruch machen können, so erscheint das Prodiict, das ihnen Scherzer zuschreibt, unbe- greiflich gering. — Nach englischen Berichten beträgt es in der That weit mehr! Englisches Capital ist hei diesem Geschäfte betheiligt, na- mentlich in Sokia unweit Aidin, Bef, 54 Ausfuhrproducte Sniymas und Syriens. Mittelalter diese Knollen in den Arzneischatz eingeführt und preisen sie auch heute noch als Nahrungsmittel für Kinder wie als Arznei so hoch, dass sie gekocht in den Strassen feilgeboten werden. Die Ausfuhr ist in Abnahme begriffen, seitdem Europa den Consum „dieses verhältnissmässig theuren Productes mit anderen Eibisch wurzel - Arten (Althaea officina- lis, Orchis morio, mascula und militaris) ersetzt" — wie das vorliegende Buch meldet. Einen sehr wichtigen Artikel der Ausfuhr Smyrnas bil- det von jeher der Traganth, der am schönsten aus Jalo- wadsch und Burdur, Provinz Hamid, südöstlich von der Pro- vinz Smyrna, nach Smyrna gelangt. Die ßträucher werden im Frühjahr und Sommer angeschnitten und die Ernte Mitte September geschlossen. Die Sortirung, ein sehr zeitraubendes Geschäft, wird erst in Smyrna vorgenommen und fast einzig durch spanische Juden besorgt, deren Voreltern nach der Vertreibung der Mauren aus Spanien der christlichen Intole- ranz weichen mussten. Der Verbrauch des Traganths (in der Industrie) steigt fortwährend; die Ausfuhr Smyrnas schlägt Scherzer auf 4500 Centner im Werthe von 675,000 Gul- den an. Von den 200,000 Centnern Feigen, im Werthe von 2 Mill. Gulden, welche jährlich den Hafen von Smyrna ver- lassen, gehen nach der interessanten Uebersichtstafel der 10 letzten Jahre (p. 135) die grössten Mengen nach England und Amerika. Sie werden vorzugsweise in der schönen Ebene von Aidin getrocknet, auf der Eisenbahn nach Smyrna ge- bracht, hier sortirt und in der Smyrna eigenthümlichen Weise hübsch verpackt. Die Feigen reifen nach und nach, so dass sie die Landbevölkerung vom Juni bis November in Athem erhalten. Noch ungleich wichtiger sind die unter dem Namen R o - 8 inen und Sultaninen bekannten getrockneten Weinbee- ren. Die Hauptpunkte für diese Waare sind 1) die viel- gliederige Halbinsel Tschesmo oder Cesme zwischen Smyrna und der Insel Chios, wo hauptsächlich, meist durch griechi- Aasfuhrproducte Smyrnas und Syriens. 55 sehe Bauern, die grossen rothen Beeren ohne Stiele, die Eleme - Bosinen, gesammelt werden. Tschesme liefert aber auch eben so gut schwarze gross- beerige Bosinen und die kleinbeerigen kernlosen Sultaninen, letztere namentlich am Nordende der Halbinsel bei Karaburun. 2) Vurla, im Alterthum Klazomenä, an der Südküste des Smyrnäischen Golfes. 3) Unter dem Namen Yerli werden auf dem Platze Smyrna die Bosinen und Sultaninen aus der nächsten Umge- bung der Stadt verstanden. 4) Die Insel Samos, ausschliesslich von Griechen bewohnt, liefert ausser schwarzen grossbeerigen Bosinen , eine beson- dere Art rother Bosinen, die Muskateller. 5) Die Insel Stanchio, im Alterthum Kos, erzeugt rothe Beeren. 6) Aus den innern Bezirken der Provinz Smyrna kommen meist Sultaninen. Das Trocknen der Bosinen geschieht nach Scherzer in der Art, dass man sie in kochendes Wasser taucht und dann 8 bis 10 Tage der Sonne aussetzt. Der jährliche Ertrag beläuft sich auf etwa 869,000 Centner, im Werthe von 8 Mill. Gulden, wovon aber ungefähr ^s i^a Lande selbst bleibt. Branntwein wird in grosser Menge aus Trauben be- reitet und zwar in der Form des sogenannten Mastix, Nach Scherzers allzu kurzer Angabe (p. 156) wird der Branntwein mit Mastixharz (siehe oben S. 51) und Anis erwärmt und hierauf entsprechend verdünnt. Dieses Getränk wird in Smyrna selbst und auf Chios in grosser Menge dargestellt, während die Weinbereitung in ganz unbegreiflicher Weise vernachlässigt wird, obwohl sie in Kleinasien die schönsten Aussichten hätte. Ebenso wenig befassen sich die Bauern mit dem Anbaue des Hopfens, der auch sehr gut gedeiht. Aus dem Innern Kleinasiens wie aus der Provinz Smyrna selbst werden jährlich ungefähr 600,000 bis 700,000 Centner Vallonen, im Werthe von etwa 4,800,000 Gulden zur Ausfuhr nach Smyrna gebracht. Diese Waare besteht aus den gerbstoffreichen Kelchen (Bechern) mehrerer Eichenarten; 56 Ausfuhrproducte Smyrnas und Syriens. sie gehen als Gerbe- und Pärbematerial in mehreren Sorten grösstentheils nach England. Kaum den zehnten Theil der obigen Zahlen erreichen in Werth und Ausfuhrquantität die Galläpfel der Provinz 8myrna. Die unreifen Beeren mehrerer ßhamnus - Arten , beson- ders Rhamnus infectoria und llhamnus saxatilis (inol. Rh. tin- ctoria W. u. K.) bilden unter dem Namen Kreuzbeeren oder Gelbbeeren einen Posten von ungefähr 600,000 Gulden unter den Ausfuhren Smyrnas. Sie sind nur vor der Reife reich an Frangulin, dem prächtigen gelbrothen Farbstoffe; die reifen Beeren sehen schwarz aus und dürfen nicht in der Waare vorkommen. Ebenso sind die kleinern grünlichen Beeren aus Morea wenig geschätzt. Von Bienenzucht ist in Kleinasien keine Rede, obwohl es an Bienen nicht fehlt, welchen man in den Wäldern die Erzeugnisse ihres Fleisses abnimmt. Honig und Wachs von vorzüglicher Güte könnten leicht in Menge erzeugt wer- den, wenn bessere wirthschaftliche Zustände zur Geltung gelangen würden. Von hervorragendem pharmaceutischem Interesse sind end- lich noch die Badeschwämme, für welche Smyrna in neuerer Zeit einer der bedeutendsten Stapelplätze gevvoi-den ist, so dass der Ausfuhrwerth dieses Artikels sich auf 600,000 Gulden jährlich beziffert. Die Einsammlung wird hauptsäch- lich von den Inseln Rhodos, Syme (nördlich davon) und Kalym- nos (nördlich von Kos) aus, durch 300 bis 400 Barken betrieben, deren jede mit 5 Tauchern und 2 Ruderern bemannt zu sein pflegt. Erstere vermögen mittelst eines etwa 40 Pfund wie- genden Senksteines bis 55 Ellen tief zu gehen und 3 bis 4 Minuten unter Wasser auszuhalten, doch nur bei ruhiger See. Sie schneiden mit dem Messer rasch die Schwämme los, stecken sie in einen Sack und geben das Zeichen zum Hinaufziehen. Ungefähr 50 Barken sind nun bereits mit Tau- cher-Apparaten versehen, welche bei jeder Witterung die- nen können und den Tauchern ein Verweilen von ^2 ^^^ ^ Stunden in der Tiefe gestatten. Diese übrigens in steter Ver- Ausfuhrproducte Smyrnas und Syriens. 67 voUkommniing begriffenen Taucherglocken gehen jedoch vor- läufig nur 20 Ellen tief, während die besten Schwämme aus grössern Tiefen stammen. Die lebenden Schwämme enthalten milchige Gallerte in einer schwarzen Umhüllung, wovon sie zunächst durch Mes- ser und durch Pressen mit den Füssen befreit werden. Die weitere Reinigung geschieht durch Waschen, Trocknen und Bleichung, worauf sie sortirt- und zurechfc geschnitten werden. Die Provinz Smyrna besitzt eine grosse Anzahl heisser Quellen, welche zu genauerer Untersuchung einladen und ohne Zweifel eine bedeutende Zukunft haben. Die Therme von Polichnito auf Mytilene soll (p. 183) 100 <> C. zeigen. Scherzer fordert die Chemiker zum Studium dieser Mine- ralwasser auf und fügte seiner Schrift eine Karte über ihre Vertheilung in der Provinz bei. Von speciell pharmaceutischem Interesse sind die Bemer- kungen Scherzer's (p. 233) über Drogen und chemische Prä- parate, die oft in sehr gewissenloser Art eingeführt werden. So sollen Tausende (I?) von Flaschen nait schwefelsaurem Chinin „in die Provinz gehen," welche grösstentheils Mag- nesia und Salicin enthalten. Da der Verbrauch an Drogen sehr gross ist, so müsste sich dort für ehrliche Apotheker ein lohnender Wirkungskreis finden. Deutsche Präparate haben in letzter Zeit die französische Concurrenz bis auf einige Pariser Specialitäten aus dem Felde geschlagen. Ein Hauptschmuck des Scherzer'schen Buches besteht in einer schönen Karte der Provinz , von Brussa bis Bhodos reichend. Sie ist von Karl Humann, zum Theil auf Kie- pert's grosses Kartenwerk gestützt, in Vi,ooö)O0o Massstab ent- worfen und zeigt in brauner Schraffirung die orographischen, in grünlichen Tönen die hydrographischen Verhältnisse dieses merkwürdigen Landes in vorzüglicher Klarheit. II. Julius Zwiedinek von Südenhorst, k. und k. General- copsul in Beirut, Syrien und seine Bedeutung für den Welt- 58 Ausfuhrproducte Smyrnas und Syriens. handel. Wien 1873. Alfred Holder. 144 S. mit Tabellen und Kartenskizzen. Syrien im weitern Sinne besteht nach der türkischen Eintheilung aus der Statthalterschaft (Vilajet) Soria mit der Hauptstadt Damascus und dem Vilajet Aleppo. Den beiden Hauptstädten entsprechen als wichtigste Häfen Beirut und Iskenderun (Alexandrette) , in welchen der Ueberschuss der Landesproducte beider Statthalterschaften und des ausgedehn- ten Hinterlandes zur Ausfuhr gelangt. In den verschiedensten Gegenden beider Bezirke wird Sesam neben Getreide und Baumwolle angebaut , sowohl in den hochgelegenen Ebenen i^ordsyriens als in den Küsten- säumen der alt ■ phönicischen Landschaft. Ungefähr die Hälfte der Jahresernte geht nach Marseille (siehe oben p. 5l) und Genua.*) Die Gewinnung des Olivenöles findet noch in höchst mangelhafter Weise statt, da das ganze Land nur erst eine einzige europäische Oelpresse besitzt. Die Olivenpflanzungen vergrössern sich trotzdem stetig, besonders an der Küste und es sollen jährlich mehrere Hunderttausende neuer Oelbäume gepflanzt werden. Das Festland und Cypern erzeugen sehr viel Oel, zur Ausfuhr gelangt aber nur ein geringer Theil. Die Oliven aus der Gegend von Damascus dienen auch in gros- ser Menge als Nahrungsmittel. Anis und Fenchel werden in der Nähe von Damas- cus gebaut und in geringer Menge nach Cypern und Aegyp- ten verschifft. In aufiallender Menge, bis zu V2 Mill, Kilogr. jährlich, werden Aprikosenkerne gesammelt und grossentheils nach Europa verschifft, während die getrockneten Früchte nach der Türkei und nach Aegypten gehen. — Vermuthlich dienen die Samen in Europa zur Gewinnung von Bittermandelöl und fet- tem Oel. Aleppo liefert etwa ^2 ^^^^l- Kilogr. der wohlschmecken- den P i s t a c i e n , welche nur zum kleinern Theile ausgeführt *) Schon im Mittelalter war Sesam ein bedeutendes Product der cyprischen. Landwirthschaft. B.ef. Ausfuhrproducte Smyrnus und Syriens.. 59 werden. Nicht minder erheblich sind, besonders für Damas- cus, die Walnüsse. Für Cypern bilden die Caroben, die Hülsen des Johan- nisbrotbaumes, Ceratonia Siliqua L., einen bedeutenden Ausfuhr- posten, der sich bis über 8^/3 Mill. Kilogr. erhebt. Die Prüchte werden theils am Caroben-Cap unweit Larnaka an der Südküste, theils in Limasol im Westen und in Cerigna, im Norden der Insel, verschifft, grösstentheils nach ßussland und Aegypten. Die cypriotischen Caroben stehen kaum den- jenigen Siciliens nach; auch ßosinen gelangen aus Cypern zur Ausfuhr. Die altberühmten Weine Cyperns könnten unbegrenzten Absatz finden, wenn etwas mehr Sorgfalt darauf verwendet, namentlich der Transport in Schläuchen vermieden würde, welche dem Getränke einen widerlichen Geschmack geben. Es müsste daher zunächst für eine genügende Menge von Fässern gesorgt werden, was bei dem Holzmangel im Mittelmeergebiete allerdings nicht so ganz leicht ist. Süssholz wird aus der Gegend von Damascus nach Aegypten und Arabien ausgeführt, wie es scheint in geringer Menge. Krapp Wurzel, Alizari, wird in Syrien und noch weit mehr auf Cypern gebaut, so dass über 600,000 Kilogr. beinahe ausschliesslich nach England versendet werden kön- nen. Von andern Rohstoffen der Färberei und Gerberei sind die Kreuzbeeren (siehe, oben p. 56) der Berge von Marasch und Aintab im Vilajet Aleppo und besonders der Sumach hervorzuheben. Cypern führt Blätter des Sumach- baumes, Bhus coriaria, der ohne besondere Pflege gut gedeiht, in neuester Zeit hauptsächlich nach England aus und zwar in den letzten Jahren ungefähr ^2 ^^^1« Kilogr.*) Galläpfel (p. 41) werden in den Bergen von Killis, Aintab, Marasch, nördlich von Aleppo, im August und Septem- ber gesammelt, wo die Eichen noch laublos sind. Die besten und grössten werden nach gelinder Sommerhitze gefunden; *) Nach den Untersuchungen von Julius Löwe (1873) ist die Gerb- säure des Sumachs die gleiche wie die der Galläpfel. Eef. 60 Ausfuhrproducte Smyrnas und Syriens. sie sind grün und zart, nehmen aber im Schatten nach eini- gen Tagen schwärzliche Farbe und derbe Consistenz an. Die erst in späterer Jahreszeit gesammelten Gallen bleiben heller. Der Transport geschieht von den genannten Gegenden in Rosshaarsäcken durch Kameele nach Alexandrette, zum Theil über Aleppo. Geringere Galläpfel, in Marseille als G alles noires et vertes unterschieden, kommen aus den kurdischen Gebirgslandschaften nnweit Diarbekir, Mardin, Zachu, Mosul, Kovandiz, Suleimanie, d. h. aus dem weiten Gebiet zwischen dem mittlem Tigris und dem Urmia-See. Ein Theil dieser immerhin sehr geschätzten Waare schlägt aber in neuerer Zeit nicht mehr den Weg nach den syrischen Häfen ein, son- dern geht nach Bagdad, seitdem der Euphrat wieder von Dampf- schiifen befahren wird. Nach der vorliegenden Schrift (p. 43.), wird in den eben genannten Gegenden Kurdistans auch Gummi von geringer Güte gesammelt. Vielleicht hatte der Verfasser Traganth im Auge, über den er sonst nicht berichtet. Scammonium wird nach demselben (pag. 36) bei Marasch und Bacsaria im nördlichen Theile der Statthalter- schaft Aleppo gesammelt, indem die Wurzel, wie es scheint, angeschnitten wird, bevor sie ihre Stengel treibt. Auch in Syrien wie bei Smyrna (s. oben p. 52) wird diese Waare immer verfälscht; trotzdem soll sie ziemlich gesucht sein, doch werden davon nicht über 200 — 300 Kilog. jährlich ausgeführt. Die Schwamm fischerei wird an der Küste bei Ba- trun (zwischen Beirut und Tripolis), auf dem kleinen Eiland Ruad (Aradus) nördlich von Tripolis, so wie bei Lattakia, im ganzen durch etwa 300 Barken betrieben. Ausser den Küstenbewohnern selbst betheiligen sich daran in oben (p. 56) angegebener Weise die griechischen Fischer von Kalymnos, Kos, Ehodus. Der jährliche Werth dieser hauptsächlich nach Paris gehenden Schwämme, worunter diejenigen von Batrun die besten sind, beläuft sich auf etwa ^2 -^^^'' Francs. AI Kali ist eine Pottasche, wovon über 600,000 Kilog. in der Umgegend von Damascus, in Coelesyrien, am Todten Meer, unweit Palmyra u. s. w, gewonnen werden, indem man Einwirk. v. Salpetrig-Salpetersäureanhydrid a. Arsenchlor, u. Bovchlorid. 61 die in den Wüsten massenhaft auftretenden Salicornien einäschert. Man nimmt dazu vorzugsweise die kräftig vege- tirenden Pflanzen, indem die abgestorbenen wie es scheint eine geringere Pottasche geben. Die Seifenfabriken von Da- mascus und andere städtische Gewerbe verbrauchen dieses Product vollständig; durch geordneten Betrieb Hesse sich nach der Ansicht des Verfassers (p. 35) auch ein Ueberschuss für die Ausfuhr erzielen. Strassburg im April 1874. Flückiger. B. Monatsbericht. Einwirkung Ton Salpetrig - Salpetersäureanhydrid auf Arsenehlorür und Borehlorid. A. Geuther beobachtete Folgendes: I. Salpetrig -Salpetersäureanhydrid und Arsenchlorür. Vom Arsen kennt man bekanntlich nur ein Trichlorid, kein Pentachlorid ; die Versuche, das letztere darzustellen, ergaben stets Trichlorid neben freiem Chlor. Da ,man aber ein Pentoxyd (As^O^) kennt, so lag die Hofi'nung nahe, auf die eine oder andere Weise wenigstens ein Osychlorid des fiinfwerthigen Arsens erhalten zu können. Ein früherer Versuch hatte bereits ergeben, dass die Einwirkung von PCl^ auf As^ö^ nicht zum Ziele führt, indem dabei aller Sauerstoff vom As zum P geht, damit gewöhnliches POCl^ bildend, während gleichzeitig AsCi^ und freies Gl entsteht. — Zu AsCl^, welches sich in einem mit Zu- und Ableitungsrohre versehenen verschlossenen Cylinder befand, der in einer Käl- temischung stand, wurde N^Q^ geleitet. Das Letztere über- schichtete das Erstere, während an der Grenze beider Flüssig- keiten sich eine weisse pulverige .Substanz ausgeschieden hatte. Durch Schütteln wurden die Flüssigkeiten gemischt, die Ausscheidung der weissen Substanz nahm zu und durch das Ableitungsrohr, welches auf den Boden eines gekühlten Rohrs mündete, entwich NO, während sich allmählich eine rothe Flüssigkeit condensirte. 62 Einwirkung der Phospliorchloridc auf die Phospliorsäuren. Der Inhalt wurde a]lm<ählich zu einer festen, weissen von einer rothg-elben Flüssigkeit durchtränkten Masse; durch Erwärmen wurde diese rothe Flüssigkeit überdestillirt. Die weisse Substanz löste sich bis auf eine geringe Menge As ^O^ leicht in H^O; die Lösung enthielt Arsensäure und nebenbei As^O^ und HCl. Diese deuteten auf unzersetztes AsCl^, und in der That destillirte beim stärkeren Erhitzen des festen Rückstandes AsCl^ ab. Die überdestillirte und condensirte Flüssigkeit gab sich als Nitrosylchlorid NOCl zu erkennen. Die Reaction verlief demnach höchst wahrscheinlich nach der Gleichung 4AsCl3 + 5N20't = 2As205 + 8N0C1 + 2NOC12; ein quantitativer Versuch gab recht gute Resultate. Also auch auf diese Weise gelang es nicht, das gesuchte AsOCP zu erhalten. Es wurde bei der Oxydation nicht blos einfach zugeführt, sondern auch gleichzeitig das Chlor durch den- selben ersetzt. IL Salpetrig - Salpetersäureanhydrid und Borchlorid. Die Einwirkung ist sehr lebhaft und es scheidet sich dabei ein fester Körper aus. Bei ganz gelinder Erwärmung sublimirten in einen vor- gelegten, gut gekühlten Cylinder schwefelgelbe Krystalle über. Sie lösen sich leicht unter Zischen in H^O. In dieser Lö- sung ist Borsäure, Chlor und Salpetersäure enthalten. An der Luft werden die Krystalle weiss, indem sie sich in Bor- säure verwandeln. Sie bestehen nach der Analyse aus einer Verbindung- von Borchlorid und Nitrosylchlorid von der For- mel BC13,N0C1. (Journ. pract. C/icm. 8. 35 i.). C. J. Einwirkung der Phosplioreliloride auf die Phosphor- säuren. *■ Geuther veröffentlicht eine grössere Arbeit, der ich nachfolgende kurze Notizen entnehme. 1) Bei der Erwärmung von Phosphoroxychlorid und gew. Phosphorsäure erhält man Monohydroxylphosphorsäure (Meta- phosphorsäure), wenn man Mengen anwendet, die nachstehen- der Gleichung entsprechen: 2H3PO* 4- P0C13 = ,3 HCl -f- 3HP03. 2) IPPO* und PCM Es wurden Mengen verwandt, die der Formel entsprechen 3H3PQ4 _j_ PC13 — 3HP03 -\- HspQs -}- 3HCI Aufbewahrung u. Haltbarkeit d. Wasserstoffbyperoxydes. 63 In der Wärme des "Wasserbades findet gelinde Einwir- kung statt, wobei sich gelber Phosphor abscheidet. Der ver- bleibende Rückstand giebt die Eeactionen der Pyrophosphor- säure: Silbersalze werden weiss, aber Eiweiss wird nicht gefällt. Die Umsetzung geht zunächst nach der obigen Glei- chung vor sich, aber es wird einestheils allmählich die gebil- dete H^PO^ durch das noch unveränderte PCP in Phosphor, Salzsäure und gewöhnliche Phosphorsäure zerlegt; anderntheils wird die gebildete Metaphosphorsäure mit unveränderter Or- thophosphorsäure zu Pyrophosphorsäure HPOs + HSPO^ = H^P^Ol III. Metaphosphorsäure und Phosphorpentachlorid setzen sich beim Erwärmen in Phosphoroxychlorid und Salzsäure HP03 + 2PC15 = 3P0CP + HCL IV. Pyrophosphorsäure und Phosphorpentachlorid, unter Bildung von POCl^ und HCl; wenn genügend PCl^ angewandt wurde nach der Gleichung H4p207 + 5PC16 = TPOCF + 4 HCL Wird aber weniger PCl^ genommen, so bleibt Meta- phosphorsäure übrig, d. h. die Reaction verläuft zunächst, wie folgt H^P^a^ -i- PCl^ = 2HPa3 + P0C13 -I- 2HCL V. Phosphorige Säure und Phosphorpentachlorid setzen sich unter lebhafter Einwirkung und starker HCl- Entwicklung in Phosphortrichlorid und Phosphoroxychlorid um. H3 pQs -j- 3 PCP = PCP + 3 POCl^ -1- 3 HCl. {Journ. pract. Chem. 8. 359.). C. J. AufTbewahrung und Haltbarkeit des Wasserstoff- byperoxydes. Bisher wurde angenommen, dass das Wasserstoffhyper- oxyd eine leicht zersetzbare Verbindung sei, die sich besonders im ungesäuerten Zustande nicht aufbewahren lasse. Prof. Böttger hat indess gefunden, dass ein absolut säurefreies und besonders für medicinische Zwecke sich eignendes Was- serstoffhyperoxyd, selbst in mit gewöhnlichen Korkpfropfen verschlossenen Gläsern, wochen- ja monatelang sich vollkom- men unzersetzt aufbewahren lasse, ja dass man dasselbe anhaltend der Siedehitze aussetzen kann, ohne dass es an Wirksamkeit verliert. (Jahresher. d. phys. Vereins in Franlc- furt ajM. für 1871172. Neues Repert f. Pharfn. Bd. XXIIl i>. 122.). a Sek 64 Ammoniakgehalt d. Schneewassers. — Jodbestimmung durch Fällung. Ammouiakgelialt des Sclincewassers. Versuche von Vogel führten zu folgenden Resultaten : 1) Der Ammoniakgehalt des Schneewassers ist von verschie- denen Umständen abhängig. Der bei sehr tiefer Temperatur gefallene Schnee enthält kein Ammoniak, denn bei — lö** C. und — 19 '^ C. gefallener zeigte gar keine Reaction. Wenn im Schneewasser eines bei solch niederer Temperatur gefalle- nen Schnees bisweilen Ammoniak aufgefunden worden, so ist der Schnee im offenen Gefasse und in bewohnten Räumen geschmolzen. 2) Es scheint, dass der Ammoniakgehalt des Schneewassers überhaupt mit der Temperatur , welche beim Schneefall stattgefunden, im nahen Zusammenhange steht, da mit- unter bei — 3^ C. gefallener Schnee einen etwas geringeren Ammoniakgehalt ergab, als der bei O*' C. gefallene. 3) Der Schnee nimmt vermöge seiner Porosität in kürzester Zeit von seiner Unterlage Ammoniak auf und wird um so reicher daran, je mehr Ammoniak in dem Boden, auf welchem er gelagert, vorhanden ist, selbstverständlich unter der Voi*aussetzung einer nicht zu niedrigen Temperatur. 4) Die Differenzen in der frühern Angabe des Ammoniakgehaltes im Schneewasser erklären sich am einfachsten aus den Umständen, unter wel- chen der Schnee gesammelt worden, (ßlfmdmer Sitzungsbe- richte 1872. 1. 124: — 133. Zcitschr. f. d. gesammt Natur- wissenschaft V. Giebel. Neue Folge. 1873. Bd. VIT. p. 411.). C. Seh. Jodbesümiimiig^ dnrch Füllung. Nach Mohr ist Jodwasserstoff durch Kupferchlorür so vollständig fällbar, dass damit noch Veooooo Jod nachgewie- sen werden kann. Mohr empfiehlt daher dies Verhalten wie auch früher Fleischer (s. dessen Titrirmethode als selbststän- dige quant, Analyse. Seite 72) zur Jodbestimmung durch Fäl- lung. Als Fällungsmittel wendet Mohr eine Lösung von Kupferchlorür mit viel Salmiak an, welche durch Auflösung von durch Traubenzucker gefälltem Kupferoxydul in Salzsäure unter Salmiakzusatz bereitet wird. Letzterer verhindert die Trübung des Chlorürs beim Verdünnen und die Mitfällung des Bromürs bei Anwesenheit von Brom. Die Lösung ist daher ein speciellcs Reagens auf Jod und nach Mohr selbst dem Palladiumchlorür an Empfindlichkeit nicht nachstehend. Mohr wägt den abfiltrirten und bei 100° getrockneten Nie- Anfertigung der E,eageuspapiere. 65 dei'schlag- von Eupferjodür. Fleischer hat (1. c.) empfohlen, ihn in Eisenchlorid zu lösen, das Jod durch Kochen auszu- treiben und entweder das dabei entstandene Eisenchlorür durch Chamäleon oder das Jod im Destillat zu bestimmen. Auch kann man sich nach Fleischer als Fällungsmittel einer mit viel Salmiak und Zinnchlorür versetzten Kupt'ervi- triollösung bedienen. Zur Kupferbestimmung hält Mohr sein Verfahren dämm nicht geeignet, weil die Flüssigkeit bei mangelndem Kupferge- halt äusserst schwierig filtrirt. Dieser TJebelstand tritt aber nicht ein, wenn die Lösung andere Metalle wie Zinnchlorür enthält, welches nach Fleischer zur vollständigen Fällung ent- schieden nöthig ist, um alles Kupfer zu reduciren. (Es sei bemerkt , dass eine kupferchloridhaltige Kupferchlorürlosung ebenso wie eine eisenchloridhaltige Eisenchlorürlösung Jod frei macht. Bei Zinnchlorür -IJeberschuss aber ist die Anwe- senheit von Kupferchlorid unmöglich. D. Ref.) {Zeitschrift f. anal. Chemie. XU. l. 366.). Dr. F. Uelber die Anfertigung der Reagenspapiere. Das Lackmus und Kurkumapapier wird auf bekannte Weise bereitet, nur ist es nach Mohr zweckmässig, den Lack- muskuchen erst mit Weingeist, das Kurkuma aber mit Was- ser zu erschöpfen ; ersteres verliert dabei einen blauen, letzteres einen gelben, gegen Säuren und Alkalien indifferenten Farb- stoff. Für dunkle oder gefärbte Flüssigkeiten wendet man Filtrirpapier statt Schreibpapier an, welches vorher mit Salz- säure ausgewaschen ist. Um rothes Lackmuspapier darzu- stellen, empfiehlt Mohr das blaue, trockne Papier mit einem in sehr verdünnte Schwefelsäure getauchten Pinsel zu bestrei- chen, zu trocknen und dann auf einer Glastafel abzuwaschen. Das Kurkumapapier ist im Dunklen zu trocknen und aufzu- bewahren. Rhodankalium- und Blutlaugens alzpapier als Beagens auf Eisen (letzteres auch auf Kupfer) kann leicht durch Tränken von Filtrirpapier mit den betreffenden nicht allzu verdünnten Lösungen bereitet werden. Ein Schreibpapier, welches mit einer Auflösung von jodsaurem Kali und Oxalsäure getränkt ist, kann für 80^,8^0^, HS etc., welche es durch Blaufärbung anzeigt, be- nutzt werden, doch ist dessen Anwendung darum nicht son- Aroh. d. Pharm, TT, Bda 1. Hfl, 5 Q6 Chlorbe^tlminuug bei Gegenwart von schwefliger Saure. derlich zu empfehlen, weil sehr viele reducirende Substanzen dieselbe Eeaction geben. Aus gleichem Grunde ist für die Benutzung des Jodkalium-Stärkepapiers Vorsicht zu empfehlen, weil sehr viele oxydirende Körper, so wie auch Metallsalze (Kupfervitriol, Eisenchlorid) darauf reagiren. Das salpetersaure Quecksilberoxydulpapier, durch Tränken von Filtrirpapier mit diesem Salz bereitet, wird vielfach zum Nachweis von gasförmigem Ammon (wovon es sich grau färbt) angewandt, hat aber nach Mohr vor dem rothen Lackrauspapier keinen Vorzug. (Frischbereitetes, wenn auch feuchtes Blauholzpapier, ist wohl hierzu am empfind- lichsten. D. Ref.) Zur Erkennung von HS ist es Gang und Gebe, sich des Bleizuckerpapiers zu bedienen, auch wendet man dazu Wis- muthnitrat, Kobaltchlorür an, dagegen ist als Gegenstück die Anwendung des Schwefelzinkpapieres wohl weniger allge- mein, als sie es verdient. Mohr nennt es einen „Schwefel- wasserstoff-Apparat in der Westentasche" und empfiehlt es zum Nachweis solcher Metalle, welche aus saurer Lösung durch HS gefällt werden. Betupft man dieses Papier z. B. mit einer Kupfer - , Blei- oder wismuthhaltigen sauren Flüs- sigkeit, so wird es in sehr kurzer Zeit geschwärzt. Man kann auf diese bequeme und einfache Weise leicht kleine Mengen von giftigen Metalloxyden nachweisen, was besonders für die zu innerlichem Gebrauch bestimmten Chemikalien oder Genussmittel von Nutzen ist. Das Papier wird einfach durch Bepinseln von Schreibpapier mit frischgefälltem Schwefelzink bereitet. {Zeitschrift f. anal. Chem. XIL 4. 368.). Dr. F. Chlorbestimmung bei Gegenwart von scliwefliger Säure. Die Chlorbestimmung nach Mohr durch Titriren mit Sil- bernitrat, unter Anwendung von Kalichromat als Indicator, lässt sich nach Lunge auch bei Anwesenheit von schwefliger Säure ausführen , wenn man die schweflige Säure erst mit Chamäleon bis zur schwachen Rosafärbung oxydirt und dann die schwach alkalisch gemachte Flüssigkeit unter Zusatz eini- ger Tropfen chromsauren Kalis mit Silber titrirt. (^Fresenius, Zeitschrift f. anal. Chemie XIL 4. 424.). Erkennung von Molybdänsäure. — Analytisclie Notizen. 67 Erkennung- von Molyljdänsäure. 0. Masch benutzt hierzu die Bildung des blauen Mo- lybdänoxyds in der Hitze. Man tupft etwas concentrirte Schwefelsäure auf ein muldenförmig gebogenes Platinblech, bringt eine kleine Menge der zerriebenen Substanz in die Schwefelsäure, erhitzt bis zum lebhaften Verdampfen, lässt erkalten und haucht wiederholt auf das Platinblech. Es tritt dann eine starke Blaufärbung ein. Bei weiterem Erhitzen, so wie bei grösserem Wasserzusatz verschwindet die Farbe. Auch hört die Keaction auf, sobald alle Schwefelsäure ver- dampft ist. (Zur Unterscheidung von Wolfram kann diese Beaction selbstverständlich nicht dienen. Der E.ef.) (^Fre- senius, Zeitschrift f. anal. Chemie. XII. 4. 383.). Dr. F. Analytische Notizen. Phosphorsaures Chromoxyd. Kach Kämmerer enthalten einige grüne Farben phosphorsaures Chromoxyd, doch werde bei der Analyse häufig die Phosphorsäure über- sehen. Kämmerer macht nun darauf aufmerksam, dass, wenn man die kaiische Lösung längere Zeit kocht, sich das Chrom- oxyd völlig frei von Phosphorsäure abscheide, so dass man im Filtrat dieselbe bestimmen könne. (Einfacher wäre es wohl, auf bekannte Weise alles Chrom in Chromsäure über- zuführen und aus ammoniakalischer Lösung die Phosphorsäure als Magnesiadoppelsalz abzuscheiden. D, Ptef.) (Zeitschrift für anal. Chemie. XII 4. 375.). Baryttrennung von Kalk und Strontian. Käm- merer benutzt hierzu die Fällung des Baryts als Chromat, indem er die drei Carbonate in Essigsäure löst und mit ein- fach chromsaurem Kali niederschlägt. Der Verfasser behaup- tet, dass Ammonsalze, welche bei der sonst üblichen Methode (Fällung in ammoniakalischer Lösung unter Zusatz von Sal- miak) zugegen sind, die Löslichkeit des Barytchromats erhöhen. Wir bemerken hierzu, dass bei heisser Fällung in üblicher Weise bei TJeberschuss von Chromsäure im Filtrat durch Schwefelsäure (auch wenn viel Salmiak zugegen ist) keine Reaction auf Baryt und andrerseits bei Chlorbaryumüberschuss durch Bleiessig keine Chromsäurereaction erhalten wird. Da- gegen ist bei Abwesenheit von Salmiak leicht eine Fällung von Strontian -Chromat und bei zu viel freier Essigsäure ein© 5* 68 Analytische Notizen. unvollständige Fällung des chromsauren Baryts zu befürch- ten, D. E,ef. {Zeitschrift f. anal. Chemie. XII. i. 375.). Zur Nachweisung des Bors als Pluorbor empfiehlt Kämmerer die borhaltige Substanz mit etwas Kieselsäure oder Glaspulver (und Flussspath d. Ref.) gemengt in einem Reagensglase mit starker Schwefelsäure zu übergiessen und die Dämpfe durch ein zugespitztes rechtwinkliges Glasrohr in eine nicht leuchtende B u n s e n ' sehe Flamme einströmen zu lassen, wodurch dieselbe sofort grün gefärbt wird. Um auch bei kleinen Mengen einen continuirlichen Gasstrom zu erhalten, setzt man noch ein Stückchen Marmor dem Gemenge hinzu. Die Reaction ist characteristisch für Bor, da andere die Flamme grün färbenden Substanzen, wie Kupfer, sich hier- bei nicht verflüchtigen, (Zeitschrift f. analyt. Chemie. XII. 4. 577.). Trennung von Jodsäure und Ueber jodsäure. Die Barytsalze beider Säuren sind sehr schwer löslich. Dage- gen wird das Jodat BaO,JO^ schon bei gewöhnlicher Tempe- ratur dnrch kohlensaures Amraon nach Kämmerer vollstän- dig zersetzt, so dass sich BaO,CO^ abscheidet und also Jod- säure als Ammonsalz in Lösung bleibt und daher im Filtrat (durch Zusatz von Salzsäure und Jodkalium) als freies Jod gemessen werden kann. Anders verhält sich der überjodsaure Baryt, dieses Salz wird weder durch kohlensaure Alkalien, auch nicht im Sieden, noch durch oxalsaures Amnion, ja nicht einmal durch schwe- felsaures Ammon angegriffen. Will man daher im Nieder- schlage, aus welchem die Jodsäiiro, wie angegeben, ausgezogen ist, die üeberjodsäure bestimmen, so löst man den Nierler- schlag unter Jodkaliumzusatz in Salzsäure und titrirt wie- derum das freie Jod. Die Methode verdient bei der Schwierigkeit der Tren- nung dieser beiden Säuren gewiss Beachtung, erwähnt sei noch, dass nach Kämmerer das Bleisalz sich ebenso ver- hält, (Zeitschrift f. anal. Chemie. XIL L 377.). Zur Auffindung von salpetriger Säure im Trinkwasser empfiehlt Kämmerer, das betreffende Was- ser mit Jodkalium -Essigsäure und etwas Stärkelösung zu versetzen, wodurch sofort Blaufärbung bei Anwesenheit von NO 3 stattfindet. Salpetersäure giebt die Reaction nicht, wohl aber, wenn man Zinkgranalien oder noch besser Zinkstaub und Schwefelsäure hinzufügt. Dagegen ist die Anwendung der Schwefelsäure für die Auffindung der salpetrigen SäurQ Bestimmung des Schwefels in Eisen und Stahl. 69 nicht geeignet; weil sie anwesende Salpetersäure in Freiheit setzt und diese dann ebenfalls mit Jodkalium die Jodreaction giebt. R. Fresenius findet jedoch (s. Zeitschr, für anal. Chemie. XIL 4. 427), dass weder Schwefelsäure noch Essig- säure geeignet seien, ein strictes Resultat über die Anwesen- heit der salpetrigen Säure zu geben, weil die Wässer oft Substanzen enthalten, welche ebenfalls Jod in Freiheit setzen (Eiseuoxyd? D. Ref.) Fresenius empfiehlt dagegen das zu untersuchende Wasser mit etwas Essigsäure zu versetzen und einen Theil davon abzudestiUiren. Fängt man das Destillat in mit Schwefelsäure angesäuerter und mit Amylum versetz- ter Jodkaliumlösung auf, so erhält man bei Anwesenheit von salpetriger , Säure sofort eine starke Bläuung. Auf diese Weise konnte Fresenius auch im Regenwasser und wässrigen Auszügen von x\ckererden, welche bei directer Prüfung keine Reaction lieferten, die salpetrige Säure nachweisen. Selbstverständlich sind bei diesem Verfahren alle ande- ren etwa im Wasser enthaltenden jodfreimachenden Substan- zen ausgeschlossen. [Zeitschrift f. anal. Chemie. XIL 4. 577.). Dr. F. Bestimmimg des Schwefels in Eisen und Stahl. Gewöhnlich bestimmt man den Schwefel in Eisen und Stahl, indem man das Metall mit Schwefelsäure oder Salzsäure behandelt, und durch das entwickelte Schwefelwasserstoffgas etwas Schwefelmetall fällt. Es ist zu wünschen, dass die- ses Sshwefelnletall direct gewogen werden könnte. Lässt man nach M o r r e 11 das entwickelte Gas durch eine ammoniakalische Lösung von Cadmiumoxyd streichen, so bil- det sich ein Niederschlag von Öchwefelcadmium, der, auf einem kleinen Filter gesammelt, bei 100 ^ C. getrocknet und gewogen wird. Das zugleich mit dem Schwefelwasserstoff entwickelte Phosphorwasserstoffgas bewirkt keinen Niederschlag. Die Gegenwart von Ammoniaksalzen verhindert auch den Nieder- schlag von kohlensaurem Cadmiumoxyd durch die Kohlensäure der mittels eines Aspirators durch den Apparat gesogenen Luft, nachdem das Metall gelöst ist. Man kann die aspirirte Luft durch Kalilösung streichen lassen, um die Kohlensäure zu entfernen. Um einen Niederschlag von Cadmiumoxyd auf dem Filter zu verhindern , wäscht man das Schwefelmetall mit destillirtem Wasser, dem etwas Ammoniak zugesetzt ist, Bei genauen 70 Eucalyptus Globulus, ein Krankheiten zerstörender Baum. Eestiramungen kann man die in der Lösung und dem Rück- stand des Eisens noch befindliche Schwefelmenge auf gewöhn- liche Weise bestimmen und der gefundenen zurechnen. Bessemer - Stahl soll 0,13 Proc. enthalten. Nach obiger Methode ausgeführte Versuche ergeben: 0,124; 0,125; 0,137; 0.125 und 0,124 Proc. Schwefel, (Am. Chernist.- American Journal ofPharmacy. Vol. XLV. 4 th. Ser. Vol. III. p. 550.). R. Eucalyptus Grlobulus, ein Krankheiten zerstörender Baum. Die merkwürdige Eigenschaft des genannten australischen Baumes, ungesunde Distrikte, wo man ihn angepflanzt hat, bald in gesunde zu verwandeln, ist durch zahlreiche Beispiele erhärtet, und erst neulich hat Gimbert darüber wieder einen Bericht erstattet, welcher sich auf in Algier gemachte Beobachtungen stützt. Unter andern erwähnt derselbe eines 20 Meilen von der Stadt Algier entfernten Landguts, dessen Atmosphäre als höchst verderblich für lebende Wesen berüch- tigt war. Im Frühjahre 1867 pflanzte man dort 13000 Stück Eucalyptus an, und seitdem ist kein einziger Fieberfall mehr vorgekommen ; die gute Wirkung zeigte sich gleich im ersten Jahre, wo die Stämme erst eine Höhe von zwei bis drei Meter hatten, Grardeners Chronicle erinnert daran, dass die Sonnenblume ähnliche heilsame Wirkungen ausübt, und dass die sanitaire Beschaffenheit des Terrains , auf welchem die Sternwarte bei Washington (Nord- Amerika) steht, und das höchst ungesund war, indem wegen seiner sumpfigen Beschafienheit das Fieber daselbst und endemisch hauste, durch alljährigen Anbau von Sonnenblumen bedeutend verbes- sert worden ist. Das genannte Blatt fährt dann fort: „ Die zahlreichen Eucalyptus - Arten , welche unter den Namen Gummibäume, Eisenrinden oder Faserrinden bekannt sind, bilden die charakteristischste Physiognomie der austi'a- lischen und tasmanischen Vegetation. Mehrere von ihnen besitzen grossen Werth als Bauholz; andere enthalten einen harzigen, an der Luft erhärtenden Saft von nutzbaren, adstrin- girenden Eigenschaften, und wieder andere verdienen in anderen Beziehungen, deren Aufzählung hier zuweit führen würde, Beachtung. Unter allen jedoch erweist sich keine von allgemeinerer Nüizlichkeit oder ökonomischerer Wichtig- Eucalyptus Globulus, ein Krankheiten zerstörender Bauni 71 keit als Eucalyptus Globulus, und selbst vom ornamen- talen Gesichtspunkte aus verdient dieser Baum kultivirt zu werden. Der Stamm, welcher, gleichwie der der Platane seine äusseren Eindenschichten abwirft, ist glatt und aschgrau; die Blätter sind bläulichgrün oder in der Jugend häufig bläulich- weiss, V2 bis 1 Fuss lang, die Blüthen gross, achselständig, dicht am Stamm einzeln oder zwei bis drei beisammen. Der Baum wird bis zu 200 Fuss hoch , blühet aber häufig schon, wenn er 10 Fuss erreicht hat. Man trifft ihn an in den Thä- lern und Niederungen der bewaldeten Gebirge Victoria's und Tasmaniens. Abgesehen davon, dass diese Species ebenfalls vortreffliches Bauholz liefert, ist sie auch von Wichtigkeit als Honig -Erzeuger; die Blüthen enthalten nämlich viel Honig- saft, welcher die aus Europa dort eingeführten und sich aus- serordentlich vermehrenden Bienen heranlockt. Die Blätter widerstehen , wahrscheinlich wegen ihrer lederartigen und har- zigen Beschaffenheif , den Angriffen der Heuschrecken, wenig- stens hat Bamel im Jahre 1865 am Senegal, wo diese Eucalyptus angepflanzt worden ist, beobachtet, dass, während durch Heuschreckenschwärme die Blätter aller andern Bäume abgefressen wurden, die der Eucalyptus unangetastet blieben. Man hat die Blätter und andere Theile des Baumes gegen Fieber empfohlen, angeblich weil Chinin darin- sei; allein Broughton, der Regierungs -Chemiker in Ootacamund, fand diese Angabe nicht bestätigt. "Was er darüber äussert, ist Folgendes: „In neuester Zeit ist in verschiedenen Blättern viel von den werthvollen Eigenschaften der E. Globulus als Febrifugum die Bede gewesen. So stand im Lance t vom 20. Apil 1872 eine i^'otiz über die medicinische Anwendung dieses Baumes, welche hervorhob, dass alle Theile desselben besonders antifebrilisch wirkten, und dass die Blätter geraucht auch sich schmerzstillend, reizmildernd und schlaf bringend erwiesen. Ferner habe ein Professor Vauquelin aus der Binde ein Alklao'id erhalten, welches als Sulphat, wie das Chinin- sulphat , krystallisire , auch gegen Chlor und Ammoniak sich wie das Chinin verhalte. Meine mit der Binde und den Blättern angestellten Versuche haben ergeben, dass dieselben weder Chinin, noch Chinidin, noch Cinchonidin, noch Cinchonin enthalten. Cloez erhielt aus den Blättern ein dem Campher analoges ätherisches Oel, von ihm Eucalyptol genannt, w^el- ches den angenehmen Geruch des Gewächses im höchsten Grade besitzt, ähnlich den meisten andern ätherischen Gelen wirkt, und mit Wasser vermischt mehr bitter campherartig schmeckt. Auf Mauritius wendet man einen Aufguss der Blät- 72 Beziehungen des Lichtes zur Rückbildung von Eiweissstoffen etc. tnr mit einigem Erfolge gegen bösartige Fieber an. Auf der Pariser Ausstellung im Jahre 1867 waren aus den Blättern geformte Cigarren zu sehen, welche die Verdauung befördern sollten, und in Wien hatte ein Chemiker aus Melbourne eben- falls Cigarren ausgestellt, die er gegen bronchiale und asthma- tische Beschwei'den anrühmte." In Deutschland, Italien und Frankreich steht die Son- nenblume in dem Rufe, die Quellen des Fiebers zu beseitigen, und von einem holländischen Gutsbesitzer wird berichtet, dass er durch den Anbau jener Pflanze in der Nähe seiner Woh- nung am Ufer der Scheide die Fieber -Miasmen zerstört habe, während diese bei seinen Nachbaren, welche solchen Anbau nicht vorgenommen, noch fortwüthen. Auch in den sumpfigen Distrikten des Penchab hat sich der Anbau der Sonnenblume wohlthätig auf das Befinden der Einwohner erwiesen. Als Bestätigung der oben angeführten negativen Resul- tate Broughton's kann noch angeführt werden, dass es auch Rabuteau nicht gelungen ist, aus den Eucalyptus - Blättern eine alkaloidische Substanz zu erhalten. Wie leicht Eucal3^ptus Globulus bei und in England fort- kommt, geht aus einer Mittheilung von V. F. B. Stanford hervor. Derselbe zog aus Samen, den er 5 Jahre früher aus Australien erhalten hatte, in seinem warmen Gewächshause 24 Stück jener Species, setzte sie dann ins Freie, hier trie- ben sie schon binnen einem Jahre zu einer Höhe von 4 Fuss, und nach 5 Jahren hatten sie eine Höhe von 30 Fuss erreicht. In den ersten drei Jahren muss man übrigens die Stämme während des Winters gut einbinden , und selbst im vierten und fünften Winter noch einige Fuss hoch mit Stroh be- decken. (Pharm. Journ. and Tr ansäet , Becbr. 1873, XLIL 494.). G. C. W. Die Beziehungen des Lichtes zur RückMldung von Eiweissstoffen aus dem heim Keimen der Papiliona- ceen gehildetcn Asparagin. Beim Keimen der Papilionaceen vermittelt das Asparagin, wie Pfeffer (Jahrbuch f. wiss. Bot. 8) nachgewiesen hat, die Wanderung der Reserveproteinstoffe zu dem wachsenden Organe des keimenden Pflänzchens, in denen es dann zu ciweissartigen Körpern regenerirt wird. Die Reserveprotein- atofte wandern in Form von Asparagin, und nach Entleerung Einfluss des Leuchtgases auf die Vegetation yon Bäumen. 73 der Cotyledonen ist in der am Lichte wachsenden Pflanze kein Asparagin mehr zu finden, im Dunklen keimende Pfiänzchen bleiben hingeg&n bis zu ihrem Untergange mit Asparagin erfüllt. Der Verfasser hat schon früher dem Lichte eine nur indirecte Bedeutung für die Regene- ration von Eiweissstoffen aus Asparagin zuerkannt, und ein weiteres Experiment hat diese Ansicht schlagend bewie- sen. — Das Asparagin ist reicher an Stickstoff und ärmer an Kohlenstoff und Wasserstoff als Legumin; bei der Entste- hung aus diesem müssen also die beiden zuletzt genannten Elemente theilweise abgespalten werden, und umgekehrt ist eine Addition von Kohlenstoff und Wasserstoff nöthig, um Eiweissstoffe aus Asparagin zu regeneriren. Im Dunkeln hat die keimende Pflanze durch Wachsthum und Athmung das gesammte stickstofffreie plastische Material consumirt, wenn in dem Pflänzchen noch eine Menge Asparagin enthalten ist, welches sich nun aus Mangel an genügenden Kohlenstoffver- bindungen nicht in Eiweissstoffe rückbilden kann. Dieses ist aber in den sich am Lichte entwickelnden Pflänzchen möglich, indem die mittlerweile entfalteten Blätter geeignetes Material durch ihre assimilirende Thätigkeit schaffen. Dem entspre- chend bleibt nun eine Pflanze ganz mit Asparagin erfüllt, wenn sie am Lichte in kohlensäurefreier Atmosphäre gezogen wird, und folglich nicht assimiliren kann. Dadurch ist denn aber die oben erwähnte indirecte Bedeutung des Lichtes für die Kegeneration von Eiweissstoffen aus Asparagin erwiesen. Diese indirecte Bedeutung der Beleuchtung ist auch daraus zu folgern , dass bei Tropaeolum, wo nur in dem allerersten Keimungsstadium Asparagin auftritt, dieses sowohl am Lichte, Mne im Dunkeln vollkommen verschwindet, indem hier norma- ler Weise diese Rückbildung zu einer Zeit geschieht, in wel- cher stickstofffreie Reservestoffe noch in Menge vorhanden sind. (Tagehl. d. Naturf.-Vers. z. Wiest. 68. Chem. Centralhl. 1873. p. 666.). Kr. Einfluss des Leuchtgases auf die Vegetation Ton Bäumen. Directe Versuche von Späth und Meyer mit verschie- denen Bäumen zu verschiedenen Jahreszeiten haben ergeben, dass selbst eine sehr geringe Menge Leuchtgases (0,772 CC. auf 17,8 CC. Boden vertheilt) die Wurzelspitzen der Bäume 74 Einfluss einer an Stickstoff und Phosphorsäure reichen Düngung etc. jeder Art in kurzer Zeit töcUet, und dass dies um so früher geschieht , je fester die Bodenoberfläche ist. Einzelne Baura- arten geben eine solche Vergiftung früher, andere später zu erkennen. Ferner ist es ausser Zweifel gestellt, dass das Leuchtgas auf .die Wurzeln der Bäume im Winter weniger zerstörend wirkt, als während der Wachsthumsperiode dersel- ben, und dass selbst ein höchst geringes Quantum von Leucht- gas, wenn es anhaltend auf die Wurzelspitzen wirkt, deren Erkrankung und endlich den Tod der Bäume herbeifühi-t. Da nun undichte Stellen in den Leitungsröhren, aus denen täglich etwa 0,0185 C. M. (6 Kubikluss) Gas entweicht, nicht zu entdecken sind , so sind die Baumpflanzungen überall in der Kähe von Gasleitungen ganz unzweifelhaft in Gefahr. (J^andw. Vers. -St 16, 336. Ckefn. Centr.-Bl. 1873, 649.). Kr. Einfluss ciucr an Stickstoff und Phospliorsäiire rei- chen Düngung auf die Zusammensetzung der Pflanze und der Samen Yon Sommerweizen. Versuche von H. Ritthausen und R. Patt haben die schon aus andern Untersuchungen bekannte Thatsache bestä- tigt, dass bei vermehrter Zufuhr von StickstoÖ' die Bildung von Proteinstoffen in den Pflanzen erheblich gesteigert wird. Ferner ergab sich in Bezug auf die Samen: 1) dass durch verstärkte Düngung mit Ammoniaksalz oder salpetersauren Salzen Stickstoff- und kleberreiche Samen erzeugt werden, wie dies bereits von Helmbstädt und Boussignault dargethan wurde , 2) dass bei gleichzeitiger Stickstoff- und Phosphor- säuredüngung, gegenüber der Stickstoffdüngung allein, die Zunahme des Stickstoffs in den Samen noch erheblich gestei- gert werden kann , 3) dass die Phosphorsäure für sich allein auf eine vermehrte Bildung von Proteinstoffen hinwirkt, 4) dass das Verhältniss von Phosphorsäure und Stickstoff in dem stickstoffreichen Weizen nicht wie 1:2 ist, sondern, wie bereits von Ritthausen und Dittmar dargethan ist, sieb dem Stickstoögehalte dieser Samen entsprechend ändert, so dass er schwankt von 1 : 2,6 bis 1 : .3. [Landw. Vers.- St. 16, 384:. Ghem. Centr.-Bl. 1873, 648.). Kr. Eine neue Papierpflanze. — Ueb. d, in d. Weinrebeblättern enthalt. Zucker. 75 Eine neue Pai)ierpflanze hat man in Algier entdeckt. Sie gehört zu den Umbelliferen, zur Gattung Foeniculum und hat den botanischen i^amen Ferula. Sie kommt massenhaft an der ganzen Küste des nördlichen Afrika und den gegenüberliegenden Inseln als Cy- pern, Candia und Sicilien vor. Sie wächst auf sehr trocknen, unfruchtbaren Sandboden und treibt dicke, iasrige Stengel, welche mit haari- gen Büscheln endigen. Anfänglich ist die Pflanze krautartig und sehr wäss- rig, gegen Ende des Herbstes geht sie in fasriges Mark über, welche an Weise und Leichtigkeit dem HoUundermark gleichkommt. Eine sehr dünne Einde, welche zwar aus den- selben Stoffen wie das Mark selbst gebildet, aber durch einen harzigen Stoff Haltbarkeit erhalten hat, umgiebt das Mark. Zu dieser Zeit muss es geerndtet werden, es enthält an 80 bis 85 "^/o fasriger, kurzer und langer Cellulose. Thiere fressen die Pflanze nicht, doch verbirgt sich in den fase- rigen Zweigen eine sehr grosse Heuschrecke. Eür die Ausfuhr ist seine enorme Leichtigkeit ein grosses Hinderniss. (Repert. de Pharm, tom. I. p. 616. de V economiste franfais.). Bl. lieber den in den Weinrebeblättern enthaltenen Zucker. Petit fand, dass die Weinrebeblätter ausser Invert- zucker noch eine bemerkungswerthe Menge nicht reductions- fähigen Zucker enthalten. Er hält denselben für Rohr- zucker. Aus einem Kilog. Blätter erhielt er: Rohrzucker 9,20 g. Glucose 26,55 „ Bei einer anderen xlrbeit, w^o er rascher arbeitete, um jede Verwandelung des Rohrzuckers in Glucose zu vermeiden, aus demselben Quantum Blätter: Rohrzucker 15,80 g. Glucose 12, — In Kirsch- und Pfirsichblättern ist ebenfalls Rohrzucker, mit Glucose gemischt, vorhanden. {Rupert, de 'Pharm, tome I. V' 632.). Bl 76 Gigartina acicularis. — Muscatstearopten. CTigartiiia acicidaris soll nach Dalmon seit einiger Zeit mit Caraghen (fuc. cris- pusr L.) häufig vermischt in den Handel vorkommen, ebenso soll es mit Perlmoos vermischt vorgekommen sein. Die Lappen der Gigartina acicularis sind cj^linderfö r- mig, knorpelig, last gabelförmig und gewunden, mit scharfzn gespitzten, meistens gabelförmig gespaltenen Verzwei- gungen, welche von seitenständigen, dorntörmigen Enden aus- gehen. Die Früchte sind kugeiförmig sitzend und zer- streut. Der Thallus behält seine lichtbraune Farbe, so dass das Ganze eine weniger gleichförmige Farbe annimmt, als das Caraghen, Kaltes Wasser nimmt es rasch und viel unter star- kem Aufblähen auf. In kochendem Wasser ist es weniger löslich, als Caraghen und ist die Gallerte nach dem Erkalten undurchsichtig, weisslich und ohne Bestand. 100 Theile geben 16 Thle. Asche, welche die Form der Alge noch erkennen lässt. In Wasser ist dieselbe theilweise löslich, die Lösung neutral; Silbernitrat bringt einen leichten, Salpeters. Baryt, sowie oxals. Ammoniak einen starken Nieder- schlag hervor. Der eingedampfte Auszug, mit schwachem Alkohol behandelt, giebt einen krystallinischen [Niederschlag durch phosphorsaures Ammoniak. Der unlösliche Theil der Asche ist kohlens. Kalk und Kieselsäure. Folgende Zusam- mensetzung hatte die Asche: Chlornatrium und Magnesia = 0,60 Schwefels. Magnesia = 1,20 Schwefels. Kalk = 6,60 Kohlens. Kalk ^=^ 5,40 Kieselsäure = 2,20 le^öor Jod wurde in derselben nicht nachgewiesen. (Jxepert de Phar- macie. Tome L p. 696.). Bl. Notiz über das Muscatstearopten. Das in höchst geringer Menge aus grossen Quantitäten des ätherischen Oeles von Muskatnüssen, sowohl von Myristica fragrans Houtt. , als auch von M. fatua Houtt. (tomentosa Thunbg.) zu gewinnende Steoropten (Myristicin) soll nach den altern Angaben in Wasser löslich sein. F. A. Flückiger hat dasselbe aus Weingeist schön krystallinisch , in äusserst Der Gewürznelken- uüd der Miiskatnussbaum auf den Molukken. 77 leichten Schüppchen von nicht bestimmbarer Form erhalten. Trotz sehr oft wiederholten ümkrystallisirens behielt es den- noch denselben Muskatgeruch. Die Krystalle schmelzen bei 54**, lösen sich nicht in Wasser, sondern nur in den gewöhnlichen Lösungsmitteln der Substanzen dieser Klasse. Eisessig nimmt dieselben unter anfangs rother Färbung auf. Auch die Zusammensetzung ist eine andere, als die von Mul- der gefundene, und die Analyse von Dr. Buri ergab 75,4 Koh- lenstoff und 12,28 Wasserstoff im Mittel. {Schweiz. Wochen- schrift f. Pharm. XL Jahrg. f. i37.). C. Seh. Der Crewürzuelken- und der Muskatnusslbaum auf den Molukken. Der Amerikaner S. Bickmore, welcher im Jahre 1868 den ostindischen Archipel in naturwissenschaftlicher und eth- nographischer Hinsicht bereiste, giebt über diese Bäume fol- gende geschichtliche und naturhistorische Notizen. Es war in der Bay von Hitu, wo die Holländer zuerst den Grewürznelkenbaum zu Gesichte bekamen, welcher in der Handelsgeschichte eine nicht unwichtige ßolle spielt. Der- selbe war ursprünglich auf die fünf Inseln beschränkt, welche als die eigentlichen Molukken betrachtet werden, der Name ist dann aber auch auf die anderen Eilande vor der Südküste von Ceram ausgedehnt worden, wo man die Gewürznelken zum Anbau einführte. Auf jenen 5 Inseln trägt er vom sie- benten Jahre bis zu ein hundert Jahren und noch länger, auf Amboina trägt er vor dem zwölften Jahre nicht, und nur bis zum fünf und fünfzigsten. Später ist der Baum auch mit Erfolg auf Pulo Pinang, Sumatra , Reunion und Sansibar, auf einigen westindischen Inseln und an der Küste von Guayana angebaut worden. Ein guter Baum liefert bis 4^2 Pfund Gewürznelken im Jahre. Die Ernte auf den vier Inseln, auf welchen er überhaupt noch cultivirt wird, liefert gegenwärtig etwa 350,000 lioll. Pfund; amtlichen Nachweisen zu Folge hat die Gesammternte von 1675 bis 1854 nicht weniger, als 100,034,036 Amsterdamer Pfund betragen. Die Ausgiebigkeit ist aber sehr wechselnd und unbestimmt. Als die Spanier 1521 zuerst nach den Molukken kamen, war dort der Anbau imd der Verkauf völlig frei und stellte sich , nach Pigasetta, damals die Ernte auf 3,540,000 Pfund ungereinigter und 2,360,000 Pfund gereinigter Gewürznelken, 78 Der Gewürznelken- und der Muskatnussbauta auf den Molukken. Man hält zv^ei Ernten im Juni und December. Rinde, Blätter und Zweige haben ebenfalls ein Aroma und auf Sansibar fin- den die letzteren willige Käufer. Die einheimische Benennung für den Baum ist Tschenki, vielleicht eine Corruption des chinesischen Tkeng - ki , d. h. duftende Nägel. Die Holländer sagen Kruidnagel für die Frucht und Nageisn boom für den Baum, die Spanier Clavo, also gleichfalls Nagel. Nach de Cänto, welcher 1540 auf den Inseln war, nennen die Perser die Gewürznelken Calafur und könnte die lateinische Benennung Caiyophyllus aus dem Ca- lafur (?) entstanden sein. Bemerkenswerth ist, dass dies Gewürz von den Einwoh- nern der Molukken niemals genossen worden ist. Bickmore ist der Meinung, dass zuerst die Chinesen von demselben Gebrauch gemacht. In Europa findet man die Waare zuerst zwischen 175 bis 180 n. Chr. bei den Bömern erwähnt; sie bildete einen Handelsartikel, der über Indien nach Alexan- drien kam. Ehe der Seeweg nach Ostindien gefunden war, bezahlte man das Pfund mit, nach heutigem Gelde, zehn Tha- lern, d. i. 360 mal mehr als der Einkaufspreis betrug. Dieser hohe Preis veranlasste, dass Spanier, Portugiesen und Hollän- der um des Monopols willen sich bekriegten und mancher Piratenzug dieserhalb unternommön wurde. Gegenwärtig, wo das Monopol der Holländer gebrochen ist, bringt diese Waare ihnen nur geringen Nutzen. Banda, die grösste in einer Gruppe von zehn Inseln, ist die rechte Heimath der Muskatnüsse. Anfänglich von den Portugiesen ein Jahrhundert lang monopolisirt, traten 1009 die Holländer in Concurrenz und nach achtzehnjähriger Fehde war die einheimische Bevölkerung vertilgt oder von der Insel verscheucht; es wurden dann Sklaven und nach Aufhebung der Sklaverei zumeist Verbrecher, vor 20 Jahren auch ein paar hundert freie Arbeiter dort eingeführt. Der grösste Theil der Insel Lontar ist mit Wäldern bedeckt, in denen der Muskatnussbaum hauptsächlich vorherrscht. Man erntet im Juni und September und die Bäume tragen Jahr für Jahr sehr reichlich. Die durchschnittliche Ernte hat sich im Verlaufe von 20 Jahren auf 580,000 holl. Pfunde Nüsse und 137,000 Muskatblüthe herausgestellt. Diese Ernte resul- tirte von etwa 450,000 Bäumen, von denen zwei Drittheilö Früchte tragen. Die Einnahmen decken der Niederländischen Regierung die Kosten nicht mehr. Auch wilde Muskatnüsse kommen in den Handel, welche von den Einwohnern von Ceram in Neuguinea eingehandelt Keim. V. Sam. in veln. Sauerstoffgase. — Einfl. d.KoMens. a. d.Ergrün. etc. 79 werden. Diese wilde Nuss ist nicht rund, sondern länglich und hat nicht das scharfe Aroma der Banda- Nüsse. Die Pflanze, von welcher dieselben abstammen, Myristica fatua, wird durch die sogenannten Nussknacker, zwei grosse Tau- benarten, Columba aenea und C. perspicillata yerbreitet. Sie verschlingen die Nuss, verdauen die Muskatblüthe und schei- den jene aus ; die Nuss bleibt keimfähig, und so kommen die jungen Bäume empor. Soweit die Tauben streifen, findet man dergleichen. (Globus). Hbg. Keimen von Samen in reinem Sauerstoffgase. Böhm fand, dass in diesem Gase bei gewöhnlicher Dichte desselben benetzte Samen über die ersten Stadien der Keim- entwickelung nicht herauskommen , obwohl sie gerade so viel Sauerstoff verbrauchen, wie in atmosphärischer Luft, und dass die jungen Keimorgane dabei erkranken, dass aber die Pflan- zen eben so gut wie in atmosphärischer Luft gedeihen , wenn der Sauerstoff durch Beimengung von Wasserstofl: oder mit- telst der Luftpumpe verdünnt wird. {Wien academ. Anzeiger 1873, 19. Med. chir. Rundschau XIV. (Neue Folge IV.) Jahrg. IV. p. 781.). C. Seh. Einfluss der Kohlensäure auf das Ergrünen und Wachsthum der Pflanzen. Ueber das Ergrünen vergeilter Pflanzen und das Keimen von Samen in Atmosphären von bestimmtem Kohlensäurege- halte hat J. Böhm eine Reihe von Versuchen angestellt, welche zu dem Resultate führten, dass in einer Luft, der nur 2*^/0 Kohlensäure beigemischt sind, die Chlorophyllbildung be- deutend verlangsamt wird, und in einer 20 ^/^ Kohlensäure haltenden Atmosphäre, je nach der Pflanzenart, ganz oder doch grösstentheils unterbleibt. — In gleicher Weise wird durch grössere oder geringere Mengen von Kohlensäure das Keimen der Samen mehr oder weniger verlangsamt. Benetzte Bohnen, welche während 8 Tagen in einer zur Hälfte aus Kohlensäure bestehenden Luft aufbewahrt wurden, zeigten nach dieser Zeit nicht die geringsten Anzeichen einer Kei- 80 Lic-btw. ver.-jch. gefärbt. Ülätt. — Hesp. d. unterget. Wasserpflanzen. mung, und entwickelten sich dann in freier Luft in ganz abnormer Weise. {Chem. C.-Bl. 1873, p. 600. Wiener Anz. 1873. 127). Kr. Lichtwirkuiig- yerscliicden gefärbter Blätter. Bekanntlich erscheinen die Blätter auf photographischen Landschaftsbildern gleichmässig schwarz. Dies haben Du- raas (1842) und später Helmholtz (1854) dadurch zu erklären gesucht, dass dem von gi'ünen Pflanzentheilen zu- rückfallenden Lichte die chemischen Strahlen fehlen, indem dieselben zu chemischer Arbeit im Linern der PÜanzenzellen verwandt worden seien. Für diese geistreiche Erklärung fehlte längere Zeit ein directer Beweis, bis ein solcher gelie- fert wurde durch die Copirung sogen, bunter Blätter. Setzt man nemlich' Blätter, welche nur zum Theil grün gefärbt sind, zum andern Theile aber eine andere Färbung zeigen, auf einer empfindlichen photographischen Unterlage dem Son- nenlichte aus, so tritt in der Begel unter dem Grün kein Eindruck auf das lichtempfindliche Präparat ein, während unter allen anders gefärbten Theilen der lichtempfindliche Ueberzug zersetzt wird. Roscoe hat diese Versuche mit Mentha aq. ausgeführt, deren Resultate demnach dahin gehen, dass die Thätigkeit der violetten und ultravioletten Strahlen vom Chlorophyll zu inneren Zwecken verwendet und voll- kommen erschöpft wird. Aug. Vogel hat diese Versuche mit einigen Pelargoniensorten, deren Blätter von grünen und weissen Ringen durchzogen sind, wiederholt, indess mit sehr wechselndem Erfolge, wobei sich ergab, das vei'schiedene Um- stände dass Resultat beeinflussen. (iV. llep. Pharm. 22, 467. Chem. Centram. 1873, 705.). Kr. Respiration der uiitergetaueliteii WasserpÖaiizen. Da die Titrirmethode mit hydroschwefligs. Natron (C. - Bl. 1872, 726, u. 1873, 281) gestattet, den in 50 CC. Wasser gelösten Sauerstoff mit einem Fehler von 0,1 CC. für das Liter zu bestimmen, so haben P. Schützenberger und E. Chionquand diese Methode zum Studium der Respirations- erscheinungen der Wasserpflanzen und zur Messung der Intensität derselben unter verschiedenen Bedingungen benutzt, JJer Verlust beim Fein -Pulvern von Droguen. 81 Die Versuche wurden ausgedelint : l) auf Bierhefe; 2) auf eiue Wasserpflanze aus der Familie der Hydrochariden, Elodea canadensis, welche sich zu solchen Versuchen beson- ders gut eignet. Die Methode bestand dai'in, dass man ein bekanntes Gewicht der Pflanze während einer bestimmten Zeit in Berührung mit einem bekannten Volum Wasser unter denjenigen Bedingungen liess, deren Verlauf man beobach- ten wollte. Der BauerstofFgehalt des Wassers wurde vor und nach dem Versuche bestimmt, und ergab sich dann aus der Differenz der absorbirte oder entwickelte Sauerstoff. In denjenigen Fällen, in denen Sauerstoff entwickelt werden soll, muss der anfängliche oxymetrische Grad des Wassers niedri- ger sein, als dem Sättigungszustande des Wassers entsjD rieht, und der Versuch darf nicht so lange dauren, dass das Wasser sich während desselben sättigen könnte, weil sonst Gasbläs- chen entweichen würden. Die Bierhefe zeigt immer nur Ab- sorption von Sauerstoff und Entwicklung von Kohlensäure. Unter gleichen Umständen ist ihre respiratorische Thätigkeit im Dunkeln so gross, wie im zerstreuten oder directen Son- nenlichte. Die Respiration der Hefe ist um so weniger activ, je älter dieselbe ist. Unter 10° C. hört das Absorptionsver- mögen fast ganz auf, es nimmt langsam bis 18** zu, von da schnell bis d8^ , und ei'reicht hier ihr Maximum, welches un- gefähr bis 50° andauert, bei 60° hört es gänzlich auf — Elodea canadensis zeigt, wie alle chlorophyllhaltigen Gewächse, eine zweifache Respiration: 1) Absorption von Sauerstoff und Production von Kohlensäure; 2) Entwicklung von Sauerstoff' unter dem Einflüsse des Lichtes. Die Absorption des Sauer- stoffs unter gleichzeitiger Production von Kohlensäure im Lichte geht mit der gleichen Intensität von Statten wie in der Dunkelheit, und ist diese Erscheinung das Resultat einer besonderen vegetabilischen Function, welche parallel neben der Tagesrespiration (Entwicklung von Sauerstoff) herläuft. Der Gang der Absorptionserscheinung ist gan2 derselbe wie bei der Bierhefe, doch in Bezug auf die Intensität bei glei- chem Gewichte ungefähr zehnmal geringer. — (CheiJi. C-Bl. 1873, 600. a rend. 77, 272). Kr. Der Verlust l)eiiii Fein - Pulyern yon Droguen kann je nach der Trockenheit der Substanz allerdings varii- ren, er beträgt im Allgemeinen nach mehrfachen Versuchen: Acid tart. ^j^ — 1 prct. 1 Aloe (Cap) 6 — TVaprcf. Aconit., rad. 2 — 5 „ j „ (Socotrina) 8 — 10 „ ArcU. 4, Pharm. Xf. Bds, 1. m\, ß 82 Massa pillular. Valletti. Alumen V2 — 1 Asa foetida 9- -11 Benzoe Bolus Armen. Borax 'U — 1 Canella alba 3 Cantharides (gr. ] tn. pulv.) 2 — 3 Capsicum Cassia 7- — 9 3 China Calisaya Coccinella 3 V2- — 5 — 1 Coloc3^nth. (gr. m pulv.) Cortex Citri 4— 3 5V2 — 5 Cremor tart. ^4" -% — 1 Cubeb. IV2 Cuprum sulph. „ (sicc.) 2 7 Euphorbium % — 1 Fab. Ignat. Foenura graecura 1 3— — 3 37, 1 prct. Gallae Gentiana rad. Gummi arabic. 4 6 — 13 4 12 10 V2 10 Hydrarg. bichlor. corr. 1 74 „ {American Journal of Pharmacy. 1873 Ser. Vol. IIL p. 473.). Indigo 2 prct. Ipecacuanha 3 — 4 „ Jalapa 9 — 10 „ Lapis Pumic. 2^2 » Liquirit. rad, (conc.) 3 — 4 „ „ (gr-m. pulv.) 10- „ 8UCC. Manganum oxydat. Myrrha 8 Nuces Vomic. 4 — 5 Opium 1 8 Piper nigr. 272 Plumbago 7^ — 3/^_i Rad. ßhei (gr. m. pulv.) 3—4 Sal Ammoniac. 1 Sarsaparilla (conc.) 4 — 5 „ (con- tus.) 10 — 13 Senna 3 — 4 Sinapis 6 — 7 Sulphur 1 72 Valeriana 3 — 5 Vanilla 4 — 5 Zingiber (Africa) 3 „ (Jamaica) 3 Vol. XLV 4 th. Massa pillular. Vallettii trocknet leicht aus. Don de schreibt dies dem Honig zu und giebt, um diesen Uebelstand zu beseitigen, folgende Vor- schrift: Eisenvitriol 500 g. Kohlens. Natron 600 „ Regen wasser 8 Liter Zuckerpulver 280 g. Glycerin 150 „ Extract. Valerianae mit Glycerin. — Bittrer Eisenwein. 83 Dem ausgewaschenen und abgepressten Eisencarbonat, das 500 bis 600 g. beträgt, wird der Zucker und das Grly- cerin zugesetzt, und zur Pillenconsistenz abgedampft. Die Pillenmasse hält sich drei Jahre brauchbar. (^Ame- rican Journal of Pharmacy. 1873. Vol. XL V. 4 th. Ser. Vol. UI. p, U5.). B. Extract. Valerianae mit Grlycerin. Munroe Bond giebt an, dass er bei Behandlung des groben Pulvers der Valeriana mit einer Mischung von Al- kohol, Glycerin und Wasser ein viel vorzüglicheres Extract erhalten habe, als wie bei Behandlung mit Alkohol nach der amerikanischen Pharmacopöe. Dem widerspricht Wil-liam Grill, der die Valeriana mit einem Menstruum von 3 Th. Alkohol und 1 Th. Glycerin behandelte und dadurch ein anscheinend bei weitem kräftigeres Extract erhielt, als bei der officinellen Methode. Nach 5 Wochen jedoch hatte sich das Glycerin enthaltende Extract in eine schlammige Flüssigkeit mit beträchtlichem Bodensatz verwandelt. Nach der Filtration schien das Extract nur wenig von seiner Stärke verloren zu haben. Es scheint das Glycerin eine grössere Menge Farb- stoff in Lösung zu bringen, so dass das Präparat dadurch „stärker" aussieht. Diese Erfahrung bestätigte sich auch bei andern Extrac- ten, wie Cubeben, das Ingwerextract mit Glycerin' jedoch war besser, als das mit Alkohol bereitete und hielt sich auch gut. Es scheint demnach in einigen Fällen das Glycerin sehr gute Dienste bei der Extractbereitung zu leisten. So erwies es sich bei Extract. Senegal durchaus nothwendig, das ohne Glycerin immer Niederschläge gab, mit ^/^ Glycerin dem Men- struum zugefügt, sich ohne Niederschlag aufbewahren liess. {American Joiirn. of Pharmaci/. May 1873.). B. Bittrer Eisenwein ist nach Mitchell ein gutes Tonicum und Stimulans, sieht aber oft aus wie Tinte, schmeckt auch so und ist den Patien- ten zuwider. Das Eisensesquioxydhydrat hat die Eigenschaft, aus manchen vegetabilischen Adstringentien die Gerbsäure 6* 84 tJeber eisenhaltigen Chinawein. zu entfernen , und dies benutzte Mitchell in folgender Vorschrift ; Zerstossene China Calibaya 11,693 g. „ Enzianwurzel 7,795 „ Löbliches citronsaures Eisenoxyd 11,693 „ .Sherrywein 3,8001 Hektog. Brandy 0,2923 „ Alkohol 0,2923 „ Orangenöl 12 Tropfen Zucker 0,5846 Hektog. Lösung von Eisentersulphat 0,5846 „ Ammoniakliquor q. s. Das Orangenöl wird in dem Alkohol gelöst und mit dem Sherrys und Brandy gemischt, damit werden die zerstossenen Pflanzenstofie percolirt und soviel Wasser zugesetzt, dass 4,3848 Hektog. Tinctur erhalten werden. Die Eisenlö^ung wird mit dem Zweifachen Wasser versetzt und Ammoniak bis zum leichten Ueberschuss zugesetzt. Der Niederschlag wird so lange gewaschen, bis das ablaufende Wasser keinen Ge- schmack mehr hat, und gut getrocknet. Dann wird der Nie- derschlag mit der Tinctur gemischt, öfter unigeschüttelt, bis eine abfiltrirte Probe eine hellgelbe Earbe hat und sich mit Eisenchlorid nicht schwärzt. Dann wird filtrirt, das citron- saure Eisenoxyd und der Zucker darin gelöst und das Ganze mit Wasser auf 4,6771 Hektog. gebracht. 0,2923 Hektog. enthält 0,731 g. China, 48,72 Centig. Enzian und 0,731 g. citronsaures Eisenoxyd. {Afnerican Jour- nal ofPhannacy. 1873. Vol. XLV. 4 th. Sc: Vol. III p.iSS.). E. TJeher eisenbaltigeu Cliinaweiii. 8 ch lachte nhauffen hat Chinaweine aus Roth- und verschiedenen Weissweinen und die verschiedenen Chinarinden, sowie den eisenhaltigen Chinawein untersucht und gefunden, dass die in den Weinen gelösten Stoffe, Chinin, Cinchonin, sehr abweichen von der Menge, in welcher sie in der angewandten Rinde enthalten waren. Die Weine erschöpfen die Chinarinde keinesweges, son- dern nehmen ^4, höchstens ^/^ der in der Rinde ent- haltenen Alkaloide auf. Aus diesem Grunde ist die mit Wein ausgezogene Rinde nicht werthlos, sondern für ferneie Flüss., wässrig. Extract d. Sennesblätt. — Flüss. Extra,ct d. Chinarinde. 85 Arbeiten aufzubewahren. Wird dem Chinawein citronensau- res Ammoniakeisen zugesetzt, so scheiden sich viele harzige und farbige Stoffe ab und erhält dieser Absatz an 20: — 35% Eisenoxyd und 7 — 12% i'eine Aikaloide, so dass der eisen- haltige Chinawein ^ioj höchstens Ys Theil der Aika- loide enthält, welche in der angewandten E,inde enthalten waren. Harz und gerbstoffhaltige Substanzen enthalten sie nur sehr wenig. Das darin enthaltene citronensaure Eisenoxydul ist fast gänzlich in Oxyd übergeführt. Diese Versuche lassen die Bereitung der Chinaweine und des eisenhaltigen Chinaweins nicht gerechtfertigt erscheinen. (R6jpert. de Pharm, tom. l 73. p. 589 u. 653). Bl. Flüssiges, wässriges Extract der Senneslblätter. Vogeler hat gefunden, dass kaltes Wasser das Harz der Sennesblätter nicht auflöst und, dass man in dieser ein- fachen Weise ein Abführungsmittel herstellen kann, ähnlich den Spec. St. Germain. Man nehme 16 TJnz. grob gestossene Sennesblätter, durchfeuchte sie gut mit kaltem Wasser und thue sie in einen Verdrängungsapparat. Nach 24 stündiger Maceration verdränge man die Flüssigkeit bis zur Erschöpfung des Pulvers. Das klare Colat verdunste man bei massiger Wärme bis zu 16 ünz. , füge 10 Unz. Zucker hinzu und dampfe unter Umrühren ein, bis das Ganze, gemessen, 16 Un- zen sind. Es liefert einen dunkelbraunen, sich gut haltenden Syrup. Dosis 3 bis 6 Drachmen. (TAe Pharmacist. Vol. VI. S. 309.). A. P. Flüssiges Extract der Chinarinde. Aus einer längeren Arbeit, worin R. Eother die Brauch- barkeit der verschiedenen Lösungsmittel durchgeht und die Haltbarkeit der so erhaltenen Präpai'ate bespricht, theilt er schliesslich folgende Vorschrift mit: Rp. Pulv. subt. cort. Chin. §XVI Acid. muriat. pond. spec. 1,16 ^i — ii. Spir. vini alcohol. Aq, ana q. s. Man mache ein Gemisch von 3 Th. Alkohol und 1 Th. Wasser, Nehnie 3 Pfund von diesem Gemisch und setze die 8Ö Mischungen mit ßicinusöl. Salzsäure hinzu. Auf 4 Unz. Chinapulver, welche man in einen Porzellanmörser gethan hat, giesse 2 bis 3 Unz. der sauren Flüssigkeit und vereinige beides gut mittelst einer Mörser- keule, füge in gleicher Weise abwechselnd Chinapulver und saure Flüssigkeit hinzu. Hierauf thue man das Ganze in einen gläsernen Verdrängungs -Apparat und bilde eine, nicht zu stark zusammengepresste, Säule daraus. Jetzt giesse man langsam die übrige Flüssigkeit darauf und bewahre die zuerst erhaltenen 12 Unz. Colatur für sich. Man erschöpft jetzt das Pulver bis man noch 2^2 bis 3 Pfund Flüssigkeit erhalten hat. Diese vollständig klare Flüssigkeit wird im Wasserbade in einer Porzellanschale bis auf 4 Unz. eingedampft und, fast erkaltet, in den zuerst erhaltenen 12 Unz. Colatur wieder auf- gelöst. Sollte das Ganze, genjessen, keine 16 Unz. betragen, so füge man Alkohol, soviel als nöthig, hinzu. (^The Phar- macist. Vol. VI. S. 301.). A. C. Miscliimgeii mit Ricinusöl. Bei seinem grossen Nutzen ist doch Ricinusöl sehr un- angenehm, wenn man es einnehmen soll. Man hat es in Kapseln eingeschlossen, wobei jedoch die Schwierigkeit ent- steht, wie viele man davon braucht, um die gewünschte Wir- Jcung zu erzielen ; man hat, um die Menge geringer zu machen, andere Stoffe, wie Podophyllin und Crotonöl zugesetzt, die aber beide höchst drastischer Natur sind ; man hat es in Thee, Kaffee, Punsch, Wein, Bier u. dgl. gegeben, wobei das Oel meistens im Munde hängen bleibt, — das beste Vehikel ist recht süsser und aromatisirter Flachssamenthee — ; man hat es in Emulsionen gegeben, die jedoch oft zu dick ausfallen. Gregory giebt folgende Vorschriften, die sich bewährt haben : I. Ol. Bicini 0,2923 Hektog. Mucilago Gummi arabic. 0,730 Dekag. gut durchgeschüttelt und zugefügt Syr. simpl. 0,730 Dekag. wieder durchgeschüttelt, mit Spirit. Menth, pip. oder dgl. aro- raatisirt und mit Wasser 0,5846 Hektog. voll gemacht. Diese Mixtur kann kaum eine Emulsion genannt wer- den, sie mischt sich gut durch Schütteln und lässt sich gut einnehmen. Mesquite-Grummi. — Austral. Gummi. ~ Gewinn, des KautscTiuka. 87 IL Ol. Ricini 0,2923 Hektog. „ Anisi gtt. X Chloroform gtt. x gut durchgeschüttelt und zugefügt Mucilag. Gummi arabic. 1,461 Dekag. wieder durchgeschüttelt und mit Wasser zu 0,5846 Hektog. aufgefüllt. (Canad. Tharm. Journ. — American. Journal of Fharmacy. 1873. Vol. XLV. i th. Ser. Vol. III j). ASJ seq.). R. Mesquite - Griiumii. Mit diesem Namen bezeichnet man in Tex.as ein Gummi welches die Prosopis glandulosa Torr, und viel- leicht auch noch andere Arten ^ dieser Pflanzengattung (Familie der Mimoseen) liefern, und das desshalb die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, weil es mit dem arabischen Gummi fast völlig übereinstimmt und daher zu denselben medicinischen und industriellen Zwecken wie dieses verwendet werden kann. Am reichlichsten kommt es in dem Distrikte Bexar vor. Die dortigen Gummibäume haben eine Höhe von 20 — 40 Fuss und der Stamm misst gegen 18 Zoll im Durchmesser. Ihr Holz ist sehr hart, feinkörnig und dauerhaft, und dient zu Möbel -Fournituren. Das Gummi quillt aus dem Stamme und den Aesten. (Pharm. Journ. and Transact., October 1873. XL. 286). C. G. W. Australisches Griimmi. Die Anzahl der Gummi liefernden Acacien in Australien ist beträchtlich, auch wachsen sie schneller, als die africani- schen. Man erhält Gummi von Acacia harpophylla Müller., A. Bidwillii Bentham, A. pycnantha Bentham, A. decurrens Willd. und A. homalophylla Cuming. Das Gummi wird expor- tirt für Kattundruckerei, als Klebmittel u, s. w. {Journ. Appl. Science. — American Journal of Pharmacy. 1873. Vol. XL V. 4 th. Ser. Vol. III p. 471.). E. lieber die Herkunft und die Gfewinnung des Kaut- schuks. Die umfangreiche und ausserordentlich rasch wachsende Verwendung von Kautschuk hat diesen Stoß", welcher in Europa zuerst nur zum Auslöschen von Bleistiftstrichen gebraucht wurde, jetzt zu einem Artikel erhoben, der eine der ersten 88 Herkunft luid die Gewinnung des Kautschuks. Rollen in der Industrie spielt. Der Consum erfordert jährlich viele Tausende von Tonnen, und beinahe jede Gegend der Tropen wird zu dieser Lieferung herangezogen. Die Pflanzen, welche Kautschuk liefern, gehören zu einer der drei nachstehenden natürlichen Ordnungen: 1) Euphor- biaceeu, welche durch verschiedene Species von Bcäumen (He- vea oder Siphonia) repräsentirt werden und in den heissen und feuchten Thälern des Araazonenstromes und des E,io- grande delXorte wachsen; 2) Artocarpeen , denen verschie- dene Spielarten der üle Bäume (Castillon elastica etc.), welche sich vom Golf von Mexiko bis Guayaquil finden , und einer Reihe von Feigenbaumarten (Ficus elastica u. s. w.) angehö- ren, welche im nordöstlichen Indien, Vorder - Indien, Java und Xordaustralien Avachsen; 3) Apocyneen , welche durch die flancornia in Süd - Brasilien, die Landolphia im äquatorialen Afrika, die Vahea in Madagaskar und die Ui'ceola in Malakka und Borneo repräsentirt werden. Alle diese Gewächse sind Klet- torsträuche und Stauden, mit Ausnahme der zuerst genannten. Die feinste Qualität des Kautschuks ist das Para- Kaut- schuk , unter welchem Namen das brasilianische Kautschuk, welches über diesen Hafen geht, im Handel vorkommt. Die Einsammlung des Para - Kautschuks beginnt im August und wird bis in den Januar oder Februar fortgesetzt; in der Regenzeit ist die Milch oder der Saft zu wässrig, um mit Erfolg zu arbeiten. Wenn die Milch ausfliesst, hat sie die I^arbe und Consistenz von Sahne; sie gerinnt jedoch bald durch Absonderung des Kautschuks, das dann in einer mol- kenartigen Flüssigkeit suspendirt bleibt, Die Bäume werden in der Regel des Abends angezapft und am andern Morgen wird die Milch eingesammelt. Die Ausfuhr von Para -Kautschuk beläuft sich zur Zeit auf jährlich 5000 Tonnen, von denen etwa die Hälfte nach New -York geht. Er kommt in verschiedenen Formen in den Handel: „Biscuits," flache, taschenartige Stücke, die über runden Formen, „bottles," welche in derselben Weise über flaschenartigen Formen hergestellt werden; „nigger heads," massive Kugeln von oft einem Fuss im Durchmesser, aus mehreren kleinen Stücken zusammengerollt, und endlich als lose unförmliche Stücke. Da Para -Kautschuk stärker, reiner und dauei'hafter , als jeder andere ist, so ist es für Artikel, welche grosse Stücke und Elasticität erfordern, wie Federn für Eisenbahnwagen u. dgl. unentbehrlich. Herkunft und die Gewinnung des Kautschuts. 89 Eine Waare von sonst ähnlicher Qualität (aber weniger rein) ist die im Handel als „Ccara-Scrap" (Crap- Schnitzel, Stärke) bekannte, Sie ist gleichfalls, wie das Para- Kautschuk, das Product der Hevea. Diese Bäume kommen im Französisch Guiana, Venezuela und im östlichen Peru in den dichten, feuch- ten Wäldern, längs der Flüsse zahlreich vor. Den zweiten Eang unter den Kautschuk liefernden Pflan- zen nimmt der Üle-Baum ein, welcher massenhaft in Cen- tralamerika und im westlichen Südamerika südlich bis Peru vorkommt. Man zapft 2, vielleicht 3 Species an. Die Bäume gedeihen am besten in dicken, dumpfigen, warmen Waldungen, am schönsten in den Becken der Seen Nicaragua und Mana- gua. Die Milch fliesst zu allen Jahreszeiten aus, ist aber im April am besten. Ein ordnungsmässig behandelter Baum von 18 Zoll im Durchmesser kann 20 Gallonen Milch liefern, die 50 Pfund Kautschuk geben. Man bringt die Milch durch den Zusatz gewisser Pflanzensäfte zum Gerinnen; das Kautschuk sondert sich als eine weiche braune Masse ab, die wie frischer Käse riecht. Es wird dann meist in Kuchen gepresst, die etwa 2 Pfund wiegen. Uebrigens kommen neben den Kuchen (tortillas oder me- xos) noch Kugeln (cabezza's) und bolas auf den Markt, welche letzteren durch das natürliche Eintrocknen der Milch in Baumeinschnitten gewonnen werden; die bolas werden besonders geschätzt. Im San- Juan-District (Nicaragua) arbeiten regelmässig 6 — 800 Einsammler und etwa 2000 in der Umgegend von Panama, wo man die Bäume niederschlägt, um das Kautschuk zu gewinnen. Das Kautschuk von Neugranada (im Handel als Car- thagena- Waare bekannt) kommt in dreiviertel Zoll dicken Platten in den Handel und ist von gater Qualität, obgleich ihm zuweilen in Folge ungeschickten Anzapfens der Bäume Gummi beigemischt ist, wodurch das Kautschuk theerig wird. Die beste centralamerikanische Waare ist die unter dem Namen Westindisches Kautschuk bekannte; sie kommt übrigens nicht von den Westindischen Inseln. Die feinste Sorte kommt in Blöcken , welche aus dünnen Platten zusammengepresst sind, in den Handel und ist sehr rein. Guatemala -Kautschuk ist das schlechteste; es kommt in denselben Formen wie das Westindische Kautschuk in den Handel, ist aber durch theerartige Beimengungen verunreinigt. dO Herkunft und die Gewinnung des Kautschuks. Guayaquil- Kautschuk ist von sehr ungleicher Güte. Die besten Sorten sind weisslich und kommen in grossen Brocken in den Handel, die schlechtem Sorten sind schwammig und mit einer widerwärtigen schwarzen Flüssigkeit erfüllt, welche auf die Gesundheit der betreffenden Arbeiter schädlich einwirkt. Die jetzt noch übrige Kautschuk - E,egion Amerika's um- fasst die Hochebene Südbrasiliens, zwischen dem 18 und 20 Grade südlicher Breite, Sie liefert eine gute, unter dem Namen Pernambuco - Kautschuk bekannte Waare, welche von verschiedenen Arten der Hancornia erhalten wird. Diese Bäume erreichen die Grösse eines Apfelbaumes, haben schmale Blätter und herabhängende Zweige, was ihnen das Ansehen von Trauerweiden giebt. Der Saft wird jedoch nicht häufig abgezapft; man schätzt die Bäume mehr ihrer beliebten Früchte wegen. Der Hauptkautschukbaum Asiens ist Ficus elastica, welche besonders in Assam, Vorderindien, Java, Sumatra vor- kommt; übrigens findet sich dieselbe auch in Australien. Das „Singapore- Kautschuk" (der von Sumatra, Java, China, Ma- nilla, Pinang und von der Halbinsel Malakka kommt) liefert vorzugsweise die Ficus elastica; übrigens wird ein Theil des unter dem obigen Namen gehenden Kautschuks auch von der ürceola elastica, einer raschwächsigen Kletterpflanze, geliefert, welche zuweilen eine Länge von 300 Schritten und den Um- fang eines Mannes erreicht. Um die Milch zu gewinnen, wird diese Pfl. regelmässig in kleine Abschnitte zerhauen und das Ausfliessen des Saftes durch Erhitzen eines der Enden solcher Abschnitte beschleunigt. Durch einen Zusatz, von Salz wird die Absonderung von Kautschuk befördert. Die Qualität dieses Kautschuks („Borneo"- Kautschuk) ist gering. Dagegen ist das Madagaskar- Kautschuk, das gleichfalls von einer Kletterpflanze gewonnen wird , vorzüglich ; es wird namentlich in Frankreich benutzt und rangirt im Preise gleich nach dem Para- Kautschuk. Das äquatoriale Afrika ist reich an Kautschuk liefernden Klcttersträuchen und Bäumen; die Ausbeutung und Zuberei- tung wird jedoch sehr nachlässig betrieben ; das Product ist in Folge ungeschickten Anzapfens sehr gering. Die Hauptausfuhrgegenden sind Gaboon (hier haben die Franzosen 1843 eine Niederlassung gegründet), Congo, Angla, Benguela und Zambesi. Trotz der grossen Ausbreitung der Kautschuk liefernden Pflanzen liegt Grund zu ernsten Besorgnissen wegen der Zukunft der Kautschukproduction vor. In Folge des leicht- Bückerschau. 91 sinnigen Verfahrens der Ein gesessenen verschwinden die Kautschukpflanzen, soweit sie zugänglich sind, mit erschrecken- der Easchheit; in grossen Bezirken sind sie vollständig aus- gerottet , und man sorgt in keiner Weise für Nachzucht. Zwar finden sich noch immer Millionen von Stämmen in nahezu unzugänglichen Waldungen, aber hier sind sie eben nicht aus- zubeuten. (Scientific. American v. 6. Spthr. 1873. Hannov. WochenU. p. 321. Industr.-Bl. 1873. p. 364.). C. Seh. C. Bliclierscliau. Taschenbuch der pharmaceutischen Eeceptur und Defectur von 0. Schlickum, Apotheker. . Mit zahlreichen Holzschnitten. Leipzig, Ernst Günther's Verlag 1874. VIII. 197 S. Der Verfasser beabsichtigt, durch Erörterung der bei den Mani- pulationen der pharmaceutischen Eeceptur und Defectur geltenden Kegeln den Lehrlingen einen Leitfaden zu geben, welcher den Lehrherrn, bei seinen Anweisungen unterstützen kann. Um die Schrift aber auch Geüb- teren nützlich zu machen, sind verschiedene Gegenstände, wie aus Folgen- dem ersichtlich ist, noch in einem besonderen Abschnitte besprochen. Das Werk zerfällt in drei Abschnitte , von welchen der erste der ßeceptur, der zweite der Defectur, der dritte den Hülfsmitteln zur Eecep- tur gewidmet ist. Der erste Abschnitt hat zwei Abtheilungen, deren erste in drei Kapi- teln die Eeceptur im Allgemeinen (auch Prüfung der Waagen und Gewichte) in erschöpfender Weise behandelt. Die zweite Abtheilung führt uns die verschiedenen Arzneiformen in 22 Kapiteln vor;, es sind dieselben classificirt in flüssige Arzneien, Arzneien von halbfester Consistenz und trockne Arzneien. Der zweite Abschnitt „ die Defectur " hat drei Abtheilungen ; die erste derselben spricht über Zubereitung der Arzneimittel: Schneiden, Pulvern, Präpariren. Die zweite handelt in acht Kapiteln von der Zubereitung der pharmaceutischen Präparate, die dritte in ebenfalls acht|Kapiteln von den chemischen Operationen; ein Nachtrag bespricht das Arbeiten mit Glas- röhren. Der dritte Abschnitt „ Hülfsmittel zur Eeceptur" bringt auf reich- lich 30 Seiten ein alphabetisch geordnetes Verzeichniss der Arzneimittel mit ihren Löslichkeitsverhältnissen, besonderenBemerkungen (namentlich Auf- führung derjenigen Stoße, durch welche Zersetzung hervorgerufen wird) und Angabe der Zusammensetzung der zu extemporirenden Mittel. Hieran schliesst sich eine Vergleichung des älteren Medicinalgewichts mit dem Grammgewichte, ein Verzeichniss der Maximaldosen, eine Erklärung der Abkürzungen und Zeichen in den Eeceptformeln und ein Eegister. Das umfangreiche Gebiet ist mit Umsicht und grossem Fleisse bear- beitet worden, so dass sicher die meisten CoUegen auch mit den einzel- nen Ausführungen einverstanden sein werden. Nur wenige Punkte sind es, bei denen es mir zweifelhaft ist, ob ein vollständiges Einv^rständniss herrschen wird. Dieses betrifft zunächst das vor dem Pulvern empfohlene Trocknen von Borax und Natronbicarbonat ; dann kann man zweifelhaft sein , ob die Verwendung verzinnter Kupferpfannen zum Autkochen von Säften gestattet und ob die Benutzung eines Aetherextraction - Apparates nicht auch beim Arbeiten für den eigenen Bedarf empfehlenswerth sei. 92 Bücherscbau. Da die Methoden zur Bestimmung des specifischen Gewichtes recht aus- führlich behandelt sind, so hätte auch der Gläschen Erwähnung geschehen können, welche statt des Stöpsels mit einem in eine Spitze ausgezogenen, eingeschliffenen Stückchen Glasrohr versrhen sind. Die zahlreichen Holzschnitte sind sehr instructiv und gut ausgeführt, nur hätte ich gewünscht , dass bei Destillationen aus dem Kolben auch auf Kolben mit eingeschnürtem Halse aiifmerksam gemacht wäre. In dem Verzeichniss der Arzneimittel des dritten Abschnittes finden wir viele interessante Angaben, so dass der Zweck des Verfassers, das Werk auch Geübteren nützlich zu macheu, vollständig erreicht wird. Rei vielen Mitteln w^erden verschiedene Stoffe, welche Zersetzung hervorrufen, namhaft gemacht; bei Ammonium chloratum ferratum nur Gerbstoff. Bei Ammonium chloratum hätte vielleicht der Entstehung kohlensauren Animo- niacs gedacht werden können , wenn es gleichzeitig mit Tinctura Khei aquosa verordnet wird. Sicher wird das Werk bei Lehrenden und Lernenden die verdiente freundliche Aufnahme finden. Bissendorf, März 1874. R. Kem^yer. Die llygieine, deren Studium und Ausübung von Eduard ßeich. Würzburg-. A. Stuber. 1874. gr. 8. XII. 72. Die Hygieine ist eine Wissenschaft von verhältnissmässig neuem Datum und hat erst in der Neuzeit den ihrer Bedeutung angemessenen Platz erhalten. Dazu beigetragen zu haben ist ein Hauptverdienst des Verf., der zuerst die Hygieine von philosophisch -ethischem Standpunkte auffasste und in diesem Sinne ihre Behandlung anbahnte. Das vorlie- gende, ansprechend ausgestattete Werk kann als eine Propädeutik und als eine Einleitung zu des Verf. „System der Hygieine" (2 Bde. Leipzig bei Friedr. Fleischer) betrachtet werden. Der Verf. fasst die Hygieine auf als „die Philosophie, Wissenschaft und Kunst des normalen Lebens " ; desshalb ist sie nicht gleichbedeutend mit Experimental -Physiologie und Experimental Chemie, sondern diese bei- den sind in demselben Masse Hilfswissenschaften der Hygieine, in welchem die Moralphilosophie, die socialen Wissenschaften, Statistik, Anthropologie, Krankheitslehre und andere Wissenszweige es sind. Darum muss die Hygieine als Ganzes cultivirt und von den Moralisten, Pädagogen, Politikern und Aerzten gleichmässig angeeignet werden. Zu den Hilfswissenschaften der Hygieine gehört die Anthro pologie (namentlich die physiologische und philosophische); die Aetiologie der Krankheiten, die socialen Wissenschaften (Nationalöconomie „das wissenschaftliche System der Selbstsucht," so weit sie versittlichte A'^olkswirthschaft ist; Politik; Bevölkerungslehre; Pflege der Wohlthätig- keit in Armenhäusern, Hospitälern, Waisenhäusern, Besserungsanstalten u. s. w.; Polizeiwissenschaft), die Moral (die Moral der Liebe, nicht die Moral der Vergeltung), die Erziehungskunst (vernünftige Erziehung und natürliche Frische ermöglichen hauptsächlich Selbsterkenntniss, Selbst- beherrschung und Selbsthilfe , und auf diese drei gründet sich die Praxis der Hygieine , es ist also die Hygieine mittels der Pädagogik eine Voraus- setzung naturgemässer Civilisation), die Statistik (mit der medicinischen Geographie 1, die Technik (namentlich für die polizeiliche Hygieine), al Igem eine Natur künde (als Vorstudien für Anthropologie), Mediciu (nicht als Handwerk, sondern im philosophischen Geiste aufgefasst), Geschichte (nicht als Sammlung von Namen und Zahlen, sondern als GescUichtsphilosophie), liüehersc'haü. Öd Hauptvoraussetzung der Hygieine im Leben ist gute Erziebung, es sind und bleiben dessbalb die besten und tapfersten Pioniere dieser Wis- senscbaft die Lehrer! Die Aerzte werden erst dann für die Hygieine ein wahres und warmes Interesse gewinnen, wenn sie vom Staate fest und reichlich besoldet werden. Die Hygieine zerfällt in: moralische (regulirt Gedanken und Gefühle, beeinflusst die Begehrungen, meistert die Leidenschaften; die Arbeit ist das Mittel zu ihrer Einwirkung), sociale (richtige Beeinflus- sung von Gesetz, Sitte und Erziehung; Hygieine der Ehe, Verhütung erblicher Leiden; Bewegung der Bevölkerung, Verhinderung der Entvöl- kerung von Landstrichen; Volksbelehrung; Arbeit; organische Vereinigung der Fabrikarbeit mit dem Ackerbau; Wohlthätigkeit), diätetische (Kleidung; Hautpflege; Gymnastik; Wohnung), polizeiliche (Gesund- heitsgesetze). Das Studium der Hygieine wird am besten in. einem zweckmäs- sig eingerichteten Institute betrieben und zwar theoretisch und prak- tisch unter Anleitung eines Professors der wissenschaftlichen Gesammt- hygieine und eines Professors der praktischen Hygieine. Zu ihnen gesellt sich noch ein Lehrer der Anthropologie, wie oben angedeutet, ebenso für Aetiologie, und Lehrer für die genannten Hilfswissenschaften. Eine umfas- sende Bibliothek ist unbedingt noth wendig. In dem Werke schliesst sich hier ein Excurs über die Universitäten und deren gegenwärtigen Zustand nebst Eeformvorschlägen an. Die Ausübung der Hygieine kann nicht von Medicinalpersonen allein besorgt werden^ sondern muss Sache aller derer sein, die das Menschenwohl in der einen oder andern Art fördern oder fördern sollen. Die oberste hygieinische Behörde ist der Rath der Wohlfahrt, dessen Aufgaben eine Gliederung in einen ßath der Gesundheit, ßath der Erziehung und Eath der Sicherheit veranlassen, doch keine absolute Glie- derung, sondern es müssen die Theile stets organisch zusammenhängen, für und durch einander bestehen. — Dann geschieht die Ausübung der Hygieine durch Privatleute, besonders durch Erzieher, Prediger, Aerzte, Volksschriftsteller ; — endlich durch Gesetzgeber und Staatsmänner dann, wenn sie es lernen wollen, die Oecononiie mit der Moral zu versöhnen und harmonisch zu vereinigen. Den Schluss des Werkes bilden eine Anzahl erläuternder Anmerkungen und ein reichhaltiger Literaturnachweis. Dr. Heinr. Böhnke- Reich. Anleitung zur Untersuchung von Wasser, welches zu gewerb- lichen und häuslichen Zwecken oder als Trinkwasser benutzt werden soll. Zum Gebrauche für Techniker, Fabrikanten, Pharmaceuten, Chemiker und Aerzte bearbeitet von Dr. Wilh. Kübel. Zweite, vollständig umgearbeitete und vermehrte Auflage von Dr. Perd. Tiemann, Assistent am chemischen Laboratorium der Universität Berlin unter Mitwirkung des Yerlassers der ersten Auflage. Mit in den Text eingedruck- ten Holzschnitten. Braunschweig, Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn. 1874. Fortschreitend mit der Entwicklung der Industrie, der Gewerbe und der Chemie für Sanitätszwecke hat die Kenntniss der Bestandtheile des Wassers sehr an Wichtigkeit gewonnen. Nicht nur verlangen die chemischeu Gewerbe eine genaue Kenntniss der von ihnen benutzten Wässer, ebeuso bedarf man derselben für den Betrieb der Dampfmaschfneu; am v/ichtig- 94 Bücherschau. sten jedoch möchten die chemischen Untersuchungen der Brunncn-wässer in gesundheitlicher Rücksicht sein; wir verdanken in dieser Hinsicht den Aufschlüssen eines Reichardt , Pettenkofer , Schulze u. A. sehr interessante Belehrungen. Eine einfache qualitative und quantitative Untersuchungsmethode der Wässer muss für jeden Techniker, Mediziner und alle Solche, die nicht in der Lage sind , umfassende Gewichtsanalysen anstellen zu können, von bedeutendem Werth sein, diese Aufgabe zu lösen ist vorzugsweise der Zweck des vorliegenden Schriftehens ; daneben wird dasselbe jedoch auch lur den praktischen Chemiker manche nützliche Winke enthalten. Dass hierbei die maassanalytische Methode besondere Berücksichtigung fand, ist selbstverständlich, doch wird dabei auch der gewichtsanalytischen Methode gebührende Rechnung getragen. Zur Auswahl des Lesers sind die bewährtesten Verfahren der Wasserana- lysen verschiedener Autoritäten angegeben, so von Reichardt, Trommsdorf, Schulze, Marx, Feldhausen, Kuhel, Frankland und Armstrong, Clark u. A. m. Nach einer die Eigenschaften der natürlichen Wässer im Allgemeinen besprechenden Einleitung beginnt der Verfasser mit der qualitativen Prüfung des Wassers, wobei auch Geiuch und Färbung, resp. Klarheit desselben Berücksichtigung finden. Eine qualitative Prüfung auf Alkalien wird in den meisten Fällen für unnöthig erachtet. — Zur qualitativen Prüfung auf organische Substanzen wird nur ein Glühversuch des Rück- standes angestellt. Die quantitative Prüfung findet Beschränkung für die speciellen Fälle der Praxis , je nachdem ein Wasser für diesen oder jenen Zweck bestimmt ist. So genügt für ein zu technischen Zwecken verwendetes Wasser häu- fig die Bestimmung der Gesammthärte, der bleibenden Härte und der Chlorwasserstofi'säure. Die Prüfung eines Trinkwassers muss sich dagegen ausser auf die genannten Eigenschaften auch noch ganz besonders auf die quantitative Be- stimmung der Salpetersäure , der salpetrigen Säure , der freien und halb gebundenen Kohlensäure, des Ammoniaks und der organischen Substanzen ausdehnen. — Bei der Bestimmung der Gesammthärte nach der Clark'schen Methode bedient man sich bekanntlich einer titrirten Seifenlösung, von welcher 45 C. C. genau 12 mg. Kalk in 100 CG. Wasser sättigen, was = 12 Härtegrade beträgt. Zur genaueren Bestimmung sind von Faist und Knaucrs Tabellen beigegeben. Zur Bestimmung der bleibenden Härte muss eine bestimmte Quantität des Wassers vorerst eine Zeit lang gekocht werden unter Ersatz des ver- dampfenden Wassers, sodann prüft man mit der genannten titrirten Seifenlösung. Nach der Methode von Wilson wird eine concentrirte Sodalösung dem zu prüfenden Wasser beigefügt, wodurch der Gebrauch einer besonderen Tabelle vermieden wird. Die massanalytische Bestimmung des Kalks erfolgt nnch Mohr nach dem Priuzipe der Fällbarkeit der Kalksalze in ammoniakalischer Lösung durch Oxalsäure und der Oxydirbarkeit der letzteren durch übermangan- saures Kali, indem hierdurch die überschüssig zugesetzte Säure wieder zersetzt, darnach berechnet und von der ersten Berechnung abgezogen wird. Die Magnesia kann annähernd durch die Differenz zwischen der all- gemeinen Härtebestimmuug und der Kalkbestimmung gefunden werden, indem der sich ergebende Werth durch Multiplication mit s', auf die äquivalente Menge Magnesia reducirt wird. Die Ge w ichtsbestimmung erfolgt wie gewöhnlich nach Abscheidung des Kalks dmxh oxals. Amraon., durch phos- phors. Natron - Ammoniak. Bücherscliau. 95 Die Schwefelsäure der Wässer kann leicht nach dem Gewicht auf die bekannte Weise als BaS^Ö'* bestimmt werden , jedoch ist der erhaltene Niederschlag durch Beimischungen bei Gegenwart salpetersaurer Alkalien und alkal. Erden verunreinigt, besonders bei Anwendung des Salpeters. Baryts. Die kohlens. alkal. Erden müssen vorher durch Kochen aus- gefällt werden. Auch die massanalytische Bestimmung der Schwefelsäure geschieht durch eine titrirte Baryumchloridlösung und sind die Methoden von Bou- tron und Boudet und von Wildenstein augeführt. Der Chlorgehalt wird durch eine titrirte Silbernitratlösung bestimmt und der Zusatz der letzteren durch einfach chroms. Kali controlirt. Man setzt dem Wasser ein "wenig einer Lösung von Kalichi-omat und dann das Silbernitrat unter Umrühren nur solange zu, bis das Chlorsil- her eine schwachröthliche Farbe von Silberchromat dauernd angenommen hat. Verschiedene Beispiele der Berechnung sind hier , wie bei allen Versuchen angegeben. Die ebenso wichtige , als schwierige und gegen die übrigen Bestim- mungen der Wasserbestandtheile umständliche ist die der Salpetersäure. Es werden hierfür drei Methoden, von Schulze, Eeichardt und Marx mit- getheilt. Die beiden ersten basiren auf der Zersetzung der in einer con- centrirten wässrigen Lösung befindlichen Mtrate durch Salzsäure und Eisenchloriir; nach Schulze wird das dabei entbundene StickstofFoxyd über Quecksilber aufgefangen und volumetrisch bestimmt; nach Reichardt wird letzteres wieder durch Sauerstoif und Wasser in Salpetersäure übergeführt und als solche durch eine titrirte Natronlauge bestimmt. Die Gegenwart organischer Substanzen haben bei dieser Art der Salpetersäurebestimmung keinen Einfluss , dagegen bei der dritten angeführten Methode von Marx mit Indigolösung, weshalb der letzteren in diesem Fall eine Zerstörung der organischen Substanzen durch Kaliperm an ganat vorhergehen muss, und kann letztere gleichzeitig zu massanalytischer Werthberechnung benutzt werden in Bezug auf die Quantität der vorhandenen organischen Substanzen. Die Bestimmung der salpetrigen Säure geschieht nach Troramsdorf und Feldhausen -Kübel; erstere ist eine colorimetrische imd beruht auf der blauen Färbung, welche eine Zinkjodidstärkelösung in dem mit Schwe- felsäure angesäuerten Wasser annimmt; der Versuch muss bei Abschluss des Tageslichtes angestellt werden. Ist jedoch die Menge der salpetrigen Säure bedeutend, so verdient die zweite Methode mittelst Kalipennanganat- lösung, wodurch die salpetrige S. in Salpetersäure übergeführt wird, den Vorzug. Einen Ueberschuss des ersteren nimmt man sofort durch titrirtes Eisenammonsulphat weg. Prof. Eeichardt hat bezüglich der Analysen von Trinkwasser auf die Bedeutungslosigkeit der. Prüfung auf salpetrige Säure so wie auf die Unsicherheit der Jodstärkeprobe insbesondere hingewiesen, (S. d. Archiv f. Pharm. 3. Bds. 6. Heft. 1873.) Das Ammon wird gewöhnlich im Destillat des Wassers entweder gewichts- (durch Ammonplatinchlorid) oder massanalytisch (durch titrirte Schwefelsäure) bestimmt. Wegen der grossen Verdünnung des Ammon- gehaltes ist diese Bestimmung jedoch unsicher und verdient die alkalische Quecksilberkaliumjodidlösung den Vorzug, welche selbst noch in sehr ver- dünnten ammoniakalischen Lösungen eine gelbe bis rothgelbe Färbung erzeugt; doch muss auch hierbei das Ammon zuerst durch Destillation isolirt werden. Veränderungen, resp. Verbesserungen dieser Methode haben Fleck, Frankland und Armstrong und Miller- angebracht. — Man hat anfangs auf das Vorhandensein organischer Substanzen im Trinkwasser ein zu grosses Gewicht gelegt, indem ein sehr verunreinigtes Trinkwasser oft nur Spuren organischer Substanz enthält , sehr natürlich. 9(3 ßüciierschaü- "weil die veruureiuigeude organische Beimiscbung schou zu weit iu iJer- setzung vorgeschritten ist. Die Endproducte dieser Zersetzung : Salpeter- säure, Kohlensäure, Ammoniak, (Chlor und Schwefelsäure) werden sich jedoch um so sicherer in dem verdorbenen Wasser nachweisen lassen und giebt die Bestimmung ihrer Quantität den wichtigsten Anhaltepunkt zur Beurtheilung der Reinheit des Wassers. Man kämpft noch gegen ungekannte Kräfte bezüglich der Untersuchung der GesundLeit nachtheili- ger Trinkwasser, denn gerade die chemischen Eeactionen der gefährlichen stickstotfhaltigen Fäulnissstotfe sind noch ungekannt und der Begritt', so- wie die allgemeine chemische lieaction der ,, organischen Substanzen" im Wasser viel zu unbestimmt. Fraukland und Armstrong suchten dies Dun- kel zu lichten, indem sie auf die Elcmentarbestandtheile dieser Stotfe zu prüfen versuchen. Sie versetzen ein abgemessenes Volum des zu unter- suchenden Wassers mit schwefliger Säure , verdampfeu bei sorgfältigster Vermeidung jeder äusseren Verunreinigung zur Trockne, glühen den Ver- dampfungsrückstand mit Kupferoxyd in einer luftleeren Verbreniiungsrohre und bestimmen die Producte der Verbrennung (Kohlensäure, Stickstoff und Stickoxyd) gasometrisch-. ,, Mit Hülfe dieses Verfahrens sind hei einer grossen Anzahl von in London ausgeführten Versuchen werthvolle Anhalte- punkte für die Beurtheilung der verschiedensten Wasser gewonnen." Leider lassen sich nach dieser Methode nur theilweise die organischen Eestandtheile der Wasser nachweisen. So bleibt vorläufig noch immer eine titrirte Chamäleonlösung das einfachste und sicherste Mittel, die An- wesenheit oder Abwesenheit organischer Stoffe im Wasser im Allgemei- nen nachzuweisen, allerdings nur in Bezug auf leicht oxydirbare! Zunächst muss das vorhandene Ammoniak durch Destillation entfernt wer- den , nachdem vorher das Wasser alkalisch gemacht worden , und sodann wird eine alkalische Chamäleonlösung zugefügt. (Wanklyn,Chapmauu. Smith). Fleck empfiehlt hierzu eine alkalisch gemachte Silberuitratlösung, iudenr durch diese gerade die der (iesundheit gefährlichsten organischen, leicht zersetzbaren Stofle angezeigt werden. — Die Bestimmung der Alkalien , welche für die genannten Zwecke der Wasseraualysen von geringer Bedeutung ist, geschieht für Kali durch Platincblorid, das Natrium wird durch die Gewichtsdifferenz der Gesammt- alkallchloride nach Abzug des Kaliumchlorids bestimmt. Die freie imd halbgebundene Kohlensäure wird nach Pettenkofers Methode durch eine überschüssig zugesetzte titrirte Baryum- oder Cal- cixinihydratlösung, Filtriren und Fällen des überschüssigen alkalischen Hydrats durch verdünnte Oxalsäure bestimmt, während die Flüssigkeit schwach mit Lackmustinctur gefärbt ist. — Darauf folgen nun noch die weniger wichtigen Bestimmungen des Eisens, der Phosphorsäure, der Thonerde, der Kieselsäure, des Schwefel- wasserstoffs, gewichtsanalytische Bestimmung des Kalks, Bestimmung der suspendirten Substanzen, der Färbung des Wassers (durch Vergleichen mit verdünnter Caramellösung) , der Temperatur des Wasseis, mikroskopische Prüfung des Wassers (worüber wir Herrn Prof. Kcichardt sehr schätzens- werthe ausführliche Mittheilungen in diesem Archiv verdanken) und hierauf ein ausführliches Capitel: Die Reagentien und titrirten Lösungen, ihre Bereitung und erforderlichen Eigenschaften, sowohl zur qualitativen, wie quantitativen Prüfung des Wassers. Ein Anhang bringt die Berechnung der Analysen. Das vorliegende Werk verdient das beste Lob in Rücksicht der Sorg- falt und Sachkenntnis«, mit welcher der Inhalt behandelt wurde; es wird daher seinen Zweck bestens erfüllen. Die Ausstattung macht der renom- mirteu Verlagshandlung nur Ehre. Schmuss, Halle, Buchdruckorei des Waiseubauaes, ARCHIV DER PHARMACIE. 2. Band, 2. Heft. A. Originalmittheilungeii. TJelber die Bestimmung Ton Weinsäure und Citro- nensäure bei Cregenwart yerschiedener Basen und Säuren. Dr. E. Flei scher in Dessau. In der analytischen Chemie tritt häufig das Bedürfniss auf, Weinsäure und Citronensäure sowohl für sich, als auch bei Gegenwart anderer Säuren und verschiedener Basen quan- titativ zu bestimmen. Oft geschieht es auch, dass man diese beiden Säuren, welche ich kurz Fruchtsäuren nennen will, in die Untersuchung als Hilfsmittel einführt und alsdann für den weiteren Verlauf der Analyse genöthigt ist, sie wieder weg- zuschaffen, indem man sie durch Grlühen der ganzen Masse zerstört. Ich erwähne in dieser Beziehung blos die Trennung der Phosphorsäure von Thonerde und Eisenoxyd durch Fäl- lung als Magnesiadoppelsalz in ammoniakalischer, weinsäure- haltiger Lösung, Sollen dann die Thonerde oder das Eisen- oxyd bestimmt werden, so wird eingedampft (unter Salpeter- zusatz) und geglüht, eine zeitraubende und nicht ganz ohne Verluste abgehende Methode. TJeberdiess ist häufig die Bestimmung der Weinsäure oder Citronensäure von merkantilischer Wichtigkeit, indem deren Bohproducte oft verunreinigt oder auch gefälscht sind und darum eine genaue Säurebestimmung erfordern. In den Fruchtsäften endlich ist die Bestimmung der Weinsäure und Citronensäure oft sehr schwierig, so dass z.B. die technolo- gische Chemie von Muspratt mit Recht unter dem Artikel Citro- Arch. d, Pbftrm. IL Bds. g. Hft, 7 98 E. Flcisuher, Bestimmung von Weinsäure und Citrononsiiuro etc. nensäure eingesteht, es fehle bis jetzt eine genaue Methode, um diese Säure direct zu bestimmen und die Untersuchun- gen des Citronensaftes erstrecken sich lediglich auf die frem- den Substanzen. Diese Grründe mögen meine Bestrebungen, die beiden Fruchtsäuren unter allen Umständen mit einer den meisten Anforderungen genügenden Genauigkeit zu bestimmen, so wie die Bestimmung der an sie gebundenen Basen möglichst zu erleichtern, rechtfertigen. Ehe ich aber zur Sache selbst übergehen kann, schicke ich voraus, dass meine Methode dadurch characterisirt ist, dass durch sie die beiden Fruchtsäuren zur directen acidime- trischen Titrirung gelangen; ein Vortheil, der (abgesehen von den allgemeinen, namentlich von practischen Chemikern anei'- kannten, Vorzügen der Maassanalyse gegenüber der Gewichts- analyse) noch darin seinen Werth hat, das dass Resultat nicht durch die so häufige Beimischung indifferenter KörperfarbstofFe oder neutraler Salze getrübt wird. Hinsichtlich der Belege zu meiner Methode muss ich auch an dieser Stelle betonen, dass ich dem Grundsatz huldige, keine Zahlen-, sondern Reactio nsbelege zu bringen, und will dies kurz motiviren. Zahlenbelege sind subjectiver, Reactionsbelege objectiver Natur. Der Leser kann Zahlen- belege glauben ; aber nicht ohne vollständige Durcharbeitung der betreffenden Arbeit als richtig erkennen. Reactions- belege sind Thatsachen, welche meist in wenigen Minuten in einem Reagensglas nachzuweisen sind. So viel höher aber ein Naturgesetz über einem Dogma steht, so viel grösser ist auch die Bürgschaft, welche eine Reactiou im Vergleich zu einer Zahlenangabe für den Werth einer Methode leistet. Ein Beispiel mag dies beweisen. Wenn erst jetzt die bekannte Beobachtung gefunden worden wäre, dass man mit Chloibaryum die kleinsten Mengen Schwefelsäure ausfällen kann, und der Entdecker dieser Beobachtung würde dies in seiner Beschreibung etwa so ausdrücken : „ich habe gefunden, dass, wenn ich ein Gramm chemisch reines schwefelsaures E. Fleischer, Bestiniraung von Weinsäure und Citroucnääui'e etc. 99 Kali in dest. Wasser auflöste und alsdann zu der erwärmten Flüssigkeit eine ausreichende Menge Chlorbaryumlösung zufügte, der erzeugte wasserfreie Niederschlag Yon schwefelsaurem Baryt nach dem Trockenen und Glühen 1,3333 g. wog, was genau der durch die Zersetzung von 1 g. KO, SO^ mit Chlor- baryum erzeugten theoretischen Menge schwefelsauren Baryts entspricht;" so kann der Leser diese Zahl glauben und auch nicht, er hat aber keineswegs durch diese Angabe den Be- weis, dass die Fällung wirklich vollständig war. Anders dagegen ist es, wenn angegeben worden wäre : „ Mit Chlor- baryum kann man die kleinsten Mengen Schwefelsäure nach- weisen und ausfällen; denn fügt man zu einer Chlorbaryum- lösung auch nur wenige Tropfen eines gypshaltigen Brunnen- wassers, so entsteht auch, wenn freie Säure in der Lösung enthalten war, in kurzer Zeit eine Trübung." Dieser Beweis, sollte ich meinen, spricht ungleich mehr für die sichere Fäl- lung, als alle Zahlen belege. Nichts desto weniger sind für die Gewichtsanalyse Zahlenbelege immer eine angenehme Zugabe; denn sie geben gewissermassen einen indirecten Aufschluss über die Reinheit der gewogenen Niederschläge; nur sollten sie stets an der Seite von Eeactionsbelegen und nicht als conditio sine qua non in den Aufsätzen fungiren. Für die Massanalyse sind, da die Herstellung reiner Niederschläge meist nicht erforderlich ist, die Zahlenbelege eigentlich nur da nöthig, wo Schwankungen in der Titrirung (z. B. Jod gegen Zinnchlorür) zu befürchten sind; dagegen sind Reactionsbelege Hauptsache, denn was hilft eine gute Wägung oder Titrirung, wenn die Fällung unvollständig war. Ich möchte daher an die analytischen Chemiker die Bitte richten, bei neuen Methoden lieber mehr Reactionsbe.lege, anstatt so vieler Zahienbelege zu bringen; vielleicht werden dann auch die Klagen über schlechte Methoden trotz guter Zahlenbelege verstummen; denn eine Reaction ist ein Natur- gesetz, welches an jedem Orte und in jeder Hand unter den bestimn^ten Verhältnissen eintreten muss. 7 # lOO E, Fleischer, Bestimmuug von Weinsäure und Citronensaure 6tc. Nach diesen Einleitungen, welche ich für nothwendig hielt, um meinen Standpunkt für diese Arbeit einigermassen zu characteriöiren , gehe ich nun zur Beschreibung der Me- thode über und werde, mit den einfachsten Fällen beginnend, darzuthun suchen, wie dieselbe unter den verschiedenen Ver- hältnissen ausführbar ist. Die Bestimmung der Weinsäure geschieht sehr genau als Weinstein. Auch hat diese Bestimmung die Annehmlich- keit, dass sie die directe acidimetrisciie Titrirung der Säure zulässt. Der Weinstein ist in einer Mischung von 1 Theil Wasser und 2 Tbl. Alkohol so unlöslich, dass in der Flüssig- keit weder durch Platinchlorid, noch Kieselflusssäure oder Picrinsäure - Kali nachgewiesen werden kann. Gegenwart essigsaurer vSalze oder freier Essigsäure vermehrt die Löslich- keit nicht. Hat man somit in einer Flüssigkeit, welche Weinsäure und Citronensaure in freiem Zustande oder nur an Alkalien gebunden enthält, diese Säuren zu bestim- men, so macht man (falls erforderlich) mit Essigsäure sauer, fügt eine zur Bindung der Weinsäure ausreichende Menge essigsaures Kali (in massig concentrirter Lösung) hinzu und fällt dann durch Zusatz eines doppelt so grossen Volumens starken 95 ° Alkohols, als die Flüssigkeitsmenge beträgt. Man rührt stark um, was die Abseheidung des Weinsteins sehr begünstigt , und lässt 1 Stunde ruhig stehen. Der Weinstein liegt dann am Boden des Gefässes und die Flüssigkeit kann last ohne Filter klar davon abgegossen werden. Ehe man den Niederschlag auf das Filter bringt, übergiesse man ihn mit einer Mischung von 2 Vol. Alkohol und 1 Vol. Wasser und filtrirt ihn ab.*) Der Weinstein, welcher zurückbleibt, ist ganz *) Zur Filtration kann ich für diesen, so wie für alle analytischen, Zwecke mein transportabeles Saugfilter nach Bunsen'schem Prinzip, wel- ches sehr leicht herzustellen ist und rasch arbeitet, aus langer Erfah- rung empfehlen. Vgl. Zeitschrift, f, pract. Chemie 1873. S. 75. In Keferaten anderer Zeitschriften hat mau oft die Hauptsache, die Angabe der Dimensionen, weggelassen. E. Fleischer, Bestirnmung von Weinsäure und Citronensäure efc. 101 rein, da citronensaures und essigsaures Kali in Alkohol leicht löslich sind. Man löst ihn in heissem Wasser, färbt mit ein paar Tropfen Lakinus - Tinktur und titrirt mit 72 Nörmal- Ammon, oder einer anderen alkalischen Normal-Flüssigkeit auf blau. Da in dem Weinstein nur die Hälfte der in ihm enthaltenen Weinsäure durch Titration gesättigt wird, so ent- spricht jedes dafür verbrauchtes Aequivalent Alkali 2 Aequi- valenten Weinsäure, also z. B. 1 CO. V2 Normal -Ammon 1 Miliig. -Aequivalent oder 75 miliig. - krystallis. Weinsäure. Das Filtrat enthält alle Citronensäure und nebenbei auch Essigsäure. Man fällt erstere (da in diesem Falle keine anderen Säuren als zugegen angenommen sind) mit einer Auflösung von neutralem essigs. Bleioxyd (Blei -Zucker). Nach kurzem Stehen wird filtrirt und der Niederschlag von citronensaurem Bleioxyd mit einer Mischung von gleichen Vol. Alkohol und Wasser ausgewaschen. Darauf wird er vom Filter in ein Becherglas gespritzt, in destill. Wasser vertheilt, und Schwefelwasserstoff eingeleitet. Nachdem alles Blei abge- schieden, wird filtrirt, das Filtrat aufgekocht, bis der HS Geruch verflogen ist, und die darin enthaltene Gesammt- Menge der Citronensäure acidimetrisch durch Y2 Normal - Ammon titrirt. 1 CG. ^2 Norm.- Ammon = 35 mlg. krystal- lisirter Citronensäure. Hier will ich gleich bemerken, dass Citronensäure durch Bleizucker sowohl in wässriger als in alkoholischer Lösung so vollständig abscheidbar ist, dass 2 miliig. dieser Säure, in 100 CG. Wasser gelöst bei Zusatz von Bleizuckerlösung in sehr kurzer Zeit eine Trübung hervorbringen. Dies geschieht auch , wenn freie Essigsäure oder andere Basen als die Alka- lien in essigsauren oder citronensauren Verbindungen zugegen sind. Jedoch ist zu bemerken, dass hierzu stets Blei-Ueber- schuss erforderlich ist; auch darf das Blei-Citrat nicht mit Wasser ausgewaschen werden; weil es dadurch (wie schon Berzelius angibt) eine wenn auch unbedeutende Zersetzung erleidet. Diese Zersetzung tritt aber beim Auswaschen nicht ein, wenn man statt Wasser eine Mischung von gleichen Theilen Alkohol und Wasser anwendet. Man hat deshalb d\\e> t02 E. Fleischer, Bestimmung vou Weinsäure und Citronensäure etc. Niederschläg-e, welche Blei-Citrat enthalten, mit dieser Mischung auszuwaschen. Die eben beschriebene Methode ist auch in allen den Fällen anwendbar, in denen Weinsäure oder Citronen- säure bei Gegenwart von durch HS aus saurer Lösung" f ä 1 1 b a re n Metallen bestimmt werden soll, voraus- gesetzt, dass sonst keine anderweitigen Basen als die Alkalien und keine anderen Säui-en als Essigsäure zugegen sind. Man hat in diesem Falle nur nöthig, das Schwermetall aus saurer, resp. mit Essigsäure angesäuerter Lösung durch Einleiten von HS auszufällen und im Filtrat , wie vorher angegeben , die Säuren zu bestimmen. Die Methode kann also für Brechwein- stein und die Fehling'sche Losung (wenn aus weins. Kupfer- oxyd und nicht aus Vitriol bereitet) angewandt werden. 2. Fall. Bestimmung der Weinsäure und Citronensäure bei Gegenwart anderer Säuren als Essigsäure, und solcher Basen, welche in essig- saurer Lösung von keiner der anwesenden Säuren gefällt werden. (Oxalsäure, Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure; Alkalien, Magnesia, Thonerde, Eisenoxyd, Zinkoxyd etc.) Sind durch HS in saurer Lösung fällbare Metalle zugegen, so scheiden wir diese ab, ebenso auch das Zink nach Ueber- sättigung mit essigsaurem Natron. Bei dieser Uebersättigung kann Weinstein ausgeschieden werden, dies ist aber leicht zu vermeiden, wenn man entweder (bei Abwesenheit von Thonerde und Eisenoxyd) heiss durch HS fällt oder nachträg- lich den abfiltrirten Niederschlag mit heissem schwach essig- saurem Wasser auswäscht. Das Filtrat versetzt man nach dem Erkalten mit so viel Bleizuckerlösung, dass ein Ueber- schuss davon aufgelöst bleibt. Hierdurch werden Weinsäure, Citronensäure, Oxalsäure und Schwefelsäure vollständig, oder so gut wie vollständig abgeschieden. Ausserdem wird auch ein grosser Theil Chlorblei gefällt. Man filtrirt und wäscht mit der vorher beschriebenen Alkoholmischung aus, spritzt dann den Niederschlag in ein Becherglas und übergiesst ihn mit kohlensäurefreiem Aetzammoniak, wodurch nur das wein- il, Fleischer, Besfirnmung von Weinsäure und Citronensäure eic. 103 saure und citronensäure Bleioxyd g-elöst werden. Naehdem diese abfiltrirt und der Eückstand mit schwach ammoniakalifichem Wasser ausgewaschen, setzt man zum Filtrat Schwefelammo- nium, säuert mit Essigsäure an und erwärmt zum Sieden, um allen Schwefelwasserstoff auszutreiben. Darauf wird das Schwefelblei abfiltrirt, mit heissem Wasser ausgewaschen und zum essigsauren Filtrat viel essigsaures Kali und das dop- pelte Volumen Alkohol zugesetzt. Nach einstündigem Stehen wird das abgeschiedene saure weinsaure Kali abfiltrirt und, wie beschrieben, titrirt.- Das Filtrat enthält alle Citronensäure und, wenn die ursprüngliche Flüssigkeit Salzsäure enthielt, auch etwas davon, weil das gefällte Chlorblei theilweis von Ammon zersetzt wird. In diesem Falle ist daher die Fällung der Citronensäure mit Bleizucker nicht ohne weiteres anwend- bar, da sich ja wieder Chlorblei abscheiden könnte. Man kann dies jedoch vermeiden, wenn man die Fällung mit grossem Bleiüberschuss siedend heiss vornimmt und dann erst mit heisser Bleizuckerlösung, zuletzt aber mit Alkoholmischung auswäscht. Die Citronensäure wird nemlich bei genügendem Bleiüberschuss auch in der Wärme völlig abgeschieden, nur ist es wünschenswerth , dass man die freie Säure alsdann möglichst abstumpft. Will man jedoch so verfahren, so muss vorher erst der Alkohol weggedampft werden, weil Chlorblei in w^ässrigem Alkohol sehr schwer löslich ist. Man kann jedoch diese Uebelstände bei Gregenwart von Salzsäure alle umge- hen, wenn man die Citronensäure erst als Kalkcitrat fallt und dieses dann in Bleicitrat durch Auflösen in Essigsäure und Fällen mit Bleiziicker überführt. Zu diesem Zwecke verfährt man, wie folgt. Die alkoholische Flüssigkeit, welche die Ci- tronensäure enthält, versetzt man mit Chlorcalcium ; bildet sich hierbei ein Niederschlag (Spuren von Gyps oder oxal- saurem Kalk) so kann man ihn abfiltriren: Ci fronen saurer Kalk wird, da die Flüssigkeit sauer ist, durch Chlorcalcium auch in Weingeist nicht abgeschieden. Man macht nun mit Ammon alkalisch, wodurch sogleich . in alkoholischer Lösung clßj" citronensäure Kalk völlig abgeschieden wird, ]04 E. Fleischer, Bestimmung von "Weinsäure und Citronensäure etc. In wäösriger Lösung giebt citronensaures Aiumon mitChlor- falcium auch bei Aramon - Ueberschuss keine Fällung. Auch beim Kochen ist die Abscheidung nicht vollständig. In alko- holischen Flüssigkeiten (d. h. in solchen, die auf 1 Vol. Wasser mindestens 1 ^/g Vol. Alkohol enthalten) findet dagegen diese Abscheidung bei gewöhnlicher Temperatur sofort statt, und ist 80 vollständig, dass z. B. wenige Miliig. Citronensäure in salmiakhaltigem Wasser zu 100 CC. gelöst mit Chlorcalcium und Ammonliberschuss versetzt, sogleich eine Trübung geben, wenn das doppelte Volumen Alkohol zugesetzt wird. Nachdem also auf diese Weise die Citronensäure als Kalkcitrat abgeschieden ist, ward dasselbe mit Alkohol ausge- waschen und dann in Essigsäure gelöst, was ziemlich leicht von Statten geht. Die Lösung versetzt man mit Eleizucker, Hltrirt und bestimmt dann die Citronensäure wde vorher ange- geben (nach ihrer Isolirung) acidimetrisch. Die eben beschriebene Methode kann als die allgemeine ;ingesehen werden ; weil sie mit wenig Modificationen sich auch in complicirteren Fällen anwenden lässt. Auch bei Gegenwart von Phosphorsäure ist die Methode ganz ähnlich auszuführen; ebenso wenn andere Basen, wie /.. B. die alkalischen Erden, zugegen sind. Zum besseren Verständniss wollen wir einen solchen 3. Fall betrachten, wo neben den vorigen Sub- stanzen Kalk und Phosphorsäure zugegen sind und zwar in salzsaurer Lösung. Man scheidet zunächst wieder aus dersalzsauren Lösung die durch HS fällbaren Metalle ab, setzt dann essigsaures Ammon im Ueberschuss zum Filtrat und erwärmt zum Sie- den, scheidet sich etwas ab (phosphorsaure Thonerde oder- Eisenoxyd oder oxalsaurer Kalk, so wird abfiltrirt. Der Niederschlag ist jedoch möglicherweise weinsäurehaltig, weil sich etwas saurer weinsaurer Kalk bei Gegenwart von viel Kalk gern in essigsaurer Lösung abscheidet. Dies geschieht jedoch nicht, wenn die Flüssigkeit, wie hier anzunehmen, Salmiak in grösserer Menge enthält. Jedenfalls ist es gün- stig, den Niederschlag erst mit Wasser, dann mit heisser Sal- E. Fleischer, Bestimmung von "Weinsäure und Citronensaure etc. 1Ö5 miaklösung auszuwaschen und die salraiakhaltigen Wasch- wässer für sich auf Weinsäure durch Zusatz von viel essig- saurem Kali und Alkohol zu prüfen, eventuell dieselbe darin zu bestimmen. Durch diese Vorarbeiten ist nun eigentlich dieser Fall schon auf den vorigen zurückgeführt; denn fällt man das erkaltete Filtrat mit Bleizucker, so enthält der Niederschlag wieder alle vorhergenannten Säuren und auch die Phosphor- säure. Durch Behandeln des Bleiniederschlages mit Ammon kommen dagegen nur citronen- und weinsaures Bleioxyd völlig in Lösung. Chlorblei wird theilweise zersetzt und von den übrigen gehen höchstens Spuren (wie schwefeis. Bleioxyd) in Lösung, phosphorsaures Bleioxyd bleibt so gut wie völlig intact. Man verfährt daher auch bei Gegenwart von Phos- phorsäure ganz ebenso wie vorher. Durch die Fällung der meisten Säuren durch Bleizucker wird die Bestimmung der gelöst bleibenden sämmtlichen Ba- sen sehr erleichtert, da sie nun alle in essigsaurer Lösung sind. Man kann z- B. durch Kochen Thonerde und Eisenoxyd abscheiden, im Filtrate Kalk durch oxalsaures Ammon und Magnesia durch Phosphorsalz fallen.*) Die Alkalien können *) Es sei bemerkt, dass man für Titrirungen Kalk und Magnesia zugleich durch successiven Zusatz von oxals. Ammon und Phosphorsalz abscheiden kann. Löst man dann den Niederschlag in Salzsäure und theilt die Flüssigkeit in zwei Theile, so titrirt man den einen mit Chamäleon auf Oxalsäure, den andern versetzt man mit Chlornatron, wodurch die Oxal- säure zerstört wird, kocht, übersättigt mit essigsaurem Natron und titrirt die Phosphorsäure mit Uran , wodurch sich die Magnesia berechnet. Es ist dies wieder einer von den Fällen, in denen gemischte Niederschläge auf ihren Gehalt geprüft werden können , was bekanntlich gewichtsanalytisch nicht möglich ist. Es sei hier auch erwähnt, dass man Eisen und Man- gan gleichzeitig fällen und bestimmen kann, indem man aus heisser essig- saurer Lösung durch Zusatz von Chlorwasser oder Bleichnatron das Eisen als Oxyd, das Mangan als Superoxyd fällt. Löst man dann den Nieder- schlag in verdünnter Schwefelsäure unter Zusatz einer gemessenen Menge von Vio Normal- Oxalsäure, erwärmt und titrirt den Oxalsäureüberschuss mit Chamäleon, so ergiebt dies durch Berechnung das Mangan, reducirt man hierauf die Flüssigkeit mit Zink und titrirt wieder mit Chamäleon, so erfährt man die Menge des Eisens.' l06 E. Fleischer, Bestimmung von "Weinsäure und Citronensäure etö. im FiUrat nach Abscheiduag der Phosphorsäure durch Eisen- chlorid oder essigsaures Eisenoxyd als Chloride bestimmt werden. Ebenso leicht ist die Bestimmung der im Bleinieder- Kchlage nach Behandlung mit Ammon zurückbleibenden Oxal- säure, Phosphorsäure und Schwefelsäure. Man hat nur nöthig, mit Aetzkali zu übergiessen und etwas Schwefelammonium zur Abscheidung des Bleies hinzuzufügen, dann mit Essig- säure oder Salzsäure schwach anzusäuern, aufzukochen und zu filtriren. Das Filtrat theilt man in drei Theile, den einen versetzt man mit Chlorcalcium und Ammon im üeberschuss, fügt gemessene Normal- Chlorbaryumlösung hinzu, erwärmt und titrirt mit l!f ormal - Kalichromat den üeberschuss. Da- durch wird die Schwefelsäure sehr gut und rasch bestimmt (Vgl. darüber meine Abhandlung in Kolbe's Journal f. pract. Chemie 1872. S. 312.). Die zweite Portion titrirt man nach dem Ansäuern mit Schwefelsäure durch Chamäleon auf Oxalsäure. Die dritte Portion endlich versetzt man mit Bleichnatron erhitzt zum Sieden , übersättigt mit essigsaurem Xatron und titrirt die darin enthaltene Phosphorsäure durch essigsaures üi'anoxyd. Nachdem ich in Vorhergehendem die Bestimmung der beiden Eruchtsäuren in ganz allgemeinen Fällen gezeigt habe, gehe ich nun zu speciellen Zwecken über , und wende mich zunächst zur Bestimmung der Weinsäure und Citronensäure in den Fruchtsäften. Die Fruchtsäfte enthalten ausser den Fruchtsäuren in der Regel noch etwas Phosphorsäure, sowie gummöse, schleimige Bestandtheile und Farbstoffe. Von den Fruchtsäuren wird ausser Weinsäure und Citronensäure zumeist auch Aepfelsäure angetroffen und zwar häuhg in ganz bedeutender, die andern Säuren überwiegender, Menge. Wir haben deshalb auf diese in sofern Rücksicht zu nehmen, dass wir sie nicht gleichzei- tig bei ihrer Fällbarkeit durch Bleizucker mit den anderen Säuren fälschlich mit bestimmen. E. Fleischer, Bestimmung von Weinsäure und Citronen säure etc. 107 Viele Fruchtsäfte sind so schleimig , dass sie sich nicht filtriren lassen. Dies gelingt jedoch, wenn man ein gleiches Volumen Alkohol zusetzt und einige Stunden stehen lässt. Man kann dann oft einen grossen Theil klar abgiessen oder liltriren und den Eest mit heissem Wasser auf dem Filter ■ aussüssen. Ausser diesen Stoffen sind auch die Farbstoffe zuweilen so störend, dass man durch Titriren den allgemei- nen Säuregehalt kaum feststellen kann. Wir werden jedoch sehen, dass diese Uebelstände die Ausführung der Bestimmung der Wein- und Citronensäure wenig benachtheiligen. Den möglichst geklärten Saft fällt man mit Bleizucker. Der ^Niederschlag enthält die Weinsäure und Citronensäure, ausserdem aber auch Apfelsäure resp. Phosphorsäure und Oxalsäure. Ueberdiess reisst der Niederschlag auch viel Farbstoff und schleimige Substanzen mit nieder. Man wäscht denselben mit wässrigem Alkohol aus, übergiesst ihn dann mit Ammon und filtrirt. Das Filtrat enthält alle Weinsäure, Citronensäure, sowie auch die Aepfelsäure und ist überdies durch den Farbstoff, welcher mit gefallt wurde, mehr öder weniger gefärbt. Setzt man nun Schwefelammonium hinzu und säuert mit Essigsäure "an, so wirkt das Schwefelblei stark entfärbend, so dass das Filtrat zuweilen farblos wird. Man fällt nun zunächst die Weinsäure durch essigsaures Kali und Alkohol. Das Filtrat enthält Aepfelsäure und Citro- nensäure. Hierauf fügt man Chlorcalcium und Ammon nebst etwas Alkohol hinzu. Der Niederschlag enthält alle Citronen- säure, aber auch Aepfelsäure. Wäscht man denselben jedoch mit kochend heissem Kalkwasser aus, so bleibt nur citronen- saurer Kalk zurück, während aller äpfelsaurer Kalk gelöst wird. Der citronensäure Kalk ist in heissem Kalkwasser sehr schwer löslich, fast so wie kohlensaurer Kalk, der äpfelsaure dagegen löst sich leicht auf Den citronensauren Kalk löst man dann in Essigsäure, fällt mit Bleizucker und bestimmt die Citronensäure , wie beschrieben. War in dem Fruchtsafte Phosphorsäure, Oxalsäure oder Schwefelsäure zugegen, so bleiben diese in dem Bleinieder- 108 E. Fleischer, Bestimmung von Weinsäure und Citronensäure etc. schlage nach Behandlung mit Ammon zurück und können dann, wie beschrieben , bestimmt werden. In einigen Säften ist auch Trau bensäure enthalten, welche sehr ähnliche Eeactionen als die Weinsäure besitzt und daher bei dem eben beschriebenen Verfahren in den Wcinsteinniederschlag eingeht. Löst man den traubensäure- haltigen Weinstein dann in Salzsäure, übersättigt mit Ammon und fügt Chlorcalciumlösung- hinzu, so wird nur Traubensäure, aber keine Weinsäure als Kalksalz gefällt, weil der trauben- saure Kalk in Salmiak unlöslich, der weinsaure löslich ist. Man kann den traubensauren Kalk, nachdem er erst mit heisser Salmiaklösung, dann mit reinem dest. Wasser ausge- waschen ist, trocknen und glühen, und dann aus dem zurück- bleibenden kohlensauren Kalk die Traubensäure berechnen, da 50 Th. CaO,C02= 75 IJv. Ich habe endlich noch zu beschreiben, wie zu verfahren ist , um Weinsäure und Citronensäure in schwer oder unlöslichen Substanzen, w^ie rohem Wein- stein, citr nen sau rem Kalk etc. zu bestimmen. Die Weinsteine enthalten häufig Verfälschungen, von Thon, Sand, Gyps etc. Qualitativ ist dies leicht zu erkennen, wenn man die zerriebene Substanz mit kalter Kalilauge digerirt, w^odurch die weinsauren Verbindungen gelöst werden; wäh- rend die erdigen Substanzen zurückbleiben und sich schon äusserlich zu erkennen geben. Quantitativ verfährt man folgendermassen. Die Substanz wird heiss in wenig verdünnter Salpetersäure gelöst, dann mit oxalsaurem Ammon übersättigt und heiss abfiltrirt. Der Oxalsäure Kalk wird mit Chamäleon titrirt. Dies Filtrat ver- setzt man mit essigsaurem Kali und fällt daraus die Wein- säure unter Alkoholzusatz, Zur Bestimmung des an Weinsäure gebundenen Alkalis hat man nur nöthig, die ursprüngliche Substanz zu glühen, und das durch Auslaugen der Glühmasse gewonnene Filtrat alkalimetrisch auf Pottasche zu titriren. Um im citronensauren Kalk die Citronensäure zu bestim- men, löst man ihn in Essigsäure, fällt mit Bleizucker und !E. Heichardt, DarsteÜuug jodsaurer Salze und der Jodsaure. lÖÖ bestimmt im Bleicitrat die Säure. Waren beide Säuren als Kalksalze zugegen, so lost man in Salpetersäure, fällt mit Bleizucker und behandelt dann den Bleiniederschlag, wie wie- derholt beschrieben. Indem ich hiermit die Beschreibung meiner Methode in ihrer verschiedensten Anwendung und auch bereits eine grössere Anzahl von Belegreactionen mitgetheilt habe, bleibt mir nur noch übrig, zu erwäbnen, dass derselben auch eine Reihe günstiger Zahlenbelege zur Seite stehen, auf welche ich jedoch weniger Werth, als auf die angegebenen Reactio- nen lege und sie darum nicht zu publiciren für erforderlich halte. Sollte man mein Verfahren unbeschadet der Genauig- keit vereinfachen können , so wird mir dies erfreulich sein ; mir war es nicht möglich, denn selbst eine versuchte "Wä- gung der Citronensäure als Bleicitrat führte zu ungenauen Zahlen; während die Titrirung nach stattgefundener Isolirung der Säure (weil sie unabhängig von indifferenten Körpern ist) stets richtige Zahlen ergab. Bei der Beurtheilung meiner Arbeit wolle man berück- sichtigen, dass bis jetzt in den Lehrbüchern für quantitative Analyse die Bestimmung dieser beiden Säuren stets schwei- gend übergangen worden ist und ich bestrebt war^ diese Lücke in der analytischen Chemie, so gut ich vermochte, aus- zufüllen. Darstellung jodsaurer Salze und der Jodsäure. Von E. Eeichardt in Jena. Die Darstellung der Jodsäure direct aus Jod geschiebt entweder durch Einwirkung von starker Salpetersäure oder von Chlor, unterchloriger Säure, Unterchlorsäure u. s. w., giebt jedoch nur eine sehr schwache Ausbeute und verlangt eine lang dauernde Einwirkung, so dass desshalb diese Gewinnung für gewöhnlich umgangen wird und man meistentheils die Zersetzung eines jodsauren Salzes, namentlich des Barytsal- zes, vorzieht. iJO E. ilelcliardt, Darstellung jodsaurer Salze und der Jodsäure. Dieselbe oxydirende AVirkung', wie Chlor oder unter- chlorige Säure sie auf Jod äussern , üben natürlich auch die uuterchlorigsauren Salze aus und kann man auf diese Weise sehr rasch Jod oder lösliche Jodide in jodsaure Verbindungen überführen, so rasch, dass das Experiment sich sogar sehr zu Collegienversuchen empfiehlt. Giebt man Jod zu einer Chlorkalklösung oder Chlorna- tronlösung, so löst sich dasselbe bald auf, die Flüssigkeit färbt sich vorübergehend von freiem Jod, ist aber genügend unter- chlorige Säure da, so tritt sehr rasch völlige Entfärbung ein und die damit verbundene Bildung der Jodsäure. Dass alles Jod in Jodsäure überführt wurde, ist leicht bei Zusatz einer Säure festzustellen, da dann kein Jod mehr ausgeschieden vperden darf. Ebenso wie man Jod direct in unterchlorigsaurem Salze lösen und in jodsaures Salz überfiihren kann, geschieht dies mit Jodkalium , Jodnatrium u. s. w. Nimmt man z. B. eine klar filtrirte Chlorkalklösung und fügt diese zu einer Lösung von Jodkalium, bis bei weiterem Zusatz keine Ausscheidung von Jod mehr stattfindet, so beginnt sehr bald eine Krystalli- sation von jodsaurem Kalk, welcher bei ruhigem Stehen oft in prachtvoll glänzenden , prismatischen Krystallen sich grup- penweise anhäuft. Durch weiteres Eindunsten der Lauge wird endlich der jodsaure Kalk fast ganz vollständig gewon- nen, so dass man i'echt gut diese Methode zur Abscheidung von Jod aus Abfällen gebrauchen kann. Kocht man jodhaltende Abfalle mit einem Ueberschuss von Natron oder Soda, so erhält man ein Gemenge von Jodid und jodsaurem Salz, zu dem Filtrate fügt man Chlorkalk, bis kein Jod mehr abgeschieden wird und ebenso wenig ß^ilzs-äurc dies bewirkt, wo dann alles Jod als Jodsäuro vorhanden ist. Hierauf säuert man mit Salzsäui'e schwach an , um den etwa mit gefällten kohlensauren Kaik u. s. w. zu entfernen. Der jodsaure Kalk bleibt theilweise ausgeschieden und unlöslich, und wird durch Filtriren geschieden. Das Filtrat giebt bei weiterer Concentration noch ferner jodbauren Kalk. 1s,, Relchardt, Darstellung jodsaurer Salze und der Jodsäure. lll Hat man in ziemlicli concentrirten Jodlösungen den g-e- wöhnlichen Chlorkalk zur Bildung der Jodsäure verwendet, so enthält nach schliesslichem Ansäuren mit Salzsäure der Rückstand schon viel jodsauren Kalk; derselbe lost sich jedoch bei weiterem Kochen mit Wasser und wenig Salzsäure auf und kann nach dem Filtriren durch Eindunsten völlig rein auskrystallisirt werden. Als Collegienexperiment eignet sich wiederum die klare Chlorkalklösung, welche man im Uebermass zu Jodid giebt, oder letzteres zu ersterer, sobald die nöthige Sättigung oder völlige Oxydation zu Jodsäure eingetreten, beginnt sofort die Krystallisation des jodsauren Kalkes. l^atürlich kann man ebenso mit Chlornatron jodsaures Natron gewinnen, oder durch Chlorbaryt das Barytsalz u. s. w. Die erhaltenen Krystalle von jodsaurem Kalk sind die wasserhaltende Verbindung CarJ^O^ -\- 5H^0, Darstellung der Jodsäure. Dieselbe lässt sich sehr leicht und rein aus dem oben genannten Kalksalze darstellen, da die Krystalle des letzteren jedoch leicht verwittern und so Wasser verlieren, ist es für die Darstellung der Jodsäure geeigneter, das gegebene Salz gut zu mischen und in einer Probe den Kalk zu bestimmen, um dann die Zersetzung durch die äquivalente Menge Schwe- felsäure zu bewirken. Der Gyps krystallisirt bald und zu- letzt vollständig heraus, wird entfernt, worauf dann später die Krystallisation der Jodsäure erfolgt, welche völlig farblos gewonnen werden kann. Da durch Glühen der jodsauren Salze Jodide entstehen, kann man aus jodsaurem Kali oder Natron die entsprechen- den Jodide leicht gewinnen und verwerthen. Il2 Ü$rm. "Weppeu, JTacliweis von Veratrin und Morphin. Zum Nachweise toii Yeratrin und Morphiu. Von Dr. Herrn. Weppen in Markoldendorf. In der Absicht, Schneiders Angaben über die Reactionen einiger Alkaloide mit Schwefelscäure bei Gegenwart von Zucker*) zu prüfen, namentlich in Bezug auf die Brauchbar- keit derselben auch in gerichtlich -chemischen Fällen, nahm ich auch auf „Yeratrine" Rücksicht, das von Schneider nicht mit zur Untersuchung gezogen war, w^eil es bekanntlich mit Schwefelsäure an und für sich intensive Rothfärbung zeigt. Ich bin dadurch zur Auffindung einer für Veratrin aus- gezeichneten Reaction gelangt. Vermischt man geringe Mengen Veratrin mit der dop- pelten bis vierfachen Menge gewöhnlichen Rohrzuckers, (es kommt nicht darauf an, dies Verhältniss genau inne zu hal- ten), setzt darauf einige Tropfen conc. Schwefelsäure hinzu und verreibt damit das Gemisch innig, so bemerkt man an- fangs keine nennenswerthe Farbenveränderung der Probe, sie wird nur hellgelb gefärbt, die Rothfärbung aber ist völlig aufgehoben. Nach einer Weile jedoch wird sie dunkel- grün und dies Grün geht alsbald in ein prächtig tiefes Blau über. — Um die Reaction ausgezeichnet zur Anschauung zu brin- gen, verfahrt man am besten so, dass man die in einem Uhr- gläschen befindliche Probe gelinde umschwenkt, so dass die Flüssigkeit die Wandung desselben in möglichst dünner Schicht überzieht. Man wird alsbald sehen, wie sich der äusserste Rand der Probe schön grasgrün färbt. Während dies Grünwerden sich nach innen zu allmählig fortsetzt, wird nun erst der äusserste Rand blau, und in demselben Masse als das Grün nach innen vorschreitet, schreitet auch das Blau vor. Man kann so sehr schön und deutlich beide Far- ben neben einander in derselben Probe beobachten. *) Poggend. Annal. CXLVII, 128; und im Auszuge: Wiggera - Huse- mann, Jahresbericht 1872. pag. 352 flf. Herrn. Wappen, Nactwels von Veratrin und MorpWfl. 113 Die Reaction ist ausserordentlich empfindlich; die gering-- sten, kaum wahrnehmbaren Stauhöhen von Veratrin, mit einem Körnchen Zucker und einem Tröpfchen Schwefelsäure gemischt, geben sie in gleicher Intensität, wie beliebig grössere Mengen, nur ist der Farbenübergang bei so winzigen Proben nicht so deutlich wahrzunehmen, wie bei grösseren, und das Blau hält nicht so lange an, nur 10 — 15 Minuten lang. Verwendet man einige Zehntel Miliig., (ein ganzes Miliig. ist überreich- lich) so bleibt das Blau — in dünnen Schichten himmel- blau, in dickeren tief berlinerblau — etwa 2 Stunden hin- durch ganz constant, wird sodann dunkler indigblau, nimmt darauf einen Stich ins Röthliche an und verändert sich schliesslich nach Verlauf mehrer Stunden in schmutzigbraun. Die Eeaction beruht, ebenso wie die des Veratrins mit Schwefelsäure für sich, auf Wasseranziehung der conc. Schwe- felsäure aus der umgebenden Luft. Operirt man in der vor- hin angegebenen Weise und haucht auf die dünne Flüssig- keitsschicht, so braucht man auf die eintretende Grünfärbung gar nicht zu warten, und fügt man der Probe einen kleinen Tropfen Wasser hinzu, so wird dieselbe sofort intensiv blau, das Grüne gelangt dann nicht zur Wahrnehmung. Hat man es mit sehr kleinen Mengen von Veratrin zu thun, so ist in der Zuführung von Wasser grosse Vorsicht anzurathen ; auch beim blossen Anhauchen kann dann das Grün meist nicht beobachtet werden. Man kann statt des Wassers auch ein Tröpfchen Brom- wasser zur Anwendung bringen. In diesem Falle wartet man am besten, bis die Grünfärbung durch Wasseranziehung aus der Luft ziemlieh intensiver geworden ist. Das Blau tritt dann aber sogleich dunkel indigblau auf, und wenn etwas zu viel Bromwasser zugefügt war, verändert sich die Probe sofort in schmutzig- rothblau, welches allmählig ebenfalls in braun übergeht. — Ich stelle diese Eeaction den beiden für Veratrin haupt- sächlich in Betracht kommenden Proben, nämlich der Schwe- felsäure- und der Salzsäure - Eeaction ohne Bedenken an die Seite, sie ist empfindlicher als die erstere und von grösserer Arcb, d. Pharm. IT. Bds. 2. Hft. 8 114 fierni. Weppen, Nachweis von Veratrin und Morphin. Eleganz, und jedenfalls einfacher als die letztere. Ich muss noch bemerken, dass es zum Gelingen der Reaction gleich- gültig ist, ob man das Veratrin mit dem Zucker zuvor innig mischt, oder beide nebeneinanderliegend mit der Schwefelsäure gleichzeitig anreibt, oder endlich erst den Zucker für sich mit der Schwefelsäure verreibt und sodann das Veratrin hinzufügt; nur diesen letzten Fall umzukehren, möchte ich nicht empfehlen. Eine Verwechslung mit anderen Alkaloiden schliesst diese Reaction nicht ein! Wo überhaupt Blau- oder Grünfärbüng auftritt, geschieht es unter ganz anderen Verhältnissen, unter den genannten tritt sie ganz ausschliesslich nur beim Vera- trin ein. Schneiders Untersuchungen kann ich im Allgemeinen voll- ständig bestätigen. In Bezug auf Morphin, dem ich grössere Aufmerksamkeit zuwendete, kann ich noch folgende Angaben und Erweiterungen machen. Bringt man eine Zuckermischung, welche 1 mg. Morphin enthält, in conc. Schwefelsäure, so ist die Farbe der eintreten- den Reaction weinroth, sie hält sich mindestens eine Stunde lang unverändert. Bei einer Mischung mit Vio ^S- Morphin ist die Farbe noch deutlich rosenroth, bei einer solchen mit ^Lqq mg. konnte ich sie kaum noch wahrnehmen. Ich fand aber, dass die allergeringsten Spuren sich noch nachweisen lassen, wenn man dem mit der Schwefelsäure zerriebenen Gemische wenig ßromwasser zufliessen lässt. Bei der Mischung, die ^loo ^S- Morphin enthielt, trat die Reaction, welche vorhin kaum noch wahrnehmbar war, auf Zusatz eines Tropfens Bromwasser so stark ein, als bei der Probe, welche Vio mg. Morphin enthielt und ohne Bromwasser ausgeführt war, d. h. es entstand rosenrothe Färbung, namentlich schön erst nach einigen Minuten. Bei allen meinen Versuchen fand ich sodann die Reaction jedes Mal nach Zusatz von Bromwas- ser stärker eintreten, so dass ich denselben — je nach der Menge des Morphins einen bis höchstens drei Tröpfchen — zum Nachweis des Morphins im Verein mit Zucker und Schwe- felsäure namentlich da empfehlen kann, wo es sich um sehr geringe Mengen handelt. Öerm. "Wappen, Nactwels von Veratrin und Morpiiin. 115 Verwendet man einige mg-. Morphin zu der ßeaction, so ist das auftretende Roth dem der Schwefelsäure - Yeratrin- reaction sehr ähnlich. Allein zu einer Verwechslung liegt kein Anlass vor, denn, wie ich oben hervorgehoben, wird die Veratrinreaction durch Zucker aufgehoben, während derselbe beim Morphin ja wesentlich ist. Und ein anderer Unterschied findet ausserdem noch statt: Setzt man der Veratrin-, wie der Morphinprobe Wasser zu, so verschwindet das Roth zwar in beiden, beim Veratrin kann es aber wieder hervorgerufen werden, wenn man conc. Schwefelsäure in dünnem Strahle so zuflies- sen lässt, dass starke Erwärmung eintritt und dann sogleich mit Hülfe eines Glasstäbchens kräftig umrührt; ja man kann je nach den Umständen noch ein- und mehrere Male die Reaction beim Veratrin verschwinden und wieder hervor- treten lassen. Bei der in Rede stehenden Morphinreaction ist das nicht der Fall, ist sie durch Zusatz von Wasser auf- gehoben, so tritt sie durch conc. Schwefelsäure nicht wie- der ein. Schneider empfiehlt, das Morphin zuvor mit dem Zucker gemischt in die Schwefelsäure einzutragen. Die Reaction tritt so allerdings am schönsten ein, aber man kann auch ohne Nachtheil in Fällen, wo es nicht angebracht ist, das Morphin mit dem Zucker zu mischen, anders verfahren. Morphin oder Zucker, jedes für sich mit der Schwefelsäure verreiben, oder beides neben einander zusammen. Ich habe die Reaction stets gut und scharf eintreten sehen, und kommt man mit Bromwasser zu Hülfe, so leidet Schönheit und Eleganz in keinem Falle, Ich nehme keinen Anstand, die in Rede stehende Reaction, namentlich unter Mitwirkung von Bromwasser, der bekannten Reaction mit Eisenchlorid und der mit Fröhdes Reagenz (Lösung von molybdäensaurem Natrium in conc. Schwefelsäure) an die Seite zu stellen, ja ich möchte ihr diesen gegenüber einige Vorzüge einräumen. Die Eisenchlorid- reaction erfordert bekanntlich sehr reines Material und bei kleinen nachzuweisenden Mengen Vorsicht und eine geschickte Hand, während die Zucker - Schwefelsäurereaction kein ganz reines Morphin erfordert und auch von ungeübterer Hand 8* 11(3 Ludw. Leiner, Stilvolle und stillose Einrichtung der Apotheken. leicht auszutuhren ist. Bei Anwendung- von Frölides Reagenz ist es mir mehrfach vorgekommen, dass die rothe Färbung — allerdings sonst die- feinste Reaction, welche wir für Morphin kennen — gar nicht eintrat, weil die Lösung von molybdän- saurem Natrium in Schwefelsäure durch längeres Aufbewahren ihre Wirksamkeit völlig eingebüsst hatte. Es ist unbedingt erforderlich, dies Reagenz jedesmal frisch zu bereiten und da ein bestimmtes Yerhältniss eingehalten werden muss, so ist das nicht eben sehr bequem. Ich bemerke endlich noch, dass man dem Zucker auch Stärke substituiren kann, welche ganz dieselbe Reaction ver- mittelt, nur langsam und nicht so intensiv, wohl in dem Masse, als sie selber in Zucker umgewandelt wird. Bei 1 mg. Morphin ist die Färbung rosenroth. Zusatz von Bromwasser beschleunigt und verstärkt auch hier die Wirkung. — Markoldeudorf im März 1874. StilYolle und stillose Einrichtung der Apotheken. Von Ludwig Lein er in Constanz. IV. Das Apothekerhaus. Wir kommen im Gange tmserer Besprechungen nun auf das Apothekerhaus und die Apotheke. Diese letztere bietet schon mehr Specielles der Betrach- tung, wird Bilder erfordern und Einzelauseinandersetzungen, die zu Vergleichungen führen. Jenes aber kann nur im All- gemeinen besprochen werden. Man erwirbt eine Wohnung und ändert und verbessert nach eigenem Geschmack, oder man baut eine neue Wohnung und schliesst sich meist an die Gewohnheiten der Gegend und der Handwerker der Gegend an. Ersteres ist nicht genug anzurathen; Letzteres aber ist selten gut, führt oft zu stillosem Misch werk , bringt viele Dummheiten mit in die Wohnräume, viele ünannehmlichkei- Ludw. Leiuer, Stilvolle und stillose Einrichtung der Apotheken. 117 ten, welche man bei ruhigem vorherigen Ueberlegen vermeiden kann. Das Denken dai'über führt zu den folgenden „Merke," die man oft erst merkt, wenn das Gemerkte zu verbessern neue Geldmittel erfordert. Durchgehen wir nun mal ein Apothekerhaus , in dem es sich gemüthlich leben lässt, und merken uns gewisse allge- meine Winke! — Schon die Hausflur lache weit und heiter dem Einti'etenden entgegen; die Stiege hebe sich leicht und fi-ei vom Platze ab und zeige den Stoff, aus dem sie aufge- baut, das Holz, den Stein, die Gitter, unliberklekst mit Gyps und Verschalung. Was Säule, Träger, ist, sei Stütze. Ca- ryatiden sind es nicht. Es sieht immer unschön und erdrückend aus, auf feinen menschlichen Gestalten schwere Stein- und Balkenlager ruhen zu sehen. Ruhebänke, schlanke Licht- gestelle, massiger Blumenflor zieren schön den Vorplatz. Seiner Fenster Scheiben seien bemalt oder matt geätzt mit Ornamenten, die Eisblumen ähnlich Lichter spielen. Die Zimmer aber, die Stuben und Kammern, soUen vor allem den Ausdruck wohliger Freude und germanischer Pietät für Wohnung bieten. Und diess kann mit der grössten Ein- fachheit erzielt werden. Die Decken in milden lichten Far- bentönen mit den Wänden harmonirend und dem dunklern Boden brauchen keine reiche Zier, wenn man Alles nur stil- voll zusammenstimmt. Stillos ist ein Parquet, das dem Auge Eippenwerke und Reliefs lügt, über die man bei jedem Schritte zu stolpern fühlen muss. Stillos sind Teppiche und Schemel mit unruhigen Mustern, mit kohlkopfgrossen B,osen, Menschen - und Thiergestalten" die man beim Treten schreiend wäh- nen muss; widersinnig Trauben und Früchte, die man nicht mit den Füssen drücken mag, ohne an das Spritzen von Most und Brühe zu denken. Für Teppiche passt ein einfach' Or- nament am besten. Auch die Tapeten sollen nicht grell die Wand umspannen. Alles angemalte nicht erhabene Bildwerk, Pfeiler, Simse, Capitäle, Alles Hingelogene ist verwerflich. Wie weh thut Solches bei verzerrter Perpective dem kunst- fühlenden Aug! Täfelungen sind das Schönste, sehen in schönen Formen so recht heimlich, warm und solid aus. 118 Ludw. Leiner, Stilvolle und stillose Einrichtung der Apotheken. Fehlt aber das Geld dazu so thuen es ebenso die von den Chinesen überkommenen, bei uns jetzt in allen Mustern vor- räthig fabricirten, Papier - Tapeten. Man wähle sie aber voll- farbig, mit bescheidenem unverworrenem Ornament gemustert. Kleb' nicht kornblumblau die ganze Wand zu, um ein Beispiel zu geben, wähle lieber Cigorienblau und ziehe dazwischen gelblichgraue Friese und Lisenen mit dem Maser schönen Eichenholzes, üeberkleistere sie auch nicht grasgrün und garnire die Stube mit grasgrünen Vorhängen und Möbeln von grünen Zeugen. In solchen Gemächern sieht man immer leichenblass aus, wie bei der Beleuchtung einer Antimonflamme. Was gute Farbenstimmung anlangt, kann jeder Blick in die Natur uns lehren. Man greife furchtlos in die Farben, ver- binde sie aber mit richtigem Tact und Sinn. Man lerne von den Blumen und den Schmetterlingen , von der Vögel wan- derbuntem Gefieder, von den Metallgesteinen in den Erz- gängen. Ueberall ist da Gesetz und schöne Stimmung; überall wunderschöne gedämpfte Farbenübergänge; nirgends roh- klotzende Flächen, wie der ungebildete Wilde seine Wohnung und seine Haut überschmiert, wie missverfeinerte Menschen sich und ihre Wohnung kleiden. Die Neuzeit hat statt Wandmalereien die Staö'eleigemälde aufgenommen. Die Rahmen sollen aber nicht von der Wand abstehen, sondern dieselben mit ihr durch Ausladung mit Anlegen verbinden. Warnen muss man vor zu blassem fal- schen Golde. Die Gemälde stehen am besten auf Braun, Amaranthroth und dunklem Theegrün; weissumgrenzte Kupfer- stiche in braunen Rahmen mit schmalen goldenen Stäbchen hübsch auf weichem blauen Grund. Die Spiegel seien zwi- schen Fenstern aufrechtstehend, wie der Mensch gewachsen, angebracht; nicht der Breite nach gehängt, wie für Seehunde oder Kröten. Thüren, «Täfelwerk und Tisch und Bänke sollen unbe- malten Holzes eigenwüchsigen Maser zeigen. Ist doch das Holz der Eiche und des Nussbaums, der Lärche, Tanne und des Ahorns, durch Poliren satter noch gehoben, so schön; schöner als der beste Künstler mit dem besten Willen die Lud-w. Leiner, Stilvolle und stillose Einrichtung der Apotheken. 119 Imitation zuwege bringt. Ein porcellanweisser Anstricli des Holzwerks ist aber ebenso so stillos wie kalt und hässlich. Das Möbelwerk stehe im Zusammenklange mit den Wän- den; doch von ihnen abgehend. Es ist ebenso unschön in zu contrastirenden Earbentönen den wohlthuenden Eindruck des Ganzen zu stören, als durch Gleichfarbigkeit zu langweilen. An den Möbelformen ist noch gar Viel wünschbar. Des überholten Roccocos stillose Artung spukt noch allerorten. Doch es schwinden die allzuzierlich schwachen Sesselein der überfeinerten Schäferzeiten, die bei jedem Sitzen kläglich stöhnen; es schwindet nach und nach das Gestühl mit krum- mem Geissfuss, und macht Sesseln mit festdeutschen Stützen, mit vertieftem Sitz und Polsterrücklehn' Platz. Die Tische mit gestemmtem Bein und festem Fussbrett, wie sie in den Bauernstuben stehen, verbannen nach und nach die Tischlein mit baroken Gampelbeinen , mit Zierath der schlechten Re- naissance, mit Greifen, Vögeln, Löwenfratzen, mit bocksge- hörnten Paunsgesichtern , die so schamlos unter'm Tischblatt gaffen. Durch rechtgrosse Scheiben falle voll das Licht ein in die heitern mässighellen Stuben, deren Licht durch dunkel- bunten Vorhang und durch Topfgewächs gedämpft sei. Durch recht grosse Scheiben falle auch das Licht ein in die grosse, helle, heitere Küche, wo die Hausfrau waltet. Unzweckmässig halte ich die vielorts als modern genommene Art der Verlegung in die obern Kellerräume. Und durch grosse Scheiben schau' den Garten, wo die Lag' des Hauses diesen Beiz zulässt. Seine Blumen, Sträu- cher und Bäume sollen symetrisch vertheilt sein; nicht zu peinlich im Gezweig beschnitten, nicht zu kleinlich seien Weg und Beete ; nicht zu fein der Grüngang und die Laube ; aber streng in stilgemessener Zeichnung. In dem Garten, gleich wie in der Wohnung zieh' der Griffel eines in sich ruhigen, mit sich abgeschlossenen Cha- racters seine Linien fest und mild und kunstvoll. Je nachdem der Wohnraum einem Zweck bestimmt ist, ändert sich in Etwas auch die Einrichtung. 120 Ludw. Leiner, Stilvolle und stillose Einrichtung der Apotheken. Zimmer, wo sich die Fafmlie sammelt, seien Mittelpunct im deutschen Hause. Sie seien heimlich ; Holzwerk herrsche vor und ruhige Töne. Die machen ^Yarmen Eindruck. Wenn möglich sei damit ein Erker eng verbunden, in dem man feich sondern kann nach der Gesellschaft und der Stimmung Wechsel. Zimmer, wo man schläft, bekleid nicht dunkel. Sie seien weit und ruhig und gross. Xie mehr als in den Kächten ist viel gutathmenbare Luft von I\öthen. Unter Tags wechselt man oft die Ptäume und lässt dem Luftzug freien Lauf. Pur- purrothe oder dunkelgrüne Decken bekleiden Tisch und Bett viel schöner, viel wohlthuender für's Auge, als die weissen Teppiche und Lacken. Zimmer, wo man speist, seien mild im Tone, massig nur von Farbe. Denn der Blick soll haften mehr 'auf Tisch und Speise. Ein Tischzeug mit farbigen Bordüren ist auch hier viel schöner als das die Säuberlichkeit reprasentiren sollende Weiss. Und mit massig buntem Ornamente mögen auch die Schüsseln und die Tellerränder bemalt sein, wo man sich etwas Luxus erlauben darf. Metallgeräth in edeln Formen ziert schön den Kredenztisch. Stengelgläser passen für die feinern Weine, platte breite für das klare Wasser, Seidel für den schäumend -frischen Bierstoff. Zimmer, wo man liest und schreibt, seien helle; doch die Wand und Schränke seien dunkel. Wo man arbeiten will, störe nichts Grispliges die Geistessammlung; beruhige die Störungen, die ohnediess dem Apotheker mehr als vielen andern kommen. Aber helleinfallend' Licht beleuchte, wo im- mer thunlich, von der linken Seite einfallend, den Arbeitsplatz. Von dem Salon red' ich wenig. Wer ihn braucht, der lasse Glanz und Farbenpracht und Licht und Schatten wechselnd wirken. Statuen, Büsten auf Consolen und moderne Bilder seien Wandschmuck. Bücher in weichbraunen Leder- bänden, auf der Decke und im Schnitt vergoldet, oder schwarz- gebundene mit zinnoberrothem Schnitt und mit buntem farbig- freudigen Einschlag mögen Tisch und Lespult zieren. Bunte Teppiche mit orientalischen Mustern, weiche Divans ohne R. Bender, Chem. Untersuch, e. Präpar. a. d, Frucht, d. Rosskastanie. 121 Holzumrahmung, mögen Ruhe bieten in Zersti'euung. In den Ecken mögen Tischchen steh'n mit duftenden schönen Blumen. Aber dieses letztere Alles braucht das deutsche Eürger- haus, das Apothekerhaus, nicht. Ueber Bücher, Arbeitszeug und Strickkorb, über Kunkel und Musikgeräthe , über Spiel- zeug kleiner Kinder, braucht sich i^iemand A^or dem Gast zu schämen. Wenn harmonisch Alles übereinstimmt, wenn solid die Arbeit, gut die Bücher sind, und rein der Tisch und Stuhl und Bank und Kleidung, dann mag Alles in die Wohnstub' kommen. Denn, was birgt der Salon gewöhnlich? Eitle dumme Sachen, die die Freundschaft in das Haus gespielt hat, ohne Kunstwerth meist und ohne freudige Wirkung; lästig' Zeug auf zopfigfüssigem Nipptiscb; dann schöne Möbel, deren Benützung man sich wochenlang versagt, die noch mit weissem Schutztuch überdeckt nicht 'mal die Pracht der Far- ben spielen lassen; das zudem noch dem Ruhenden am Rocke hängen bleibt, wenn er will aufstehen. 0! in unsern soge- nannten schönen Zimmern mit farblos - weiss gestrichenen Täfeln, mit Glas und Seide, Gold und Marmor, deucht Einem meist die Luft so bleiernschwer und kalt. Und wie gemüth- lich ist's in deutscher Stube! Gewiss, wenn man den Maassstab des Stilvollen bei allen Einrichtungen anlegt; wenn man Alles so gestaltet, dass es das vorstellt, was es sein soll ; wenn Inhalt und äussere Er- scheinung sich decken; wenn man mehr das Gemüth und den Verstand als den Schein walten lässt, erreicht man mit viel weniger Mitteln Lieblicheres und gemüthlicher Ansprechendes als bei allem Aufwand von Prunk und Staat, der stillos nur der Mode folgt. Chemische Untersuchung eines Präparats aus den Früchten der Rosskastanie. Von R. Bender, Apotheker in Coblenz. Das Präparat, dargestellt aus den Früchten der Ross- kastanie, sollte Anwendung finden zur Fabrikation von Kleister und wurde mir von einer hiesigen Behörde zur Untersuchung 122 R. Bender, Chem. Untersuch, e. Präpar. a. d. Frucht, d. Rosakaetame. übergeben. Dasselbe bestand aus einem feinen Pulver von grünlich weisser Farbe, geruchlos, etwas bitterm zusammen- ziehenden Geschmacke und soll dadurch erhalten werden, dass die Früchte der Rosskastanie sammt den Schaalen längere Zeit einer Temperatur von 30^ ausgesetzt und nach Entfer- nung der Schaalen durch weiteres Präpariren auf einer Mühle in ein feines Pulver verwandelt wurden. Zur Untersuchung wurde eine Probe mit dest. Wasser geschüttelt und erhitzt, es bildete damit einen Kleister von graugelber Farbe. Nach- dem derselbe stark mit Wasser verdünnt und abfiltrirt, fand auf Zusatz von Jodlösung eine intensiv blaue Färbung statt. Eine andere Probe des Filtrats gab, mit Fehling'scher Solution erhitzt, einen rothen Niederschlag. — Das wässrige Filtrat, im Wasserbade zur Trockne verdunstet, hinterliess eine dem arabischen Gummi ähnliche Masse, welche sich in 84proc. Alkohol nicht löste. — Auf Zusatz von schwefelsaurem Eisen- oxydul zu dem in Wasser gelösten Abdampfrückstand ent- stand ein schmutzig grüner Niederschlag. — Ein Theil des Pulvers, mit Aether behandelt, derselbe abfiltrirt, hinterliess noch am Verdunsten des Aethers Spuren eines fetten Oeles von gelblicher Farbe , dessen Geschmack an Mohnöl erinnerte. Eine andere Probe des Pulvers, im Platintiegel eingeäschert, hinterliess einen weissen Rückstand, in welchem ausser Chloralkalien noch schwefelsaure Alkali- salze sich nachweisen Hessen. Eine Probe des Präparats unter das Mikroskop gebracht, Hess die eigenthümlichen Stärke- mehlkügelchen erkennen, welche sich auf Zusatz von Jodso- lution blau färbten. Das Präparat bestand somit aus Stärkemehl , Trauben- zucker, Dextrin, Gerbsäure, fettem Oele und Alkalisalzen, Zur Benutzung als Kleister ist es nicht zu empfehlen, sowohl wegen der geringern Klebkraft, als auch wegen des höhern Preises im Vergleiche zu dem aus Kartofi'eln und Cerealien gewonnenen Stärkemehl. Im südlichen Frankreich wird die Frucht der Rosskasta- nie auf Stärkemehl verarbeitet. Die Ausbeute beträgt 16 bis 17 Procent. Um es aber als Nahrungsmittel in An wen- E. Reichardt, Brüchiges Platin. 123 diiiig ZU bringen, muss es vorher von dem anhängenden Bit- terstoffe durch eine Sodalösung befreit und durch nachfolgen- des Waschen mit Wasser gereinigt werden. Eine Ausfuhr dieses Stärkemehls nach Deutschland und England findet kaum statt. Brüchiges Platin. Von E. Reichardt in Jena. Vor Kurzem kam mir ein Platin, Stück eines Schwefel- säurekessels, zur Hand, welches sich durch spröde, durch und durch krystallinische Beschafienheit auszeichnete. Man konnte das dicke Blech sofort zerbrechen und auf dem Bruche zeigte sich krystallinisches Gefüge. - Der Kessel war noch neu, wenig im Gebrauche gewe- sen und • bekam an mehreren Stellen Bisse , welche sofort Flüssigkeit durchliessen. Das spec. Gewicht des Platins war 20,905 ; die äussere Pläche desselben war auf beiden Seiten etwas weniger glänzend, wie gewöhnliches Platinblech. Durch Glühen wurde bei aussen gereinigtem Platin kein Verlust herbeigeführt', überhaupt nichts an der Beschaffenheit geändert. Die mehrfach wiederholten Prüfungen auf andere Platin- metalle, mit ziemlich viel Material vorgenommen, ergaben die Abwesenheit derselben. Die weitere Untersuchung bewies als Bestandtheile : Platin 99,430 II III Kupfer 0,473 0,473 0,452 Eisen 0,013 Silicium 0,030 0,030 99,946. Es wurden namentlich noch Prüfungen angestellt, ob Schwe- fel oder Phosphor zugegen seien, jedoch mit negativem Besul- tate. Die Verbindung von Schwefel und Platin ist auch nicht glühbeständig und diej, mit Phosphor verträgt die bei Bear- 124 E. Beichardt, Brüchiges Platin. beituTig und namentlich Schmelzung von Platin vorkommenden Temperaturg-rade auch nicht. Die kleinen Mengen Kupfer und Eisen sind sicher ohne Einfluss auf die Dehnbarkeit und so kann nur der Siliciumgehalt als abnorm bezeichnet werden, Platin, welches hier schon seit mehr als 10 Jahren im Ge- brauch war und den Glanz noch völlig behalten hatte, ergab nach der hier befolgten Scheidung kein Silicium. Der zuerst zu stellende Einwand gegen die Annahme des nachtheiligen Einflusses vom Silicium richtet sich gewiss auf die äusserst geringe Menge desselben, 1 : circa 3000 Pla- tin, allein die bis jetzt bekannten Beobachtungen über das Verhalten von Silicium und Platin beweisen sämmtlich, dass das Silicium selbst in kleiner Menge Sprödigkeit und Härte des Platins bewirkt. In Gmelin's Handbuch (5. Auflage, Bd. III, S. 765 bis 66) heisst es darüber folgend: „Die Ver- bindung ist grauweiss, hart, von körnigem Bruche, schv/er zu schmieden und zu feilen, ritzt Platin und Eisen und lässt sich durch rasches Abkühlen nicht härten, hat ein spec. Gewicht von 20,5 Boussingault, von 18,3 Berzelius, von 17,5 — 18,0 Boussingault. Berstet in der Kälte bald unter dem Hammer, ist in der Glühhitze völlig spröde. — Lässt sich weder durch Erhitzen beim Zutritt von Luft, noch durch Caementation mit Braunstein wieder ductil machen. Löst sich in Salpetersäure schwieriger als Platin, unter Ab- scheidung einer dicken Rinde von gallertartiger Kieselsäure, welche durch Abdampfen und Aufnahme in Wasser vollstän- dig erhalten, 1 Procent beträgt." Demnach bewirkt weniger als 1 Proc. Silicium eine solche Sprödigkeit des Platins; vergleicht man damit das Verhalten des Eisens, so kann nach Begnault schon Vioooo Schwefel dasselbe brüchig machen , somit in noch kleineren Mengen, als hier der Siliciumgehalt des Platins, Vsooo > beobachtet wurde. Jedenfalls regt dieser Fall zu weiteren Untersuchungen an. Bei der jetzt üblichen Methode des Schmelzens kann das Platin um so leichter fremde Bestandtheile aufnehmen. C. Jelin u. E. Relcliardt, Best, d. Thonerde durch Fällung m. Borax. 125 Bestimmniig der Thonertle durch Fällung mit Borax. Von Dr. C. Jehn und E. Reichardt. Dr. C. Jehn berichtete im März dieses Jahres an E. E-eichardt, dass Boxax die Thonerde rein ausfälle, so dass man darauf noch eine Bestimmung der letzteren basiren könne und forderte gleichzeitig zu Controlversuchen darüber auf, welche vor wenigen Tage abgeschlossen wurden. Mittlerweile ist in Nr. 9 der Berichte der chemischen Ge- sellschaft, Bd. 7. S. 675, eine kurze Notiz von C. Jehn erschienen, deren Mittheilung am Geeignesten die von ihm gemachte Beobachtung wiedergeben dürfte. Es heisst daselbst: „Die Lehrbücher der Chemie (z. B. Gmelin) geben an, dass beim Versetzen von Alaunlösung mit Boraxlösung eine Fällung borsaurer Thonerde entstehe. Dies ist nicht der Fall ; es wird nur Thonerde gefällt und zwar quantitativ. Zahlen werde ich demnächst a. 0. geben. Zweifelsohne wird zunächst Aluminiumhydrometaborat abgeschieden, das sich im Status nascendi sofort zersetzt in Thonerdehydrat und freie Borsäure. Nach folgender Gleichung, Borax als eine Verbindung von Natriummetaborat und Metaborsäure be- trachtet: A12(SO*)3 + 3[(Naß02,HB02)2] = 3 Na 2 SO* -I- [AI 2 (B0 2) ß, (HBO 2) 6], A12(B02)6, 6HBa2 = APH^ae + 6B2 03. Geseke, im Mai 1874." In der an E. Eeichardt gegebenen Notiz findet sich als Beleg der quantitativen Bestimmung angegeben: „2,022 g. Ammoniak -Alaun gaben 0,2300 g. Al^Q\ während die Formel 0,2296 vel^ngt." Die verschiedenen Lehrbücher der Chemie wie nament- lich analytischen Chemie (Gmelin, Bd. 2. S. 279; Rose giebt nur Fällung an und Lösung im Uebermass des Fäl- lungsmittels — Borax — , Bd. L S. 616), so auch Wack eu- re der führen die Fällung der Thonerde durch Borax an, unter Bemerkung, dass borsaure Verbindungen entstehen. 126 C. Jehn u. £. Reichardt, Best. d. llionerde durch Fällung m. Borax. H. Rose hat endlich das Verhalten der Boraxlösung zu Alaun genauer erforscht (Pogg. Annal. XCI, 452; Jahresber. von Liebig und Kopp. 1854. S. 297) und festgestellt, dass bei Anwendung kalter Lösung ein Niederschlag entstehe, welcher ohne Auswaschen, zwischen Fliesspapier ge- presst, im Wesentlichen 3{k\''0^,B0^ + HO) + (NaO,B03 + 2 HO) war. Durch Auswaschen mit kaltem Wasser wird die- ser Niederschlag zu (APO^, BO^ + 2H0) + A1203,3HO — bei 100° getrocknet, — " Aehnliches Verhalten beobachtete B.0 8e auch bei Anwendung heisser Lösungen, wobei nach Auswaschen gleichfalls eine alkalifreie borsaure Thonerde erhalten wurde. Zur Controle wurde eine Alaunlösung bereitet, welche in 100 Th. 10,78. Al^O^ enthielt. 100 Th. derselben, mit Boraxlösung gefällt, ergaben, nach Auswaschen bis zur völligen Reinheit des Filtrates, 11,10 Rückstand, demnach fast absolut reine Thonerde. 100 Th. dergleichen Lösung wurden ebenso gefällt , der Niederschlag jedoch mit kaltem Wasser nur so lange gewa- schen, bis das durchlaufende Wasser keine Reaction auf Schwe- felsäure mehr ergab, betrug nach dem Glühen 18,46 Proc. und enthielt, leicht nachweisbar, Borsäure, Die von Rose erhaltene Verbindung von (Al^O^, BO^ + 2 HO) + Al^O^, 3 HO würde nach obiger Berechnung 14,44 Proc. Rückstand verlangen. Demnach wurde hier eine noch Borsäure reichere Verbindung erhalten. 100 Th. derselben Alaunlösung, mit Borax gefällt und nach dem einfachen Ablaufen der Flüssigkeit vom Filter das Rückbleibende geglüht, gaben 39,40 Proc. Glührückstand, welcher reichlich Borsäure, Natron und auch noch Schwefel- säure enthielt, wiederum die Angaben Rose's völlig bestä- tigend. Nach diesen völlig genügenden quantitativen Versuchen wurden wiederholt qualitative Prüfungen in soweit angestellt, als durch Boraxlösung gefällte Thonerde nach völligem Aus- waschen sich stets auch frei von Borsäure erwies. . K. Calmberg, Prüfung des Pfefferminz öls mit Jod. l2? Es scheint demnach hier ein ähnliches Verhältniss zu walten, wie bei Thonerde und Kohlensäure, wo zuerst auch Kohlensäure haltende Verbindung' gefällt wird, welche schon durch Auswaschen völlig von der Kohlensäure befreit wird. Jedenfalls ist die Beobachtung von C. Jehn völlig richtig, dass Boraxlösung in Alaunlösung- einen Niederschlag erzeugt, welcher nach völligem Auswaschen reine Thonerde ist. Jena im Juni 1874. Prüfnng des Pfefferminzöls mit Jod. Von K. Calmberg in Darmstadt. Oleum Menthae piperitae wird allgemein auch mit Jod auf seine Reinheit (und Jugend?) geprüft. Herr Dr. Hager führt ebenfalls dieses Reagens in seinem soeben erschienenen Commentar zur Pharmacopöe an, ohne, wie Sandrock, Hal- lier und Ludwig ein Mengenverhältniss anzugeben. Die Pharmacop, Germ, dagegen erwähnt von der Jodprobe nichts. Da ich nun kürzlich bei wiederholter Prüiung fand, dass mein vorräthiges Oel, welches sich, als ich es vor etwa 4 Mo- naten erhielt und prüfte, in jeder Beziehung vorzüglich bewährte, mit Jod etwas fulminire, so verschaffte ich mir noch 9 andere, sogenannte Primaqualitäten, darunter die Mitcham - Sorte, theils aus Apotheken, theils von einem Droguisten und sehe nun zu meinem Erstaunen, dass kein einziges die Probe mit Jod besteht. Nehme ich aber, wie früher, wenig Jod und viel Oel (auf einem Blättchen Schreibpapier), so bewähren sich sämmtliche Sorten, bis auf eine, die auch im Uebrigen nicht viel werth ist; nehme ich hingegen etwa einen halben Gramm Jod und nur 3 — 4 Tropfen, so zeigen sich sehr bald unter Erhitzung die betr. Dämpfe. Es würde sich desshalb empfehlen, wenn die Jodprobe beibehalten werden soll, die Mengenverhältnisse zu bestimmen, denn nach dieser Wahrnehmung wird kaum zu bezweifeln sein, dass auch das selbstbereitete und feinste Oel vor Ab- 128 Wittstein, Prüfung Von Blutflecken. lauf eines Jahres etwas fiüminirt, wenn es überhaupt jemals diese Eigenschaft unter den angegebenen Verhältnissen nicht besass. Ucl)er die Prüfung von Blutflecken. (Eingesandt von Wittsteln.) Eine aus den Herren Mialhe, May et, Lefort und C r n i 1 zusammengesetzte Commission hat über diesen Gegen- stand einen interessanten Bericht erstattet, aus dem hier das Wesentlichste mitgetheilt werden soll. Es wird darin hervor- gehoben, dass man sich bei dem dermaligen Stande der Wis- senschaft nicht mehr darauf beschränken darf, in gericht- lichen Fällen die Prüfung von Blutflecken durch Hülfe phy- sikalischer Merkmale mit unbewaffnetem Auge auszuführen. Das Mikroskop setzt uns mitunter schon allein, aber noch öfter in Verbindung mit der chemischen Analyse und dem Spektroskop, in den Stand, ein sicheres Resultat zu erzielen, was ausserdem früher in vielen Fällen unmöglich war. Zwei Bedingungen können hier Platz greifen. 1) Wenn der Fleck noch neu oder muthmasslich neu ist, so muss man sein Augenmerk besonders auf die rothen Blut- körperchen richten, und alle Sorgfalt darauf verwenden, sie unverändert zu erhalten. Nach Feststellung der mikros- kopischen Merkmale der Flecke von menschlichem Blut für sich und im Vergleiche mit solchen vom Blute verschiedener Thiere, zählt die Commission diejenigen Flüssigkeiten auf, welche zerstörend oder conservirend auf die Blutkörperchen wirken. Zu den ersteren gehört Wasser, besonders helsses, Essigsäure, Gallussäure, Salzsäure und Schwefelsäure; ferner werden von Alkalien, Kali und Natron, selbst in verdünnter Lösung, von Aether, Chloroform und noch mehreren andern Beagentien die Blutkörperchen so verändert, dass sie völlig verschwinden. Dagegen conserviren Weingeist, Chromsäure, Pikrinsäure und doppeltchromsaures Kali dieselben, vetänilern indessen deren Gestalt. Am besten conserviren diejenigen Wittstein, Prüfung von Blutflecken. 129 Flüssigkeiten, deren Znsammensetzung sich derjenigen des Serums am meisten nähert, so namentlich das Schultze'sche Jodserum, welches durch Yersetzen von Amnionflüssigkeit mit so viel Jodtinktur , dass eine weingelbe Farbe entsteht, erhal- ten wird; oder noch besser eine folgendermaassen zusammen- gesetzte Flüssigkeit: Eiweiss 30 g, . Destillirtes Wasser 270 „ Chlomatrium 40 „ bewährt hat sich auch eine wässerige Lösung von ^/g Proc. Chlornatrium, oder von 5 bis 6 Proc. schwefelsaurem IS'atron. Wenn man die Flecken mit der einen oder andern dieser Flüssigkeiten durchtränkt und dann unter das Mikroskop bringt, so kann man die rothen und weissen Körperchen und das Fibrin deutlich wahrnehmen. 2) Wenn wegen im Laufe der Zeit erfolgter Veränderung des Hämatins das Mikroskop keine sichere Auskunft mehr ertheilen kann, so setzt uns das Spektroskop und die chemische Analyse noch in den Stand, befriedigende Resultate zu erzielen. Die Anwendung dieser Hülfsmittel erfordert, da sie weniger bekannt und delikaterer Natur sind, besondere Umsicht. 1) Spektral-Analyse. Farbige Materien besitzen die Eigenschaft, gewisse gefärbte Strahlen des weissen Lichtes zu absorbiren — ein und dieselben immer für ein und dieselbe Substanz. Auf diesem Principe beruhet die spektroskopische Prüfung. Setzt man zu dem Wasser, mit welchem eine analytische Proberöhre angefüllt ist, so viele Tropfen einer Lösung von Hämoglobin , dass es die Farbe der Pfirsichblü- then zeigt, so bemerkt man beim Durchgehen der Licht- strahlen des Spektrums durch diese Flüssigkeit zwei Absorp- tionsbänder zwischen den Frauenhofer'schen Linien D und E in Gelb und Grrün. Dieselbe Erscheinung tritt ein, wenn man statt der Hämoglobinlösung einige Tropfen Blut verwen- det. In zweifelhaften Fällen kann man das Hämoglobin des Blutes vermittelst einer reducirenden Substanz verändern. Reducirtes (zerstörtes) Hämoglobin hat ein anderes Spektrum, als das oxydirte (ursprüngliche), es zeigt nämlich nur ein Arch. d, Pharm. II. Bds. g. Hft. d 130. Wittstein, Prüfung von Blutflecken. Band, welches eben so breit ist als die beiden andern zusam- men, und zwar etwas links von der Frauenhoferschen Linie D. 2) Chemische Analyse. In Blut, welches von selbst oder durch Säuren oder Alkalien zersetzt ist, befindet sieh das Hämoglobin in einen neuen Körper, das Hämatin, um- gewandelt, welches, mit Salzsäure verbunden, charakteristische Krystalle giebt. Um dieselben zu bekommen , verfahrt man wie folgt. Man legt ein wenig des getrockneten Blutes auf eine Glasplatte, löst es in einem Tropfen Wasser, fügt noch ein Körnchen Chlornatrium hinzu, deckt eine andere Glasplatte darauf, lässt durch die Fugen der beiden Platten Essigsäure treten, erhitzt über einer Weingeistflamme zum Kochen , bringt abermals Essigsäure hinzu , erhitzt wieder und wiederholt dies so lange, bis man (unter dem Mikroskope) die Krystalle wahrnimmt. Dieselben haben eine rhomboidale, Form, eine schmutzig braune Farbe, und erfordern zu ihrer deutlichen Wahimehmung eine 3 — 400 malige Vergrösserung. Die beiden vorstehenden Reactionen — die spektrosko- pische und die chemische — lassen sich mit der kleinsten Menge Blut hervorrufen, und sind so sicher, dass schon durch eine allein die Anwesenheit des Blutes constatirt werden kann. 1) Es giebt noch ein drittes Verfahren, welches zwar nicht so exakt ist, als die beiden vorigen, aber demungeach- tet nicht übergegangen werden sollte. Setzt man nämlich zu einer höchst geringen Menge, in ein wenig Wasser gelösten Blutes ein paar Tropfen Guajaktinktur und Wasserstoffsuper- oxyd, 80 entsteht sofort eine blaue, nicht wieder verschwin- dende Farbe. Diese Erscheinung kann aber auch durch gewisse andere organische Materien, wie Nasenschleim, Speichel hervorgerufen werden , ist daher nicht absolut bew^eisend für Blut allein. Dabei wäre noch Folgendes zu berücksichtigen. Die Tinktur muss aus dem Harze mit Weingeist von 83 7o bereitet sein. Das Wasserstoffsuperoxyd wendet man zweck- mässig in seiner Vermischung mit Aether an, denn diese Mischung hält sich in einer verstöpselten und unter Wasser im Dunkeln aufbewahrten Flasche besser, als das blosse Superoxyd. Ist der blutbefleckte Gegenstand weiss, so legt man ihn in ein Schalchen Gr. Christel, Arsengehalt des Tecturpapiers. 131 befeuclitet ihn mit Wasser, giesst dies nach einiger Zeit ab und reagirt dann auf dasselbe. Ist der blutige Gegenstand gefärbt, und der Fleck wenig oder nicht sichtbar, so presst man ihn nach dem Befeuchten zwischen zwei bis drei Blättern Lösch- papier, und lässt auf ein so durchtränktes Papier zuerst Gruajak- tinktur einwirken. Rührt der Fleck vom Blut her, so zeigt das Papier nun eine röthliche oder braune Stelle. Betupft man das getränkte Papier mit Ammoniak, so wird es karmoi- sinroth oder grün. Ein anderes Stück getränkten Papiers behandelt man mit Guajaktinctur und Wasserstoffsuperoxyd - Aether, wodurch je nach der Menge des Blutes eine mehr oder weniger intensive blaue Farbe entsteht. Repertoire de Phar- macie, 10. Juli 1873). Arseiigehalt des Tecturpapiers. Von Gr. Christel, Apotheker in Lippstadt. Seitdem der Verkauf der grünen Arsenfarben, resp. der mit diesen bedruckten Tapeten etc., verboten ist, sind diesel- ben viel seltner geworden, als früher. Hierzu mag auch der Umstand beigetragen haben, dass der gebildete Theil des Publicums die Gefahren kennt, und gegen grüne Farben über- haupt ein gewisses Misstrauen zeigt. Wie begründet dieses Misstrauen ist, geht aus dem Umstände hervor, dass manche chronischen Leiden, über deren Ursache man lange in Zweifel war, auf den Arsengehalt des Anstriches oder der Tapeten eines Schlafzimmers, zumal wenn dasselbe feucht ist, zurück- zuführen sind. Es scheint beinahe, als wenn der aus dem Anilin durch Einwirkung reducirbarer Metallsäuren auf dasselbe erhaltene prächtige Farbstoff, das Anilinroth , die Bolle der Arsenfarben fortzuspielen bestimmt wäre. Bekanntlich lässt sich dem urrsprünglich arsenhaltigen Anilinderivat das Arsen entziehen, und auch der Farbstoff daraus isoliren. Allein es kommt sowohl ein stark arsenhaltiges Anilin im Handel vor, als auch roth gefärbte Papiere etc., die unzweifelhaft mit den aus der Fuchsindarstellung resultirenden Mutterlaugen, die noch alles 9* 132 Cr. Christel, Arsengehalt des Tecturpaplers. Arsen enthalten, gefärbt sind. Ein unter der Bezeichnung „Rothes Anilin -Glanz -Papier" zu Tecturen bestimmtes Pro- duet kam mir in dieser Hinsicht verdächtig vor, und veran- lasste mich zu einer qualitativen Prüfung , die einen beträcht- lichen Arsengehalt ergab. Da mit Metallfarben gefärbte Papiere, zumal arsenhaltige, im hiesigen Regierungsbezirke zu phar- maceutischen Zwecken nicht verwendet werden dürfen, auch keinenfalls zum Verbinden von Arzneiflaschen sich qualificiren, mache ich auf diese Art von Papier aufmerksam. Die quantitative Bestimmung des Arsens wurde folgender- massen ausgeführt: Ein Bogen des Papiers wurde in zerklei- nertem Zustande mit verdünnter reiner Salzsäure in einem Becherglase Übergossen, dasselbe mit einem Kölbchen ver- schlossen und vorsichtig erwärmt. Diese Operation wurde so oft wiederholt, bis der Rückstand von allem Farbstoff voll- ständig erschöpft war. Die erhaltenen Flüssigkeiten wurden mit destillirtem Wasser verdünnt, und Schwefelwasserstoff unter schwachem Erwärmen so lange eingeleitet, bis nach 24 stündigem Stehen alles Arsen gefällt war. Der graugelbe Niederschlag wurde auf einem Filter gesammelt, und nach genügendem Auswaschen im Wasserbade scharf getrocknet, darauf unter den bekannten Vorsichtsmassregeln mit rauchen- der Salpetersäure oxydirt. Das Filtrum mit den anhaftenden Resten des Niederschlages wurde auf gleiche Weise behan- delt; die Zerstörung der organischen Stoffe ging sehr leicht von Statten. Die Flüssigkeit wurde nun im Was- serbade bis zu einem geringen Volum verdunstet, mit Am- moniak übersättigt und das Arsen daraus als arsensaure Ammoniak -Magnesia gefällt. Der in einem gewogenen Fil- ter gesammelte und bei 110 °C. im Luftbade getrocknete Niederschlag von der Formel ÄsO-'', 2MgO, NR-* -|- Aq. wog mit Hinzurechnung der Correction (= pro 16 QC. = 0,001) 0,202 g. Hierin sind nach der Gleichung 190 : 115 = 0,202 : X = 0,122 g. AsO^ enthalten, pro Riess demnach nahezu 60 g. Arsensäure. Wie schon erwähnt, ist das Vorkommen arsenhaltiger Kupferfarben jetzt viel seltner, als früher. Es mag indessen G. Christel , Arsengehalt des Tecturpapiers. 133 immerliiii noch Fälle geben, wo von dem Publikum oder von Aerzten an den Pharmaceuten das Ersuchen gerichtet wird, Papiere, Rouleaux, bedruckte Zeuge und dergl. auf Arsenge- halt zu prüfen. Zu dem Zwecke empfehle ich nachstehendes Verfahren, welches schnelle und sichere Resultate lielert, und in allen Fällen anwendbar ist, wo das Arsen als arsenige oder als Arsensäure vorhanden ist. In einem Reagircylinder oder Bechergläschen übergiesst man das Papier oder Zeug mit etwas verdünnter reiner Salz- säure und erwärmt, bis der Farbstoff gelöst erscheint. Man giesst die (in der Eegel klare) Flüssigkeit ab, legt in die- selbe 1 bis 2 Stückchen blankes Kupferblech und erwärmt. Bei Gegenwart von Arsen bildet sich bekanntlich auf dem Kupfer ein grauschwarzer Ueberzug von Arsenkupfer — Cu^As. Man nimmt dann die Kupferstückchen heraus, spült dieselben in einem Schälchen mit destillirtem "Wasser ab, trock- net dieselben vorsichtig mit weichem Filtrirpapier ab, und erwärmt schliesslich dieselben schwach, um Spuren anhängen- der Feuchtigkeit zu vertreiben. Man legt die Kupferstücke alsdann in einen trockenen, vorher erwärmten Reagircylinder und erhitzt die Stelle, wo dieselben liegen, über einer Gas- oder Weingeistflamme. Es trennt sich dann das Arsen theil- weise vom Kupfer und legt sich als ein weisser Sublimat von arseniger Säure in dem obern kältern Theile des Eöhr- chens an. Mit Hülfe einer Lupe lassen sich die kleinen Kry- ställchen desselben gut erkennen. Man bespült nun den Ring mit wenigen Tropfen Salzsäure und lässt einige Blasen Schwe- felwasserstoff in den Cylinder treten , wodurch das Metall geschwefelt, und der Ring die characteristisch gelbe Fai'be des Schwefelarsens zeigt. Die Operation erfordert kaum V4 Stunde Zeit und macht eine Verwechselung mit andern Substanzen unmöglich. 134 E. Hoffmann, Ferrum oxydatum saccharatum solubile. Ferrum oxydatum saccliaratum soluMle. Eisenzncker — Eiseuglyceriu. Von E. Hoffmann, Apotheker in Kandel (Pfalz). Unter ersterem Namen hat die deutsche Pharmacopöe ein neues Eisenpräparat aufgenommen, das rasch Eingang gefun- den, leicht assimilirbar, von angenehmem Geschmacke, con- stanter Zusammensetzung und fast in jeder Arzneiform dis- pensirbar ist. Die Darstellung nach Vorschrift der Pharmacopöe bedarf verschiedener Vorsichtsmassregeln , ohne welche zu berück- sichtigen leicht ein missfarbiges, eisenoxydulhaltiges Präparat erhalten wird. Jedem , der öfters sich mit der Darstellung des Eisen- zucker's abgegeben hat, ist sicher die Bemerkung nicht entgangen, dass häufig ein Unterschied in der Farbe des !S'iederschlages beim Fällen durch kochendes Wasser, von Kothbraun bis Braunschwarz stattfindet, die überstehende Flüssigkeit ist bald wasserklar , bald mehr oder weniger , oft bis schwarzbraun gefärbt, dann zugleich unangenehm cara- melartig riechend und schmeckend. Mit genau denselben Materialien gearbeitet, traten diese Erscheinungen auf — es muss wohl die Ursache in gegenseitiger Einwirkung von Zucker, Eisenchlorid oder Natronlauge zu suchen sein. Nach Vorschrift der Pharmacopöe wird Eisenchlorid mit Zuckersirup gemengt, Natronlauge im Ueberschuss zugefügt, durch kochendes Wasser gefällt und der durch De- kan tiren, zuletzt auf Filter ausgewaschene Niederschlag mit fast der ganzen Zuckermenge im Dampf bade zur Trockne eingedampft. Untersucht man die hierbei möglichen Einwir- kungen, so ergeben sich: 1) Eisenchlorid, mit reiner Rohrzuckerlösung gemischt, sofort mit Ferridcyankalium versetzt, giebt keine Färbung — Rohrzucker wirkt in der Kälte nicht sofort reducirend auf Eisenchlorid. 2) Eisenchlorid, mit Rohrzucker bei gewöhnlicher Tempe- ratur 12 Stunden lang in Berührung gelassen, giebt mit Fer- E. Höffmann, Ferrum oxydatum saccharatum solubile. 135 ridcyankalium sofort blaue Färbung — es erfolgte E-educi- rung von Chlorid zu Chlorür. 3) Eisencblorid mit Eohrzucker auch noch so kurz erhitzt, wird reducirt. 4) Eisenchlorid mit Traubenzucker*) wird sofort bei ge- wöhnlicher Temperatur — • schneller noch beim Erhitzen unter Dunkelfarbung reducirt. 5) Eisenchlorid mit Rohrzucker und Aetznatron in alka- lische Lösung gebracht, wird analog der alkalischen Kupfer- lösung weder in der Kälte noch beim Erhitzen reducirt — sofort aber bei Gegenwart einer Spur Traubenzucker. 6) Eine alkalische Eohrzucker - Eisenlösung wird durch kochendes Wasser gefällt, dagegen eine durch Trauben- zucker reducirte alkal. Lösung wird nicht gefällt — zugleich tritt durch Einwirkung von Aetznatron auf Traubenzucker der caramelartige Geruch unter Braun- bis Schwarzfärbung auf. Hieraus ergiebt sich, dass, wenn ein reinschmeckendes, oxydulfreies Präparat, sowie vollständige Eäliung bewirkt werden soll, die Anwesenheit, wie Bildung von Trauben- zucker durch Einwirkung von Eisenchlorid auf Rohrzucker vermieden werden muss. Die Vorschrift der Pharmacopöe schlägt Anwendung von Zuckersirup vor; es ist dies kein glücklicher Griff. Frisch bereitet ist derselbe event. frei von Traubenzucker, nach kur- zer Zeit jedoch schon findet durch auf die Oberfläche gelangte Gährungspilze Traubenzuckerbildung statt. Es ist desshalb zweckmässiger, den Zuckersirup jedesmal durch Zuckerpulver nebst entsprechendem Wasser zu ersetzen. Wird Eisenchlorid und Zuckersirup mit Aetznatronlauge von 1,33 spec. Gew. gemischt, so findet bei raschem Zu- giessen und grösserer Menge eine sehr starke Erhitzung statt ; hierbei ist Bildung von Traubenzucker in der anfangs immer noch stark sauer reagirenden Flüssigkeit offenbar möglich — ersetzt man aber ^/g der Natronlauge durch die bei weitem reinere und billigere Sodalauge und fügt zuletzt ^5 ^©i* *) AU CoUectivname für Kupferoxyd reducjr. Zucker, 136 E. Hoffimann, Ferrum oxydatum aaccbaratum solubile. Katronlauge zu, so tritt weder eine Erwärmung ein, durch die entweichende Kohlensäure verhindert, es geht auch die Lösung des weniger compact ausgeschiedeneu Eisenoxydes sofort vollständig von Statten — die vorgeschriebene 12 stün- dige Digestion ist hierbei völlig überflüssig. Zum Fällen der alkalischen Lösung wende man eher mehr kochend heisses Wasser an, wasche nur durch De- cantiren bis auf eine gewisse Verdünnung aus — auf dem Eilter das Auswaschen fortsetzen zu wollen, ist eine sehr wenig förderliche Arbeit, da der gelatinöse Niederschlag rasch zusammenbackt. Bei Gegenwart von Traubenzucker wird die Farbe des Niederschlages dunkler, bei grösserem Gehalt von reducirtem Eisenoxydul tritt unvollständige Fällung ein, die überstehende Flüssigkeit ist bis braunschwarz gefärbt, caramelartig riechend, der Niederschlag äusserst leicht zusammenklebend, zerfliessend und dann nicht weiter mehr ver\\ endbar. Nach der Pharmacopöe soll das Eindampfen mit fast der ganzen Zuckermenge im Dampfbade geschehen: es ist das zur Erlangung eines oxydulfreien , schönen Präparats eben- falls nicht forderlich: ^/j des vorgeschriebenen Zucker's reicht TölUg zur Lösung aus, das Eintrocknen geht rascher j die Zeit der Einwirkung und nachträglichen Reduction von Oxyd zu Oxydul ist abgekürzt. Die Anwendung des Wasserbades zum völligen Austrock- nen lässt bei kleineren Portionen unter beständigena Umrüh- ren wohl ein annähernd oxydulfreies, hochfarbiges Saccharat erhalten; bei grösseren Mengen ist es zweckmässiger, unter Umrühi'en nur solange einzudampfen, bis die Masse gleich- massig honigdick geworden, dann auf flachen Tellern auszu- breiten und im Trockenschrank völlig auszutrocknen. Wird nemlich die einmal honigdicke Masse längere Zeit der vollen Hitze des Dampfbades ausgesetzt, so nimmt selbst bei einer mit Glycerin statt Zuckersirup (wo also die Bildung von Oxydul völlig ausgeschlossen war — Glycerin wirkt in keiner Weise reducirend) bereiteter Eisenniederschlag , die E. Hoffmann, Ferrum oxydatum saccharatmn solubile. 137 Farbe der Masse einen immermehr graubraunen Ton an; das fertige Präparat ist in's Graue spielend und oxydulhaltig. Soll der Procentgebalt der Pharmacopöe hergestellt wer- den, so wird nach dem Pulvern mit Zuckerpulver entsprechend versetzt mit wenigen Tropfen Weingeist befeuchtet, zerrieben. — Hierdurch wird eine sehr schöne gleicbmässige Farbe bewirkt und zuletzt nochmals ausgetrocknet. Ein 10 % haltiges Eisensaccharat wäre, da für geringere Gaben von Eisen ein Eisensirup in die Pharmacopöe aufge- nommen, zweckentsprechender, als das 3% haltige der Phar- macopöe. — Eine der Yorschrift der Pharmacopöe möglichst ange- passte, erprobte Darstellungsmethode, zugleich billiger, ist folgende : 10 Th. Eisenchloridlösung von 1,48 spec. Gew. = 15% met. Eisen, 4^2 Th. Zuckerpulver in gleicher Menge kaltem "Was- ser gelöst. 12 Th. reine Soda, in der doppelten Menge Wasser gelöst. 5 Th. Aetznatron oder 6 Th. Aetzkalilauge von 1,33 spec. Gew. 400 Th. kochend heisses Wasser. 12 Th. Zuckerpal ver werden, um rasch arbeiten zu kön- nen, bereit gehalten. In einer sehr geräumigen Porcellanschale werden Eisen- chlorid und Zuckerlösung gemischt, sofort auf 4 — 5 Mal unter jedesmaligem Entweichenlassen der Kohlensäure die Sodalösung hinzugefügt, die ganze Masse ist nun zu einem völlig gleichmässigen zarten Brei geworden. Auf Zufügen der Aetznatronlauge tritt sofortige, vollständige Lösung ein und nach wenigen Minuten kann zur Fällung in das kochend heisse Wasser gegossen werden. Der Niederschlag setzt sich rasch auf halbes Volumen ab, die überstehende Flüssigkeit wird abgegossen, 4 — 6 Mal mit heissem Wasser ausgewaschen, bei kleinen Mengen auf Filter, bei grösseren Mengen auf einem über ein Tenakel 138 E- Hoffinann, Ferrum oxydatum saccharatum solubile. gespannten mit 1 Bogen Filtrirpapier belegten Tuche gesam- melt und gänzlich abtropfen gelassen, wenn möglich schwach durch Beschweren ausgepresst Das Eindampfen geschieht nach Zumischen von 12 Th. Zuckerpulver in einer Porcellanschale im Dampfbad unter Um- rühren bis zu Honigconsistens, worauf auf flache Teller aus- gegossen und im Trockenschrank zur Xfockne gebracht wird. Fein zerrieben wird Zuckerpulver bis zum Gewichte von 50 Th. zugefügt und mit Avenigen Tropfen Weingeist gleich- massig angerieben, nochmals völlig ausgetrocknet. "Kleinere Mengen von 100 — 150 g. lassen sich auf diese Weise in wenigen Stunden herstellen — hierbei kann völli- ges Austrocknen im Dampfbade geschehen. — Genau wie Zucker verhält sich gegen Eisen in alkali- scher Lösung Glycerin — nur hat letzteres das voraus, dass es beständiger, keinerlei Umsetzung unterworfen ist und auf Eisenoxyd absolut keine reducirende Eigenschaft ausübt, so zwar, dass eine alkalische Eisenglycerinlösung (aus Eisen- chlorid, Glycerin und Natronlauge durch sofortiges Zusam- menmischen bereitet) ein ungeheuer empfindliches Reagens auf Traubenzucker abgeben könnte. Wird eine solche, nicht zu sehr verdünnte Lösung mit einer Spur Traubenzucker erwärmt, nach dem Abkühlen mit Salzsäure übersättigt und mit Ferrid - Cyankalium geprüft — so lässt sich jede kleinste Menge von entstandenen Chlorür nachweisen. Bohrzucker, so behandelt, giebt keine Reduction. Wollte man den Arzneischatz um ein weiteres Eisen - Präparat bereichere, so wäre es durch ein genau nach obiger Darstellungsmethode bereitetes Eisenglycerin — bei Ersetzung des vorgeschriebenen Zuckersirupes , wie des später zuzufü- genden Zuckerpulvers durch Glycerin. Dasselbe hätte vor dem in Pharmacopöe aufgenommenen Sirup, ferr. oxydat. neben wohl gleicher Wirkung die absolute E. Heiatz, Praktische Notizen. 189 Haltbarkeit voraus: ein wenigstens von mir vor 2 Jahren so bereitetes Eisenglycerin ist heute noch völlig klar, ohne seit- her eine Spur von Eisenoxyd — in welcher Form ist gleich — abzuscheiden: das Abdampfen im Wasserbad muss nur bis zur Extract-Consistenz forgesetzt werden und bis eine herausgenommene Probe sich vollständig klar in kaltem dest. Wasser auflöst. Ein 10 7o Eisen enthaltendes Eisenglycerin ist, erkaltet, vor der Consistenz eines dünnern Extractes, schön braunroth, — mit Grlycerin auf 3 "/o verdünnt von dessen Consistenz. Praktische Notizen. Von Apotheker E. Heintz in Duisburg a/Khein. Bismuthum nitricum praeeipitatum. Durch die Aufnahme der Yorschrift zur Bereitung dieses Präparates in die Pharmacopoea germanica soll wohl das Selbstbereiten vorgeschrieben sein. Geschieht dies, so würde man ein annähernd gleichmässiges Präparat erzielen. Das Selbstbereiten wird aber immer seltener und das käufliche Präparat ist ein aus der sauren Auflösung mit Ammoniak gefälltes Präparat. Die Arbeit ist ja eine viel einfachere und die Ausbeute eine grössere, wenn man mit Ammoniak fällt, auch sind die Fabriken, trotz der Bezeichnung Pharm. Germ., nicht an die Vorschriften derselben gebunden, so dass die- selbe die Letztere vorziehen. So lange nun die Pharm. Germ. Gesetz für uns ist, wäre es für Manchen angenehm, einen Unterschied für das käufliche Präparat zu gewinnen und will ich diesen angeben. Hager's Angabe, mikroskopische Ansich- ten der Krystallformen, Commentar zur Pharm. Germ. S. 365, ist nicht massgebend für ein nur mit Wasser oder unter Zu- satz von Ammoniak gefälltes, ja selbst nicht zuverlässig für die 3 dortbezeichneten Abstufungen, kalt, warm und kochend heiss gefällt. Da es sich für unsern Fall nicht um eine wissenschaftliche Formel handelt, so verweise ich die 140 E. Heintz, Praktische Notizen. sich dafür Intoressirenden auf Graham- Otto Bd. 3 S. 720 u. d, f., wo auch einer Fällung mit sehr verdünnter Natron- lauge Erwähnung geschieht. Wird mit Alkali gefällt, so erhält man natürlich ein basischeres Salz wie durch Fällung mit Wasser; darauf hin gründet sich Nachstehendes. Von dem im Wasserbade bei 80 bis 90° getrockneten (natürlich reinen) Präparat werden 2,0 im Porzellantigel geglüht. Der Rückstand darf höchstens 1,58 betragen. Er- reicht derselbe 1,6 oder mehr, so ist das Präparat mit Alkali, statt mit Wasser gefällt. Ich bemerke noch , dass ich unter mit Wasser gefälltes Pi'äparat solches verstehe, welches we- der mit zu viel Wasser ausgewaschen, noch zu heiss getrock- net ist, überhaupt nach Phar. Germ, bereitet. 200,0 Wismuth - Metall und 74 Wismuthoxyd von einer früheren Bereitung, also noch 66,5 Metall wurden in 1300 reiner Salpetersäure gelöst. Nach den Erhitzen rasch abge- kühlt, schied sich bald aus der Auflösung ein Niederschlag ab, circa 10,0 der noch Bettendorfs Methode arsenikhaltig gefunden wurde. (Die rasche Abkühlung war jedenfalls die Ursache der Abscheidung, wie man dies ja auch bei Salzlösungen bemerkt, obgleich hinreichende Lösungsmittel vorhanden.) Dieser Niederschlag enthielt sämmtlichen Arse- nik, denn alle nachgenannten Präparate waren frei davon. Das Filtrat wurde nun bis zum Entstehen einer starken Trü- bung mit destillirtem kalten Wasser versetzt. Der so erhal- tene Niederschlag zeigte, getrocknet, die Krystallform nach Hager kalt, wenn auch kleiner. Zu folgenden Versuchen wurde das Filtrat hiervon, also die schon verdünnte ursprüng- liche Auflösung, benutzt, ich nenne ^sie Lauge. Die Nieder- schläge waren 3 mal auf dem Filter und rasch ausgewaschen und gelinde getrocknet. Ein Theil Lauge, mit 20 Th. frischem Wasser versetzt und einige Zeit warm gestellt, gab Kryst. nach Hager's Kry- stallform warm und heiss C. Ein Theil Lauge, auf dem Wasserbade erwärmt, schied sofort ganz grosse Kiystalle ab, nach Hager's Krystallform, kalt, Dampft man dies weiter ein, so lösen sich die Krystalle E. Heintz , Praktische Notizen. l4l und zu der übrigbleibenden sehr concentrirten Lauge können bedeutende Mengen Wasser gesetzt werden, ehe sich etwas ausscheidet, obgleich beim Eindampfen Salpetersäure mit entweicht. Ein Theil Lauge, mit Ammoniak versetzt, so dass die Mischung noch sauer reagirt, giebt anfänglich einen käsigen, unter dem Mikroskop amorphen Niederschlag und krystalli- nische Nadelgruppen, wird bald auf dem Eilter zu lauter Krystallen. Form warm und sehen glänzend aus. Ein Theil Lauge, etwas verdünnt, mit Ammoniak im üeberschuss, Niederschlag gelblich, auf dem Filter noch gel- ber werdend, Krystallform warm und etwas amorph. Bismuth- oxyd haltend. Ein Theil Lauge mit heissem Wasser verdünnt und noch warm mit Ammoniak im üeberschuss versetzt. Niederschlag gelblich, Krystallform eigenthümlich, wie gerissen. Sämmtliche Niederschläge, mit Ammoniak erhalten, gaben, gewaschen und getrocknet, beim Erhitzen mit Kali theils gar keine, theils sehr schwache Ammoniak -Reaction. Mit Ammo- niak im üeberschuss und gar nicht ausgewaschen aber ge- trocknet, gab, mit Natrumbicarbonat zerrieben, keinen Geruch nach Ammoniak, so dass solche, öfter im Archiv u. a. 0. erwähnten, Vorfälle auf eine absichtliche Verfälschung mit einem Ammoniaksalz hinweisen. Man sieht, dass die Krystallform keine Sicherheit über die Art der Gewinnung des Präparates giebt. Wenn nun nach Hager das arsenik freie Präparat keine nennenswerthe Wirkung als Heilmittel hat (ein so leicht veränderliches Präparat sollte nicht mehr wirken?), sondern nur die Schwefelwasserstoffbildung hindert resp. verändert, dann könnte ein basischeres Salz noch vorzuziehen sein. Käuflich erhalten wie doch kein anderes, wenigstens ich aus verschiedenen Quellen nicht. Ich schlage also für später die Bereitung so vor : 2 Th. Wismuth löse in 9 Th. Salpetersäure, filtrire durch ^chiessbaumwolle , verdünne mit soviel destiUirtem Wasser, 142 E. Heintz, Praktische Notizen. dass eine starke Trübung eintritt (könnte das Volumen prak- tisch erfahren werden) filtrire, versetze das Filtrat mit so viel, (mit 1 Theile destillirtem Wasser verdünntem) officinellem Ammoniak -Liquor, dass die Mischung noch sauer reagirt, digerire einige Stunden und filtrire rascli. Sofort wird der Niederschlag durch dreimaliges Decken mit destillirtem Was- ser ausgewaschen und bei gelinder Wärme getrocknet. Auf diese Weise würde sieh auch die Selbstbereitung rentabler stellen und das Präparat mit dem käuflichen harmoniren. Verschiedenes. Wie nöthig es ist, dass der Apotheker alle Waaren genau prüft, geben z. B. nachstehende Notitzen. Mehrere Pfunde Zahnpulver wurden verdorben, weil statt Conch. jetzt von einem Hause dafür gebrannte Knochen gesandt wurden, die ihrer alkalischen Reaction wegen die Farbe verdarben. Eine Sendung von 9 verschiedenen aetherischen Oelen musste retournirt werden, weil sie sämmtlich (nach Hager's Methode untersucht) gefälscht waren. Ein Sachverständiger taxirte den Werth auf ^4 des Geforderten. 60 bis 70% mehr verdient, wie reelle Häuser; wenn es auch nur 10 % sind, so bezahlt dem Apotheker die Analyse sich doch lohnend, denn wenn er mischen will, kann er dies billiger selbst. Rohe Carbolsäure als 50 7o haltend verkauft, enthielt (nach Hager's Methode) 15 % ' Auf Beschwerde erhielt ich einige Zeit nachher andere mit 25 7o ! Eine andere Quelle, mit 607o angegeben enthielt 35 % ! Dabei soll die Hager'sche Probe noch zu günstig angeben. Die beiden ersteren Sorten waren übrigens ganz klar und hellbraun. Acid. formicicum, verkauft als spec. G. haltend 1, 2, Preis 7 Thlr. 20 Sgr. = 0,5 Ko, hatte ein spec. Gew. von 1,12 und kann diese für 2 Thlr. 20 Sgr. = 0,5 Ko gekauft wer- den. 10 solcher Wägungen machen eine gute Molir'sche Waage bezahlt. £. Heintz, Praktische Notizeü. 143 Es giebt noch manche Collegen, die nach Angabe der Taxe Gewichte nach Tropfenzahl dispensiren lassen, obgleich sich dies nur auf Taxirung der verwendeten Tropfenzahl bezieht. Jeder Apotheker müsste aber an den betreffenden Standgefässen der Stoffe, die häufig in kleinen Grewichtsmen- gen verordnet werden, ein Zettelchen kleben, auf welchem die Tropfenzabl auf 1 g. auf jedem Gefasse notirt ist. Wird ein solcher Zettel, wenn das Klebemittel recht trocken ist, mit Paraffin überstrichen, so hält er sich lange. Ausserdem notirt man sich die Zahl für bestimmte Gefässe im Geschäfts-Manu- ale, so dass der Zettel leicht ersetzt werden kann. Das Auswägen geschieht durch 3 malige Controle auf einer feinen Handwaage. 0,3 bis 1,0 für grosse Mitxuren wägen, ist miss- lich. "Wie verschieden dies Tst, zeigt nachstehende kleine Tabelle für meine Standgeiasse. ■"] Chloroform 38 Tropf. = 1,0 Tr. Jodi 40 Tr. Liquor Plumbi subacet. 14 „ == 1,0 Acid.muriat 14 „ Acid. sulf. dil. 14 ,, =>= 1,0 Acid. carb. „ Phosphor. 14 „ = 1,0 pur. 22 „ «= „ I gleiche Aq. Amygdal. araar. 26 „ =1,0 (siehe unten) / Gefässe Tr. opil benzoic. 32 „ = „ * „ „ crocata 24 „ = „ simpl. 24 Aether 60,Tr. — =1,0 Vin.'stibiat.' 24 „ = ,', » ^"^^ *0, „ -= 1,0 j Tr. Strychni 34 „ =. „ Liq. Ammon. anisat. 32 „ =» ^^ Tr. Valer. aeth. 35 „ = „ Zu Acid. carbol. pur. bemerke ich, dass, da eine ver- dünnte Säure nicht vorräthig ist, ich die warm gelöste Säure auf 200,0 im Winter, (an einer kühlen Stelle stehend) mit 8,0 Äq, dest. flüssig erhalte, im Sommer genügen schon 3,0 Aq. dest. Die 47o resp. 1,5 7o lassen sich ja abziehen. Oel- mischungen werden etwas trübe, doch würde dieses mit Spi- ritus auch der Fall sein. Ueber Klärmittel. Die Klärmittel kann man wohl füglich in chemische und mechanische theilen. Ich will nur Einiges darüber anführen, 144 E. Blitz, Arzneimlttelprüfaugen. besonders für den pharraac. Bedarf, z. B. beim Honig. Die chemischen, z. B. Tannin, Kalk, Magnesia etc. sind hier nicht zulässig, weil fremde Substanzen zum Honig kommen, die nicht hineingehören. Hager giebt in seinem Commentar darüber Aufschluss. Die mechanischen Klärmittel sind zuläs- sig, wenn dieselben selbst nichts im Honig zurücklassen. Hier steht Bolus alba, weil in jeder Apotheke als Argilla vorräthig, oben an. Die seiner Zeit von Apotheker Dr. Phi- lipps empfohlene Walkererde hat vor diesem nichts weiter voraus, als den hohen Preis. Argilla oder geschlämmte Bolus alba entfärbt übrigens auch etwas. Gewaschener und gesiebter Sand thut auch schon etwas, Papier etc. Man filtrirt durch Papier auf verschiedenen Trichtern zugleich. Zum Ent- färben ist nicht gewaschene frische Knochenkohle am besten, doch ist ihre Wirkung zugleich chemisch. Ich will hier übrigens gleich bemerken, dass man Leberthran, ein ganzes Fass, wenn derselbe wai'm und recht flüssig, mit eini- gen Händen voll ungewaschener frischer Knochenkohle (unbenutzter) zum schönsten Dampftbran machen kann. Fast wie Olivenöl. Geschmack und Geruch bleibt. lieber ArzneimittelprUfungen (Fortsetzung). Von E. Biltz, Apotheker in Erfurt. 2. Prüfung des Jodkaliums auf jodsaures Kali. Der Wortlaut der Pharm. German. lässt keinen Zweifel darüber, dass ein geringer Gehalt an jodsaurem Kali zulässig sein soll. Denn eine bräunliche Färbung der mit verdünnter Schwe- felsäure versetzten wässrigen Lösung (1 : 20) des Präparats tritt erst ein, wenn der Gehalt an jodsaurem Kali Vs Procent übersteigt, während geringere Mengen lediglich eine rein gelbe Färbung der Flüssigkeit hervorbringen. Doch wird E. Biltz, Arzneimittel. 145 diese Grrenzzahl von 1/5 Procent natürlich bedeutend modificirt, wenn das Lösiingsverhältniss ein wesentlich anderes ist, als, das von mir schon im vorigen Artikel empfohlene von 1:20; bei dem Verhältniss 1 : 10 wird sie zwar auf circa ^/^q Pro- cent h er ab ge drückt , bei grosser Verdünnung dagegen kann sie bis ^/g und ^/g Procent hinaufgehen, und hiermit einen Gehalt an jodsaurem Kali statuiren, welcher bei der medici- nischen Anwendung durchaus nicht unbedenklich erscheint. Indem nämlich 1 Aequiv. jodsaures Kali beim Zusammenkom- men mit überschüssigem Jodkalium und freier Säure 6 Aequiv. Jod frei macht, werden sich bei einer Dosis von z. B. 3 Decig. solchen Jodkaliums 3 bis 4 Miliig. Jod berechnen, welche mit aller Wahrscheinlichkeit in dem stets sauren Magensafte sofort frei werden, und die Wirkung der gereichten Dosis Jodkalium erheblich verstärken müssen. Wenn nun hieraus von l^euem erhellt, welche wichtige ßoUe das Lösungsverhältniss bei den officiellen Prüfungen spielt, und wie nothwendig die gesetzliche Normirung dessel- ben ist, so ist es ferner ganz natürlich, dass diesen gesetz- lichen Bestimmungen exacte Versuche zu Grunde liegen werden, aus denen eine mit der Bedeutung der be- treffenden Verunreinigung einerseits, und andrer- seits mit der practischen Möglichkeit ihres Ver- bots harmonirende Grenze der pharmaceutischen E e i n h e i t abgeleitet wird. Eür den vorliegenden Fall habe ich erstens durch ge- naue Versuche ermittelt, wie die Intensität der Reaction dem verschiedenen Gehalt an jodsaurem Kali im Jodkalium ent- spricht. Die wässrige Lösung des hierzu mit den verschie- denen Mengen jodsauren Kali's versetzten reinen Jodkaliums wurde im Verhältniss 1 : 20 genommen , mit verdünnter Schwefelsäure versetzt, und nach Beobachtung der Farbe auch noch Stärkekleister hinzugefügt. Die Resultate waren folgende : Aren. d. Pharm. II, Bde. 8. Hft. 10 146 E. Biltz , Arzneimittel. Beim Gehalt an jodsaurem Kali von 1 Procent Farbe rothbraun V. V5 Vio /lOv) /öOO 1/ '1000 » mit Stärkekleister un- durchsichtig violett- schwarz. „ braungelb „ bräunlichgelb „ rein gelb „ sehr blassgelb „ noch sichtbar gelblich, mit Stärkekleister stark violett. „ Veränderung in's Gelbliche nur noch im Vergleich mit destillirtem Wasser er- kennbar; mit Stärkekleister schwache, aber sofort deutliche Reaction. „ Färbung nicht mehr erkennbar, Reaction mit Stärkekleister zweifelhaft. Hiernach liegt die Grenze der officiellen braunen, oder lieber bräunlichen Farben - Reaction zwischen Y3 ^^^ Vs ^^'^' Cent, der gelben jenseit Yioo Procent, der Amylumreaction jenseit '/500 Procent. Es wird sich nun zweitens fragen, ob man der durch meine Versuche nachgewiesenen officiellen Grenzzahl von Y3 bis Ys Procent zustimmen kann, und da glaube ich mich doch unbedingt gegen die Zulässigkeit derselben aussprechen zu müssen. Denn sie ist entschieden zu hoch, sowohl im Hin- bick auf die oben gegebene Berechnung des aus ihr resulti- renden freien Jods, als auch mit Rücksicht auf die Leichtig- keit, mit welcher sich ein jodsäiirefreies Jodkalium überhaupt beschaffen lässt. Ich erkläre mich daher geradezu dafür, dass man die gänzliche Abwesenheit dieser Verunreinigung verlange , und die Forderung etwa so präcisire, „ dass die im Vcrhältniss 1 : 20 angefertigte wässrige Lösung des Präpa- rats nach Zusatz verdünnter Schwefelsäure weder sogleich eine gelbliche Farbe zeigen, noch sogleich durch Stärkelösung gefärbt werden dürfe." Die guten Präparate des Handels halten die Probe vollkommen aus. Und hiermit komme ich drittens noch auf den dieser Prüfungsmethode gemachten Vorwurf, dass sie in Folge der Mitwirkung der atmosphärischen Luft resp. deren Ozongehaltea E. Biltz, Arzneimittel. 147 Gelegenheit zur Ausscheidung' von Jod aus dem freien Jod- wasserstoff, und demnach unzuverlässige Resultate geben soll. Aber ganz abgesehen davon, dass der Wortlaut der Pharma- copöe durch das Verbot der bräunlichen Färbung zu so difficilen Zweifeln gar keine Yeranlassung bietet, und abge- sehen davon, dass in bewohnten Räumen die Luft niemals Ozon enthält, ist nach meinen Erfahrungen das unmittelbare Auftreten einer Färbung allemal innerhalb der Flüssigkeit selbst verursacht, da mir bisher alle Versuche mit reinen Stoffen, im Vergleich mit den verunreinigten, bei Anwendung desselben Wassers, derselben Schwefelsäure und in derselben Atmosphäre jedesmal ein negatives Resultat ergaben. Der Einfiuss der Luft ist mir niemals innerhalb 5 oder 10 Minu- ten, sondern immer erst nach einer Viertel- oder halben Stunde durch das Eintreten schwächster Färbung bemerklich gewesen, und bei einem besonders hierzu angestellten Ver- suche, zu welchem ich ein Schale mit etwas Chlorwasser einige Zeit in ein kleines Zimmer gestellt hatte, konnte ich die Probeflüssigkeit in dieser Atmosphäre — zuletzt in der Nähe des noch stark riechenden Inhalts der Schale — sehr viele Male aus einem Reagirglase in's andere und zurück giessen, ehe eine Färbung der Flüssigkeit sichtbar wurde. Ich halte also dafür, dass die Probe selbst unbedenklich beibehalten werden kann, und dass man höchstens die An- wendung der Salzsäure (statt verdünnter Schwefelsäure) grund- sätzlich ausschliessen muss, weil sie nicht selten Spuren freien Chlors enthält; wie man ja überhaupt sicher sein muss, weder die gesuchte Verunreinigung, noch die Veranlassung zu einer vermeintlichen Erkennung derselben, durch die ange- wendeten Reagentien erst einzuführen. 3. Prüfung des Jodkalium's auf kohlensaures Kali. Auch in diesem Puncte ist mir, wie ich gleich bemerken will, die Licenz der Pharmacopöe zu gross, indem ich aus ähnlichen exacten Versuchen, wie ich sie vorstehend ange- 10* 148 E. Biltz, Arzneimittel. führt, gefunden habe, dass sich mittelst Kalkwasser ein Grehalt an kohlensaurem Kali erst nachweisen lässt, wenn derselbe ein ganzes Procent erreicht. Da die guten Präparate des Handels aber gänzlich neutral sind, so sollte man doch nicht unnöthigerweise nachsichtig sein, sondern mindestens verlan- gen, dass der Gehalt an kohlens. Kali Yio ^i^ Vs Procent nicht übersteige. Zum Nachweis eines solchen geringen Ge- haltes kann man sich alsdann mit Zuverlässigkeit des gerö- theten Lackrauspapieres bedienen; man legt einen Streifen davon auf Porzellan oder Glas, macht ihn mit "Wasser voll- ständig nass, und bringt nun einige Krystallfragmente des zu prüfenden Jodkaliums darauf, durch welche das Papier schon bei Yö 7o kohlens. Kali in's Blau verändert wird. Meine Versuche bei verschiedenem Gehalt an kohlensau- rem Kali ergaben folgende Resultate: Bei Y20 Pi'ocent wurde das rothe Lackmuspapier sogleich gar nicht, nach längerer Zeit kaum verändert. Bei Yio Pi'ocent sogleich kaum, nach längerer Zeit vio- lettblau. Bei Y5 Procent sogleich deutlich violettblau, nach länge- rer Zeit rein blau. Bei ^2 Procent sogleich blau, nach längerer Zeit stark blau. Bei 1 Procent sogleich stark blau ; während, wie gesagt, die wässrige Lösung des Piäparats (1 : 20) durch Kalkwasser erst bei 1 Procent kohhlens. Kali deutlich getrübt wurde. Es würde sich hiernach das Verlangen , dass das Präpa- rat nicht mehr als ^lo Brocent kohlens, Kali enthalten solle, einfach so ausdrücken lassen: „einige Krystallfragmente, auf nasses rothes Lackmuspapier gelegt, dürfen die berührte Stelle nicht sogleich violettblau färben." Mit dieser Probe liegt wiederum ein Fall der Zweck- mässigkeit eines pharmaceu tischen Reagens vor, nämlich des blauen und rothen Lackrauspapieres. Diese beiden Formen kennt der Chemiker eigentlich gar nicht, and wendet nur das neutrale, violette Pigment an, welches wegen seiner ausser- E. Biltz, Arzneimittel. 14:9 ordentlichen Empfindlichkeit, besonders für die absoluten Ver- suche geeignet ist; die pharmaceutische Praxis dagegen bedarf der entschieden gebläuten und gerötheten Form für ihre mehr relativen Versuche, namentlich aber in denjenigen Fällen, in welchen die absolute Neutralität eines Stoffes oder einer Flüs- sigkeit weder erforderlich, noch auch leicht zu erreichen ist, und in denen man nur constatiren will, ob relativ grössere Abweichungen von der Neutralität stattfinden. Die geringsten sollen eben durch das in dem blauen oder gerötheten Pigment enthaltene Alkali oder die Säure absichtlich verdeckt werden. Desshalb eignet sich auch das deutlich rothe Lackmus- papier sehr gut zur pharmaceutischen Prüfung des Jodkaliums auf AlkaKtät, indem es nicht allzu empfindlich, und doch weit brauchbarer für diesen Zweck ist, als das Kalkwasser (eine Vorschrift zu der gleichmässigen Anfertigung dieser Papiere wäre bei dem Artikel ßeagentia einzuschalten). 4. Prüfung des Jodkaliums auf schwefelsaures Kali. Von anderen Forderungen an die Eeinheit des Jodka- liums ist in der Pharm. German. nur noch diejenige gestellt, dass seine wässrige Lösung durch Chlorbaryum nicht getrübt werden darf. Es ist hier der Ort, auf die Bedeutung dieser Forderung näher einzugehen, indem wir sie mit der Bedeutung der so häufig wiederkehrenden, theils wörtlich übereinstimmenden, theils modificirten Forderung bei andern Körpern vergleichen; und namentlich ist es nothwendig, für die Barytreactionen den Begriff einer Trübung im Sinne der Pharmacopöe unzwei- felhaft festzustellen. Hierzu scheinen mir die Artikel Acidum nitricum und hydrochloricum am Besten geeignet, weil es bei diesen beiden Säuren ebenfalls heisst, dass sie (mit 5 Theilen Wasser verdünnt) die eine durch salpetersauren Baryt, die andere durch Chlorbaryum nicht getrübt werden dürfen. Um nun hier zu der Bedeutung des Wortes Trübung zu zu gelangen, giebt es meines Ermessens nur einen Weg, 150 E. Biltz, Arzneimittel. nämlich den der Logik : wir müssen uns fragen , wieviel Procent Schwefelsäure beide Säuren wohl höchstens enthalten dürfen, und dann müssen wir aus der diesem Procentgehalfc entsprechenden Barrtreaction erkennen, was die Pharmacopöe unter Trübung versteht. Ich glaube, beide Säuren sollten wohl eigentlich gar keine Schwefelsäure enthalten; indessen will ich für den me- dicinischen Gebrauch Vio Pi'ocent zugeben. Kach meinen Versuchen giebt nun aber die Salzsäure, bei diesem Gehalt mit Chlorbaryum geprüft, erst nach langer Zeit eine deutliche Opalisirung, die Salpetersäure, mit salpetersaurem Baryt ge- prüft, auch nach einer Stunde noch nicht die geringste Reac- tion I Versuchen wir es mit ^/j Procent , so kommen die Eeactionen nicht ganz so spät, bleiben aber innerhalb der schwächsten Opalescenz — besonders bei der Salpetersäure — und erst bei einem halben Procent wasserfreier Schwefelsäure tritt nach einigen Minuten die deutliche Opalescenz ein, bald in Trübung übergehend. Dies letztere wäre nun eigentlich, was wir gemein- hin Trübung nennen, und was namentlich dem Revisor innerhalb der ihm zu Gebote stehenden Zeit als eine solche erscheinen wird. Doch kann die Pharmacopöe unmöglich ein halbes Procent Schwefelsäure in der reinen Salz - und Salpe- tersäure gestatten wollen, und desshalb müssen wir dann diejenige Barytreaction im Sinne der Pharmacopöe eine Trü- bung nennen, welche ^/g bis Vjo Procent Schwefelsäure in diesen Säuren entspricht: also das Eintreten einer deutlichen Opalisirung nach längerer Zeit, etwa nach einer Viertel- oder halben Stunde. Diese Annahme der Logik widerspricht aber andrerseits aller Wahrscheinlichkeit, wie sich nicht nur aus der einfach- sten Ueberlegung, sondern auch aus dem Vergleich der Be- deutung derselben Erscheinungen bei andern Körpern ergiebt. Denn legt man die gleiche Reactionsstärke der Prüfung des Jodkaliums zum Grunde, so bedeutet sie hier nach mei- nen Versuchen, dass das Jodkalium noch nicht ^so Procent schwefelsaures Kali (etwa ^/^qq Procent Schwefelsäure) ent- E. Blitz, Arzneimittel. 151 halten darf, indem schon bei ^^q Procent schwefelsaurem Kali in der Lösung solchen Jodkaliums (1 : 20) durch Chlorba- ryum nach 2 Minuten eine sichtbare, allmählig noch zuneh- mende Opalisirung erfolgt! Und doch sollte man meinen, dass beim Jodkalium eine grössere Licenz obwalten dürfte, als bei den genannten zwei Säuren, die sicherlich dieselben sind, welche überall in den Pharmacieen zugleich als Eeagen- tien dienen, (Zum Glück ist diese Licenz bei dem Jodkalium nicht nöthig, man erhält es ja im Handel so rein, dass es mit Chiorbaryum überhaupt keine Eeaction giebt). Bei solchen Widersprüchen bleibt nun nichts übrig, als dass wir an der Hand von Thatsachen den Boden zu gewin- nen suchen, auf dem sich die Gesetzgebung zu sachgemässen und unzweideutigen Bestimmungen entwickeln kann. Die nachstehenden Betrachtungen und Experimente können viel- leicht dazu führen. Jedes Lehrbuch der Analyse sagt uns, dass das Chior- baryum ein schärferes Eeagens auf Schwefelsäure ist, als der salpetersaure Baryt, und dass man sich des letzteren nur bedient, wenn es sich darum handelt, nicht Chlor in die Flüs- sigkeiten zu bringen. Dann geben die Bücher auch wohl noch an, dass der schwefelsaure Baryt in verdünnter Salpe- ter- und Salzsäure etwas löslicher sei, als in "Wasser, dass aber die Essigsäure diese lösende Kraft nicht besitze ; betreffs alles !S(äheren jedoch, wie dies für die pharmaceutischen Streit- fragen doch so wichtig wäre, lassen uns die Bücher im Stich, und wir sind ganz auf eigene Versuche angewiesen. Diese Versuche, denen auch die bereits oben gemachten Angaben und Schlussfolgerungen entnommen sind, habe ich in ziemlich erschöpfender Weise angestellt; ich will die wichtigsten derselben hier kurz mittheilen, und dann noch einige fernere Schlüsse für die Praxis aus ihnen ableiten. Zu diesen Versuchen zog ich zunächst die Salz- und Salpetersäure, von den schwächeren Säuren die Essigsäure, Phosphorsäui'e und Weinsteinsäure, von den Salzen den Sal- miak und das Kochsalz, das salpetersaure Natron, das reine kohlensaure Kali mit Salpetersäure schwach übersättigt, und 152 E. Biltz, Arzneimittel. endlich cssigf?aures Natron und Jodkalium heran. Die Stoffe wurden im Verhältniss 1 : 20 in Wasser gelöst (die Säuren wurden so verdünnt, dass 1 Theil wasserfreie Säure in 20 Th. Flüssigkeit enthalten war, was mit der zur officiellen Prüfung vorgeschriebenen Verdünnung ziemlich übereinstimmt), und diesen Flüssigkeiten je V50 . V20» Vio, Vö» '/ö. 1 Procent der Substanz theils schwefelsaures Kali, theils Schwefelsäure zu- gesetzt; hatte ich also 1,0 Salmiak genommen, so setzte ich zuerst 7^0 Procent d. h. 0,0002 schwefelsaures Kali hinzu u. s. w. Ich stellte auch Normalflüssigkeiten her, welche in 20,0 Wasser dieselben Mengen schwefelsaures Kali oder Schwefelsäure enthielten , ohne Gegenwart von Salzen oder Säuren. Zu 20 g. der so hergestellten Flüssigkeiten setzte ich nun einestheils Chlorbaryum, anderntheils salpetersauren Baryt je 5 bis 6 Tropfen der officiellen Lösung hinzu, und erhielt folgende, kurz zusammengefasste Resultate, Die Normalflüssigkeit gab bei ^50 Pi'ocent schwe- felsaurem Kali (= Yjqo Procent wasserfreier Schwefelsäure) mit beiden Reagentien bei einer halben Minute, bei ^20 ^^^' Cent innerhalb ^4 his ^2 Minute, bei ^/lo Procent fast sofort, bei Yg Procent sofort, bei ^5 Procent während des Eintröpfeins eine Opalisirung, welche sich allmählich verstärkte, und in den beiden letzten Fällen bis fast zur ündurchsichtigkeit ging. Ein Vorzug des Chlorbaryum's zeigte sich nur in den ersteren Fällen deutlich, in diesen trat die Opalisirung durch Chlor- baryum immer um ein Geringes früher ein, als durch salpe- tersauren Baryt, Im Gegensatz zu diesen scharfen Beactionen, gaben Acid. hydrochloric, und nitricum bei ^loo ^^^ Vio Procent wasserfreier Schwefelsäure auch nach stundenlangem Stehen keine zuverlässig sichtbaren Reactionen, nur die Salz- säure zeigt bei ^lo Brocent mit Chlorbaryum einige Opali- sirung, mit Salpeters. Baryt erst bei I72 Stunde deutlich. Erst bei ^5 Procent traten die Reactionen etwas früher ein, und bei Vg Brocent innerhalb 10 Minuten, wobei überall das Chlorbaryum weit früher reagirte, als der Salpeters, Baryt, E. Biltz, Arzneimittel, 153 auch gab die Salzsäure etwas bessere Besultate als die Sal- petersäure, Diese ausserordentlich negativen Resultate Hessen mich grössere Mengen des Eeagens versuchen, die eigentlich doch nicht noth wendig sein sollten, und von denen ebenfalls nirgends die Rede ist: und allerdings gab dann sogar die Salpetersäure bei ^[^^ Procent Schwefelsäure mit 20 Tropfen Chlorbaryum schon bei 2 Minuten, mit 40 Tropfen salpeter- saurem Baryt bei einer Viertelstunde eine sehr gute Reaction. Acid. acetic. , phosphoric.,tartaric. gaben dagegen schon bei ^loö ?rocent wasserfreier Schwefelsäure innerhalb einer halben Minute, bei Yso I*focent bei ^4 Minute, bei Y20 Procent fast sofort, bei Yio I*rocent sofort eine Opalisirung, welche sich wie bei der ü^ormallösung verhielt. Bei der Weinsteinsäure traten die Reactionen etwas träger ein, als bei den beiden anderen Säuren. Die schwachen Säuren verhaften sich also gerade so, wie die I^ormalflüssigkeit , und ebenso verhält sich l!fatrum a Ceti cum. Wiederum aufwärts folgt dann Kalium iodatum, in welchem Y20 I*i'Ocent schwefeis. Kali erst bei einer Minute, und Natrium chloratum, in welchem Y20 JProcent schwefeis. Kali erst bei 2 Minuten angezeigt wird. Bei weitem mehr verhindern Ammon. chloratum und Natr. nitricum die Ausscheidung, in denen Y50 I'roc. schwefeis. Kali erst innerhalb einer Viertelstunde, Y20 I*foc. innerhalb 10 Minuten, Yio ^^oc. bei einer Minute erkenn- bar sind. Am meisten unter den Salzen verhindert Kali carbon. p u r. , durch Salpetersäure sehwach übersättigt , die Barytreactionen, denn bei Y50 ^^^ V20 ^^oc. schwefeis. Kali war innerhalb 1 — 2 Stunden gar keine Reaction sichtbar, erst bei Y5 Proc. durch Chlorbaryum nach 5 — 10 Minuten, durch salpetersauren Baryt nach einer Stunde, endlich bei Y2 Proc. auch durch salpeters. Baryt innerhalh 5 Minuten. Aus diesen Yersuchen muss man offenbar folgende Schlüsse ziehen: 154 E. Biltz, Arzneimittel. 1. Das Chlorbaryum ist in allen Fällen ein schärferes Reagens, als der salpetersaure Baryt, welcher am Entschie- densten in salpetersauren Flüssigkeiten zurücktritt. 2. Verschiedene Mengen der zugesetzten Eeagentien geben besonders in den difficilen Fällen bedeutend verschiedene Resultate. 3. Das Eintreten der Reaction wird unter absolut gleichen allgemeinen Verhältnissen durch verschiedene Stoffe in ausser- ordentlich verschiedener Weise aufgehalten oder verhindert. 4. Das Urtheil über die Bedeutung einer Barytreaction erfordert desshalb die genaueste Berücksichtigung dieses Ver- haltens, nach welchem die Stoffe in bestimmte Gruppen getheilt werden müssen, 5. Die Entscheidung erfordert Zeit, und muss nach dem Maasse derselben getroffen werden. Durch vermehrten Zusatz an Reagens, weit über die übliche Menge hinaus, werden in den difficilen Fällen die längsten Fristen bedeutend abgekürzt.*) Es wird nun darauf ankommen , diese Schlüsse für die pharmaceutische Praxis zu verwerthen. Sehen wir aber zuerst, wie sich unsre Pharmacopöe zu der Sache stellt. Die Pharmacopöe bedient sich als Reagens sowohl des Chlorbaryums , als des salpetersauren Baryts, und lässt das empfindlichere Chlorbaryum doppelt so concentrirt anwenden, als den salpetersauren Baryt, der noch ausserdem durch seinen geringeren Baryumgehalt zurücksteht; sie fordert also in den Fällen , in welchen sie das Chlorbaryum vorschreibt , eine *) Z. B. für den Zweck der Eevisionen , während man sich bei Müsse die Gewissheit durch langes Abwarten verschaffen kann. Absolute Gewiss- heit über die Anwesenheit äusserst geringer Mengen Schwefelsäure erhält man wohl nur durch Abdampfen der ßeactionsflüssigkeit, namentlich bei den starken Säuren und bei Salmiak, bis zur Trockne und Wiederaufnahme des Rückstandes in Wasser. Der hierbei ausgeschiedene schwefelsaure Baryt löst sich nun nicht wieder auf; ich erinnere hierbei nochmals an meine frühere Mittheilung, dass und warum das meiste jetzt im Handel vorkommende Ammon. chlorat. puriss. eine durch schwefelsauren Baryt trübe Lösung giebt, E. Biltz, Arzneimittel. 155 bedeutend grössere Eeiiüieit. Sie lässt dabei ebensowohl in Salpetersäuren Flüssigkeiten durcb Chlorbarj^um , als in salz- sauren durch Salpeters. Baryt prüfen, und beweist dadurch, dass sie gewisse Stoffe bestimmt durch Chlorbaryum, andere bestimmt durch Salpeters, Baryt geprüft, und die ersteren daher strenger, die letzteren milder beurtheilt sehen will. Dies ist auch thatsächlich begründet bei Essigsäure, essigs. Ammoniak und Kali u. s. w, gegenüber der Citronensäure, Phosphorsäure und Weinsteinsäure, es passt aber nicht auf Salzsäure gegenüber der Salpetersäure. — Die Pharmacopöe modificirt ferner ihre Forderungen in beson- deren Fällen durch eine nähere Bezeichnung der Stärke der Reacticnserscheinung , womit sie offenbar ebenfalls dem spe- ciellen Bedürfniss entsprechen will. Was sie aber ganz unberücksichtigt gelassen, und worauf sie in keinem einzigen Falle einen Werth gelegt hat, das ist die Zeit, innerhalb welcher die beschriebene Eeaction eintreten soll, ein Umstand, der nach meinen Versuchen unbedingt in Betracht gezogen werden muss. Ich will nur ein einziges Beispiel dafür anfüh- ren, dass die Forderungen der Pharmacopöe bei unzweifel- haft gleichen grundsätzlichen Ansichten über die nöthige Rein- heit zweier Stoffe doch durch das Eesultat der vorgeschrie- benen Beactionen zu ausserordentlich verschiedenen werden. Solche zwei Stoffe sind z. B. Kali aceticum und Kali carbon. pur. (oder bicarbonicum), die wohl in gleichem Maasse relativ rein und frei von Schwefelsäure sein können und sollen, die aber nach der Pharmacopöe — und gewiss gegen die Absicht derselben — von ausserordentlich verschiedener Eeinheit ver- langt werden, verlangt sage ich, weil der gleiche Ausdruck für die Beactionserscheinung der beiden eine ganz verschiedene Bedeutung hat. Denn soll sich die Lösung des Kali aceticum durch Chlorbaryum nicht sofort verändern, so muss das Salz weniger als ^/go Procent schwefeis. Kali enthalten, wogegen die gleiche Bedingung für das kohlensaure Kali, in salpetersaurer Lösung durch salpetersauren Baryt geprüft, reichlich ein halbes Procent gestattet. Es liegt dies eben daran, dass die Ausscheidung des schwefeis. Baryts durch Essigsäure und ihre 156 E. Biltz, Arzneimittel. Salze gar nicht, durch die saure salpetersaure Lösung des kohlensauren Kalis aber ganz ausserordentlich verzögert wird, und dass diese Zeitverhältnisse in der Pharmacopöe nicht berücksichtigt worden sind. Um nun diese Widersprüche und Ungleichheiten in unserem Gesetzbuche künftig vermeiden zu helfen, erlaube ich mir auf Grund der mitgetheilten Versuche, und der daraus gezogenen Schlüsse die folgenden Vorschläge, welche, wie ich ausdrücklich bemerke, nur den pharmaceutischen Verhältnissen dienen sollen, indem sie zu einer ebenso zuverlässigen, als schnellen Beurtheilung der pharmaceu- tischen Reinheit der Stoffe führen. 1. Man wende nur eine Barytlösung als Reagens an, um zu vermeiden, dass durch Nichtbeachtung des verschiedenen Werthes der beiden jetzt vorgeschriebenen Lösungen, oder durch ihre Verwechslung unzutreffende Ansprüche gemacht werden. Je einfacher die Gesetzgebung, um so besser ist sie. Man sollte sich überhaupt nur durch zwingende Gründe bestimmen lassen, die Zahl der Reagentien zu vermehren (was z. B, auch für die Auffindung des Jod s gilt , worüber beim Bromkalium), und lieber für das eine Reagens die nöthigen Ab- weichungen beim Gebrauch ermitteln und vorschreiben. Ich empfehle für die pharm. Verhältnisse die Anwendung des Salpeters. Baryts, dessen Empfindlichkeit in den meisten Fällen genügt, und in den difficileren, theils durch vermehrte Menge, theils z. B. bei der Prüfung der Salpetersäure durch Zusatz von etwas Salzsäure bedeutend gesteigert werden kann. Jedenfalls ist das Chlorbaryum in den kritischen Fällen eben- falls schwach genug, um genaue Bestimmung für die Zeit seiner Wirkung zu verlangen; und ist desshalb weder ein- facher, noch sicherer. Ausserdem kann bei negativem Erfolg der Barytreaction dieselbe Flüssigkeit sogleich zur Prüfung durch Silberlösung dienen, was in den meisten Fällen sehr erwünscht ist. 2. Man entscheide sich für ein allgemeines Verdün- nungsverhältniss des zu prüfenden Stoffes, man bestimme E. Biltz, Arzneimittel. 157- die Meng-e des Reagens in besonderen Fällen, und über- all die Zeit, innerhalb -welcher keine Eeaction eintreten darf. Ein Verdiinnung-sverhältniss ist in der Pharmacopöe für die Reactionen auf Schwefelsäure nur bei Acid. acetic, hydrochlor. , nitric, Chinin, hydrochloi',, Eerr. chlorat. und oxyd. fuscum, Natr. acetic. und bicarbonic. , und für Zinc. lactic. angegeben. Es muss dies aber überall geschehen, und ich empfehle hierzu das Lösungsverhältniss 1 : 20; die ■Verdünnung- der Säuren in der Art, dass 1 Theil wasserfreie Säure in 20 Th. Flüssigkeit enthalten ist, ebenso 1 Theil kohlens. Kali zum Gesammtgewicht von 20 Theilen super- saturirt u. s. w. 3. Man gebe den gesetzlichen Reactionen möglichst die Grundlage einer nach Procentzahlen bestimmten Reinheits- forderung, wie sie jetzt noch nicht überall durchsichtig ist. ISTehmen wir diese Grenzzahl im yorliegenden Falle auf Grund der allgemeinen Beschaffenheit bester Handelswaare, so wie in Rücksicht auf die medicinische Bedeutung der Ver- unreinigung durch Schwefelsäure oder schwefelsaure Salze (die hier freilich nicht so in's Gewicht fällt, wie die der Jod- säure im Jodkalium) auf 7io I'rocent an, so könnten nach meinen Versuchen die Forderungen etwa folgendermassen lauten : Erste Gruppe: Acid. acetic, phosphoric, tartaric., Kali acetic, Kali carb. pur, mit Essigsäure übersättigt, Natr. acetic, Kalium iodatum etc.: 20 g. der wässrigen Lösung (1 : 20) dürfen durch 5 bis 6 Tropfen der officiellen Salpeters. Barytlösung im ersten Augenblick nicht verändert werden; ^/jo Procent der Verunreinigung giebt nämlich die Opalisirung schon, während man behufs Mischung gelinde umschüttelf:, ^20 Pi'ocent aber nicht. Zweite Gruppe: Ammon. chlorat, TyTatr. chlorat., K"a- trum nitricum etc.: 20 g. der wässrigen Lösung (1 : 20) dürfen durch 5 bis 6 Tropfen der offic. Salpeters. Barytlösung innerhalb 2 Minuten nicht verändert werden: es wird dadurch ebenfalls ^lo I*rocent Verunreinigung durch schwefeis. Salzq ausgeschlossen. 158 E. Biltz, Arzneimittel. Ferner: Aeid, nitric. im Verhältniss von 1 Tliell was- serfreier Säure auf 20 Th. Flüssig-keit verdünnt: 20 Gramm hiervon dürfen nach Zusatz von 1 Gramm Salzsäure und 40 Tropfen der offic. Salpeters. Barytlösung innerhalb 5 Minuten nicht verändert werden: es wird dadurch ebenfalls Y^^ Proc. Schwefelsäure ausgeschlossen. In dieser Weise lässt sich auch mittelst des salpeter- sauren Baryts alles Wünschenswerthe erreichen, besonders mache ich darauf aufmerksam, dass man die kohlensauren Salze und auch andre Stoffe durch Essigsäure saturiren resp. aufnehmen lassen muss, und nicht durch Salpetersäure oder Salzsäure. Man verringert dadurch schon wesentlich die Zahl der Stoffe, für welche besondere Bestimmungen nöthig sein würden. 4. Man verlasse für die Barytreactionen das Wort Trü- bung, und nehme statt dessen das Wort Veränderung an , womit gesagt sein soll , dass die Flüssigkeit nach Zusatz des Reagens unverändert klar bleiben muss. Möchte ich nämlich schon im Allgemeinen jede deutliche Opalisirung für eine Trübung im Sinne der Pharmacopöe gehalten wissen (wie oben dargelegt), so dürfte dies ganz besonders in Betreff der Barytreactionen als richtig zu erachten sein, deren eigen thümliche Durchsichtigkeit in den meisten Fällen erst dann in eine wirkliche Undurchsichtigkeit der Flüs- sigkeit übergeht, wenn die pharmaceutische Grenze der Rein- heit längst überschritten ist. Diese volle Undurchsichtig- keit als Bedeutung der officiellen Trübung würde daher mei- nes Ermessens eine viel zu weit gehende Nachsicht üben, und so sehr ich auch im Allgemeinen für eine mildere pharma- ceutische Anschauung betreffs der Reinheit der Präparate ein- trete, wie meine Arbeiten zu Gunsten derselben beweisen, so halte ich es doch eben so sehr für meine Pflicht, alles Erreich- bare von uns zu verlangen, und im Puncte der Nachgiebig- keit gegen die chemischen Fabriken nur der Nothwendigkeit zu weichen. Es hiesse doch in der That die pharmac. Chemie auf einen sehr niederen Standpunkt zurückführen, wollte £. Blitz, Arzneimittel. 159 man z. B. bei der Prüfung des Kali nitric, chloric, Natr. nitric. auf Chlor mit der Licenz bis zur wirklichen Trübung prüfen, während es nur grobe Nachlässigkeit ist, wenn diese Stoffe, deren Reinigung so erstaunlich leicht und billig ist, überhaupt noch auf Silberlösung reagiren. Desshalb trete ich unbedingt dafür ein, dass in allen diesen Fällen das zweifel- hafte Wort Trübung verlassen, und statt dessen Veränderung gesetzt werde, während es für die übrigen Fälle, wo es unentbehrlich ist, in einem der Reagentientabelle beizugebenden Normativ unzweifelhaft definirt, und nach seinen Abstufungen an bestimmten Experimenten erläutert werden müsste. Was die bereits jetzt eingeführten derartigen Ausdrücke betrifft, so halte ich ^,ne mutetur" für die strengste For- derung, gleichbedeutend mit „minime turbetur", d. h. die Flüs- sigkeit darf nicht verändert, darf durchaus nicht getrübt wer- den, sie muss bleiben, wie sie war. In zweiter Linie steht alsdann die Forderung ,,ne turbetur" mit der ünter- abtheilung paullum modo turbetur, und in dritter Linie das „ne praecipitetur , gleichbedeutend mit „ne nimis turbetur," also die IJnzulässigkeit einer sofort sichtbaren, die Un- durchsichtigkeit der Flüssigkeit bedingenden Auscheidung. Kaum wird es endlich zu umgehen sein (was ich auch schon früher angedeutet habe), dass man hierbei über das Volumen der sog. Reagirgläser eine Bestimmung trifft, wenn- gleich ich auf diesen Punct kein all zu grosses Gewicht lege. Sowohl der Gebrauch der allerdünnsten Eeagircy linder, als andrerseits der der Bechergläser möchte wohl zu den Abnor- mitäten gehören, wenn man nicht Absicht dahinter suchen will. Innerhalb der üblichen Grössen jedoch ist nur ein ge- ringer Unterschied bemerkbar. So gab mir ,1,0 Chlornatrium, mit 0,000.5 schwefeis. Kali (Y20 Procent) versetzt, und in 20,0 Wasser gelöst, auf Zusatz von Salpeters, Barytlösung in Eeagircylindern von 1,8 und 1,2 Cm. Durchmesser eine zu gleicher Zeit erkennbare, gleichstarke und gleichmässig wach- sende Opalisirung; diese Beaction, welche bei dem genannten Verdünnungsverhältniss 1 : 20 bei 2 Minuten begann, und bei 5 Minuten als deutliche Opalisirung erschien, trat bei dem 160 Qualitative u. quantitat. Untersuchung d. chromsaur. Blcioxydes etc. Verdünnungsverhältniss 1 : 40 erst nach 10 Minuten als zweifelhafte, und erst nach ^/^ Stunde als einigermassen deutliche, äusserst schwache Opalisirung- auf. — Immerhin mag aber eine Bestimmung getroffen werden , dass zu den officiellen Reactionen nur Reagircy linder von 1 bis 2 Cm. Durchmesser benutzt werden sollen. Möge die etwas weitläufige Behandlung einer scheinbar ganz einfachen Sache dadurch entschuldigt werden , dass die gesetzgeberische Form für dieselbe weder leicht zu nehmen, noch leicht zu finden ist. (Fortsetzung folgt.) Erfurt den 2. Februar 1874. B. Monatsbericht. Qualitatire und quantitatiye Untersuchung des chrom- sauren Bleioxj des auf Verfälschungen. Die hauptsächlichsten Verfälschungen des als Chromgelb, Chromorange, Chromroth im Handel vorkommenden chromsau- ren Bleioxydes bestehen in schwefelsaurem Bleioxyd und schwefelsaurem Baryt, ausser dem auch noch in Gyps und Kreide. Um sie festzustellen, und ihre Mengenverhältnisse zu bestim- men, empfiehlt C. Wittstein folgenden Gang der Unter- suchung : I. Qualitative Untersuchung. a) Man übergiesst in einem Glaskölbchen 1 g. der Farbe mit 7 g. reiner Salzsäure von 1,12 spec. Gew. Ein dadui'ch entstehendes Brausen zeigt Kohlensäure, resp. Kreide, an. b) Man erwärmt hierauf, und zwar so lange, bis der etwa verbliebene Satz völlig weiss erscheint und nicht wieder ver- schwindet. Nun setzt man 1 g. Weingeist vom 90 7o hinzu, fährt mit dem Erhitzen fort, bis die anfänglich gelbe Farbe der Lösung in eine rein grüne, (d. h. bis die Chromsäure vollständig in Chromchlorid) übergegangen ist, fügt dann noch 100 g. Wasser hinzu, filtrirt, sammelt den Niederschlag im Eilter und wäscht ihn so lange aus, bis die ablaufende Flüs- sigkeit nicht mehr sauer reagirt, und, wenn sie anfangs durch Baryumchlorid getränkt ward, eine solche Trübung nicht mehr Qualitative u. quantitat. Untersuchung d. cliroms^ur. Bleioxydes etc. 161 giebt Der nunmehrige Inhalt des Filters ist schwefelsaurer Baryt oder Schwerspath. c) Hatte das Filtrat eine ßeaction auf Schwefelsäure gegeben, so ist diese entweder an Bleioxyd oder Kalk, oder an beide gebunden. d) Man giebt zu dem Filtrate 1 g. krystallisirtes schwe- felsaures Natron, rührt bis zum Verschwinden desselben um und stellt in die Euhe. Ein dadurch erzeugter feiner weisser Niederschlag besteht aus schwefelsaurem Bleioxyd. e) Das schwefelsaure Bleioxyd wird abfiltrirt, das Filtrat mit Ammoniak im Ueberschuss versetzt, wodurch alles Chrom als Oxydhydrat herausfällt, und nach Beseitigung desselben Oxalsäure hinzugefügt. Eine dadurch erzeugte Trübung rührt von Kalk her. II. Quantitative Untersuchung. 1) Verfälschung mit schwefelsaurem Baryt. Man verfährt ganz so, wie in I a und b angegeben ist, wägt den schwefelsauren Baryt nach dem Glühen, und findet aus dem Verluste die Menge des chromsauren Bleioxydes. Will man zur Controle auch dieses durch Wägung be- stimmen, so fällt man aus der vom schwefelsauren Baryt abfiltrirten Flüssigkeit das Blei durch schwefelsaures Natron, und berechnet aus dem geglühten Niederschlage das Bleioxyd. Ferner fällt man aus der vom schwefelsauren Bleioxyde getrennten Flüssigkeit das Chromoxyd durch Ammoniak und berechnet aus dem geglühten Niederschlage die Chromsäure. 2) Verfälschung mit schwefelsaurem Bleioxyd. Man erhitzt in einer PorceHan schale 1 g. der Farbe und kry- stallisirtes kohlensaures Natron 2 g. mit 50 g. Wasser unter Umrühren und Ersetzen des verdunsteten Wassers eine halbe Stunde lang. Dadurch tritt alle Chromsäure und Schwefel- säure an das Natron, und das Bleioxyd scheidet sich aus (anfangs als Carbonat, welches aber bald in schmutzig ziegel- rothes, wasserfreies Oxyd übergeht), sammelt dieses in einem Filter und wäscht es aus. Es' kann als Controlobject nach dem Trocknen und Erhitzen bis nahe zum Glühen gewogen werden. Die vom Bleioxyd getrennte alkalische Flüssigkeit wird mit Salzsäure stark übersättigt, die Schwefelsäure durch Baryumchlorid gefällt, und aus dem erhaltenen schwefelsauren Baryt die Schwefelsäure , resp. das schwefelsaure Bleioxyd berechnet. Der nach Abzug des letzteren von 1 g. der Farbe übrig bleibende Rest ist chromsaures Bleioxyd, der hier erhal- AxfHx, d. Pharm. II. Bds. 2. Hft. 11 162 Qualitative u. quantitat. Untersuchung d. chromsaur. Bleioxydes etc. tene schwefelsaure Baryt hat fast immer ei:ien Stich in's Gelbliche, herrührend von adhärirendem chromsaurem Baryt, welcher sich durch Waschen mit Wasser nicht entfernen lässt, aber so äusserst wenig beträgt, dass er bei solchen Untersuchungen vernachlässigt werden kann. Will man ihn indess ganz weiss haben, so rauss er nach dem Auswaschen noch einmal mit heisser Salzsäure behandelt werden. — Als zweites Controlobject kann die vom schwefelsauren Baryt abfiltrirte Flüssigkeit dienen, weiche noch alle Chromsäure enthält. Man versetzt sie mit einer neuen Portion Baryum- chlorid und sättigt hierauf genau mit Ammoniak, wodurch die Ohromsäure als chromsaurer Baryt herausfällt. Die Flüs- sigkeit muss jetzt völlig farblos sein, im andern Falle wäre noch ein Zusatz von Baryumchlorid nöthig. Der chromsaure Baryt wird nach dem Glühen gewogen. 3) Verfälschung mit schwefelsaurem Kalk. Man kocht 0,5 g. der Farbe mit 100 g. Wasser, unter zuwei- ligem Ersetzen desselben, ^/g Stunde lang, filtrirt, wäscht den Rückstand aus, bis die ablaufende Flüssigkeit sich mit Ba- ryumchlorid nicht mehr trübt, trocknet, glüht schwach und wägt ihn. Was er weniger wiegt, als das in Arbeit genom- mene Quantum Farbe, ist schwefelsaurer Kalk, der aber als SO^O^r + 2 0H2 in Eechnung zu bringen ist, da man wohl nie gebrannten, sondern den gewöhnlichen wasserhaltigen Gyps der Farbe zumischen wird. Der Gyps kann natürlich auch für sich im Filtrate durch Eindampfen zur Trockne oder durch Ausfällen seiner Schwefelsäure mittelst Baryumchlorid bestimmt werden. 4) Verfälschung mit kohlensaurem Kalk. In einem Kohlensäure - Apparate behandelt man 1 g. der Farbe mit 5 g. Salzsäure von 1,12 spec. Gew., erfährt durch den entstandenen Gewichtsverlust die Menge der vorhandenen Kohlensäure, und berechnet daraus die des kohlensauren Kalkes. 5) Verfälschung mit schwefelsaurem Baryt, schwefelsaurem Bleioxyd, schwefelsaurem und kohlensaurem Kalk. Man kocht, wie in Nr. 2 in einer Porcellanschale 1 g. der Farbe mit 2 g. Soda und 50 g. Wasser unter Umrühren und Ersetzen des verdunsteten Wassers eine halbe Stunde lang, filtrirt, sammelt den Absatz im Filter, wäscht ihn völlig aus, spült ihn in die Schale zurück, löst ihn bei sehr massi- ger Wärme in Essigsäure, fällt aus der, von etwa noch vor- handenem schwefelsaurem Baryt (erster schwefelsaurer Methode znr Bestimmung des Anthracen's. 163 Baryt) getrennten Lösung das Bleioxyd durch Schwefelwas- serstoff, sammelt das entstandene Schwefelblei auf einem tarirten Pilter, trocknet es bei 100" Os. und berechnet aus dem erhaltenen Schwefelblei das Bleioxyd. Hierauf fällt man durch verdünnte Schwefelsäure den Baryt, und nach Abschei- dung des schwefelsauren Barytes (zweiter schwefelsaurer Baryt) den Kalk durch oxalsaures Ammoniak. — Die von dem vereinigten Baryt -Bleioxyd- und Kalkniederschlage ge- trennte alkalische Flüssigkeit wird abermals, wie in Nr, 2, mit Salzsäure stark übersättigt, die Schwefelsäure durch Ba- ryumchlorid (dritter schwefelsaurer Baryt) und hierauf die Chromsäure durch Abstumpfen mit Ammoniak, nöthigenfalls unter nochmaligem Zusätze von Baryumchlorid, ausgefällt. Die Vertheilung geschieht dann in folgender Weise: da der in der Farbe enthaltene Schwerspath schon oben (als erster und zweiter schwefelsaurer Baryt) direct ermittelt worden ist, so bleiben nur noch die Mengen der Kalk- und Bleioxyd Verbindungen zu berechnen übrig. Zu diesem Zwecke bindet man die als chromsaurer Baryt erhaltene Chromsäui'e an Bleioxyd zu PbO -\- CrO^ (Chromgelb) oder 2PbO + CrO^ (Chromroth), den Best des Blei's an Schwefelsäure zu PbO + 80^, den nach Abzug dieser Schwefelsäure und der Schwe- felsäure des zweiten schwefelsauren Barytes von der Schwe- felsäure des dritten schwefelsauren Baryts verbliebenen Best, Schwefelsäure an Kalk zu schwefelsaurem Kalk mit Wasser, endlich den nach Abzug dieses Kalkes von dem durch die Oxalsäure erhaltenen Gesammtkalk an Kohlensäure. 'O'';! Gewöhnlich enthält die Fa/be noch 1 bis 3% hygrosko- pisches Wasser. Zu seiner Bestimmung stellt man in 1 g. der Farbe den beim Erhitzen bis nahe zum Glühen sich erge- benden Gewichtsverlust fest, und bringt denselben, nach Ab- zug des, etwa vorhandenem Gypse angehörenden Wasser- quahtums, als hygroskopisches Wasser in Rechnung. {Bin^Ws Tolyt. J. Bd. CGX, j?. 280). Kr. Methode zur Bestimmung des Anthracen's. Wegen der Wichtigkeit, welche eine richtige und leicht ausführbare Methode der Werthbestimniung der käuflichen Anthracene für die Alizarinfabrikation hat, stellte Luck Ver- suche an, um ein zuverlässiges Yerfahren für diesen Zweck zu finden. Dasselbe gründet sich auf die Ueberführung des 11* 164 Methode zur Bestimmung des Aathracen's. Anthracen's in Anthrachinon, Luck verfährt dabei in folgen- der Weise. Man übergiesst in einem etwa 250 — 300 CC. fassenden Kochfläschchen 1 g. der zu untersuchenden Probe mit 45 CC. Eisessig und erhitzt zum schwachen Sieden. In die klare eventuell durch Filtration von Unlöslichem getrennte Flüssig- keit trägt man darauf eine Lösung von 10 g. krystallisirter Chromsäure in 5 CC. Wasser und 5 CC. Eisessig nach und nach ein, so dass die Flüssigkeit stets im schwachen Sieden bleibt und zwischen den Eintragungen 5 — 10 Minuten Pause liegen. Es ist darauf zu achten, dass namentlich anfangs nur kleine Parthieen Chromsäure zugesetzt werden und dass man bei jedem Zusatz das Verschwinden der eintretenden Trübung abwartet. Auf diese Weise fährt man fort, bis die Flüssigkeit auch nach längerem schwachen Kochen deutlich gelb gefärbt ist, also freie Chromsäure enthält. Man misst alsdann 150 CC. Wasser ab und setzt davon unter Umschwenken 20 — 30 CC. zu , lässt ^4 Stunde stehen und fügt dann nach und nach unter Umrühren den Rest des Wassers hinzu. Nach längerem Stehen wird das gebildete Anthrachinon filtrirt und mit Wasser ausgewaschen. Es muss alsdann, wenn richtig verfahren wurde, von schön hell- gelber Farbe sein. Man wäscht es nun mit sehr schwacher Kalilauge so lange aus, bis das Durchlaufende nicht mehr gelb gefärbt erscheint und hierauf wieder niit Wasser bis zum Verschwinden der alkalischen ßeaction. Zur Entfernung des (nach dem Verf. durch die Chromsäure zugekommenen) schwefelsauren Bleioxyds digerirt man die Substanz mit einer concentrirten Lösung von essigv^^aurem Ammon. (Sollte das Kali, womit vorher ausgewaschen wurde, nicht das Bleisalz entfernt, oder, da es zumeist etwas kohlensaures Kali enthält, in Carbonat verwandelt haben? D. Ref.) Hierauf wird filtrirt (auf gewogenes Filter) und das Anthrachinon bei 100° ge- trocknet und gewogen. Wegen der nicht völligen Unlöslich- keit desselben in Essigsäure addirt der Verfasser für jede angewandte 150 CC. Wasser und 50 CC. Essigsäure 10 Miliig. hinzu. Multiplicirt man das gefundene Gewicht des An- thrachinons mit 0,856, so erhält man das entsprechende des Alizarins. {Fresenius Zeitschr. f. anal. Chemie XII, 4. 347.). Dr. F. Kältewirkungf durch. Verdampfen von Schwefelkohlenstoff eic. 165 Kältewirkung durch Verdampfen von Schwefelkohlen- stoff unter Mitwirkung der Capillarität. Taucht man nach C. Decharme ein Stück Fliesspapier 10 — 12 Cm. lang und 2 — 3 Cm. breit, mehrfach der Länge nach zusammengefaltet oder auch zusammengerollt mit seinem untern Ende in Schwefelkohlenstoff, welcher sich in einem offenen Gefasse befindet, so steigt letzterer rasch in den Poren des Papiers in die Höhe, wo er nach ganz kurzer Zeit die Höhe von 7 - — 8 Cm. erreicht. In demselben Augenblicke erscheint auf dem Papier zuerst an dem oberen Eande der aufgesogenen Flüssigkeit eine gleichmässige Zone eines weissen Eeifes, anscheinend von Erystallen, Diese verdankt ihr Dasein entweder der Condensation des atmosphärischen Was- sers oder einer Hydratbildung des Schwefelkohlenstoffs. Ihre Dicke nimmt nach und nach zu und zieht sich gleichzeitig über die untere Papierportion hinab bis auf etwa 2 Cm. ober- halb des Flüssigkeitsspiegels , wo denn das Aufsteigen des Schwefelkohlenstoffes vollständig aufzuhören scheint. Obgleich der Schwefelkohlenstoff nicht über die Zone des Reifes hinaus- geht, findet doch in dieser eine lebhafte Aspiration statt, in Folge dessen man rasch eine Menge anfangs kleiner, dann grösser werdenden Verästelungen von der Oberfläche des Papieres herauswachsen sieht. Diese Verästelungen können in ^2 Stunde die Länge von 12 — 15 mm, erreichen. Die Erscheinung nimmt ruhig ihren Fortgang, wenn der verdun- stete Schwefelkohlenstoff zeitweilig ersetzt wird und geht im vollen Sonnenscheine selbst bei -f- 35° C. kaum langsamer von statten, ja sogar das vorherige Erhitzen des Schwefel- kohlenstoffs auf 60** C. hat keinen Einfluss. Das mit Papier umhüllte Thermometer sank bei diesem Experiment von + 20° auf — 15° C. Wird das Thermome- ter ohne Papierhülle in Schwefelkohlenstoff getaucht, so fällt die Temperatur unter gleichen Umständen etwa bis auf -1- 5° C. An einen in Schwefelkohlenstoff eingetauchten Papierstreifen entsteht die Eeifzone nach 20 — 30 Secunden, nimmt ungefähr 1 Minute lang zu, um dann wieder zu schmel- zen. Wird ein dünnes Glasröhrchen mit Papier umhüllt in Schwefelkohlenstoff getaucht, so gefriert das Wasser nach dem Herausziehen in 2 Minuten. Chloroform giebt ähnliche Resultate, aber weniger leicht, Aether dagegen nicht. Beobach- tet man mit einem schwachen Mikroskop die Spitzen der Verästelungen während ihrer Entwickelung, so bemerkt man eine Bewegung, die keine Aehnhchkeit mit einer Krystallis^- 166 Vertheilung des Kali's und Natron's in den Gewächsen. tion hat, sondern vielmehr einem feuchten Teige gleicht, der sich in Gährung befindet. (Aus d. Compt. rend., durch ehem. Centram. 187 3. S. 769. Polyt. Notizbl. v. Böttger. 187 i. p. 58). C. Seh. Tertheilung des Kali's und Natron's in den Gewachsen. Eug. Peligot liefert die Fortsetzung seiner Arbeiten *) über die Betheiligung der Alkalien, des Kali's und Natron's an der Production der Gewächse, in denen er gezeigt hat, dass die Asche einer grossen Anzahl Culturpflanzen reich an Kali und frei von Natron ist. Die Abwesenheit dieses Alkali's beruhe jedenfalls nicht auf dem Fehlen der Natronsalze, beson- ders des Chlornatriums im Boden und den Düngemitteln, da sich neben diesen natronfreien Pflanzen andere entwickelten, welche einen bedeutenden Natrongehalt aufzuweisen hatten. Diese Thatsachen wurden anfangs bestritten. Man habe eingewendet, dass, wenn die Culturgewächse auf salzhaltigem Boden , z. B, in der Nähe des Meeres wüchsen, sich das Ver- hältniss ganz anders gestalten würde. Verf. glaubt jedoch bewiesen zu haben, dass das in der Asche dieser Pflanzen gefundene Natron nicht aus dem Boden stammt, sondern wegen des Natrongehalts der Luft auf der Oberfläche der Pflanzen befindlich gewesen ist. Man habe ferner geltend gemacht, das Chlornatrium s^i vielleicht wegen der zu grossen Hitze beim Veraschen ver- flogen. Auf diesen Einwurf glaubt Verf. schon geantwortet zu haben, indem er oft darauf hingewiesen, dass die Ver- aschung bei möglichst niedriger Temperatur vorzunehmen sei, selbst auf die Gefahr hin, nicht ganz weisse Aschen zu erhalten, und theilt zugleich das Resultat einiger zur Fest- stellung etwaiger Versuchsfehler angestellten Controlver- suche mit. Dieselben wurden in der Weise ausgeführt, dass man 10 g, lufttrockne Maulbeerblätter mit einer Lösung von 0,1 g. Chlornatrium anfeuchtete und nach dem Trocknen, Veraschen und Auslaugen der Asche den Chlorgehalt bestimmte. Andererseits wurde in der Asche einer gleichen Menge lufttrockner Maulbeerblätter die Menge des an Kalium *) Annal. de Chimie et de Phys. 4e Serie tXII. p. 431. t XVIII. p. 431, tXIII. p. 406. Vertheilung des Kali's und Natron's in den Gewäclisen. 1C7 gebundenen Chlor's bestimmt und gefunden, dass der, nach Abzug dieser von der oben genannten Menge, bleibende Eest an Chlor entsprach 0,1 g. Chlornatrium. Viele zu gleichem Zweck angestellte Versuche ergaben dieselben Resultate. Verf. theilt dann seine neue Arbeit mit, welche die Frage beantworten soll: „ Mnamt eine während ihrer ganzen Entwicklungszeit mit einer Lösung von Chlornatrium oder salpetersaurem Natron begossene Pflanze eine gewisse Menge IsTatron auf, und ent- zieht sie dem Boden andere Elemente als unter gleichen Bedingungen cultivirte Pflanzen derselben Art, welche entweder mit gewöhnlichem Wasser, mit Kahsalz- oder Magnesiasalz - Lösung begossen werden?" Zur Lösung dieser Frage wurde im Juli 1873 eine gleiche Anzahl Bohnen in 12 grosse Blumentöpfe gepflanzt, welche 13 bis 15 Liter fassten und 20 — 23Xo durch Um- schaufeln möglichst gut gemischte, poröse Erde enthielten. Eine summarische Analyse dieser getrockneten Erde ergab folgende Zusammensetzung : Organische Substanz 8,2 Carbonate der Kalkerde und der Magnesia 11,6 Thonerde 20,0 Sand 60,2 100,0 Dieselbe enthielt übrigens die in gewöhnlicher Garten- erde durchschnittlich enthaltenen Mengen Kali, Phosphorsäure, Eisenoxyd etc. Jeder Versuch wurde doppelt angestellt; und erhielten die Töpfe l^r. 1 und 2 jeder 10 Liter Seinewasser; ISTr. 2 und 3 je 5 Liter desselben "Wassers, welche 1 g. Chlornatrium enthielten, und später noch 5 Liter Wasser, in welchen 2 g. Chlornatrium gelöst waren; 'Nr. 5 und 6, 15 g. Chlorkalium, Nr. 7 und 8, 15 g. salpetersaures Natron; Nr. 9 und 10, 15 g. salpetersaures Kali und Nr. 11 und 12, 15 g. schwefel- saure Ammon - Magnesia. Diese verschiedenen Salze waren in den oben genannten Mengen Wassers gelöst. Von Anfang an zeigte sich der schädliche Einfluss des Chlornatriums. Die damit begossenen Pflanzen hatten gelbe Blätter und contrastirten mit den dunkelgrünen, anderen Pflanzen; die Blüthenentwicklung ging langsam vor sich, und starb eine Pfanze ganz ab. Nach dem Keimen der Bohnen waren in jedem Topfe 4 Pflanzen gelassen, und erntete man 168 Vertheilung des Kali's und Natron's in den Gewächsen. von jedem Topfe 75 — 100 g. Trockensubstanz (Stengel Blät- ter und Samen), während das Gewicht der trocknen Chlor- natrium -Pflanzen nur 55 g. betrug.*) Die Töpfe standen im Freien ohne Bedachung. Die Ernte wurde am 14. September vorgenommen. Das Gewicht der bei sehr niedriger Temperatur her- gestellten Asche betrug 10 — 14^0 der Trockensubstanz und trennte man die löslichen Substanzen derselben (Kali zuweilen Natronsalze) von den unlöslichen (Kieselsäure, Carbonate und Phosjjhate des Calciums und Magnesiums, Eisenoxyd, Man- ganoxyd und Kohle) durch Auslaugen. Folgende Tabelle zeigt die procentische Zusammensetzung der Aschen: Nr. 1 u. 2. 3 u. 4. 5 und 6. 7 und 8. 9 und 10. 11 und 12 Seinewas- Chlorna- Chlor- Salpeters. Salpeters. Schwefels. ser ohne trium. kalium. Natron. Kali. Amnion - Zusatz. Kieselsäure 7,2 15,2 13,6 10,4 12,1 13,0 Kalk 29,6 26,5 22,7 21,8 18,5 24,9 Phosphorsaure 11,2 9,5 8,5 9,2 8,2 11,2 Magnesia. Magnesia 2,0 2,4 1,6 1,5 0,9 2,0 Kohlensäure 9,0 6,1 11,8 17,1 17,8 6,9 Unlösliche Be- standtheile. Kohlensaures Kali Chlorkalium Schwefelsau- res Kali. Lösliche Be- standtheile. 41,0 40,3 41,8 40,0 42,5 42,0 Verf. saert nun: „Vergleicht man die Zahlen dieser Ana- lysen, so sieht man, dass das Verhältniss, welches zwischen löslichen und unlöslichen Bestand theilen besteht, wenig variirt; die löslichen schwanken zwischen 40 und 42,5 "/o der Asche. Dieselbe Bemerkung kann man hinsichtlich der unlöslichen Bestandtheile machen; die Unterschiede sind nicht scharf 59,0 59,7 58,2 60,0 57,5 58,0 33,0 0,6 6,6 26,5 4,5 27,2 28,3 3,4 28,2 4,7 23,8 4,7 7,4 7,2 10,1 8,3 9,6 3,5 *) In einer anderen Versuchs - Reihe keimten Bohnen , welche mit Wasser begossen waren, welches 1 p. m. Chlornatrium enthielt, selbst dann nicht, als das salzhaltige durch gewöhnliches Wasser ersetzt wurde, Vertheilung des Kali's und Natroa's in den Gewächsen. 169 genug, um daraus irgend welche Schlüsse über die Wirkung der verschiedenen Salze zu ziehen. Nichts desto weniger ist darauf aufmerksam zu machen, dass die mit schwefelsaurer Ammon- Magnesia begossenen Pflanzen nicht mehr Magnesia enthalten, als die mit reinem Wasser begossenen. Das Studium der löslichen Bestandtheile bietet dagegen grosses Interesse. Nach Verhältniss der Oberfläche der Töpfe beträgt die Menge der zugesetzten Salze, auf eine Hectare berechnet, 3000 Ko. Indessen sieht man aus der Tabelle, dass Chlornatrium und salpetersaures Natron von den Pflan- zen völlig vernachlässigt sind; keine der Aschen enthält Natron. Dagegen haben die mit den Natronsalzen begossenen Pflanzen das im Boden enthaltene Kali aufgenommen, und glaubt Verf. jenen beiden Salzen nicht alle Wirkung absprechen zu dürfen, weil sich dieselben wahrscheinlich mit anderen Basen (Kali oder Kalk) umsetzten und auf diese Weise sowohl Chlor wie Salpetersäure den Pflanzen zu Gute kämen, wie solches aus dem grossen Chlorkaliumgehalte der mit Chlornatrium begossenen Pflanzen hervorgehe. Uebrigens sei bemerkenswerth, dass die den Töpfen 5 u. 6, sowie 9 u. 10 zugesetzten Kalisalze den Gehalt der Aschen an diesem Alkali nicht merklich vergrössert haben. Für Pflanzen und Thiere finde sich die As similations - Fähigkeit wahrscheinlich auf sehr enge Grenzen beschränkt. Beide könne man nicht mehr absorbiren lassen, als sie zu ihrer Entwicklung nöthig haben. So wäre in diesen Versuchen der Boden mit der zur Vegetation nöthigen Menge Kali, Kalk, Magnesia, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Eisen, Mangan und Kieselsäure versehen gewesen, die Pflanzen hätten daher aus den Lösungen nichts aufgenommen. „Wenn das Chlor, welches sich in beträchtlicher Menge in den mit Cbloralkalien begossenen Pflanzen findet, eine Ausnahme » macht , so kann das daher kommen , " sagt Verf., dass der Boden im Anfange des Versuchs nur eine der absor- birenden Kraft der Pflanze nicht entsprechende Menge Chlor enthielt. Auch bin ich geneigt, entgegen den Forderungen, welche man aus einer sehr grossen Anzahl mehr oder weniger gut ausgeführter Analysen ziehen kann, anzunehmen, dass wenn die Düngemittel die Fähigkeit haben, hinsichtlich des Gewichts der Ernten , die landwirthschaftliche Production zu steigern, ,sie sehr wenig die Natur und Menge der Mineral- 170 Bereclinungsweise der Krystallformen. bestandtheile , welche sich in der als Individuum betrachteten Pflanze anhäufen, modificiren. Die Ansichten Chevreuls" über die ergänzenden Dünge- mittel sind den eben ausgesprochenen gleich, mit der Aus- nahme jedoch, dass für die meisten Culturgewächse das Natrium künftig in der Liste dieser Düngemittel zu strei- chen ist." Nach einer ausführlichen Beschreibung der angewendeten analytischen Methoden wirft Verf. die Frage auf, wie es komme, dass eine mit Chlornatrium begossene Pflanze das Chlor zurückhalte und das Natrium nicht absorbire? Hierüber könne man nur Hypothesen aufstellen, weil die Frage zu ver- wickelt, und das Material ■ zur Lösung derselben zu ungenü- gend sei. Nichts desto weniger dürfe man nach dem mit Chlornatrium angestellten Versuche annehmen, dass sich die- ses mit im* Boden vorhandenen schwefelsauren Kalk umsetze i.n schwefelsaures Natron, welches die Pflanze nicht aufnimmt und in Chlorcalcium , welches aufgenommen wird. Nichts beweise bis jetzt, dass das Chlorcalcium nicht eine in der Pflanzenproduction nützliche Bolle spiele, wenigstens in den kochsalzreichen und trotzdem gute Ernten liefernden Böden. Schliesslich weist Verf. noch darauf hin, dass neuerlich durch Schlösing*) das Vorkommen von Chlorcalcium in salz- und kalkhaltigen Böden in sehr klarer Weise dargethan ist. {Ännal. de chim. et de physique, Odober 1873.). Dr. F. B. Eine analoge Berechnungs- und Bezeichnungsart der tesseralen und rlioml)oedrisclien Krystallgestalten. Die Analogie der Flächenlagen beiderlei ist schon längst von Mohs, Naumann u. A. erklärt worden. Für die Berech- nung der rhomboedrischen Gestalten erweist sich nach Krejci vortheilhaft die Betrachtung derselben analog den tesseralen Formen mit Beziehung auf ein dreiachsiges System. Als eine übersichtliche, allgemein anwendbare Bezeichnungsart der Flächenlage könnten die hexoidischen Flächen mit h, die octo'i- dischen mit o und die dodecoidischen mit d bezeichnet wer- den. Die Parameterverhältnisse jeder Fläche lassen sich dann als diesen Buchstaben angehängte Indices bezeichnen. *) Compt. rend. t. LXXIII. p. 1326. Berechnmvgs-weise der Erystallformcn. 171 1) So entspricht nun das Hexaeder dem Grrun^rhomboeder und beiden gehört in Vergleichung mit dem Miller'sclien Symbole das Zeichen b = 100. 2) Dem Rhombendodecaeder entsprechen zwei rhomboedrische Formen, das E,homboeder der Polkanten d= 110 und das hexagonale Prisma der Sei- tenkanten d2 == 110. 3) Dem Eluoiid entsprechen zwei Ska- lenoeder und zwar eines der Polkanten da = n 10 und ein anderes der Seitenkanten d a = n IQ. — Für Berechnung der Indices aus gegebenen Kanten Kiin riiomboedrischen,, System gj;!^ die.Grleichung cos K = -y==Y-, wobei wenn A die Polkante des Grundrhomboeders bezeichnet, F = .aa^i -f bbi -ir cci — i(bic + bei) ^ (^c^a + cai) ' ; :-\(aMi -}-abi)] cos'A. '' ; &••=- a^-^b^ + c2 — 2 (ab + bc + ca) cos A. ' . G' = a'2'4- b'2 + c'2 — 2(ä'b-+ Vc + c'a) cos A. Diese Gleichung auf die Skalenoeder da; angewendet und die schärfere Polkante mit H , die stumpfe mit D bezeichnet, erhält man cos V2 S = y^i und cos Vg D = ,^1 cos V H wobeiiE = cos 2^2 A, mithin ^? -p. = n — 1. Das- 1 COS In J-/ selbe Eesultat gilt für das Fluorid, wo A = 90°, H die Wür- felkante und D die Dodekaederkante bedeutet. Ist H = D, verwandelt sich , das Skalenoeder in eine hexagonale Pyramide der Polenkanten und dann ist n = 2. Das Symbol d2 bedeu- tet also die hexagonale Pyramide der Polkanten. Für das Skalenoeder der Seitenkanten nd giebt die obere Gleichung cos 1/ H If -p. = n. — 4. Bei der oktaedrischen Flächenlage ent- COS 12 u spricht dem Oktaeder das Pinakoid = 111 und das Ehom- boeder der Seitendecken in derselben 1 =Tll. — 5. Dem Leucitoid entspricht das Rhomboeder der Polecken in paral- leler Stellung ^jm = m 11, das Bhomboeder der Seitenecken in derselben Stellung o'^jm = 1 m T und der Skalenoeder der Diagonale b'^jm = lim — 5. Die Berechnung der ab- geleiteten Ehomboeder erfolgt, wenn ^jm, ^/n, ^/r die Ab- schnitte in den Kanten a, b, c vom Pole aus, q, a, r die demselben gegenüberliegenden Winkel zwischen der Trigo- nalaxe und der Bhomboederfläche, s . di,e Neigung der Polkan- tm gegen diese. Axe bedeutet aus der Proportion ^/m : ^/n ; If2 Bereclinungsweise der Kystallformen. sin p sin a sin r -, . , Vr = —■ — 7 — , — N- : -^ — 7 — , — \- : —■ — ? — ; — v> wobei cot. p ' sm (^ + fi) sm ((7 + fi) sm (r -{- «) ' ^ -f cot, r = 0. Pur das Leucitoid oder Rhomboeder o ^jm ist , cot. d m + 2 . ff = r, cot. e = V? cot. d, woraus r = t~ > i^- ' '^ ' cot. Q m — 1 ' dem ö den Neigungswinkel des Grundrhomboeders und q den Neigungswinkel des abgeleiteten Rhomboeders zur Trigonal- axe bedeutet. Dieselbe Gleichung hat Geltung für das spitze Rhomboeder o ^/m. Ist m = — 2 , so ist cot, 'q = ^jo d. h. das Rhomboeder verwandelt sich in das hexagonale Prisma der Seitenecken, dessen Symbol ist demnach o ^/g =121, Für das Skalenoeder der Diagonale ö ^jm ist /^ ^ = — ^ — . COS, /o -L' ^ Ist H = D^ so verwandelt sich dieses Skalenoeder in die hexagonale Pyramide der Diagonale und es ist m = 3, folg- lich das Symbol dieser Pyramide 5 ^2 = 113. — 6. Dem Galeno'id entspricht das Rhomboeder der Poleeken in verwende- ter Stellung m = mm 1 , das Rhomboeder der Seitenecke in derselben Stellung om = mml, und das Skalenoeder der Diagonale öm = m 1 m. Für das Galenoid oder das Rhom- V "j • ^ .5 1 1QA <^ot. d 2m + 1 boeder om ist p = d, r^ = 180 — r, woraus- — : , r— > '^ ' cot. T ' m — 1 ' wobei d den Neigungswinkel des Grundrhomboeders und r* den Neigungswinkel des abgeleiteten Rhomboeders zur Tri- gonalaxe bedeutet. Dieselbe Gleichung gilt für das spitze Rhomboeder om. Ist m = — 2, so ist cot. (J = cot. r^, das abgeleitete Rhomboeder ist demnach dem Grundrhomboe- der gleich und unterscheidet sich von ihm nur durch seine verwendete Stellung. Sein Symbol demnach o 2 = 212. Für das Skalenoeder der Diagonale o m gilt ebenfalls die Gleichung cos. V2 H m 1 T J. TT T% J ,^ . 1 J- , , T-v • = ?i • ist H = D, verwandelt sich dieses COS. ^12 D 2 Skalenoeder in eine hexagonale Pyramide der Diagonale, wo- bei m = 3 und ihr Symbol öS = 33T. Man sieht, dass ö3 und ö Vs dieselbe Flächenlänge haben , obwohl ihren Flächen eine verschiedene Bedeutung zukommt — 7. Dem Adaman- toid entspricht ein stumpfes Skalenoeder s = mn 1 , wobei 8 = a + V™ ^ dz V"^*^ i 1- -^^s ^^^ oben angeführten Gleichung der Kanten ergiebt sich jf ^ = — • ° ° COS. Y2 D 1 — ^ Für die weitere Bestimmung dient die Lage einer Fläche, welche die Kanten H oder E abstumpft und das Symbol Ö* m^ oder om^ hat. Für ^m^ giebt die Zonengleichung m^ = Bereclmungsweise der Krystallformen. 173 2 m .., , cot. d m^ + 2 . , -, . ■ , — ;— -, wahrend — -r— $- = -, ;; — ist, wobei sich o aus n + 1 cot. o m^ — 1 ' '^ H und D bestimmen lässt. Aus den Polkanten H und D eines jeden Skalenoeders lässt sich seine Seitenkante S bestimmen. Denn es ist für die Combinationskante des Skalenoeders mit dem Prisma d, doch cos (^/g S + 90**) = sin ^4 S = -^^ — ^=Jz — und für die Polkanten cos V? 11= -^^ — y=Jz — , cos 1/2 D= -0-=^^^, folglich cos V2 H + cos 1/2 D = y GG sin ^/g S. Ist H = D , verwandelt sich das Skalenoeder in eine hexagonale Pyramide der Polecken und es ist n = Dieselbe Gleichungen gelten auch für spitze Ska- 2 lenoeder und hexagonale Pyramiden der Seitenecken. Für die Adamantoi'de, welche die Kanten des Rhombendodekaeders zu- schärfen, giebt die Zonengleichung n = m — 1. Ein spitzes Skalenoeder , für welches n = m — 1 ist , verwandelt sich in ein zwölfseitiges Prisma, indem es die Kanten des das Rhom- bendodekaeder vertretenden hexagonalen Prisma zuschärft. Eine Zusammenstellung der analogen tesseralen und rhom- boedrischen Gestalten ergiebt also folgende IJeberBicht: Gestalten mit hexoidischen Flächen. Hexaeder Grundrhomboeder h ^100 Gestalten mit dodekaedrischen Flächen. Granatoid Fluorid Oktaeder Leucitoid Ehomboeder der Polkanten d := 110 hexagonales Prisma der Sei- tenkante dl 110 Ehomboeder der Polkanten d2 nlO hexagonale Pyramide der Pol- kante d2 z= 210 Sjjialenoeder der Seitenkante dn = nlO Gestalten mit oktoidischen Flächen. Pinakoid 111 Rhomboeder der Seitenecken Ol 111 stumpfe Rhomboeder oVm = mll spitze Rhomboeder O^m = 1ml hexagonales Prisma der Sei- tenkanten QV2 = 121 Skalenoeder der Diagonale oVm = lim iii Erze GriebhenlaTiM'"'J'-'! '•'^ hexagonale Pyramide der Dia- gonale '0I/3 = 113 Gralenoid stumpfe ßhomboeder in ver- ;' ,; ;, kehrter Stellung om := mml spitze Khomboeder in ver- kehrter Stellung om = mim verkehrtes Grundrhomboeder o2 =: ^,12 Skalenoeder der Diagonale öm =: mml hexagonale Pyramide der Dia- gonale ö3 = 331 AdamantoXd stumpfe Skalenoeder os := mnl spitze Skalenoeder os = + '^ di ^ X stumpfe hexagon.^ Pyramiden os ^ =r m — -=^— l . 1 spitze hexagon. Pyramiden os^ = m ^ 1 zwölfseitiges Prisma gs^^ = m . m — 1.1. {B-ager Sitzungsber. 1872. 1. 61— 87. Zeitschr. f. d. gesammt Naturwissensch. von Giebel. Neue Folge 1873. Bd- VII. pag. 30i.). C. Seh. yorkonunen von Bleisnlfureten und Braunkohlen in Grriechenland. Das an Blei reichste Land ist nach Landerer unstrei- tig wohl Grriechenland, obgleich jährlich für Millionen Prs. Bleiweiss eingeführt wird , könnte es doch mit seinem K.eich- thum an reinen und silberhaltigen Bleisülfureten ganz Europa versorgen und für Millionen davon ausführen. An mehr als 30 Plätzen, so wie auf den meisten Inseln des griechischen Archipels, im Peleponese, in Akarnanien Wnd auch auf den jonischen Inseln weMen viele Meilen weit ausgedehnte Ein- lagerungen von silberhaltigen Bleisülfureten aufgefunden, die sich bis unter den Meeresspiegel erstrecken. Hier und (1^ sind ^anze Lager von Bleisülfureten mit Weissbleierz über- zogen, welche beim Ausschmelzen im Grossen 40 — 50 °/q silberhaUiges Blei liefern. Auf den Inseln Seriphos, Keos, Samos und Antiparos, finden sich solche Lager von Bleisülfureten gemengt mit Zinksulfureten und GaJmei. ■,. , , .. ,1., Erze Griechenlands. ■ 175 Die Braunkohlen Grriechenlands sind nicht mit den englischen zu vergleichen. Sie scheinen ein Alter von 6 — 8000 Jahren zu haben und stammen von Pinien — Abies — -^ Platanus — Acer — Oliven — Quercus Arbutus, Andrachne und Populus - Arten ab, welches auch noch die Hauptbäume der heutigen Flora sind. Die Kohlen eignen sich zu allen häuslichen und industriellen Zwecken. C. Seh. Erze Grrieclienlands. Ueber das Vorkommen von Eisenerzen theilt Land er er mit, dass sich solche in Griechenland in grosser Menge vor- finden und dass vorzüglich Brauneisenstein und Eisenglanz in solcher Menge vorhanden, dass ganz Europa für lange Zeit seiaen Eisenbedarf daraus gewinnen könne. Zum Zwecke der Grewinnung des Metalls hat sich eine Gßsell- schaft gebildet, jedoch ist bis jetzt wegen mangelnden Stein- kohlen noch kein gutes Besultat erhalten. Nach England ausgeführte und dort verarbeitete Erze lieferten 60 — 65% gutes Eisen. Es kommt nun darauf an, was vortheilhafter ist, die griechischen Eisenerze auszuführen, oder Steinkohlen und Coakes nach Griechenland einzuführen. Ebenfalls erfreut sich Griechenland eines grossen Eeich- thums an silberhaltigen Bleierzen, die sich nach Herrn Lan- derer hauptsächlich im Pelopones , sowie auf den griechischen Inseln finden. In Griechenland selbst wird nur das Blei aus- geschmolzen und nach England und Frankreich, in weichet beiden Ländern dasselbe auf seinen Silbergehalt verarbeitet wird, ausgeführt. Es sollen 100 Pfund Blei ca. 30,0 g. Sü- ber enthalten, was einem Procentgehalt von 0,06 entspricht. Auf den Inseln Chios und Samos sind in neuester Zeit Antimonerze aufgefunden, auf Samos zugleich auch Zinkerze. Zur Ausbeutung dieser Vorkommnisse hat sich .eine Gesell- schaft gebildet, der es jedoch sehr an tüchtigen Bergbäuver- ständigen mangelt. Man sucht desshalb fremde Kräfte heran- zuziehen und hat hierbei sein Hauptaugenmerk auf deutsche Bergbaubeamte gerichtet, denen man sehr hohe Gehälter, von 4 bis 600 Thlr. per Monat bietet. Ausser den schon angeführten Vorkommnissen schätz- barer Mineralien führt Landerer noch den sogenannten 176 Korund, seln*^ Umwandlungen und die ihn begleitenden Mineralien. Seifenthon an, von dem er glaubt, dass er als Material zur Alaun- bereitung eine Zukunft habe. Derselbe findet sich in gi'osser Menge auf der Insel Kimolis, wo er bis jetzt nur als Wasch- mittel verwandt wird. Nach verschiedenen Analysen enthält er 23 — 26 7o Thonerde und 3 — 5^0 Kali. Herr Landerer hat bei einem Versuche sehr schönen Alaun daraus erhalten. Korund, seine Umwandlungen und die- ihn beglei- tenden Mineralien. F. A. Genth veröffentlicht eine grosse Arbeit, der ich einige Notizen entnehme, bezüglich alles Näheren aber auf die Ori- ginalabhandlung verweise, da der Raum dieser Zeitschrift für einen vollständigen Auszug zu knapp bemessen ist. 1) Spinell. Die interessanteste Varietät fand sich in einem Korund von Hindostan, hat eine schwarze Farbe, körnig kry- stallinische Structur und halbmetallischen Glanz. 2) Diaspor. An vielen Fundorten des Korunds wurde Diaspor beobachtet, ohne Zweifel als Resultat der Wasser- aufnahme desselben. Diaspor findet sich bei Chester in Ame- rika in grossen Quantitäten und von ausgezeichneter Schön- heit, sonst ist er in Amerika selten. 3) Gibbsit. Dieses sehr seltene Thomerdehydrat wurde nur zweimal mit Korund zusammen beobachtet und war je- denfalls auch durch Wasseraufnahme daraus entstanden. 4) Turmalin ist einer der gewöhnlichsten Begleiter des Korunds, z. B. im Ural, auf Naxos in Griechenland u. s. w. Auf der Culsageegrube (Amerika) findet sich ein schwarzer Turmalin, welcher mehr oder weniger häufig Krystalle von weissem oder gelblich weissem Korund durch seine Masse vertheilt enthält. 5) Fibrolit, kieselsaure Thonerde, findet sich bei Cha- vagnac und Ouronze in Frankreich mit rothem und blauem Korund. 6) Kerrit, ein neues Mineral, benannt nach Prof. Kerr, Btaatsgeologen von Nordcarolina, Es ist ein an Magnesia sehr reiches Thonerdesilicat, welches neben Eisen auch noch geringe Mengen Nickel und Kobalt enthält, von grünlich - gel- ber Farbe und Perlmutterglanz. {Journ. pract. Chem. 9, 49. 1874.). a J. Prüf. d. Opiums auf sein. MorpTiingehalt. — Gerbstoffbestimmung. 177 Prüfung des Opiums auf seinen Morphingelialt. Ausser Hagen's Metliode empfiehlt C. Arnoldi nocti folgende, welche in der russischen Militärpharmakopöe fol- gendermassen beschrieben ist. 500,0 g. trockenes Opium wer- den mit 90,0 g-. dest. Wasser angerührt, nach 24 Stunden wird das Flüssige auf ein vorher gewogenes Filter gegeben, der Eest nochmals mit 90,0 g. Wasser behandelt, und nach abermals 24 Stunden auf das nämliche Filter gegossen, das Ganze so lange mit Wasser nachgewaschen, bis die ablau- fende Flüssigkeit kaum mehr gefärbt erscheint, und nicht bitter schmeckt. Der Inhalt des Filtei's muss nach dem Aus- trocknen im Wasserbade von gutem Opium nicht mehr als 200 g. betragen. Im entgegengesetzten Falle enthält es viel unauflösliche Beimischungen. Die aus 500 g. Opium erhal- tene wässrige Flüssigkeit wird im Wasserbade bis auf 150 g. eingeengt, nach dem Erkalten filtrirt und mit einer geringen Quantität (etwa 24 g.) Knochenkohle (welche zuvor durch Salzsäure und Wasser gereinigt) vermischt, durchschüttelt, abermals filtrirt, die Kohle ausgewaschen und der Flüssigkeit in geringem Ueberschusse Ammon zugesetzt. Dabei entsteht ein Niederschlag von unreinem Morphin ; während dem wird oft umgerührt, damit dasselbe sich pulverförmig und nicht krjstallinisch abscheidet, da letzteres schwieriger gereinigt werden kann. Die trübe Flüssigkeit wird an einen warmen Ort gestellt , damit das überflüssige Ammon entweiche , und der Niederschlag sich gehörig absetze. Dieser wird auf gewogenem Filter gesammelt, ausgewaschen und gewogen. Aus gutem Opium enthielt man 14- — 19% unreines Morphin, was 10 — 13,5 % reinem Morphin entspricht. {Fhat^m. Zeitsrhr. f. Bussl. 12,64:1, Chem. CentralU. 1874, 54.). Er. Neue Grerl)stoffbestinimung. Terreil gründet dieses Verfahren auf die Eigenschaft des Gerbstofis, Sauerstoff in alkalischer Lösung zu absorbiren. Abgesehen davon, dass andere organische Pflanzenstoffe dieselbe Eigenschaft haben, mithin das Resultat ungenau werde, soll das Verfahren doch praktischen Werth haben. Eine 20 mm. Durchmesser und 130 CCm. Inhalt fassende Glasröhre wird in ^2 CCm. getheilt. Der obere Theil wird mit einem Glasstopfer verschlossen und der untere aus- gezogene Theil der Röhre hat einen Glashahn. Zwischen dem Aroh, d. Pharm. TL Bds. 2. Hft, 12 178 Gerbstoffbestimniung. Hahn und dem Nullpunkte der Gradirung befindet sich ein 20 CCm. haltender Raum, in welchem ^s jPottaschenlösung von der Röhre aus oben eingezogen wird, in dem die Spitze der Röhre in die Lösung getaucht und der Hahn geöffnet und dann sofort wieder eingeschlossen wurde. 100 Miliig. der zu unter- suchenden, sehr fein pulverisirten Substanz, welche in etwas ungeleimtes Papier gehüllt ist, lässt man in die geneigte Röhre gleiten, so dass sie beim Aufrichten in die alkalische Lösung kommt. Temperatur und Luftdruck wird notirt und die Röhre indem man sie an die äussersten Enden anfasst, um jede Erwärmung zu vermeiden, umgeschüttelt. Es tritt sofort eine gelbbraune Färbung ein; man wiederholt das Um- schütteln von Zeit zu Zeit; man taucht den ausgezogenen Theil der Röhre in Wasser und öffnet vorsichtig den Hahn. Es findet eine Absorption statt; sobald die gefärbte Flüssig- keit in den ausgezogenen Röhrentheil fällt, wird der Hahn wieder geschlossen. Zuweilen bemerkt man in der ersten Zeit der Operation anstatt eines Druckes eine Ausdehnung der R-öhrenluft in Folge der Temperaturerhöhung , welche die chemische Action bestimmt. Tritt die gefärbte Flüssigkeit aus der ausgezognen Spitze, so wird der Hahn sofort ge- schlossen. Nach 24 Stunden ist der Process beendet; der ganze Apparat wird unter Wasser gesenkt, um ihm die ihn umge- bende Temperatur zu geben, dann der Hahn unter Wasser geöff'net, um die schliessliche Absorption herbeizuführen. Ist diese Absorption vollständig, so schliesst man den Hahn und liest von der graduirten Röhre die absorbirte Sauerstoff"- menge ab, indem man die Temperatur und den Druck in Rechnung bringt. Da nun nach Verf. Versuchen 100 Miliig. Tannin 20 CCm. Sauerstoff" absorbiren , so ist das Weitere leicht zu berechnen. Nach diesem Verfahren enthält nach Verf. Eichenlohe 7,20 7o- Trocknes Kastanicnextract 61,26 „ Gelbes Kinopulver 64,33 „ Berricknuss 42,19 „ Acacienschoten 40,43 „ Schwarzer 1 ri 4. i nnoA Gelber / ^^^''^''' ^^'^^ " {Rupert de Pharm, iome IL Avril 1874. p. 230). JBl, Campesclienliolztinct., e. neues ßeag. ete. — Nachw. v. Cyan in Brom. 179 Campesclienlioiztiuctur, ein neues Reagenz auf dop- peltkohlensauren Kalk und Metallsalze im Wasser. Nach Labiche giebt diese Tinctur dem Wasser, wel- ches Kalkbicarbonat enthält, eine bleibende, violette Farbe, welche bei Anwesenheit anderer kohlensaurer, und doppeltkohlensaurer Alkalien mehr roth als violett und nicht bleibend ist. Destillirtes Wasser wird mattgelb gefärbt. Werden durch Kochen die in Wasser gelösten Bicar- bonate zerstört, so giebt diese Tinctur dem erkalteten Was- ser eine röthliche, wenig bleibende Parbe. Ungekochtem Wasser so viel Kalilauge zugesetzt, dass die Bicarbonate zer- stört werden , aber das Wasser gegen Lackmuspapier indif- ferent bleibt, giebt Campeschenholztinctur eine rothe etwas violette, nicht bleibende Farbe, während ohne Kalizusatz die Farbe vorher violett und beständig war. Metallsalze, in Wasser gelöst, werden ebenfalls damit nach- gewiesen. Kupfersalze geben eine schöne Weinfarbe. Eisensalze geben eine bläulichschwarze Farbe. Zinksalze geben eine Purpurfarbe. Bleisalze geben eine dunkel violette Farbe, bei durch- lassendem oder reflectirtem Lichte wechselt die violette Fär- bung vom Blau ins Bothe. Alle diese B,eactionen sollen sehr sichtbar und selbst da eintreten, wo die gewöhnlichen Beagentien unempfindlich sind. Für eisenhaltige Wasser soll diese Tinctur besonders empfindlich sein. {Repert de Tharm. tome IL Avril 1874. p. 235.). Bl. Nachweis ron Cyan in Brom. Beine Eisenfeile wird nach Phipson mit ihrem 4 bis 5 fächern Gewicht Wasser vermischt und das , der Eisenfeile gleiche Gewicht des zu untersuchenden Broms nach und nach unter beständigem Umrühren zugesetzt. B,asch, wenn noch warm von der Fteaction, filtrirt, überlasse das Filtrat in einer leicht verschlossenen Flasche mehrere Stunden der Buhe, Bei Anwesenheit von Cyan scheidet sich Berliner Blau, welches sich gebildet hat, ab. Es soll bis zu 1 °/o vorkommen, 12* 180 Bestimmung d. Chroms etc. — Die Rockbridge Alaunquell«jji. Auf dieselbe Weise wird natürlich auch der Cyangehalt des Eisens (Stahls) nachgewiesen, (TÄe anuricain Chemist. Nr. 43. Januar 1874. p. 266.). Bl. Bestimmung des Chroms im Chromeiseiistein. Nach Mitscherlich wird dieses Mineral durch Schwe- felsäure zersetzt und beim Erhitzen gelöst. Phillips stellte Versuche an, welche Concentration die Säure haben müsse, um die Zersetzung am schnellsten zu bewirken und fand, dass eine Säure von 1,34 sp. Gew. bei 250 — 300*^ C. die besten Resultate gab. Chrom trennte er von Zink, Mangan, Eisen und Thon- erde wie folgt: 1,979 g. geschmolzenes chromsaures Kali wurden in 250 c.c. Wasser gelöst. 50 c. c. dieser Lösung (das Chrom als Cr^O^ berechnet, enthielt 0,2050 g.), wurden 0,2 g. Eisenoxyd, in Salzsäure gelöst, zugesetzt, das Ganze auf 250 c.c. gebracht, 12 g. schwefelsaures Natron zugefügt, als- dann durch kohlensaures Natron gefüllt und das Chromoxyd, durch Bromwasser bei einer Temperatur von 80 — 90° in Chromsäure übergeführt. Nach dem Filtriren wird die Chrom- säure durch Schwefligesäure reducirt und das Cr^O^ durch Ammoniaklösung gefällt, u. s. w. Es wurden Cr^O^ 1) 0,2054 g. 2) 0,2040 g. gefunden. Ist Thonerde gegenwärtig, so muss die Lösung ver- dünnter sein, und ein kleiner Ueberschuss an kohlen- saurem Natron genommen werden. Die Lösung wird beim ersten Zusatz von Brom erhitzt und das übrige der heissen Lösung zugesetzt, so dass durch längeres Erhitzen die ge- ringste Menge Cr^O^ in CrO^ übergeführt wird. {The amq- ricain Ohemist. N. 43. January 1874. p. 251. Fresenius' Zeitschr. XII. 189). Bl. Die Roekbridge ALiiiiiqii eilen. Die berühmten Quellen liegen in Rockbridge County, Va. ungef. 17 Meilen nordwestl. von Lexington in einem schmalen Thale zwischen den Mill- und Northgebirge. Die Rockbridge Alaunquelleü. 181 Es Bind 4 Quellen, deren Eecken in Schieferlager ausge- hauen sind und am Fusse des Mill - Mountain liegen. Diese Lager enthalten in grosser Menge fein zertheilte Pyrite, welche durch die Atmosphäre zersetzt werden und schwefeis. Eisen nebst freier Schwefelsäure bilden. Letztere greift dann die Schiefer an und verbindet sich mit der Alaunerde und den anderen Basen derselben , um dann von den hervorsprudelnden Wasser aufgelöst zu werden. Die Analyse fiel, je nachdem die Jahreszeit trocken oder nass war, verschieden aus. Nach- stehende Analysen wurden im Herbste nach einem trocknen Sommer ausgeführt. Eine Gallone von 231 Kubikzoll enthielt nach H ardin folgende wasserfreie Bestandtheile, in Granen ausgedrückt. Quelle I. II. III. IV. schwache schwache Arsenik Spur Spur Spur Spur Antimon desgl. desgl. Spur desgl. Schwefels. Bleioxyd Spur desgl. desgl. desgl. Kupfer 0,04024 0,04024 0,09287 0,10370 Schwefels. Eisenoxydul 1,01850 1,94443 1,75922 2,90122 „ Mangan 0,85955 0,09177 0,52511 1,37352 ' „ Nickel 0,16298 0,14062 0,23969 0,22371 „ Kobalt 0,03547 0,05432 0,08082 0,08124 Zink 0,11951 0,38906 0,20525 0,21748 „ Thonerde 32,24652 42,60887 43,95506 72,37335 - „ Kalk 1,73110 3,22302 2,63598 2,31527 „ Magnesia 0,88761 5,60586 6,37371 7,36110 „ Kali 0,17248 0,41290 0,38351 0,17586 „ Natron 0,02134 0,02748 0,02130 0,0346 .^ „ Lithion 0,01852 0,02006 0,02006 0,03241 Ereie Schwefelsäure 3,23904 3,82512 2,04041 3,06633 Kieselsäure 3,54627 3,69750 3,12807 4,38346 Chlornatrium 0,07547 0,10565 0,10565 0,14246 Phosphorsauren Kalk 0,01725 0,17251 0,20671 0,05174 Eluorcalcium Spuren Spuren Spuren Spuren Salpeters. Ammoniak desgl. desgl. desgl. desgl. Organische Stoffe desgl. desgl. desgl. desgl. Summa 43,19185 62,35936 61,77342 94,83748 feste Bestandtheile. 182 Prüfung auf Aechtheit der Farbstoffe, In einer Gallone Wasser waren folgende Gase in Ku- bikzoll. Quelle I. IL III. IV. Kohlensäure Sauerstoff Stickstoff 12,37 1,53 4,19 10,89 1,49 3,98 11,95 1,65 4,10 12,72 1,64 4,12 Im Ganzen 18,09 16,36 17,70 18,48 {The americain Chemist. Nr. 43. January 1874. .p. 247.). Bl. Prüfung auf Aechtheit der Farbstoffe. Von Prof W. Stein ist eine Schrift über Prüfung von Zeugfarben veröfTentlicht worden, aus der besonders folgende einfache Prüfungsmethoden anzuführen sind: ßothe Far- ben, Man kocht eine kleine Probe des Stoffs mit Seii'en- wasser; dieses muss ungefärbt bleiben oder sich nur schwach färben. Eine zweite Probe kocht man mit Kalkwasser. Auch dieses darf sich nicht oder nur wenig färben, ausserdem muss auf die Farbe des Stoffs geachtet werden, welche weder ge- bleicht, noch gelblich noch braun geworden sein darf. Gelb. Das ächteste Gelb ist das Krappgelb, am wenig- sten acht sind Orleans u. Curcuma. Die Prüfung besteht darin, dass man die Probe noch einander mit Wasser, dann mit Weingeist und zuletzt mit Kalkwasser auskocht. Färben sich die ersteren merklich gelb, das letztere röthlich, wobei die Farbe des Stoff's selbst in's Bräunlichrothe über- geht, so ist die Farbe unächt. Blau. Eine blaue Farbe ist nicht acht, wenn dieselbe 1) mit Weingeist gekocht, diesem eine rothe, violette, oder blaue Färbung mittheilt; 2) beim Erwäi*men mit Salzsäure und Wasser oder Weingeist die Flüssigkeit roth färbt, bez. die eigene Farbe in Roth oder Braunroth verändert. Violett. Die Prüfung für diese Farbe geschieht auf dieselbe Weise, wie bei Blau angegeben. Orangefarben. Man kocht die Stoffprobe zuerst mit Wasser aus; färbt sich dieses (gelb, rothgelb oder roth), so ist die Farbe unächt. Ebenso darf Weingeist bei gleicher Anwendung nicht gefärbt werden. Grün. Verdünnter Weingeist darf sich beim Kochen einer Probe weder grün, blau oder gelb, Salzsäure weder roth noch blau färben. Bukublätter. 183 Braun. Bei braunen Farben lässt sich als feststehend annehmen, dass sie für unächt zu halten sind, wenn sie beim Kochen in Wasser rothe, beim Stehen in Weingeist gelbe Farbe abgeben, Schwarz. Wenn man den Stoff mit Wasser und etwas Salzsäure kocht und sich die Flüssigkeit nur gelb färbt, so ist das Schwarz acht , nemlich Gerbstoff- Schwarz. Färbt sich Wasser in Salzsäure roth und geht die Farbe des Stoffs selbst in Braun oder Braunroth über, das beim Waschen gelb wird, oder auch unverändert bleibt, so ist die Farbe holzschwarz ohne Küpengrund, also ganz unächt. Geht bei dieser Behandlung die Farbe des Stoffs nur in Blau über, während die Flüssigkeit sich roth gefärbt hat, so ist die Farbe holzschwarz mit Küpengrund und relativ acht oder nicht ganz unächt. (Prüfung der Zeugfarben und Farbenmaterialien von W. Stein.) Deutsche Jkdustriez. 1873, 43.) Dingler' s Folyt J. CCX, 215). Kr. Uel)er die Bukublätter. Die unter obigen JN'amen bekannten Blätter der am Cap wachsenden Barosmaarten, hat F. A. Flückiger eingehen- den chemischen und anatomischen Studien unterworfen. Der Geruch der Blätter scheint nicht allein auf dem ätherischen Oele zu beruhen, da dasselbe in dieser Hinsicht mehr an Pfefferminze erinnert. Durch längeres Stehen in der Winter- kälte wurde aus demselben ein gut krystallisirender Kampfer erhalten, der bei 85^0. schmilzt und bei 110^ C. zu subli- miren beginnt, sich in Schwefelkohlenstoff löst und daraus in schönen If adeln krystallisirt , die Jedermann für Pfefferminz- stearopten halten würde. Die Analysen ergeben 74,08 Koh- lenstoff und 9 — 10 Wasserstoff. Das von dem Kampfer der Barosma betulina abgegossene Oel siedet nicht unter 200° und entspricht, über Natrium rectificirt, der Formel O^^^H^^O. Das rohe Oel dreht die Polarisationsebene nach links. — Das wässrige Infusum der Blätter enthält etwas Schleim und einen Körper, der wahr- scheinlich zur Classe des Quercitrins oder Eutins gehört; der Auszug wird durch Eisenoxydulsalz nicht verändert, durch Eisenoxydsalz braungrünlich gefärbt und giebt mit Kupfer- acetat einen gelben Niedersciilag, der sich in Kali löst. 184 lieber die Bukublätter, In anatomischer Hinsicht fallen an den Bukublätiern zunächst die grossen kugligen Oelräume auf. Das Blatt von Barosma betulina lässt auf seinem Querschnitt drei verschie- dene Schichten erkennen. Die breiteste derselben, die Mitte des Blattes einnehmend, ist durch Chlorophyll grün gefärbt, was bei der andern, den Raum zwischen der Chlorophyll- schicht und der untern Blattfläche einnehmenden , viel weniger der Fall ist. Eine dritte kaum wahrnehmbare Schicht erscheint als schmale ungetärbte Zone unmittelbar unter der Epidermis der oberen Blattfläche, aus welcher, im Gegensatz zur Unter- seite, keine Oelräume hervorragen. Werden die Fibrovasal- stränge, die Oxalatdrusen und das aus Cuticula und Epider- mis bestehende Hautgevvebe in Betracht gezogen, so entwirft sich ein Bild der Anatomie des Blattes, wie es für unsere Zwecke genügt, aber immerhin ist es nur eine rohe Vorstel- lung von allen den interessanten Einzelnheiten, welche das eingehendere Studium bietet. Wird ein Schnitt des Barosmablattes in Glycerin gelegt, so erhebt sich die Epidermis der Oberseite durch einen Me- chanismus , der an die Vorgänge erinnert, welche die Ober- haut des Leinsamens, des weissen Senfs, des Quittensamens etc. darbietet, wenn sie von HO durchdrungen werden. Es quel- len nemlich die zarten Wände der farblosen Cellenreihe auf, richten sich senkrecht zur Blattfläche empor und lassen einen dicken Schleim austreten, in welchem die Zellwände allmählig verschwinden. Zuerst werden im Inhalte dieser Schleimzel- len Andeutung von zarter Schichtung, wie in manchen andern ähnlichen Fällen sichtbar. Der Schleim wird durch Jod nicht gefärbt und dürfte demnach wohl als der Cellulose nahestehend betrachtet werden. Die Schleimschicht des Blattes von Barosma betulina zeigt un^ier Glycerin ganz allmählig die eben vorgetragene Entwickelung, die sich unter Wasser viel rascher hervorru- fen lässt. Die Blätter von Barosma crenulata und Barosma serratifolia sind bekanntlich weit dünner, ungefähr nur halb so dick als die hier beschriebene Art. Bei diesen dünnern Blättern lässt sich die obenerwähnte dritte Schicht unter Al- kohol kaum wahrnehmen, quillt aber in Wasser deutlicher auf Die Breite der Schleimschicht ist verhältnissmässig weit beträchtlicher in den dünnblättrigen Arten und nimmt ^/g der Breite des Querschnittes des Blattes ein. Während wir bei den Samen die Oberhaut als Sitz der Schleimbildung finden und bei den Rinden b( sondere Schleimzellen antreffen , kommt bei den Bukublättern diese Function einer ganzen Verhalten der Milch zum Lackmusfarbstoff. l85 Zellenreihe („Collenchym") im Innern zu, ohne dass dabei die Epidermis betheiligt wäre, wenn wir davon absehen, dass einzelne Zellfortsätze von dieser aus in die Schicht hinein- ragen. {Schweiz. Wochensoh\ für Iharm. XL Jahrg. pag. 433, nehst Äbhild, dazu). C- Seh. Verhalten der Milch ziiin Lackmusfarbstoff. Prof. Vogel veröffentlicht eine sehr interessante Arbeit. Ueber diese ßeaction sind die widersprechendsten Angaben gemacht. Zahlreiche Beobachter erklärten die Milch sauer reagi- rend, andere alkalisch. In neuester Zeit behauptete Sokhlet (Journ. prakt. Chem. 1872. 6, 1.), die Milch besitze eine ampho- tere Reaction, das heisst sie röthe blaues und bläue rothes Lackmuspapier. Die Erklärung findet Sokhlet in dem Umstände dass die Milch sowohl saures, al« neutrales phosphorsaures Alkali enthält. Solche Lösungen reagiren nemlich amphoter, wobei natürlich die Erkennbarkeit neutralen Alkaliphosphats neben saurem und umgekehrt ihre Grenzen hat, da sich die Heactionen gegenseitig beeinträchtigen, so dass sich minimale Mengen des einen neben sehr grossen Mengen des anderen nicht oder nur sehr zweifelhaft zu erkennen geben. Nach neuen Versuchen von Ed. Heintz beschränkt sich die ampho- tere Heaction einer solchen Flüssigkeit auf eine Violettfärbung des rothen und blauen Lackmuspapiers, Prof. Vogel bediente sich zu seinen Untersuchungen statt des Papiers der Lackmustinctur; natürlich ist zur Reactions- prüfung nur sehr empfindliche, weder Säure- noch Alkali- überschuss enthaltende Lackmustinctur zu verwenden. Als Resultat seiner bisherigen Versuche erwähnt Ver- fasser zunächst, dass er bis jetzt keine frisch gemolkene Kuhmilch angetroffen hat, welche die alkalische Reaction entschieden gezeigt, d. h. welche sogleich beim ersten Zusätze wenigstens nicht die vollkommen neutrale Lackmustinctur röthlich gefärbt hätte. Hierdurch wird indess das Vorkom- men von alkalisch reagirenden Milchsorten, welche schwach geröthetes Lackmus von vornherein bläulich färben, keines- wegs bestritten. Die durch Milch schwach geröthete Lackmustinctur nimmt durch Schütteln und öfteres Hin - und Hergiessen von einem Gefässe ins andere die ursprüngliche Farbe wieder an und geht ins Blaue über. Die entschieden alkalische Reaction 186 Berichtigung. der Milch nach dem Aufkochen oder nach dem Schütteln und Umgiessen findet in dem Umstände theilweise Erklärung, dass die frische Milch bekanntlich stets CO^ absorbirt ent- hält (nach Setschenow 5,01 bis 6,74 Volumprocente). Die alka- lische Reaction der Milch konnte Prof, Vogel auf keine andere Weise als durch vorsichtig geröthete Lackmustinctur, welche allerdings das empfindlichste Reagens ist, nachweisen. Selbst eine hellgelbe Curcumatinctur, die noch bei Vuooo'ooo ^^®^" dünnung eines Alkali bemerkbar braun gefärbt wurde, zeigte nicht die leiseste Farbenveränderung. Bei Prüfung der Milch mit dem Mohr'schen Doppelreagenspapier (Mohr, Lehrbuch der ehem. Titrirmethode 1862. S. 148) wurde vorwaltend die Blaufärbung des rothen Streifens wahrgenommen, während eine Röthung des blauen Faches weit undeutlicher, zuweilen sogar zweifelhaft auftrat. Da dieselbe Milchsorte, in verdünnte blaue Lackmustinctur gebracht, diese entschieden röthlich färbte, so erkennt man hieraus den Einfluss der verschiedenen Empfindlichkeit des Beagenspapieres und der Tinctur auf das Eintreten der Doppelreaction. Auf Vogel's Veranlassung stellte Prof. Bischoff auf dem Gute Schleisheim einige Versuche an. Es wurde die frisch gemolkene Milch von 30 Kühen mit dem Mohr'schen Bea- genspapier geprüft; nur zwei Milchsorten ergaben deutlich amphotere Reaction, die meisten übrigen dagegen neutrale oder ursprünglich deutlich saure, welche nach einiger Zeit beim Eintrocknen (Entweichen der CO^?) in die alkalische überging. {.Journ. pract. Chem. Bd. 8. S. 137. 1873.). C. J. Berichtigung. Im Aprilhefte dieses Jahres (Bd. 4,362) findet sich eine Notiz über Phosphorpräparate nach S. R. Percy aus Transactions of the american Medical Association. Herr Dr. Mehu in Paris, Apotheker am Necker- Hospital, macht darauf aufmerksam , dass diese Angaben sich nur auf Arbeiten von ihm (Journ. de pharmacie et de chimie, 4. Ser. Bd. 8. p. 37, Bd. 9. p. 13 u. 94, Bd. 11. p. 401) beziehen und so unter fremdem Namen, aus fremdem Lande wieder- kehren. Wir berichten dies um so lieber, als auch bei uns häufig derartige absichtliche oder unabsichtliche Unterlassung der Bezeichnung der eigentlichen Urheber vorkommt und danken Herrn Dr. M e h u für die freundliche Mittheilung. Redj. Bücherschau. 187 C. Biiclierschau. Gmelin- Kraut's Handbuch der Chemie. Anorg. Chemie in 3 Bänden. 6te umgearbeitete Aufl. herausgeg. von Dr. K Kraut. Heidelberg. C. Winters UniYersitätsbuchhand- lung. 1873. Ein allgemeines Urtheil über das berühmte "Werk Gmelins abg-eben, Messe etwas sehr Ueberflüssiges thun, da dasselbe von comjjetenterer Seite bereits und in der günstigsten Weise gefällt ist. Es bleibt nur übrig, fest- zustellen, wie durch die neue Umarbeitung das Buch verändert ist, und ob solche Aenderung nothwendig und gelungen erscheint. Die mit dem extensiven und intensiven Fortschritt der Wissenschaft verbundene Anrei- cherung des Materials wird hei diesem und ähnlichen "Werken an und für sich schon immer neue Auflagen erfordern, da Supplementbände auf die Dauer dem Bedürfniss nicht entsprechen. ,So ist denn auch hier in Bezug auf Einreihung des inzwischen neugewonnenen Stoffs Alles geschehen, was man von der in den früheren Auflagen bewiesenen Sorgfalt und Kritik erwarten konnte. Diese sechste Auflage aber hat ihren eigenthümlichen "Werth weniger in dem Hinzukomen neuer Thatsachen, als in der gewis- sermassen veränderten Beleuchtung , unter welcher das Gesammtgebiet überschaut werden soll. Die neue Umarbeitung ist von der dualistischen auf die monistische Anschauung des Chemismus übergegangen und die Formelschrift des Gme- lin-Kraut'schen Handbuches bedient sich zum ersten Male statt der Aequi- valentzeichen der atomistischen und befindet sich somit vollkommen auf dem Boden der neuen Ansichten. Für diese darf es als ein Triumph und für die Entwicklung der chemischen Principien überhaupt als ein Mark- stein gelten, dass für nöthig und zweckmässig befunden wurde, ein "Werk von so universaler Bedeutung in der beregten Art umzugestalten. Um einen raschen Fortgang des Erscheinens zu ermöglichen, hatte eine Arbeitstheilung stattgefunden und zwar wurde bearbeitet des ersten Bandes erste Abtheilung (allgem. Theil) von A. Naumann, bekannt durch seine wichtigen Untersuchungen vorzugsweise im Gebiet der physical. Chemie. Man findet hier die gesammte chemische Theorie, ihrem heutigen Stande gemäss , mit besonderer Rücksicht auf die in letzter Zeit ausge- bildeten Lehren von der Constitution der Gruppen und den Werthigkeiten entwickelt. Da verschiedene bedeutende Chemiker, obwohl fussend auf derselben atomistischen Grundanschauung, bezüglich der Valenz auseia- andergehen, so sind am Ende der ersten Ahth eilung die Theorien von "Wurtz, Blomstrand, Kolbe und Geuther kurz characterisirt. Blomstrand's Anschauungen liegen der Schreibweise der Formeln in dem speciellen Theile der 6. Auflage des Handbuches zu Grund|. Wir müssen auf eine selbst nur annähernd erschöpfende Zusammenfassucg der ersten, jSTaumann'- schen Abtheilung verzichten, da sie bei ihrem Umfang und ihrer Reich- haltigkeit und ferner der praecisen Darstellung keine auszugsweise Wieder- gabe verstattet und der Nutzen, den eine schematische Aufstellung des Inhalts bringt, mindestens zweifelhaft erscheint. Wir halten dagegen diese Abtheilung für so gelungen, dass sie als selbständige Arbeit kaum eine geringere Beachtung beanspruchen dürfte, wie als Einleitung zu dem un- vergleichlichen Werke Gmelins. Die übrigen Abtheilimgen und Bände haben die alte, practische Eintheilung behalten, natürlich ist das Material entsprechend der "Veränderung an den theoret. Ansichten, den neugewon- nenen Resultaten besserer Untersuchungsmethoden, vollkommen von Neuem durchgearbeitet, — wir brauchen nicht erst hervorzuheben, dass dies mit 188 Bücherschau. der dem Gesammtwerke, bei seinem ersten und lekUn Erscheinen, eigen- thümlichen Sorgfalt geschehen ist. Diese Specialbearbeitung der anorgan. Chemie ist ausgeführt- von den Herren H. Ritter, M. Jörgensen und K. Kraut, welch letzterem als dem unsichtigen und unermüdlichen Fortsetzer und zeitigen Herausgeber die besondere Anerkennung des ehem. Publikums zu Theil wird. Noch ist zu erwähnen, dass auch im Äeussern der Ver- leger (C. Winter'sche Universitätsbuchhandlung in Heidelberg) durch gutes Papier und schönen Druck das Seinige zur Beförderung des Unter- nehmens beigetragen hat. Alles in Allem darf man überzeugt sein , dass das Buch auch in seiner 6. Auflage dem alten Rufe entsprechen wird. Mainkur im Juni 1874. C. Erhart. Ueber die Einwirkung des Lichtes auf Wasser. Ein Versuch zur Erklärung der chemischen Lichtreactionen des Gewit- ters und der Production organischer Substanz. Von Armand Müller, Zürich. Verlag der Schabelitz'schen Buchhand- lung. 1874. Der Verf sagt in dem vorliegenden Werkchen , die Hypothesen ver- lieren auf dem Gebiete der Naturwissenschaften vorzugsweise dem der Chemie und Physik zusehends an Bedeutung, und fügt Hypothese auf Hypothese zu, bringt zwar empirisch beweisendes Material zur Stelle, indess, wie er selbst gesteht, wird er das Eine oder das Andere zurücknehmen müssen. Jedenfalls hat die Erforschung noch grosse Lücken auszufüllen. Wir unterschreiben gern, wenn er gesteht, dass es dem in Berufsgeschäften thätigen Chemiker oft sehr schwer vorkommt, sich an der Lösung rein wissenschaftlicher Fragen zu betheiligen. Licht und Wasser bestimmen nach ihm alle Vorgänge auf der Erdoberfläche und die Eigenthüralichkeiten der letzteren. Das Wasser macht erst das Licht actuell , verwandelt es in verschiedene nutzbare Kräfte. Durch die Sonnenstrahlen emporgehoben, fällt es wiederum nieder, als Regen , und fliesst dem Meere zu. Das Ausstrahlungsvermögen und die Condensationswärme des Wassers bestimmen zum grössten Theil die auf der Erdoberfläche herrschende Temperatur. Die durch Wasser gebundenen Sonnenstrahlen werden im Pflanzenorganismus bei Gegenwart der atmosphärischen Kohlensäure , als eine Art schlummernde Energie in neu entstehende Körper zerlegt, als Kraft für unsere Zwecke thätig, eine Dampfmaschine zu treiben, oder kalte Wintertage im gut geheizten Wohnzimmer vergessen zu machen. Und da unsere geistige und physische Kraft abhängt vom Pflanzenwachsthum, muss auch sie aus dem durch Wasser gebundenen Lichte stammen. Ein Theil des Licfctes wird vom Wasser , in Form von Wärme (mechanischer Kraft) absorbirt und so besitzt dieser Körper auch unter streng gezeichneten Umständen , das Vermögen , Licht in Form von che- mischer Kraft aufzunehmen. Der Verfasser nennt dies belichtetes Wasser und erklärt damit fast alle chemischen Lichtreactionen. Dem belichteten Wasser verdankt der Photograph seine Kunst, die Pflanze ihr Wachsthum , es ist die Ursache der Detonation eines mit Chlorknallgasen gefüllten CoUodiumballons und bleicht die rohen Leinwandtücher, auf diese Weise zerstört es die meisten org. Farbstoffe. Diese Wassermoditication vermag auch den Blitzstrahl dauer;nd zur Erde zu senden und ist die Ursache der Luftelectricität. Er vergleicht das chemische Verhalten zwischen Jod, Brom, Chlor, Fluor bei Licht und bei Abwesenheit des Lichts durch die Annahme von Biicherschatl. 189 Wasser und dessen Atfection durch das Licht. Ebenso org. Kohlenwasser- stoffe gegen Chlorgas, wenn sie dem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Die photographischen Prozesse werden beschrieben und die Lichtbilder als die Folgen der Aflection von Wasser durch Lichtstrahlen erklärt. Die Easenbleiche, wo Leinen, täglich mit Wasser Übergossen, der Sonne ausgesetzt wird, ebenso werden die Farben durch Licht zerstört. Ist das Bleichen nun natürlich oder ist es künstlich mit unterchlorigsauren Sal- zen, es ist immer eine Oxydation des betreffenden Farbstoffes. Es zer- fällt Chlorkalk im statu nascendi in Ozon und Chlorwasserstoff. Woher kommt nun der Sauerstoff bei dem Bleichen , man nimmt an , dass das freie Ozon der Atmosphäre den Bleichprozess beArirkt. Eisen rostet an der Luft und am Licht unter Bildung von Ammoniak, ebenso nach Schön- bein bildet sich beim Verdunsten von Wasser bei gewöhnlicher Temperatur salpetrigsaures Ammonium. Auch das Licht bewirkt die Bildung des ozonisirten Terpenthinöls. Die Bleichvorgänge behandelt er als sekundäre Vorgänge, bedingt durch die Affection des ß Wassers von Licht. Er brachte unter den Eecipienten der Luftpumpe ein ungebleichtes Stück Baumwolltuch, und exponirte es auf einer mit Filtrirpapier bedeckten Schicht frisch geschmolzenen Chlorcalciums den Sonnenstrahlen und pumpte die Luft aus ; zu gleicher Zeit Hess er auf ungebleichten Stoff in gewöhn- licher Luft und 3. in mit Wasserdampf stark geschwängerter Luft die Sonnenstrahlen ungefähr einen Monat einwirken. Kr. 1 war nach dieser Zeit fast gar nicht verändert, es ist also die Xothwendigkeit des Wasser- dampfes zum Vorsichgehen der Bleichung erwiesen. Alle Anilinfarben sind leicht oxydirbare Farben. Chemische Meteorologie. Das ß Wasser absorbirt die Lichtstrahlen, das sehen wir an dem dunklen Aussehen der Gewitterwolken , während Wasserdampf in noch so dicker Schicht das Licht nicht trübt. Die Ha- loidverbindungen des Silbers werden durch alle Strahlen chemisch verändert, welche sie absorbiren. Wasser durch Verdunstxmg und Vertheilung in die ß Modification übergeführt , bildet Ammoniumnitrat nach Schönbein (N u. Ozon). Dieses und der Ammoniakgebalt sind in atmosphärischem Wasser, im Regen, Schnee nachgewiesen. An allen atmosphärischen Erscheinungen hat der Wasserdampf den grössten Antheil. Das Gewitter unterscheidet sieh von allen übrigen me- teorolog. Erscheinungen lediglich dadurch, dass eine grössere Menge ß Wasser in dem in Bläschenform befindlichen « AVasser, aufgelöst, auftritt. Viele Punkte bleiben bei dieser Erklärung unbeantwortet, namentlich fehlt die Erklärung der Ursache des Phänomens, wie und wesshalb so grosse Mengen Electricität in der Natur sich ansammeln. Nach den Anschauungen der Jetztweit ist das Gewitter nichts anderes, als ein electrischer Ausgleich, der in der Atmosphäre vorgeht , es besteht also zwischen Wolken und Erde eine Spannung zweier Electricitäteu, die sich zu vereinigen streben , während die dazwischen befindliche Luft als schlechter Leiter der Vereinigung hinderlich ist. Es ladet sich die Wolke stärker, die Spannung wird vermehrt, das Hinderniss überwunden uud die Ausgleichung erfolgt in Gestalt eines zur Erde niederfahrenden Blitzes. Es ist eine feststehende Thatsache, dass hauptsächlich dann gern Gewitter entstehen, wenn durch das Einbrechen kalter Luftströme in wär- mere eine rasche Condensation des Wasserdampfes stattfindet. Diese Hypothesen sind dem Verfasser ungenügend. Er nimmt daher zu chemi- schen Eeactionen, zu atomistischen Vorgängen seine Zuflucht. Schwarze Wolken werden daher am meisten ß Moleküle , graue Wolken weniger, weisse gar keine enthalten. Was die Bildung des noch nicht nascirten 8 Wassers in der Luft betrifft, so hängt das ab 190 Bücherschau. 1) von der Intensität tler Sonnenstrahlen, 2) von der Energie des Wasserverdampfungsprozesses und vom Was- servorrath, 3) von der herrschenden Jahrestemperatur, 4) von der Windstille. Diese 4 Factoren bedingen die geographische Vertheilung , die täg- liche und jährliche Periode des Gewitters. Die arktischen Zonen haben keine oder selten Gewitter, weil die Jahrestemperatur zu niedrig, um eine massenhafte Hildung von ß Wasser zu ermöglichen. In den heissen Zonen sind dagegen die Gewitter nicht nur häufiger, sondern auch heftiger. Er giebt eine Tabelle mit der Durchschnittszahl der Gewit- ter an verschiedenen Orten der Beobachtung. Daraus ergiebt sich das interessanteste Material. Eine scheinbare Anomalie besteht für Aegyp- ten , die Zahl der Gewitter in diesem Jjande beträgt nur 2 — 3 im Jahre, auch in Peru ist weder Donner noch Blitz bekannt. Da nun aber die Gewitterzahl fast proportional ist der Menge Niederschläge in einem Lande, und diese abhängt von dem Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre, so ist die Annahme, dass die Feuchtigkeit in diesen Ländcz'n sehr gering ist , gerechtfertigt und in der That bestätigen das die hygrometrischen Beobachtungen. Die Gewitter haben auch ihre tägliche Periode, die Anzahl der Nachmittags auftretenden Gewitter ist weit hedeutender, wie diejenigen bei Nacht oder am frühen Morgen. Nach den Untersuchungen von Fritsch kommen die Gewitter in allen Monaten von 4 — 10 Uhr Morgens. Dass ein inniger Zusammenhang zwischen der Höhe und Zunahme der Temperatur und der Zahl der Gewittererscheinungen stattfindet, ist bekannt. Die Erklärung des Verfassers ist nun folgende: Das intensive Sonnenlicht bewirkt ein rasches Aufsteigen von Wasserdämpfen in die hohen Schichten der Atmosphäre, es bilden sich dadurch bedeutende Mengen von ß Wasser, eingeschlossen und umhüllt von gewöhnlichem (( Wasserdampf, welcher mit ihm rasch in die Höhe zieht. Bis jetzt ist Alles nur der Sonneuwärme d. h. der Absorption der Wäimestrahlen durch a Wasser zuzuschreiben. Das ß Wasser extingirt nun in der Atmosphäre eine Menge Lichtstrahlen und nascirt sich so. Sobald nun ein kalter Luftstrom auf die grossen Wasserdampfmengen ein- wirkt, bildet sich eine Wolke, in welcher im Moment der Conden- sation neue, lichtempfindliche ß Wassermengen entstehen. Durch die Lichtwirkung werden sich die Wolken immer mehr grau bis schwarzgrau färben , durch fast vollständige Auslöschung des Lichtes und in diesem Zustande können sich die Wolkenmassen lange halten (zur Erklärung der Möglichkeit der Nachtgewitter.) Für die Entstehung der ß Wolken ist Windstille in den obern Regionen nothwendig. Die Theorie der Entladung: Durch die negative Erdclectricität tritt Spannung ein, ß Wasser wird gleichsam gezwungen sich in u Wasser .-" zu verwandeln, sobald die Spannung ein Maximum crrciclit hat. Kommt eine ß Wolke mit nascirten Molekülen in die Nähe der Erdoberfläche, so tritt in ihren sämmtlichen Tröpfchen eine Wiederbildung von « Wasser ein, unter Austritt der nascirendcm Kraft als bisher schlummernde Electricität, diese vereinigt sich in Form eines Blitzes mit der entgegengesetzten Electricität. Er erklärt so die Thatsache, dass die fallenden Kegentropfen zuerst beobachtet, dann erst Blitz und Donner zu hören sind. Wir finden nicht nur in den Gewitterwolken, sondern auch in den gewöhnlichen grauen Wolken eine Menge Electricität, indess ZU gering, um sich zu entladen. Nach A, Müller steht also die Menge Bücliersciäit. 191 Electricität, welche eine Eegen- oder Gewitterwolke su liefern vermag, genau im Verhältniss zu ihrer Grösse und zur Tiefe ihrer Färbung. Der Verfasser ist sieh selbst der Mängel bewusst, die die von ihm entwickelten Theorieen haben, sie sind höchst interessant und lohnend, dass man sich eingehender in sie' vertieft. Belichtetes Wasser als Hauptagens bei der Production org. Sub- stanz. Die wichtigste Frage der Pflanzenphysiologie ist die nach der Theorie der Vorgänge hei der Assimilation. Es sind da viele Hypothesen aufgestellt, aber die Lösung ist noch nicht erfolgt. Der Aufbau der Natur erfolgt durch natürliche Vorgänge, welche sich in allgemeinen Naturgesetzen fixiren, es steckt keine Lebenskraft dahinter, wir "werden aber auch nie im Stande sein, auf chemischem "Wege org. Substanz dar- zustellen. Die physikalischen und chemischen Vorgänge zur Bildung der organisirten Substanz sind zu complicirt. Bekanntlich sind Kohlensäure und Wasser die hauptsächlichsten Materialien bei der Assimilation. Es ist nun klar, dass, wenn aus diesen verbrannten Körpern org. brennbare Substanzen gebildet werden sollen, eine Kraft hinzutreten muss, die die Action einleitet und diese Kraft liefert das Licht durch seine Verwandlung. Freilich kann das nicht frei in der Atmosphäre vorgehen, sondern nur in der schon gebildeten org. Substanz in der Zelle , in der grünen chlorophyllhaltigen bilden sich bei Gegenwart der 2 Rohmateria- lien brennbare Kohlenstoffverbindungen und zwar durch Chlorophyll findet diese Production statt und er will Gründe vorführen durch die, die EoUe des Chlorophylls, d. h. dieser Reductionsprozess, als Vermittler unstreitig dargethan wird. Wie nun aber die unzähligen Kohlenstoffverbindungen gebildet werden können , das liegt heute noch ausser dem Bereiche der Forschung und des Wissens , wie er selbst angiebt. Er geht dann in phantasiereiche Speculationen über die Bildung der Säureradieale und homologen Reihen ein , und meint, dass die Kohlehydrate, indem sie sich nur durch ein Plus oder Minus von Sauer- und Wasserstoff im Atom- verhältniss unterscheiden, die Endprodukte des Stoffwechsels seien. Nach Mohl, Nägeli, Sachs u. s. w. enthalten die Chlorophyll- körner meist Einschlüsse von Stärkemehl, diese Einschlüsse entstehen in vorher stärkefreien Chlorophyllkörnern, wachsen langsam und das Licht ist dabei unerlässliche Bedingung. Sachs will sogar gefunden haben, dass die am Licht erzeugten Stärkemehlquantitäten verschwinden, sobald sie in einem unbeleuchteten Raum stehen, dass sie am Licht aber wieder entstehen, es sind also die Beziehungen zwischen Licht und Stärke- bildung genügend dargethan, und dies ist die Grundlage der neuen Assi- milationstheorie. Es finden also nicht nur Kohlensäure- sondern auch Wasser -Zersetzungen in derselben statt, hervorgerufen durch das Licht. Der Verfasser nimmt nun ß Wasser auch im Pflanzenkörper an und meint, dass dieses ß Wasser im Chlorophyllapparat nascirt, mit dem andern sonst sehr indifferenten Körper, der Kohlensäure in Conflict tritt und es entstehen unter Austritt von Sauerstoff brennbare org. Ver- bindungen. Er erinnert dabei an die Wirkung des Lichtes auf Farb- stoffe, auf Fette und äth. Oele und spricht über die neuern Untersu- chungen von Raoult, wonach Rohrzucker in Traubenzucker und nach den Beobachtungen Corvisarts Dextrin in Zucker durch, das Sonnenlicht um- gewandelt wird. Ohne Wirkung des Lichtes findet in keiner Pflanze Kohlensäurezersetzung statt und falls Licht vorhanden, so ist die Intensi- tät der Assimilation abhängig von der Intensität des Lichtes. Deshalb ist in der Tropenwelt die Vegetation in so wunderbarer Fülle und Kraft, wie auch die Blüthen in der glühendsten Farbenpracht gedeihen, während die gemässigte und noch mehr die kalte Zpne in allen diesen Segnungen wejt 192 Bücherscbau. zurückbleibt. Das directe .Sonnenlicht ist aber Moosen und Kryptogamen oft nachtheillg und sie verlangen dann gedämpftes Licht (Verf. führt die Nölluer'scheu Versuche an, in Liebig's Agriculturcheniie mitgetheilt) und deshalb entwickeln sich manche Pflanzen nur im Schatten der Wälder, bei gedämpftem Licht. Hr. Müller verbreitet sich nun über die Frage ; Wird freier Stickstoff von der Pflanze assimilirt? und stellt eine neue Hypothese auf. Jede Pflanze bedarf zu ihrer Entwickelung eine gewisse Menge Stickstoff, das Protoplasma, der flüss. Bestandtheile der Zelle, sowie der sog. Primordial- schlauch , eine verdichtete Protoplasmaschicht, beide sind eiweissartige, stickstoff'haltige Körper, Proteinstotfe, ohne deren Gegenwart die Zelle ihre Functionen unmöglich verrichten kann. Ferner stickstofiTialtige Substanzen sind die Pflanzenalkaloide. Der Stickstoff' wird auch aus anorg. Pflanzen- material gezogen, denn die richtige Zufuhr von Stickstoffsalzen, z. B. Am- moniak, vermehrt die Proteinstofle um das 4 fache. Ville behauptete nun, dass der freie Stickstoff der Atmosphäre, wenn auch unter gewissen Ein- schränkungen assimilirt werden müsse, und fand den Beweis in der That- sache, dass der Stickstofigehalt der Ernte unmöglich nur von Dünger- stiokstoff und von durch Regen neuangeschwemmtem Ammoniak oder Sal- petersäure der Atmosphäre stammen kann. Roy glaubt nun, dass der freie Stickstoff' nicht von der Pflanze aufgenommen würde, auch nicht assimilirt, sondern nur der in Wasser gelöste, und der Verf. nimmt an, dass freier Stickstoff assimilirbar ist und sich in der Pflanze durch ß Wasser vielleicht erst salpetrigsaures Ammoniak bilde, durch directe Addition der reagiren- den Substanz, aber bestimmt Salpeter s äure, wodurch durch das gleich- zeitige Freiwerden von nascirtem Wasserstoff' org. Substanz reducirt, oder Ammoniak, wodurch gleichzeitig org. Substanz oxydirt wird. Diese so gebildeten Stickstofl'verbindungen wirken nun auf die org. Sub- stanz ein und bilden durch complicirte Vorgänge Proteinstoffe uud Pflan- zenalkaloide. Wir können in's Innere aller dieser Vorgänge nicht schauen, daher diese Hypothese weder bekämpfen noch annehmen. Zum Schluss folgen noch einige zerstreute Beobachtungen, er zeigt wie die meisten Farbstoffe der Pflanzen sehr empfindlich gcg^n Lichtwir- kungen sind, z. B. Hibiscus mutabilis blüht früh schneeweiss auf, wird röthlich und nach einigen Stunden ist sie rosenroth. Das Licht beeinflusst auch direct die Entwickelung des Aromas. Deshalb riechen im Süden die Pflanzen stärker als in Norwegen (durch die so kurzen Nächte). Wie aber das Licht' Pflanzenfarbstoö'e kräftig bildet, so zersetzt es sie auch wieder sehr leicht unter gewissen Umständen, (nach Vogel werden die Blumenblätter von Papaver Rhoeas bei intensiven Licht rasch gebleicht) Diese Bleichprozesse nennt er Oxydationserscheinungen, durch nascirtes ß Wasser hervorgerufen. Salze, die Krystallwasser enthalten, verlieren dasselbe in der Sonne und zwar leichter hinter blauem, als liiuter rothem Glase (nach Vogel). Org. Kohlenstoff'verbindungen substituiren Chlor auch Brom und Jod mit grosser Heftigkeit bei Gegenwart von Licht für acqui- valente Mengen Wasserstoff. Ich bin der Brochüre, wenn auch nicht wörtlich, doch ziemlich freu gefolgt und findet diese Theorie auch keine Anerkennung, so ist sie doch interessant und erklärt manche Vorgänge in der Natur, wenn auch nicht vollständig. Posen, Mai 1874. Dr. M. Manckieivitz. Halle, Buchdruckerei d«s Waisetthause«. ARCHIV DER PHARMACIE. 2. Band, 3. Heft. A. Origiiialmittiieiluiigen. Beiträge zur Kemitiiiss des Kosins. Von F. A. Flu ck ig er und E. Buri. In Abessinien dienen seit Jahrhunderten die weiblichen Bllithenrispen des Kosobaumes als gewöhnlichstes Haus- mittel gegen Bandwurm, zu welchem Zwecke der stattliche Baum in jedem Dorfe jenes weiten Berglandes gezogen wird und, nach. Hunzinger, einigermassen an die Linden deutscher Dörfer erinnert. Die Geschichte unserer Bekanntschaft mit dem Baume hat Pereira*) gründlich auseinander gesetzt; doch dürfte es sehr fraglich sein, ob die von ihm angeführte älteste Nachricht aus dem Jahre 1681 sich auf Kose bezieht. In So bi Ludolfi, alias Lent-holfdicti, Historia aethiopica, Erancofurti 1681, lib. I, cap. IX (dieser merkwürdige Foliant ist nicht paginirt) lautet nämlich die Stelle : „ Aliam arborem N. Godignus *''*) laudat contra ventris lumbricos valde proficuam; hos enim ex usu carnis crudi gigni: at Habessinos singulis mesibus fructu hu jus arboris alvum purgare, atque sie vermes illos necare memorat." Allerdings ist es möglich, dass unter dieser Prucht die Samen des Kosobaumes *) Elements of Materia medica and Therapetics IL Part 2 (1857) 296. — Die Einführung der Kosoblüthen in Deutschland bespricht weit- läufig J. H. Dierbach, die neuesten Entdeckungen in der Materia medica, IL (Leipzig und Heidelberg 1843) 243 — 248. **) Diese Schrift, „De Abyssinorum rebus" 8^. Lyon 1615 habe ich mir nicht zu verschaffen vermocht. F. Arch. d. Pharm. II. Bds. 3. Hft, 13 194 F. A. Flücklger u. E. Bari, Beiträge zur Kenutniss des Kosins, ' ZU verstellen wären, welche nach Heuglin'-= noch wirk- samer als die Blüthen sein sollen. Die erste genaue Beschreibung und Abbildung des Baumes, unter dem Namen Bankesia abyssinica gab 1790 der ausgezeichnete Reisende Bruce **) nach eigener Anschauung. Der Name Banksia war jedoch schon 1781 von dem jungem Linne einer Proteacee beigelegt worden , so dass die von Lamarck **''*) 1811 für den Kosobaum gewählte systematische Bezeichnung Hageria abyssinica vorzuziehen ist. In den abessinischen Landessprachen führt der Baum verschiedene Namen; als der richtigste und gebräuchlichste wurde von Werner Munzingerf) der dumpf gesprochene Ausdruck Koso hervorgehoben. Gestützt auf dieses Urtheil des berühmten, auch philologisch hochgebildeten Bericht- erstatters, der ja mit Land und Leuten in Abessinien genauer vertraut ist, als irgend ein anderer wissenschaftlicher Europäer, möge denn auch die Substanz, welcher diese Zeilen gewidmet sind, als Kosin aufgeführt werden. Auch Heuglin (1. c.) schreibt Koso. Es ist im hohen Grade zu bedauern, dass in Europa noch keine Culturversuche mit dem Kosobaume angestellt worden sind, ff) Höchst wahrscheinlich würden sie sich lohnen, da er in Abessinien im Flussgebiete des Takazze und des Abai in Regionen von 3000 bis 4000 Metern über dem Meere wächst, also in Südeuropa leicht entsprechende Stand- orte finden müsste. *) Reise nach Abessinien, den Galaländern, Ost- Sudan und Chartum 1861—1862. Jena 1868, .S22. **) Voyage en Nubie et en Abyssiuie 17C8— 1773. Traduction fran- (jaise V. (Paris 1791) 91 und tab. 22. 23. In dieser Ausgabe steht Bankesia, nicht Banksia. ***) Encyclopedie racthodique, Botanique, Suppl II. 423. t) In mündlichen Erörterungen, zu denen ich 1864 Gelegenheit fand, als Hunzinger einen Besuch in der Heimat machte. F. tt) Meines Wissens besitzt kein botanischer Garten den Kosobaum und meine Bemühungen, mir Samen zu verschaffen, blieben unbegreiflicher Weise ferfolglos. * ff F. A. Flückiger u. E.Buri, Beiträge zur Kernitniss des Kosins. 195 In den Kosoblüthen nahm Witt stein 1840 ein Harz von kratzendem Geschmacke wahr, welches Martin im gleichen Jahre krystallisirt erhalten zu haben scheint. Harms schrieb ihm 1857 saure Eigenschaften zu; Paresi lehrte es 1858 vermittelst "Weingeist und Kalkhydrat ausziehen. *) Dieselbe Methode wird .seit 1862 von Apotheker Dr. Bedall in München angewendet; aus dem wässerigen E-iickstande des alcoholischen Auszuges wird das als Kalkverbindung vor- handene Koussin Bedall's durch Essigsäure als mehr oder weniger krystallinisches weissliches Pulver von der Zusammen- setzung G^^ H ^"^ O ■'' gefällt.*^') Die Blüthen liefern davon höchstens 3 Procent; Bedall (1867) gebührt das Verdienst, darin den Träger der bandwurmtreibenden Wirkung der Droge nachgewiesen und ihn in den Arzneischatz einge- bürgert zu haben. Durch die Güte des Herrn E. Merck in Darmstadt wurden wir in den Besitz ausgezeichnet schön krystallisirten von ihm dargestellten Kosins gesetzt. Es bildet iSTadeln von einigen Millimetern Länge oder kurze dicke Prismen, welche zwar wohl ausgebildet sind , sich aber nicht zu Messungen eignen, weil ihre Flächen allzustark gestreift sind. Auf Grund optischer Bestimmungen konnte jedoch Herr Prof. Groth feststellen, dass die Kry stalle dem rhombischen System an-, gehören. Wenn concentrirte Schwefelsäure bei einer 15" C nicht übersteigenden Temperatur mit Kosin gesättigt wird, so setzt es sich in der Kälte in einfachen rhombischen Formen, oder in sternförmigen Gruppen, am häufigsten jedoch in Zwillingskrystallen mit einspringenden ■ Winkeln ab. Das spec. Gew. des Kosins ist so beträchtlich , dass es in der Schwefel- säure vor 1,842 bei 14^ rasch zu Boden sinkt. Die Farbe der Krystallnadeln stimmt mit der des Schwefels überein, die grössern Prismen sind etwas dunkler gelb, in sehr feiner *) Kopp-Wiirscher Jahresbericht der Chemie 1859. 586, **) Kopp-Will'scher Jahresbericht der Chemie 1862. 513. — Gmelin, Organ. Chemie VII 2103, 13* ]9ß F. A. FlückJger u. E. "Buri, "Beiträge zur Kenntniss des Kosins. Zerfeheilung sieht das Kosin weiss aus. Es besitzt weder Geruch noch Geschmack und verändert mit Wasser oder Weingeist befeuchtetes Lakmuspapier nicht. Kosin erleidet durch längeres Verweilen bei lOO'^ ebensowenig einen Gewichtsverlust wie über Schwefelsäure oder beim Schmelzen. Gegen 140^ in dünner Röhre erhitzt, beginnt es zu erweichen und schmilzt bei 142° ohne Zersetung ; nach dem Erkalten bleibt es vollkommen durchsichtig, berührt man aber dieses amorphe Kosin auch nur mit einem Tröpfchen Weingeist, so entwickeln sich sogleich von zahlreichen Punkten aus Büschel strahlen- förmig auseinander fahrender Krystalle, ein Vorgang, der sich namentlich unter dem Mikroskop sehr hübsch verfolgen und mit der kleinsten Menge der Substanz beliebig oft wiederholen lässt. Durch Wasser wird diese Foniiveränderung nicht hervorgerufen. Bei stärkerem Erhitzen selbst sehr unbedeutender Mengen von Kosin macht sich Geruch nach Buttersäure bemerklich, zugleich entsteht ein rothbrauner Theer, der in verdünnter Eisenchloridlösung eine braune Eärbung hervorruft. Wird Kosin im Kohlensäurestrome erhitzt, so kriecht das ge- schmolzene Kosin weithin an den Wänden der Röhre, sublimirt aber nicht. Wasser, welches man mit Kosin kocht, nimmt eine schwache Opalescenz an, ohne jedoch wägbare Mengen des- selben aufzulösen. Dagegen wird es sehr reichlich aufgenom- men von Aether, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Chloroform, weniger reichlich von Eisessig und von Weingeist. 1000 Theile des letztern (von 0,818 sp. Gew.) vermögen bei 12° nur 2,3 Theile Kosin in Lösung zu behalten, aber in kochendem Weingeist löst es sich reichlich. Durch langsame Abkühlung solcher Lösungen erhält man daher das Kosin gut krystallisirt, nicht durch Eindampfen. Ganz eben so gut schiesst es aus der heissgesättigten Lösung in Eisessig beim Erkalten an. Die weingeistige oder Essigsäure-Mutterlauge wird nachher durch Wasser nur wenig opalisirend. Die Lösung des Kosins in 20 Theilen Chloroform zeigt kein Rotationsvermögen in einer 25 Millimeter langen Schicht; A. Flückigei' u. E. Bari, Beiträge zur Kenatniss des Kosins. 197 eine 50 Millimeter lang-e Schicht ist zu dieser Prüfung' schon KU wenig durchsichtig. In 2 Theilen concentrirter Schwefelsäure löst sich 1 Theil Kosin bei 15^ zu einer gelblichen Flüssigkeit auf, worin durch concentrirte Salpetersäure keine Veränderung hervorgerufen wird.x Die Schwefelsäure-Lösung nimmt alsbald schöne gelbe, dann bei längerem Stehen in der Kälte eine bräunliche, dann präch- tig scharlachrothe Färbung an, welche letztere durch g-elinde Er- wärmung-, ohne dass sich schwefelige Säure entwickelt, sofort hervorgerufen werden kann. Besonders in diesem Falle tritt der Geruch der Buttersäure, das heisst ein an Johannisbrot erinnernder Geruch auf. Letzteres ist auch der Fall, wenn das Kosin mit Salpetersäure (1,2 sp. Gew.) gekocht wird. Wird die gelbe Auflösung des Kosins in concentrirter Schwefel- säure mit Wasser verdünnt, so scheidet sich dasselbe als weissliche Trübung aus-, die durch längeres Stehen oder Erwärmung roth gewordene Schwefelsäure -Lösung aber lässt scharlachrothe Flocken fallen. Die kalt gesättigte weingeistige Auflösung des Kosins wird zunächst durch weingeistige Eisenchloridlösung wenig ver- ändert, nach kurzem aber bleibend schön roth. Eine ähnliche Färbung nimmt jene Auflösung sehr allmälig auch in Be- rührung mit reducirtem Eisen an. Auch die reinen Auflösungen des Kosins nehmen beim Eindampfen oder beim langsamen Verdampfen am Rande rothe Farbe an. Eine Auflösung von neutralem Bleiacetat in Weingeist bewirkt in weingeistiger Kosinlösung keine Fällung; in Chloroform gelöstes Kosin erleidet durch Brom keine sicht- bare Veränderung. In wässerigen Auflösungen caustischer oder kohlensaurer Alkalien, nicht von Borax, wird das Kosin, besonders in ge- linder Wärme, leicht aufgenommen; die gelbe Farbe dieser Lösungen geht ebenfalls beim Erwärmen oder längern Stehen in roth über. Neutralisirt man diese alkalischen Auflösungen, so entsteht je nach Temperatur und Concentration bald ein weisser amorpher, bald ein schwach gelblicher mikrokrystalli- nischer Niederschlag, welcher nach vollständigem Auswaschen 198 A. Flückiger u. E. Buri, Beiträge zur Kenutuiss des Kosins. in feuchtem Zustande geschmacklos und ohne Wirkung auf Lakmus ist. Er sintert bei raschem Trocknen zusammen; lässt man ihn aber zuerst an der Luft bei gewöhnlicher Temperatur vollständig trocknen, so erleidet er bei 100" keinen Gewichtsverlust. Ebenso verhält sich das aus alkalischer Lösung gefällte und sogleich in Aether oder Chloroform über- geführte Kosin, Nach allen Richtungen zeigt sich das aus alkalischer Auflösung abgeschiedene Kosin wieder dem ur- sprünglichen gleich; die Farblosigkeit der amorph nieder- fallenden Substanz beruht nur auf der sehr feinen Zertheilung, denn ihre weingeistige Lösung liefert beim Erkalten wieder die frühern gelben Krystalle und weisses amorphes Kosin, welches man vorsichtig trocknet und schmilzt und schiesst bei leisester Berührung mit Weingeist augenblicklich wieder in schönen gelben Nadeln an. Kosin, welches mit verdünnter Schwefelsäure im ge- schlossenen Rohre stundenlang erhitzt wird, erleidet keine sichtbare Veränderung. Wird Kosin mit Aetzkali geschmolzen und die Masse in Wasser gelöst, so erfolgt beim Uebersättigen mit Schwefel- säure keine Ausscheidung, wohl aber riecht die Flüssigkeit nach Ameisen- und Buttersäure und enthält Oxalsäure. Aus Chloroform, womit man ausschüttelt, erhält man einen braunen, schmierigen Rückstand , der weingeistigem Eisenchlorid keine Färbung ertheilt. Die Verbrennung des Kosins im Sauerstoffstrome, wobei kaum bemerkbare Spuren von Asche im Platinschiffchen zurück- blieben, lieferte folgende Zahlen: L 0,2149 gaben 0,5127 Kohlensäure und 0,1302 Wasser n. 0,2174 }} 0,5175 „ „ 0,1331 in. 0,2349 j> 0,5533 „ „ 0,1397 IV. 0,1980 j) 0,4662 „ „ 0,1161 oder in Procenten: nach l. II. III. IV. C 65,06 64,92 64,25 64,23 H 6,73 6,81 6,61 6;52 F. A. Flückiger ii. E. Bxiri, Beiträge zur Kenntniss des Kosins. 199 Hieraus lässt sich die Formel O*^ H^s O^*^ ableiten, welche verlangt: 31 C 372 65,26 38 H 38 6,66 10 160 28,08 570 100,00 I. Einwirkung concentrirte r Schwefelsäure auf Kosin. In der oben erwähnten roth gewordenen Auflösung des Kosins in concentrirter Schwefelsäure ist eine flüchtige Fett- säure vorhanden und bei Verdünnung mit "Wasser fallen purpur- rothe Flocken nieder. Die in der Wärme dargestellte Schw^efel- säure-Lösung enthält ein wenig schwefelige Säure, welche durch einige Tropfen Kalium -Permanganat- Lösung, beseitigt wird, bevor man die rothen Flocken abfiltrirt. Die Flüssig- keit wird nachher der Destillation unterworfen und das saure Destillat mit kohlensaurem ISTatron neutralisirt. Da hierbei der Johannisbrotgeruch nicht völlig verschwand, so wurde die Salzlösung gekocht, aber aus dem ätherisch riechenden Destillate Hess sich der Eiechstofi" nicht abscheiden. Die Salz- lösung wurde zur Trockne abgedampft und mit verdünnter Schwefelsäure destillirt; auf der geringen Menge der überge- gangenen sauren Flüssigkeit schwamm eine dünne ölige Schicht von starkem , an Johannisbrot erinnerndem , Gerüche und saurer Eeaction. Das ganze Destillat wurde nun mit frisch- gefälltem Silberoxyd erwärmt, worauf in der Kälte Schuppen des Silbersalzes erhalten wurden, welche sich unter dem Mi- croscop als sechsseitige, wahrscheinlich rhombische Tafeln er- wiesen. 0,4918 Gramm derselben hinterliessen beim Glühen 0,2705 = 55 pCt. Silber. Buttersaures Silber hinterlässt 55,38 pCt. Silber. Es ist eine Eigenthümlichkeit des iso- buttersauren Silbers, in dünnen Tafeln und nicht in Pris- men anzuschiessen; freilich wissen wir nicht, ob die Krystalle unseres Silbersalzes genau mit den von Morkownikoff*) ") Annalen der Chemie und Pharm, 138 (1866) 373. 200 F. A. Flückiger u. E. Buri, Beiträge zurKenntniss des Kosins. beschriebenen übereinstimmen. Für die Vermuthung , dass wir mit Isobuttersäure zu thun hatten, spricht auch der Geruch und die beschränkte Löslichkeit in Wasser, die wir beobachteten. Die Säure des Johannisbrotes ist bekanntlich durch Grün zweig*) als Isobuttersäure erkannt worden. — Die gesättigte wässerige Lösung unserer Säure bot bei 25 Millimeter Säulenlänge im Wild'schen Polaristrobometer keine Drehung dar. Die nach Verdünnung der Schwefelsäure-Lösung ausge- schiedenen rothen Flocken wurden nach dem Auswaschen und Trocknen mit Schwefelkohlenstoff ausgekocht, bis derselbe farblos ablief. Nach dieser Reinigung erhält man einen amorphen dunkelrothen Körper, der sich auch aus Weingeist oder Aether, worin er sich leicht löst, nicht in Krystallen ab- scheidet; er ist auch in Alkalien so wie in concentrirter Schwefelsäure löslich. Bei der Verbrennung gaben das vermittelst Schwefelsäure in der Kälte und das in gelinder Wärme dai'gestellte Product etwas verschiedene Zahlen, nämlich: In der Kälte bereitete Substanz 0,2419 Substanz gaben: 0,5264 002 Kohlensäure 0,1030 H^O Wasser, oder in Procenten C 59,35 H 4,73 35,92 ^22 JJ21 Qio -vvürde verlangen: C. . . 59,33 H. . . 4,72 . . . 35,95 In der Wärme erzeugte Substanz 0,2974 Substanz gaben: 0,6599 €02 Kohlensäure 0,1253 H^o Wasser, oder in Procenten C 60,516 H 4,681 34,803 ^23jj22 0io würde erfordern: C . . . 60,26 H . . . 4,80 . . . 34,94 ") Annalen der Chemie und Pharm. 158 (1871) 117. F, A. Fliickiger u. E, Buri, Beiträge zur Kenntniss desKosinS. 201 2. Einwirkung des Natrium amalgams. 6,1 Grrainm Kosin wurden in einer Eetorte mit Wasser Übergossen, ISIatriumamalgam eingetragen und erwärmt. Das Kosin löste sich leicht und mit den Wasserdämpfen gingen Oeltropfen von nicht unangenehmem Gerüche über, die auf dem wässerigen Destillate schwammen. Aus der vom Oele getrennten Flüssigkeit schied Kochsalz nichts ab, als aber nochmals destillirt wurde, liess sich aus dem zuerst überge- gangenen Antheile noch eine kleine Quantität Oel gewinnen; wir sammelten so im Granzen 0,9 grm. ölige Flüssigkeit. Es wurde ein Körnchen Chlorcaleium zugegeben , und das Oel nach einigen Tagen klar abgegossen. Bei der Verbrennung blieb eine Spur Asche zurück. 0,2415 g. Oel gaben 0,6919 Kohlensäure und 0,2770 Wasser, also in Procenten : = 78,14 H = 12,74 0= 9,12 Eine Formel nach O^^ H^6 q.2 -^ürde verlangen 77,97 und H 12,99. Der Destillationsrückstand wurde mit Schwefelsäure an- gesäuert, wodurch eine reichliche Fällung braunrother Flocken entstand, welche nach dem Auswaschen ,und Trocknen, mit Schwefelkohlenstoff ausgekocht wurden. Dieser nahm zwar jedesmal nur eine geringe Menge der Substanz auf, es war aber nicht möglich, es dahin zu bringen, dass nichts mehr gelöst worden wäre. Die getrocknete, amorphe Substanz hat unge- fähr die Farbe des Goldschwefels, sie löst sich leicht in Weingeist und Aether und bleibt beim Verdampfen der Lösungsmittel amorph zurück. Sie löst sich ferner in Alkalien und in conc. Schwefelsäure. Beider Verbrennung gaben 0,2887 g. Substanz . 0,6544 Kohlensäure und 0,1515 Wasser, also in ' Procenten : 61,82 H 5,83 32,35 202 F. A. Fliickiger u. E, Buri. Beiträge zur Kenntniss des Eosins. Zu der Formel € ^ H ° ^ würden erforderlich sein C 61,85 H 5,15 33,00 3. Einwirkung von Essigsäure -Anhydrid. In 2 bis 3 Theilen erwärmtem Essigsäure-Anhydrid löst sich das Kosin leicht auf und krystallisirt beim Erkalten wieder heraus, wird aber die Auflösung im Glycerinbade während einiger Stunden im Sieden erhalten oder kürzere Zeit im geschlossenen Eohre auf 150^ erhitzt, so schiesst kein Kosin mehr an. Verdünnt man mit Weingeist und destillirt aus dem Wasserbade den Essigäther ab, so scheiden sich nunmehr beim Erkalten der Flüssigkeit rein weisse Krystall- warzen ab, welche daher schon in ihrer Form ganz vom Kosin abweichen; unter dem Microscop findet man dieses Acetyl-Kosin aus feinen weichen Nadeln zusammen- gesetzt. Wenn man die Lösung des Kosins in Essigsäure-An- hydrid einfach durch Kochen vom üeberschusse des Anhydrids befreit oder überhaupt die Auflösung des acetylirten Kosins allzu stark erwärmt, so gelingt es nicht, dasselbe in Krystall- warzen zu erhalten, sondern nur als amorphe Masse, welche auf keine Weise mehr in Krystallform gebracht werden kann. Das krystallisirte Acetyl-Kosin ist geschmacklos und er- theilt auch kochendem Wasser, worin es sich nicht auflöst, weder Geschmack, noch saure Reaction. Es schmilzt bei 135°, bleibt nach dem Erkalten glasartig durchsichtig, kry- stallisirt jedoch wieder, wenn es mit Weingeist befeuchtet wird, aber nur in sehr dünnen is^adeln. Zu den Lösungs- mitteln verhält sich die acetylirte Verbindung vrie das Kosin selbst, doch ist das Acetylkosin weit leichter löshch, besonders in Weingeist. Die alcoholische Auflösung des reinen krystallisirten Acetylkosins wird durch Eisenchlorid nicht ver- ändert; eine rothe Färbung, besonders beim Erwärmen, wird aber hervorgerufen durch amorphes Acetylkosin, auch in der F. A. Flückiger u. E. Buri, Beiträge zur Kenntniss des Kosins. 203 Mutterlauge, aus welcher die krystaliisirte Verbindung er- halten worden war. Acetylkosin löst sich in concentrirter Schwefelsäure; die gelbe Lösiing riecht nach flüchtigen Fettsäuren und nimmt beim Stehen in der Kälte allmälig schön scharlachrothe Farben an. Durch Wasser wird die gelbe Lösung in Schwefelsäure weiss gefällt, aus der roth gewordenen erheben sich beim Verdünnen mit Wasser schön rothe Flocken, welche in Aether und Wein- geist leicht löslich sind, aber nicht in Schwefelkohlenstoff. Im Leuchtgasstrome erhitzt, verflüchtigt sich das Acetyl- kosin nicht; seine fast farblose Auflösung in Weingeist zeigt kein Rotationsvermögen. Die Krystallwarzen sind wasserfrei und verändern sich nicht bei 100 '^j nachdem sie an der Luft oder über Schwefelsäure getrocknet sind; wenn aber feuchtes Acetylkosin einer Temperatur von 100 '^ ausgesetzt bleibt, so wird es zu einer amorphen Masse, aus welcher sich gar nicht oder nur noch schwierig Krystalle gewinnen lassen. Wenn man die amorphe oder die krystaliisirte Substanz mit Alkalien kocht, so wird wieder Kosin hergestellt. 0,9213 g. Kosin in angegebener Weise mit 4,5 Essigsäure- Anhydrid behandelt, lieferten 1,3355 Acetylkosin, entsprechend einer Gewichtszunahme um 44,96 pC. Die Elementar analysen der krystallisirten Acetylverbindung gaben folgende Zahlen: L von 0,2183 erhalten 0,5058 "Kohlensäure und 0,1255 Wasser. n. „ 0,2070 „ 0,4783 „ „ 0,1192 also in Procenten nach I. nach IL C 63,20 63,02 H 6,40 6,40 Mmmt man an, dass 6 Aequivalente O^H^O eingetreten seien, so verlangt die Formel G^^R^^ (G^mQyQ^<^ nach- stehende Zahlen : 43 516 62,78 50 H 50 6,08 16 256 31,14 822 100,00 204 r, A. Fliickiger u. E. ßuri, Beiträge zur Kenntniss des Kos^s. Aus den Formeln des Kosins und seines Acetylderivates ergibt sich bei der Bildung des letztern eine Gewichtszunahme von 44,2 pC, nämlich 570 : 822 = 100 : 144,2 Hiermit stimmt die oben erwähnte in einem Versuche beobachtete Gewichtszunahme iiberein, doch darf darauf nicht allzu viel Gewicht gelegt werden. Denn wenn nach der Ace- t5'^lirung die Beseitigung der Essigsäure vermittelst Wein- geist bis zum gänzlichen Aufhören saurer Reaction getrieben werden soll, so fällt schliesslich die Gewichtszunahme weit geringer aus; man hat aber dann nur noch eine amorphe Acetylverbindung, die nicht weiter untersucht wurde. Es wurde vergeblich getrachtet, in das Kosin Benzoyl einzuführen , um die obigen Formeln zu controlliren. Das Kosin löst sich in Benzoylchlorid , aber es gelang nicht, ein krystallisirtes Derivat zu erhalten. Wir nehmen uns vor, die hier mitgetheilten Versuche zu vervollständigen. Dieselben lassen schon jetzt mit Wahr- scheinlichkeit in dem Kosin eine ätherartige Verbindung der Isobutylsäure erkennen. Das sonst mit dem Kosin freilich nicht vergleichbare Argyraescin Rochleder's *) erinnert durch sein Verhalten zu concentrirter Schwefelsäure an das Kosin; durch Alkalien wird daraus Propionsäure abgespalten. Aus dem mit Argyraescin homologen Aphrodaescin wird durch kochende Kalilauge Buttersäure erhalten. Ob dieses auch durch concentrirte Schwefelsäure erreicht wird, scheint nicht untersucht zu sein. Was das Verhältniss unseres Kosins zu BedaU's Koussin betrifft, so glauben wir annehmen zu dürfen, dass wechselnde Mengen des erstem in dem letztern vorhanden sind. Das von uns untersuchte Kosin ist ein nach jeder Richtung wohl characterisirter chemisch reiner Stoff, das Bedalls'che Präparat *) Kopp-Will'scher Jaliresbcricht der Chemie 1863, 490. Dr. Pinkelnburg, zu Dr. VoM'.? Bemerkungen etc. 205 nicht. Eine uns von Herrn Dr. Bedall gütigst iiberlassene Probe desselben zeigte sich unter dem Microscop nicht voll- kommen gleichartig und mit Eisessig gelang es uns, gelbe Nadeln daraus zu gewinnen, welche wir für unser Kosin halten. Das letztere, gleichfalls von Merck dargestellt, ist von Herrn Staatsrath Prof. B u c h h e i m auf seine Wirksamkeit geprüft worden. Seinen gefalligen Mittheilungen an den einen von uns, erlauben wir uns zu entnehmen, dass es die wurm- treibende Wirkung in unvergleichlich geringerem Grade äussert als das bisher übliche Bedall'sche Präparat, Sollte die Leistung des letztern auch auf das Kosin zurückzuführen sein, so ist es doch jedenfalls nur in der Eorm jenes Präparates zur vollen Aeusserung seiner Wirksamkeit befähigt. Das reine Kosin scheint demnach als Arzneimittel kaum eine Zu- kunft zu haben. Zu Dr. Vohl's Bemerkungen, l)etreffend das Füikeln- l)urg'sclie Reagens auf exerementielle Farbstoffe. Von Dr. Finkelnburg, Prof. in Bonn. Obwohl ein einfacher Vergleich des thatsächlichen In- haltes der Vohrschen Bemerkungen (Bd. 4. S. 324 d. Z.) mit demjenigen der vorläufigen Mittheilung in der Niederrhein. Gesellsch. f Nat. u. Heilk., — gegen welche jener ohne Kenntnissnahme des authentischen Sitzungsberichtes auf die blose auszügliche Mittheilung in der Köln. Zeit, hin unter- nommene Agriff gerichtet ist , hinreicht , um den rein subjectiven Boden desselben deutlich erkennen zu lassen, so mögen hier doch zur Orientirung für die Leser des Archivs folgende Punkte kurz hervorgehoben werden: 1) Es ist dem Unterzeichneten so wenig in den Sinn ge- kommen, sich den Ruhm der Einführung alkalischer Silber- lösung zum Nachweise organischer Verbindungen aneignen zu wollen, dass er im Gegentheile ausdrücklich in seinem Referate Herrn Dr. Fleck in Dresden als Denjenigen nannte, Ö06 Dr. Flnkelnburg zu Dr. Vohrs Bemerkungen etc. welcher jenes Reagens zuerst in dem bezeichneten Sinne ver- werthet und bekannt gemacht habe (vgl. Sitz. bar. der Nie- derrh. Greg., Jahrg. 1873, S. 215). Auch die Bezeichnung „alkalische Auflösung von Silber o x y d ," welche V. angreift, ist einfach nach dem Vorgange Fleck's als des anerkannten und verdienten Einlührers jenes Reagens festgehalten worden. 2) Neu ist an der mitgetheilten Prüfungsmethode nur die vorgängige Behandlung des Prüfongsobjectes mit Salzsäure, — eine Operation, von deren Einfluss auf das stärkere Her- vortreten der Farbenbildung man sich durch einen vergleichen- den Versuch leicht überzeugen kann, — und die Thatsache der Abhängigkeit dieser Farbenbildung überhaupt von dem Vorhandensein des thierischen Chromogen. Es handelt sich nicht um den durch die Silberreduction gebildeten Niederschlag, also nicht um den Vorgang, welcher dem Fleck'schen quantitativen Bestimmungsverfahren zu Grunde liegt und welcher allerdings durch die verschiedenartigsten organischen Stoff'e, z. B. vegetabilischen -Moder angeregt wird, sondern um die Bildung eines in Lösung bleibenden Pigmentes, dessen chemische Natur nicht immer die gleiche zu sein scheint, da seine Verwandlung in Grün unter dem Einflüsse des atmosph. Sauerstoff's zuweilen, aber nicht immer stattfindet, — eine Verschiedenheit des Verhaltens, welche nach manchen analogen Erscheinungen bei den Harnfarbstofl'en und deren Derivaten nichts Auff"allendes hat. 3) Wenn Herr Dr. Vohl gegen die Annahme streitet, dass die Beaction einfach in einer Reduction des Silberoxyds resp. Oxyduls bestehe, so vergisst er nur zu sagen, wer denn eine solche Annahme geäussert. Weder eine blosse ßeduction, noch eine gleichzeitige Bildung von noch 80 fein vertheiltem Schwefelsilber genügt, um die fragliche, nur bei Anwesenheit animalischer Pigmentstoffe eintretende, röthlichbraune Farbenreaction zu erklären. 4) Wenn das Reagens eine Harnbeimischung von 1 : lÜOO direct anzuzeigen vermag, so dürfte diese Schärfe schon ge- Dr. Finkelnturg zu Dr. Volirs Bemerktingen etc. 207 nügen, um für solche Brunnenwasser-Yerunreinigiingeii, welche überhaupt den Namen einer „Infection" Terdienen, mittelst YO r gängiger Concentrirung durch Eindampfen den er- forderlichen Nachweis zu liefern. Durch Untersuchungen an „sehr (?) verdünnten" Lösungen von Harn- oder Gallenfarb- stoffen, ohne vorgängiges Eindampfen mag es allerdings leicht fallen, einen Nichteintritt der Farbenreaction zu erzielen; — nur ist nicht recht ersichtlich, welche Schlussfolgerung man aus solchen" Untersuchungen zu ziehen vermöge. 5) Von der kupferfreien Beschaffenheit des verwandten Silbersalzes (aus der Marquardt'schen ehem. Fabrik hierselbst bezogen) wurde sowohl vor wie nach den Tohrschen Bemer- kungen die nöthige Ueberzeugung durch wiederholte Prüfung gewonnen. 6) Der Umstand, dass Herr Dr. Vohl seine eigenen an- geblichen Untersuchungen über den analytischen Werth eines Beagens auf. eine briefliche Abmahnung von Liebig's hin sofort aufgegeben hat, mag von historischer Bedeutsamkeit sein, — schliesst aber nicht die Berechtigung späterer Forscher aus, jenem Reagens eine Prüfung zuzuwenden und deren Resultat auch ohne Erlaubniss des Herrn Dr. V. zu verwerthen. Diess mein letztes Wort in der vorliegenden Frage gegen Herrn Dr, Vohl. Meine weiteren Untersuchungen über die in Rede stehende Prüfungsmethode werde ich an anderem Orte veröffentlichen. Bonn, den 28. Mai 1874. Frof. FinTcelnburg. Nachsatz der Redaction. Es braucht wohl nur bemerkt zu werden, dass die Redaction den hier etwa vorkommenden persönlichen Verhältnissen ganz fern steht. Die Aufnahme der Kritik von Vohl geschah nur der Sache wegen, um die Frage über Verwendbarkeit der Silberlösung zur Bestimmung der organischen Substanz, im Wasser oder sonst wo, der Lösung näher zu bringen. Es lassen sich ebenso vielfache Bedenken bei der Anwendung des übermangansauren Kali's zu gleichem Zwecke aufstellen und habe ich mich in meinen Veröffent- lichungen darüber stets der Erklärung bedient, „leicht oxydir- SOS Schuttleworth, DavsteluiTig von Hyclrarg. bijod. rubrum. bare Stoffe." Da hinsicbtlich der Silberlösung schon C. Blass hier (Bd. 3, S. 407) A" ersuche veröffentlichte, war es um so mehr geboten, die kritischen Versuche Vohl's dagegen auf- zunehmen und bringen die jetzigen Mittheilungen des Herrn Prof. Finkeinburg bis jetzt auch keinen wünschenswerthen Aufschluss, Br. E. Beicliardt. Die Darstellung Ton Hydrarg. bijod. rubrum. Von Schut tl e w orth. Bei der Auswahl einer Vorschrift zur Darstellung eines Präparats muss man drei Rücksichten walten lassen: auf Qualität des Präparats, Kosten der Darstellung, Umständlich- keit der Methode. Die Bücksicht auf die Qualität sollte die beiden andern überwiegen, es ist dies jedoch nicht immer der Fall, namentlich ist der Kostenpunkt von Wichtigkeit. Es ist dies der Fall bei Hydrarg. bijod. rubr. , besonders seit dem Steigen der Preise für Jodkalium, so dass eine Betrachtung der Darstellung^piethoden von Wichtigkeit erscheint. Die erste Methode ist diejenige, bei welcher die con- stituirenden Elemente direct geeinigt werden. Quecksilber und Jod werden mit etwas Alkohol zusammen gerieben oder geschüttelt. In ungeübter Hand entsteht ein unvollkommenes Präparat neben Materialverschwendung. Besser ist die Vorschrift der britischen Pharmacopoe. 4 Th. Quecksilberchlorid werden in 60 Th. siedendem Wasser gelöst und mit 5 Th. in 20 Th. siedendem Wasser gelöstem Jodkalium gemischt. Theoretisch und praktisch ist hierbei Vio Th. Jodkalium im Ueberschuss, um Verunreinigung mit Sublimat zu verhindern. Es ist dies aber überflüssig, denn der Moment der Zersetzung ist deutlich, und sollte dennoch etwas Sublimat in das Präparat übergehen, so wird derselbe sicher durch das spätere reichliche Auswaschen entfernt. Der TTeber- schuss ist nicht allein verschwenderisch in Bezug auf das Jod- Schuttleworth, Darstellung von Hydrarg. bijod. rubrum. 209 kalium, sondern auch für das Bijodid, da dieses sich in ersterem löst. Auch das siedende Wasser ist unnöthig, da die Yorge- schriebene Menge kalten Wassers denselben Dienst leistet. Der Niederschlag aus heissem Wasser ist körniger wie der aus kaltem, was für Bereitung von Salben kein Vorzug ist. In den Vereinigten-Staaten-Pharmacopöen ist derselbe Ueberschuss von Jodkaliam, aber kaltes Wasser vorgeschrieben. Zufriedenstellende Resultate erhielt Schuttleworth, indem er 4 Th. des Quecksilbersalzes in 64 Th. kaltem Wasser löste und Jodkaliumlösung (4,9 Th. in 10 Th. Wasser) zusetzte. Die Ausbeute war 6,7 Th. und entspricht nahezu der Berechnung: 271 Th. Hg Ol erfordern zur Zersetzung 332 Th. KJ und sollen 454 Th. (6,701) Hg J ergeben. Eine andere Methode ist die, bei welcher statt Jodkalium Jodeisen angewandt wird. Die relativen Preise von Jod iind Jodkalium verhalten sich im allgemeinen wie 21:19 «und 254 Th. Jod sind gleich 332 Th. Jodkalium. Mischen wir des- halb 3,75 Th. Jod mit 4 Th. kaltem Wasser und zur Sätti- gung hinlänglichen Eisendraht, so erhaltem wir eine Lösung "von Jodeisen in gleichem Gehalt an Jod wie das Jodkalium, das zur Zersetzung von 4 Th. Quecksilberchlorid erforderlich ist. Es ist hierbei nur zu beachten, dass die Eisenlösung möglichst bald verwendet, und der Niederschlag sogleich aus- gewaschen werden muss, um Verunreinigung mit basischem Chloreisen zu vermeiden, das sehr bald mit niederfällt. Williams schlägt im „Chicago Pharmacist" vor, statt der grossen Wassermenge eine concentrirte Losung von Salmiak anzuwenden, in welcher sich das Quecksilbersalz leicht löst. 4 Th. Sublimat werden in 4 Th. Wasser gelöst, dem 2 Th. Salmiak zugesetzt sind; 5 Th. Jodkalium werden in 5 Th. Wasser gelöst, und die Lösungen gemischt. Es ge- nügen also statt 70 Th. Wasser 9 Th. Dies ist ein grosser Vortheil, namentlich wenn man mit grossen Mengen arbeitet, doch ist die Methode nicht ökonomisch, weil sich das Bijodid iöi Salmiak löst, und die Ausbeute ist nur 6,150 statt 6,7 Th. Das Produet ist dunkler gefärbt und körniger als Arcb, d, Pharm. 11. Bds. ä, Hft. 14 2lÖ i). Eeichardt, Alcoholische Gährung des Milchzuckers, bei andern Methoden und ähnelt dem bei dem alten Edinburg- Prozesse erhaltenen durch direete Vereinigung von Quecksilber und Jod und Auskrystallisiren aus Kochsalzlösung. (Canadian Pharm. Journ. — American Journal of Phar- macy. Vol. XL VI. 4. th. Ser. Vol. IV. 1874. pag. 76 sq.) R. Alcoholische (xährung des Milchzuckers uiid der Milch. Von E. Reichard t. Soviel über diesen Gegenstand schon geschrieben wurde, 80 wenig ist bis jetzt Klarheit über die bekannten Vorgänge erhalten worden. Bekannt ist, dass die Tartaren aus Stuten- milch ein alcoholisches Getränk, Kumys, bereiten, durch alco- holische Gährung, jedoch wie eingeleitet ? Die meisten Angaben laufen darauf hinaus, dass die in Asien beliebte Aufbewahrung der Milch in ledernen Schläuchen Anlass gebe, dass sich in denselben ein geeignetes Ferment erzeuge; über die jetzt auch in Deutschland eingerichteten Kumysbereitungsanstalten wird hinsichtlich der Gährung ein geheimnissvoller Schleier gezogen. Man hat, nach den öffentlichen Bekanntmachungen, tartarische Stuten kommen lassen, allein bei der sonst so gleichen Beschaffenheit der Milch einer Art Thiere ist es nicht glaubhaft, dass diese Milch anders constituirt sei, als diejenige unserer hier geborenen Stuten. Nach gleichen Quellen hat man sogar die Kumysbereiter aus der Tartargi verschrieben und diese hätten das besondere Ferment mitgebracht u. dergl. mehr. Die jetzige Kenntniss der Gährungserscheinungen und namentlich der alcoholischen Gährung und nahe verwandter Processe giebt dem Ausspruche eines besonderen Fermentes für den Milchzucker viel Wahrscheinlichkeit, da es bekannt ist, dass sehr einfache Uebcrgänge der Hefe Formen erzeugen, welche statt alcoholischer, Essiggährung u. s. w. an- regen können. •E. jReichardt, Alcoholische Galirung des Milcliz uckers. 2li Gerhardt (Lehrbuch der organ. Chemie 1859. Bd. II, S. 636) sagt : „Gewisse faulende Substanzen, wie z. B, faulender Käse, führen unter noch nicht genau bestimmten Bedingungen den Milchzucker in Krümelzucker über; der Krümelzucker verwandelt sich sodann in Alcohol und Kohlensäure. Auf diese Umwandlung gründet sich die Darstellung des Kumys, eines berauschenden Getränkes, welches die Kirgisen, Basch- kiren und Kalmücken durch Gährung der Stutenmilch bereiten," Berzelius giebt an, dass Stuten- und Eselsmilch, oder der darin enthaltene Milchzucker, in alcoholische Gährung übergehen könne. Gmelin fasst (Handbuch der org. Chemie. 4. Auflage Bd. IV S. 665 u. f.) die Beobachtungen dahin zusammen, dass Milchzucker mit kleiner Menge Hefe nicht in Gährung über- gehe, mit grösserer bei 30 " langsam, führt jedoch sofort auch eine grosse Beihe Autoren an, welche die Gährungsfähigkeit des Milchzuckerl überhaupt bestreiten. In den meisten Lehr- büchern steht desshalb der Milchzucker als gährungsunfähig verzeichnet. Sodann kommt die Beobachtung von Kowski a. Anderen, dass Milch auch durch Hefe in alcoholische Gährung gelange, wie namentlich diej. der Stuten in der Tartarei, endlich folgt auch die Bemerkung, dass Milchzucker durch Käse in Krü- melzucker übergehe. Thatsache ist es, dass auch in unserem Klima und bei Kuhmilch die alcoholische Gährung eintritt. Die Milch schäumt dann, zu grossem Erstaunen der Landwirthe, über, und wird meistens unbrauchbar. Ein hier in der Nähe vorgekommener derartiger Fall kam mir zur Beobachtung und gab Anlass zu weiteren Untersuchungen. Die in Gährung befindliche Milch hatte den Kahm oben abgeschieden und stiess denselben hoch schäumend heraus, sodass selbst hohe Gefässe nach wenigen Stunden wieder von dickem Schaume erfüllt waren. Man argwöhnte einen Einfluss des Futters oder der Thiere und sendete desshalb 14* 212 E. Äeichardt, Alcobolische Gährung des Milchzuckers. gährende Milch und dieselbe, frisch denselben Thieren ent- nommen; letztere ging jedoch in den Laboratoriumsräumen nicht in Gährung über, während sie bei ersterer ununter- brochen statt fand. Die mikroskopische Prüfung ergab, nach Entfernung des Fettes mittelst Aether, in grosser Menge die Milchsäurepilze, welche in den bekannten baumähnlichen Pormen und Ver- ästelungen vorhanden waren. Ausserdem fand sich aber auch thatsächlich alcoholische Hefe in rundlicher oder etwas läng- licher Form, wie sie bei Obergährnng und angehender Säuerung vorkommt, Alles den hier waltenden Verhältnissen entsprechend. Endlich kam auch vereinzelt die stabförmige Essighefe vor. Das Resultat ist demnach, dass auch hier die alcoholische Gährung mit der gewöhnlichen Hefe verbunden war, und mir war es nicht möglich, irgend etwas Besonderes aufzufinden. Nach dieser Beobachtung wurden nunmejir Milchzucker- lösungen von 10 Proc, , 5 Proc, 3 Proc. mit viel und wenig Hefe versetzt. Bei viel Hefe trat allerdings alcoholische Gährung ein , bei wenig dagegen nicht. Die derart in alco- holische Gährung übergegangene Milch enthielt aber keines- wegs so grosse Mengen Hefe, dass auf die Masse derselben besonderes Gewicht zu legen wäre. In Folge dessen wurde die anderweite , wichtige Bedingung für die alcoholische Gäh- rung, die Wärme, genau beobachtet und sofort bestätigt, dass bei 30" C. auch der Milchzucker durch Hefe in alcoholische Gährung übergehe. Es wurde hierbei nur wenig, völlig ausgewaschene, Bier- hefe verwendet und der Erfolg stets erzielt, am Besten bei 10 proc. Milch zuckerlösung. Der Verlauf der Gährung ist ein stetiger, langsamer, namentlich gegenüber der Gährung des Stärkezuckers. Prüfungen auf Traubenzucker ergaben, dass, wie schon früher mehrfach beobachtet, der Milchzucker in Traubenzucker übergeht und mit dem allmählichen Uebergange die Wirkung der Hefe auf geistige Gährung Schritt hält. E. Ueichardt , AlcohoHsche Gährnng des Milctzuckers. _ 213 "Verdunstet man etwas der in Gährnng befindlichen Masse, so kann aus dem Traubenrückstande durch Alcohol der Traubenzucker geschieden und bewiesen werden. Auf ganz gleiche Weise geht Milch, selbst mit wenig Hefe, in alcoholische Gährnng über, sobald die Temperatur 30^ C. erreicht hat. Ein Sinken der Wärme verlangsamt dieselbe, ohne völligen Stillstand sofort hervorzurufen. Steigen bis zu 40 ° C. verstärkt die Gährung , jedoch über 40 ^ C. hört sie bald auf. Am Besten und Gleichmässigsten gohr die 10 procentige Lösung vom Milchzucker. Sauer gewordene Milch zeigte ganz dieselben Erschei- nungen, nur langsamer und später, so dass die Säuerung eher hinderlich als fördernd zu wirken scheint. Milch mit äusserst wenig Hefe versetzt und den Sonnen- strahlen im Sommer dargeboten, ging sehr bald, in wenigen Stunden, in alcoholische Gährung über und einmal im Gange, war der weitere Verlauf ein ununterbrochener. Es scheint jedoch, als wenn vor der vollstständigen Zer- setzung die alcoholische Gährung aufhöre, sei es durch den erzeugten Alcohol bedingt, sei es durch die entstehende Ver- dünnung, wenigstens konnte bei reiner Milchzuckerlösung, wie bei Milch, die sich überhaupt stets gleich verhielten, ara Ende der Gährung, bei 30 ^ C. erhalten, stets noch unange- griffener Milchzucker nachgewiesen werden. 2^ach den bis jetzt bekannten Untersuchungen von Stuten- milch ist dieselbe sehr reich an Milchzucker — 7 — 10 Proc. — und ärmer an Butter und Käsestoff, was demnach recht gut einen leichteren üebergaug zur Alcoholgährung bewirken könnte. Jedoch tritt unter den genannten Umständen auch Kuhmilch in wenigen Stunden zur Alcoholgährung über. Die höhere Wärme in heissem Klima lässt ebenso er- klären, warum in Asien zuerst joder ausgebreiteter diese Gährung der Stutenmilch zur Bereitung geistiger Getränke benutzt wurde. Weitere Besprechungen mit Landwirthen der hiesigen Gegend ergaben auch das Resultat, dass sie stets die be- 214 Harry R. Bauer, Verbindung des Coniins mit Jod. obachtete Alcoholgährung' der Milch auf zu warmeB Local zurückführen konnten. Bei kühl gehaltenen Räumen oder rascher Abkühlung der Milch durch künstliche Mittel war diese Gährung nie aufgetreten. Natürlich ist aber auch zu- zufügen, dass in solche Räume, wo Milch aufbewahrt wird, keine alcoholische Gährungsbefe gebracht werde, demnach Fernhalten aller anderen Gährungsmischungen, Brodteicb, Hefe oder gar Wasser mit gährenden Flüssigkeiten. Wie leicht kann bei dem sonst gegebenen EinÜuss von Hefe, die warme , frische Milch , oder durch auffallende Sonnen- strahlen erwärmte, in Gährung gelangen und dient dann als Heerd der Hefe für alle hier aufbewahrte Milch, üeber- fährung in kalte Localitäten lässt jedoch stets und leicht diese Gährung schwinden. lieber eine VcrMiiduiig des Couiins mit Jod. Von Harry R. Bauer. (Vorläufige Mittheilung.) Ueber die Einwirkung des Jods auf Coniin fand ich in den grösseren Handbüchern weiter Nichts als die Angabe von Geiger*), dass Jod beim Zusammenreiben mit wasserfreiem Coniin unter gleichzeitiger Bildung von dicken weissen Nebeln eine anfangs blutrothe, später olivengrüne und extractartige, in Wasser zum Theil lösliche Masse bilde. Blyth**) macht Angaben über das Verhalten von weingeistiger Jodlösung gegen weingeistige Coniinlösung. Bl, giebt an, dass Jodlösung mit Coniin eine gelbe, rasch ver- schwindende Trübung erzeuge. Beim Verdunsten dieser Lösung im Vacuum bleibt bräunliche Mutterlauge neben Kry stallen zurück, die sich leicht in Wasser, Weingeist und Aether lösen. Die Eigenschaften oder Zusammensetzung dieses so ent- standenen Körpers fand ich nirgends angegeben. ***) *) Geiger Mag. f. Pharm. XXXV, 72,259. **) Blyth Quart. J. Chem. Soc. London I, 545. *•*) Gmelin Handbuch d. Chem, VI,525, Gerhardt. Org. Chem. IV, 6. Harry R. Bauer, Verbindung des Coniins mit Jod. 215 Ich versuchte zunächst mir diesen Körper wo möglich im krystallinischen Zustande zu verschaffen , und operirte wie folg't. Ich löste Coniin in Alkohol, versetzte tropfenweise mit weingeistiger Jodlösung, jedoch nicht mit so viel Jod- lösung, dass das Coniin vollständig ausgefallt wurde, sondern noch ein üeberschuss in Lösung blieb. Es entstand anfangs eine Trübung, die jedoch bald wieder verschwand. In ge- linder Wärme wurde der Alkohol abgedunstet und es blieb eine schwach gelblich gefärbte Masse zurück , intensiv nach Coniin riechend, leicht löslich in Wasser, Alkohol, Aether und Chloroform, nicht löslich in Benzol, kaltem wie kochendem, spurenweise nur löslich in Schwefelkohlenstoff. Der schwach gelb gefärbte Rückstand, in Wasser gelöst, lässt nach wochenlangem Stehen über Chlorcalcium Krystalle niederfallen, vollkommen ausgebildete Octaeder von ziemlicher Grösse, schwach gelb gefärbt, nach Coniin riechend. Die Krystalle lassen sich auch aus Aether umkrystallisiren , man erhält in diesem Falle sternförmig vereinigte Gruppen. Die Krystalle wurden im Vacuum vollständig getrocknet und dann deren Analyse unternommen. Da sich die Ver- bindung nach einem Vorversuche ausserordentlich leicht mit Silbernitrat umsetzte, so glaubte ich bei der Jodbestimmung keinen Schwierigkeiten zu begegnen. Die nächsten Bestimmungen zeigten mir jedoch, dass die Pällungsmethode mittelst Silbernitrat in diesem Falle un- brauchbar war. I. 56,372 o/o Jod. IL 58,1030/0 erhalten. Die Bestimmungen differiren zu sehr, als dass ich sie be- nutzen könnte. Die zweite Bestimmung fiel für die theoretisch berechnete Menge zu hoch aus, vielleicht erklärlich dadurch, dass dem Jodniederscblage jodsaures Silber beigemengt war, 3(C8Hi5]s[)3HJ,J3+i2NAga3+6H2Q = 9 8Hi5N.NHa3-]- 11 AgJ-f JAg03-f 3NH03 Ich versuchte nun mittelst der Wagner'schen Methode zum Ziele zn gelangen. Doch auch diese Methode erwies 216 Harry R. Bauer, Verbindung des ConÜn« mit Jod. sich M'egen des präexistirenden Gehaltes der Verbindung an Jod wassersäure als untauglich. Ich versuchte es hierauf mit einer Methode, dieHilger*) zu ähnlichen Bestimmungen mit bestem Erfolge anwandte. H. verbrannte die Verbindung mit chlorfreiem Kalke, aus Marmor durch Glühen dargestellt. Die Verbrennung wurde in einer 50 Centimeter langen Röhre vorgenommen. Nach der Verbrennung wurde der Kalk in Salpetersäure gelöst , einige Zeit schweflige Säure durchgeleitet zur Zersetzung von allen- falls vorhandenem jodsaurem Salze und nun die Lösung mittelst Silbernitrat gefallt. Hilger*'*) erhielt nach dieser Methode ganz brauchbare Resultate, doch glaube ich, dass die Methode, um genaue Resultate erwarten zu können, eingeübt sein muss. Ich entschloss mich nun endgültig, die Carius'sche Me- thode,***) die mir in den meisten Fällen als bei weitem die brauchbarste erscheint, anzuwenden. Danach wird die Substanz mittelst Salpetersäure und Silbernitrat in geschlossenem Rohre erhitzt. Da ich diese Methode schon unzählige Male anwandte, so kann ich wohl mit Recht behaupten, däss sie vor allen anderen zur Bestimmung des Jodgehaltes in organischen Sub- stanzen anwendbar ist; die nachfolgenden analytischen Belege basiren auf dieser Methode: I. 57,352 II. 57,412 III. 57,273 IV. 57,372 V. 57,432 Mittel: 57,370% *) Hilger, lieber Verbindungen dea Jods mit Pflaneenalkaloiden. Würzburg 1869, **) u. a. 0. 31. ***) Carius. Analyt. Zeitschrift X, 103. Äug. Alin^n, Aufbewahrung von Infusen etc. 217 Mithin in der fraglichen Verbindung 57,370 Jod. 42,630 Comin. 100,000 57,370:127,1 = 0,368 42,630:125, =0,340 Das Verhältniss des Jods zum Coniin ist somit wie 4:3. Für die Formel 3 (G « H ^^ i^) ^ HJ, js berechnet sich der Jodgehalt zu 57,466 % Jod. Diese aufgestellte Formel trägt daher den analytischen Ergebnissen vollständig Rechnung. Dass die Verbindung Jodwasserstoffsäure- enthalte, beweist hinlänglich das Ver- halten gegen Natriumhyposulfit und gegen metallisches Queck- silber. Schüttelt man nämlich die Verbindung mit metallischem Quecksilber, so entsteht eine Doppelverbindung, wobei nur 3 Atome Quecksilber aufgenommen werden. Nach all' dem kömmt der Verbindung die Formel 08H15N — J — J — €8Hi5N i I G8H15N — J — JH zu, und wäre dieselbe jodwasserstoffsaures Coniintrijodid. Ich bin gerade beschäftigt, andere Verbindungen des Jods mit Coniin, dessen Umsetzungen zu studiren, behalte mir daher weitere Mittheilungen über diesen Gegenstand vor. München im Mai 1874. Frof. Dr. Wittsteins Laboratorium. Ueber die Aufbewalirung von Infusen , Decocten nnd Nahrungsmitteln unter Baumwolle. Von Prof. Aug. Almön in Upsala. Mittheilungen aus der Scandinavisclien pharmaceutischen Literatur. Von Prof. Th. Huseraann in Göttingen. Während mehrerer Jahre hindurch fortgesetzter, mehr oder minder genauer Versuche, Nahrungsmittel und andere organische Stoffe, welche leicht verderben oder faulen, aufzu- 2l8 Aug. Almen, Aufbewahrung von lufusen etc. bewahren, haben mich \on der Kichtigkeit der Pasteur'schen Ansichten hinsichtlich der Fäulniss überzeugt, dass dieselbe auf der Entwickelung einer Masse kleiner Organismen beruht, deren Schaaren in der Luft sich finden. Ohne deshalb leugnen zu wollen, dass die organischen Stoffe bei Aufbewahrung vielen andern Veränderungen als der Fäulniss unterliegen können, betrachte ich doch dieselben als abhängig von der Entwicklung dieser kleinen Organismen, so dass, wenn diese vollständig von aller Berührung mit den organischen Stoffen abgehalten werden , auch diese den Veränderungen entgehen, welche wir gewöhnlich als verdorben, verfault und verschim- melt bezeichnen. Ich will mich jedoch für jetzt auf diese Frage nicht weitläuftiger einlassen und am allerwenigsten auf ihre theoretische Seite, sondern nur über einige Versuche berichten, Infuse, Decocte und einige leicht zersetzliche Nahrungsstoffe nach vorausgegangener Erhitzung mit kochendem Wasser unter Baumwolle zu verwahren, um damit zu zeigen, dass diese Verwahrungsart eine allgemeine Anwendung verdient. Vieljährige und ausgedehnte Erfahrungen haben bekannt- lich dargethan, dass auch die empfindlichsten Stoffe, s. g. Conserven , welche aus Fleisch u. s. w. bestehen , eine unbe- grenzte Zeit hindurch unbeschädigt erhalten werden können, wenn sie in hermetisch geschlossenen Blechgefässen verwahrt werden, welche man bis zur Ertödtung der Vitalität der ein- geschlossenen Sporen erhitzt. Die Unkosten für Anschaffung und Erneuerung der Gefsisse und die grosse Genauigkeit und Uebung, welche beim Hineinlegen u. s. w. erforderlich ist, hindert die allgemeinere Anwendung dieser vortrefflichen Methode von Seiten des Publikums. Die Art, wie man in einzelnen Häusern Birnensaft, Syrupe u. s. w. zu verwahren pflegt, nämlich in Flaschen mit verpichten oder zugelackten Körken, missglückt oft genug, ungeachtet den Zusatz von vielem Zucker sie weniger geneigt zum Verderben macht. Die Ursachen dazu können verschieden sein, die gewöhnlichste beruht meiner Ansicht nach darauf, dass man die Sporen nicht bei Füllung der Flaschen ausschliesseu kann und nachher Aflg. Almeti, Aufbewahrung von Infuseu etc. 215 versäumt, oder richtiger nicht einmal versucht, diese un- schädlich zu machen, ungeachtet dies durch Zubinden des Korkes und einstündiger Erhitzung der nicht ganz gefüllten Flasche in kochendem Wasser leicht zu bewerkstelligen wäre. Obgleich ich vollständig davon überzeugt bin, dass man auf diese Art viel bessere und sichere Resultate als diejenigen, welche man jetzt erhält, bekommen wird, ist doch einzusehen, dass man in dieser Weise nie volle Gewissheit erreichen kann, dass der Inhalt nicht verdirbt, weil beim Temperatur- wechsel immer einige Luft durch den Kork früher oder später hineinkommt und wo dann auch die Möglichkeit vor- handen ist, dass die Sporen mitgehen und ihre gewöhnlichen Folgen , Gährung und Eäulniss , bedingen. Am besten und einfachsten ist es deshalb, von allen Versuchen die Luft aus- zuschliessen , abzustehen und statt dessen den freien Zutritt der Luft zuzulassen, aber zuvor dieselbe aller verderblichen Sporen und Gährungskeime zu berauben, w^elches bekanntlich auf die viel einfachere Art geschieht, dass man zuerst die Luft durch ein dickes Lager von Baumwolle gehen lässt. Die beste und zugleich einfachste Art, die Syrupe, Beerensaft und ähnliche vegetabilische Substanzen, welche ohne Schaden gekocht werden können, zu bewahren, ist nach meiner Ueberzeugung die, den fertig gekochten Saft in Flaschen so hoch einzu- füllen, dass der Inhalt der mit warmem Wasser vorher ge- reinigten Flasche ein wenig in deren Hals hinaufreicht; das Gefass wird sodann mit einem guten Korke versehen, worin man ein starkes Glasrohr von ungefähr 2 Zoll Länge und 1 — IV2 Linie Lumen befestigt, die nach unten zu etwas verschmälert und mit Baumwolle gefüllt wird, welche man mit einer Nadel in kleinen Stücken einführt, ohne sie jedoch fest zu stopfen oder in die Bohre einzupfropfen. Nachdem der Kork fest zugebunden ist, wird die Flasche in einen Kochtopf mit Wasser gesetzt, mit einem Handtuch bedeckt, und ungefähr eine Stunde gekocht, dann in dem Kochtopfe erkalten gelassen, auf dass nicht bei einer raschen Abkühlung die Luft mit solcher Schnelligkeit durch die Baumwolle strömt, dasse diese nicht, wie sie muss, alle Sporen zurückhält. Ob- 520 Aug, Alm^n, Aufbewahrung von Infusen etc. gleich ich diese Verwahrungsart nicht besonders an diesen Flüssigkeiten versuchte, bin ich doch auf Grund vieler anderer Versuche, von welchen einige weiter unten erwähnt werden, davon überzeugt, dass der auf diese Art bewahrte Beerensaft und Syrup sich weit besser als sonst hält. Will man einen Theil des Inhaltes der Flasche gebrauchen und nimmt zu diesem Zwecke den Kork heraus, so ist damit auch die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass Sporen hinein- kommen, wodurch der zurückbleibende, nicht verbrauchte Theil in Gährung geräth. Will man dem vorbeugen, muss man des- halb nach dem Festbinden des Korkes den Saft aufs Neue eine Stunde lang kochen, um dadurch die neu hineingekom- menen Sporen zu tödten, oder auch das Verwahrungsgefäss auf die Art einrichten, dass der Inhalt in grösseren oder kleineren Portionen herausgenommen werden kann, ohne dass Sporen in das Gefäss und in Berührung mit der Flüssigkeit kommen können. Dies kann auf folgende viel einfachere und zweckmässigere Art erreicht werden. Der Kork wird mit zwei Löchern versehen, eins für das eben erwähnte mit Baumwolle gefüllte Rohr und ein anderes mit einem Glas- röhre, welches beinah den Boden der Flasche erreicht und über dem Korke zur Seite gebogen und abgeschnitten ist, daran ist ein wohlschliessender Kautschukschlauch befestigt, welcher etwas länger als die Höhe der Flasche ist und in dessen freiem, offenem Ende ein passendes Stück eines Glasstabes, welches als Kork wirkt, angebracht wird. Wird der Kaut- ßchukschlauch und das Glasrohr mit dem Inhalt der Flasche gefüllt, so wirkt der Schlauch sodann als Heber, sobald das Glasstück fortgenoramen wird. Natürlich wird der Kautschuk- schlauch und die Flasche mit ihrem Inhalt u. s. w. auf die- selbe Art wie vorher gekocht. Alles ist unverändert mit dem Unterschiede, dass man nun, wann es auch sei, den Inhalt in grösseren oder geringeren Mengen erreichen kann, ohne dass Sporen hineinkommen, weil alle Luft, welche hineindringt, erst durch die Baumwolle geht, wodurch die Sporen vollständig zurückgehalten werden. Im Folgenden will ich nun über einige Versuche berichten, unter Baumwolle einige Infusionen Aug. Aimen , Aufbewabrung von infusen etc. 221 und Decocte aufzubewahren und die Vortheile, welche dadurch erreicht werden können , und daran will ich sodann einige Versuche schliessen, auf dieselbe Weise Milch, Fleisch und essbare Pilze aufzubewahren. Decoctum Frangulae. Am 2. S'ov. 1872 wurde auf gewöhnliche Weise, jedoch mittelst Kochen über ofiPenem Feuer ein Decoct von 1 Th. Cortex Frangul, incis. auf 10 Th. Colatur bereitet. Nach Abkühlung des Decocts wurde die klare Lösung von dem geringen Bodensatze abgegossen und die verschiedenen Portionen der Lösung auf folgende Art aufbewahrt: 1) Eine gewöhnliche kleine, mit kochendem Wasser gut gereinigte Flasche wurde mit Decoct gefüllt, und mit dop- peltem Papier bedeckt bei Seite gestellt. Nach einiger Zeit veränderte sich das Aussehen des Decoctes, der Geschmack wurde ein anderer und herberer; nach 2 — 3 Wochen trat Sehimmelbildung zuerst auf der Oberfläche und sodann durch die ganze Masse und schliesslich Fäulniss ein. 2) Ein anderer Theil desselben Decocts wurde in eine kleinere mit kochendheissem Wasser gut gereinigte Flasche gefüllt, die sogleich sorgfältig verkorkt wurde. Das Decoct behielt nun lange ein unverändertes Aussehen, oben an den Wänden und dem Boden der Flasche setzte sich ein grünbrauner Belag ab, welcher schliesslich den Boden bis zu jingefähr ^4 Linie Höhe bedeckte. Nach l^/g jähriger Verwahrung im warmen Zimmer schien das Decoct wenig verändert zu sein; Geschmack und Geruch zeigten kein Verderben an. 3) Eine dritte Flasche wurde mit Decoct gefüllt, so dass nur- der Hals der Flasche leer blieb und nach festem Zubinden des Korkes in kochendem Wasser erhitzt , um die Sporen zu tödten. Dieses Decoct hielt sich besser als das erste ; der- selbe braune Belag setzte sich an den Wänden und dem Boden der Flasche ab; aber die Menge war etwas geringer als in der Flasche No. 2. Nach l^g jähriger Verwahrung im I warmen Räume fand sich das abgegossene , vollkommen klare Decoct im Aussehen, Geschmack und Geruch ganz unbeschädij^t. 222 Aug. Almen, Auftjewahruiig von Inlusen etc. 5) Der übriggebliebene und überwiegende Tlieil des De- cocts, welcher etwas über 1 Lit. betrug, wurde in eine grosse Flasche, die mit einem Kork und zwei Röhren versehen war, gefüllt. Von den Höhren wurde die eine wie gewöhnlich mit nicht festgestopfter Baumwolle angetüllt, während die andere, welche fast bis zum Boden der Flasche reichte, ober- halb des Korkes mit einem Kautschukschlauche in Verbindung stand, welcher mit einem Glasstabstücke verschlossen war und als Heber auf die Weise wirkte, dass , wenn etwas von dem Inhalt abgezapft wurde , die Einsaugung eines gleichen Volumens Luft stattfand, welche durch die Baumwollenröhre befreit war, i^achdem das Decoct auf Flaschen gefüllt, der Kork zugebunden und der Heber oder der Kautschukschlauch mit Decoct gefüllt war, wurde alles zusammen in kochendem Wasser über 1 Std. erhitzt, um die, während der Füllung der Flasche eingedrungenen Sporen zu tödten und die Flasche langsam erkalten gelassen, wonach sie 13 Monate lang in ein erwärmtes und bewohntes Zimmer gestellt wurde. Das Decoct hat während dieser Zeit in seinem Aussehen keine andere Veränderung erlitten als die, dass die Wände und der Boden der Flasche einen dünnen braunen Ueberzug oder Absatz be- kamen, höchst gering und viel weniger als bei Flasche No. 2. Bei vielen verschiedenen Gelegenheiten wurden durch den Heber kleine Portionen des Decocts abgezapft und gefunden, dass Geruch, Geschmack und Aussehen desselben ganz unver- sehrt und unverändert waren. Obgleich das Franguladecoct während dieser langen Auf- bewahrung im warmen Eaume keiner weiteren sichtbaren Verändeining unterlag, konnte es doch wahrscheinlich sein, dass die wirksamen und eigentlich laxirenden Bestandtheile während dieser Zeit solcher Alteration unterworfen waren, dass das Decoct geschwächt oder möglicherweise unwirksam war. Um hierin Gewissheit zu bekommen, hat der Unterarzt bei der medicinischen Abtheilung des akademischen Kranken- hauses, 0. V. Petersson, an dazu vollständig brauchbaren Patienten mehrere vergleichende Versuche zwischen diesem Decocte und gewöhnlichem neubereitetem Franguladecoct ange- Aug. Almen, Aufbewahrung von Infusen ete, 223 stellt und war hiervon das Resultat, dass das Deccct seine gewöhnlichen Eigenschaften und Wirkungen besass. Aller- dings schien das über 1 Jahr alte Decoct ganz wenig schwä- cher als das neubereitete zu sein, aber der Unterschied zwischen ihnen war so unbedeutend, dass, da der anwend- bare Vorrath des alten Decocts nicht hinreichende Versuche zuliess , ein sicheres Urtheil hierüber nicht ausgesprochen werden kann. Aus den angeführten Versuchen scheint man sciiliessen zu können, dass das Franguladecoct, mit vielen andern Infu- sionen und Decocten verglichen, wenig empfindlich und rela- tiv leicht unversehrt auch zu bewahren ist, aber dass dasselbe am besten und mit dem geringsten Absätze bei der Verwah- rungsart Nr. 4 sich hielt. Der Vorrath, welcher in diesem Palle ungefähr 1 Lit. ausmachte, hatte während der 13 Mo- nate langen Aufbewahrung im warmen Zimmer Aussehen, Geruch und Geschmack unverändert beibehalten und schien dieses alte Decoct dem frisch bereiteten hinsichtlich der Wir- kung ganz gleich, oder möglicherweise ganz unbedeutend schwächer als das neubereitete Decoct zu sein. Infusum Ehei alkalinum. Obgleich diese Infusion unbestreitbar sehr empfindlich oder schwer zu bewahren ist, weil sie so leicht in Gährung geräth und verdirbt, so ist man doch gezwungen, zu gestatten, dass dieselbe fertig bereitet vorräthig gehalten wird, sowohl der häufigen Nachfrage wegen, als auch aus dem Grunde, dass seine Bereitung längere Zeit als diejenige anderer Infuse erfordert. Es giebt, wie bekannt, eine Menge verschiedener Vorschriften für dieses. Präparat. Die neue norwegische und dänische Pharmakopoe haben die- selbe Bereitungsweise mit weniger Alkali als die schwedische Pharmakopoe und ausserdem Aufkochen des in der Kälte bereiteten und colirten Infuses, das nach dem Abkochen mit ungefähr ^/g Aqua Cinnamomi spirituosa versetzt wird. Die neue schwedische Pharmakopoe hat eine neue ungewöhnliche Bereitungs weise des Infusums, wenn ich nicht irre, zuerst vom Apotheker Li n dm an empfohlen, und darin bestehend, dass 1 Th. des in der Kälte bereiteten alkalischen Infuses mit 224 Aug. Alm^n, Aufbewahrung von Infusen etCi 2 Tb. Spii'itus concentratus versetzt wird, wonach die wahrend 24 St. gefällte Substanz abfiltrirt, die grösste Menge des Sprits abdestillirt und der Kückstand vollständig durch Er- hitzen im Wasserbade entfernt wird, wonach das ursprüng- liche Gewicht des Infuses durch Zusatz der nöthigen Menge kochenden Wassers wieder hergestellt wird. Das Infus, wird sogleich auf kleine, mit kochend heissem Wasser frisch ge- spülte Flaschen gegeben, die stets gefüllt und sorgfältig an einem kalten Orte aufzubewahren sind. Die Bereitungsweise ist unleugbar etwas beschwerlich, aber der Aufguss wird dadurch länger haltbar. Es muss jedoch die Vorschrift der Pharmakopoe namentlich auch in Hinsicht auf die Reinigung des Aufbewahrungsgefässes mit grosser Genauigkeit befolgt werden, wie folgende zwei Versuche lehren. Etwa 150 g. Infusum Rhei alkalinum Ph. Su. wurden in zwei gleiche Por- tionen getheilt und in zwei gleich grossen Flaschen aufbe- wahrt, von denen die eine sorgfältig mit destillirtem Wasser gereinigt, die andere hingegen in kochendes Wasser getaucht wurde. Beide Flaschen wurden zugekorkt neben einander im warmen Zimmer aufbewahrt; der Inhalt in der mit kaltem Wasser gereinigten Flasche verschimmelte und verdarb nach einigen Wochen, während die in kochendes Wasser hinabge- senkte Flasche noch nach 1^2 jähriger Verwahrung im war- men Zimmer ganz unbeschädigt und unverändert, abgesehen von einem gelben pulverförmigen Bodensatze , vorgefunden wurde. Diese Verschiedenheiten zwischen den beiden Ver- wahrungsarten beruht ohne Zweifel darauf, dass die Sporen von dem kochenden Wasser in der einen Flasche getödtet wurden, während -sie in der andern lebendig blieben. Weil die Bereitungsart des Infusum Rhei alkalinum in der neuen schwedischen Pharmakopoe unbestreitbar, wenn auch zweckmässig hinsichtlich der Haltbarkeit des Infuses, jedoch sehr beschwerlich und selbst kostspielig ist, will ich versuchen, ob dieses Infus nicht viel einfacher bereitet wird und unter Baumwolle gleich haltbar bleibt. Zu diesem Zwecke wurde von 1 Th. Rad. Rhei incia. und Alkali durch 12stün- dige Mazeration und Coliren etc. 10 Th. Infus, gewonnen. Aug. Almen, Aufbewahrung von Infusen efcc. 225 Ein geringer Theil davon wurde in einer kleinen, gut gei-ei- nigten und verkorkten Flasche verwahrt, aber das Infus, ver- darb sehr bald und wurde untauglich. Der Rest desselben _ wurde in eine grössere Flasche gefüllt, jedoch in Wasser gesetzt, welches eine Zeit lang zum Kochen erhitzt wurde, wonach dies klare Infus, von dem abgesetzten schleimigen Coagulum abgegossen und zu folgenden Versuchen benutzt wurde. 1) Ein kleiner Theil des erwähnten Infusum Rhei alka- linum, welches hinsichtlich der von mir angewendeten Berei- tungsart wohl richtiger Infuso - decoctum genannt werden dürfte, wurde in einer kleinen gut verkorkten Flasche ver- wahrt, gerieth aber bald in Gährung, verschimmelte und verdarb, 2) Ein anderer Th. desselben Aufgusses wurde in eine etwas mehr als zur Hälfte davon erfüllte Flasche gegeben und mit fest zugebundenem Korke in kochendem Wasser ungefähr ^/^ Stunden erhitzt. Sie wurde seitdem im warmen Zimmer 1^2 «^^■^r aufbewahrt, und mit Ausnahme einer ganz unbedeutenden Menge eines gelben Pulvers, welches sich auf dem Boden absetzte, scheint das Infus, fortdauernd vollkom- men klar, schön und ganz wie frisch bereitetes zu sein. 3) Der zurückbleibende grösste Theil desselben Infuses wurde auf eine grössere Flasche gefüllt, mit gut befestigtem Korke mit zwei dazu gehörenden Glasröhren versehen, die eine mit Baumwolle gefüllt, um die eindringende Luft von allen Sporen zu befreien, die andere mit einem vermittelst eines Glasstabes geschlossenen Kautsckukschlauches versehen , um als Heber zu wirken und dadurch nach Bedarf eine grössere oder ge- ringere Menge des Rhabarberaufgusses entleeren zu können, ohne dass die übrigbleibende Portion mit Luft in Berührung träte, welche Spuren oder andere schädHche Stoffe enthält. Nachdem die Flasche mit Infus, und Röhren in kochendem Wasser beinah 1 St. erhitzt und im Wasser erkalten gelas- sen war, wurden sie 1^2 Jahr in einem bewohnten Räume verwahrt und wurden während dieser Zeit bei mehreren ver- schiedenen Gelegenheiten kleine Portionen des Infuses durch 4rch. i. Pbarm. II, Bds, 3, Hft. 15 226 Aug. -Almen, Aufbewahrung von Infusen etc. Fortnahme des Glasstäbchens zur Prüfung herausgenommen. Die einzige scheinbare Veränderung, welcher das Infus, in dieser langen Zeit unterlag, bestand darin, dass ein gelbes Pulver in unbedeutenden Mengen am Boden sich absetzte; das Infus, selbst war übrigens ganz klar, sowohl äusserlich wie im Innern durchaus nicht schimmelig, noch zeigte es ein anderes Zeichen von Verderben , sondern war nach Geruch, Geschmack und andern Prüfungen ganz unversehrt wie frisch bereitetes Infusum. Nachdem der Aufguss nun 13 Monate hindurch im war- men Zimmer verwahrt war, wurde durch den Kautschuk- schlauch 1 Th. davon abgezapft, welcher vom Unterarzte im Krankenhause an einigen Patienten hinsichtlich seiner Wir- kung geprüft und als vollständig zufriedenstellend befunden wurde. Ob das Infus, dieselbe Stärke wie frisch bereitetes hatte, konnte nicht in den wenigen Versuchen, welche mit dem disponiblen Vorrath sich anstellen Hessen, entschieden werden. Die erwähnten Versuche scheinen mir zu zeigen, dass das in der Kälte bereitete Infusum Ehei alkalinum durch Aufkochen vom schleimigen Coagulum (Eiweissstoffen) befreit, unbeschädigt lange , beinah unbegrenzte Zeit aufbewahrt wer- den kann, wenn dieses Infuso - Decoctum Aufbewahrung findet in Flaschen, welche mit gut zugebundenen Korken oder noch besser mit Korken mit dazugehörendem Baumwollenrohr und Kautschukschlauche etc. versehen und sodann in kochendem Wasser erhitzt wurden. Der Versuch scheint es mir in jeder Hinsicht zu verdienen, wiederholt zu werden und sollte er fortdauernd ein gleich gutes Resultat liefern , dürfte diese Art das Infusum Rhei alkalinum zu bereiten und zu verwah- ren als viel einfacher und billiger dem in der schwedischen Pharmakopoe angegebenen vorzuziehen sein. Infusum Sennae compositum. Dieses Infus, ist unleugbar ein sehr empfindliches Arzneimittel, welches nach der Pharmakopoe nicht vorräthig gehalten, sondern bei vor- fallendem Bedarf bereitet werden soll, was im hohen Grade den Gebrauch dieses sonst sehr beliebten Laxirmittels beschränkt. Aug. Alm^n, Aufbewahrung von Infusen etc. 227 Um die Wirkung der verschiedenen Verwahrungsweisen für dieses Infus, zu ergründen, wurden nach der Vorschrift der Pharmakopoe ungefähr 400 g. Infus, bereitet, welches in meh- rere verschiedene Portionen getheilt wurde. 1) Ein geringer Th. des Infuses wurde in einer kleinen, nicht verkorkten , sondern nur mit doppeltem Papier bedeck- ten Flasche verwahrt; der Inhalt verdarb sehr schnell, wurde innerhalb einer Woche stark schimmelig und war nach einem Monat in eine feste Schimmelmasse verwandelt. 2) Ein anderer Th. desselben Infuses wurde in einer gut gereinigten und sorgfaltig verkorkten Elasche verwahrt, ver- darb aber gleichwohl bald genug und bildeten sich darin gleichfalls eine grosse Menge Schimmelpilze. 3) Ein anderer Th. desselben Infuses wurde in eine Elasche gefüllt, welche mit fest zugebundenem Korke verse- hen und im Wasserbade 1 St. lang erhitzt wurde. Während- dem setzte sich eine weisse zähe Fällung, vermuthlich aus coagulirtem Albuminat bestehend, ab, welche nicht entfernt, sondern in der Flasche nebst der klaren Infusion aufbewahrt wurde. Während l^/g jähriger Verwahrung im warmen Zim- mer veränderte der Inhalt sein Aussehen nicht; die Flüssig- keit blieb klar und schön, hatte nur einen äusserst geringen, wenig bemerkbaren gelben Belag auf der Oberfläche zunächst dem Glase, nicht auf dem übrigen Theile der Flüssigkeit. 4) Die zurückbleibende grösste Portion des Infuses wird in eine verkorkte Flasche gefüllt und im Wasserbade erhitzt, bis eine' weisse zähe Fällung sich absetzt, wonach das Infus, aufs Neue colirt wurde. a) Ein kleiner Th. davon wurde in eine gut gereinigte und verkorkte Flasche gethan, worin er jedoch verdarb und ver- schimmelte, jedoch nicht so zeitig, noch in demselben hohen Grade wie der, welcher ungekocht war. b) Der zurückbleibende Th., welcher etwa ungefähr 150 g. ausmachte, wurde auf eine mit Kork und dazugehörendem Baumwollenrohr und Kautschukschlauche etc. versehene Flasche gefüllt, dann die Flasche mit dem Infus, in kochen- dem Wasser 1 St. erhitzt und im Wasserbade 1 St. erkalten X5* 228 Aug. Almen, Aufbewahrung von Infusen etc. gelassen, darnach im warmen Zimmer iVg Jahre verwahrt, ohne dass der Inhalt irgend einer sichtbaren Veränderung Tinterlag, ausgenommen dass auf dem Boden der Flasche einige kleine Krystalle, vermuthlich Weinstein, sich absetzten. I>ei mehreren verschiedenen Gelegenheiten wurden kleine Portionen abgezapft und geprüft und auch im Aussehen , Ge- ruch und Geschmack ganz unversehrt wie frisch bereitetes Infus, gefunden. Der geringe Yorrath erlaubte nur einen Versuch hinsichtlich der Wirkung des Infuses , welcher ein befriedigendes Resultat gab. Die erwähnten Versuche mit Infus. Sennae compositum zeigen, dass das Infus, in unver- korkten oder nicht sorgfältig verkorkten Gefässen bald ver- dirbt und sich mit Schimmelpilzen bedeckt und dass eine gleiche Zersetzung, obgleich nicht sobald und in geringerem Grade mit dem Infus., welches durch Aufkochen und neues Seihen von ausgefällten Albuminaten befreit war, eintritt. Die beiden Portionen hingegen, welche auf Flaschen verwahrt wurden, deren Inhalt nach Einfüllung des Infuses durch Er- hitzen in kochendem Wasser von vitalen Sporen befreit war, wurden anderthalb Jahre lang im warmen Zimmer aufbewahrt, ohne sich sichtlich zu verändern oder zu verderben und ob- schon in dem einen Versuche die Luft durch die Baumwolle unbehinderten Zutritt äu der durch Abzapfen verminderten Flüssigkeit fand. Die in dem Vorhergehenden erwähnten Versuche mit Decoctum Frangulae und Infusum Rhei alkalinum uad Infus. Sennae compositum sind freilich so wenige, dass man nur mit einem gewissen Zweifel einige allgemeine Schiasssätze daraus ziehen kann, aber sie scheinen mir doch dasselbe darzuthun, wie ich durch viele andere zu verschiedenen Zeiten ange- stellte Versuche bekräftigt habe, das Infuse und Decocte, welche auf Flaschen mit festzugebundenen Korken in kochen- dem Wasser eine Stunde lang erhitzt wurden, nachher sehr lange Zeit auch im warmen Zimmer aufbewahrt werden kön- nen, ohne dass sie geschädigt oder verändert werden, unge- achtet dieselben ^Mittel ohne diese Behandlung auch in gleich Aug. Almen, Aufbev/ahrung von Infusen etö, 229 guten geschlossenen Gefässen in kurzer 'Zeit in Gährung gei'athen, schimmelig werden und verderben. Wenn nicht als eine Folge des Temperaturwechsels die Luft mit den nachfolgenden Sporen früher oder später in die Flaschen eindränge, könnte der Inhalt vermuthlich unbe- grenzte Zeit unversehrt bewahrt werden. Ein derartiges und vollständig sicheres Resultat wird dadurch erreicht, wenn der Luft ungehindert Zutritt zur Flüssigkeit durch ein mit Baum- wolle gefülltes Eohr gelassen wird, alles unter der Voraus- setzung, dass die Sporen, welche einmal in die Flasche kom- men, durch vorhergehende Erhitzung unschädlich gemacht wurden. Versieht man derartige Flaschen mit einem Glas- rohr und Kautschukschlauch etc. auf die oben angegebene Art, so kann man nach Belieben einen grösseren oder gerin- geren Theil des Inhalts der Flasche entleeren, ohne dass der 2urückbleibende Theil deshalb weniger dauerhaft als vorher bliebe. Die von mir befürwortete Verwahrungsart für Infuse und Decocte bietet vom practischen Standpunkte nicht geringe Vortheile dar. Für den Apotheker ist es unzweifelhaft sehr bequem, wenn er bei Gelegenheit und wenn freie Zeit vor- handen ist, eine grössere Menge Infuse und Decocte bereitet, welche oft nachgefragt werden. Sowohl für den Käufer als Verkäufer ist es gleichwohl ein grosser Gewinn, wenn das Mittel sich fertig vorfindet und sogleich bei der Nachfrage ausgeliefert werden kann. Die Abwiegung kann nicht ein- facher sein, als wenn man durch den Kautschukschlauch und Herausnahme des Glaspfropfes in die auf die Wage gestellte und tarirte Flasche das vorgeschriebene Gewicht des Heil- mittels herausgiesst. Was die ökonomische Seite des Vorschlages betriift, so sind die Vortheile in dieser Hinsicht sowohl für Käufer als Verkäufer gleich gross. Die Bereitungsweise ist allerdings einfach, erfordert jedoch mehr Zeit und Arbeit, als die gewöhn- liche Darstellung von Infusen und Decocten, weshalb eine höhere Berechnung pro labore stattfinden muss. Die Zurü- stung der Flasche kostet die meiste Zeit, doch muss man 230 Aug. Alm^n, Aufbewahrung von Infusen etc. auch in Erwägung ziehen, dass dieselbe Flasche längere Zeit gebraucht werden kann, und wenn man einen Kautschukpfropf mit 2 Löchern besitzt, so ist die Einrichtung der Elasche bald beschafft. Ein grosser Gewinn ergiebt sich durch die neue Auf bewahruugsw" eise auch für den Käufer und nament- lich für Krankenanstalten, wo man nicht mehr nöthig hat, das zuviel bereitete Quantum der betreffenden Infuse und Decocte Ibrtzugiessen , sondern ohne Verlust einen grösseren Vorrath aufzubewahren und nach Bedürfniss zu brauchen im Stande ist. Da die Arbeitstaxe für die Darstellung kleinerer Mengen von Decocten nothwendig eine höhere ist und da der Preis der leicht verderbenden Infuse und Decocte hiernach in der Taxe festgestellt ist, so erwächst Krankenhäusern durch die Verordnung solcher kleiner Quantitäten offenbar ein Nach- theil, welcher durch die neuvorgeschlagene Aufbewahrungs- weise verhütet werden kann. Es ist selbstverständlich, dass diese neue Aufbewahrungs weise nicht ohne Weiteres in die Apotheken eingeführt werden kann, insofern die in Kraft tre- tende Vorschrift der Pharmakopoe das Vorräthighalten der in Frage stehenden wässrigen Auszugsform verbietet. Aber es besteht durchaus kein Hinderniss für den Arzt, jedes Medica- ment nach einer von ihm gelieferten Vorschrift bereiten zu lassen. Verschreibt nun der Arzt solche dauerhafte, vorräthig gehaltene Mittel, z. B. unter der Benennung Infusum Sen- nae compositum durabile secundum praecepta Almen, oder in einer ähnlichen Weise, so ist der Apotheker berechtigt, sie vorräthig zu halten urd verkauft er die Mix- tur auch zur Hälfte des Preises, so hat nach leicht anzustel- lender Berechnung, nicht nur der Käufer, sondern auch der Verkäufer dabei guten Nutzen und der Arzt hat die Befrie- digung, sein Recept schleunigst expedirt zu erhalten. Ich gebe nun zum Schlüsse dieses Aufsatzes noch einige Versuche über die Aufbewahrung verschiedener im höchsten Grade zur Zersetzung geneigter Nahrungsmittel unter Baum- wolle. Anfang November 1872 machte ich den Versuch, Milch zu conserviren. Eine Flasche wurde mit 800 Cc. Aug. Almen, Aufbewahrung von Iiifusen etc. 231 oder ungefähr Ys Quartier nicht abgerahmter Kuhmilch ge- füllt, wonach die Flasche mit einem gut zugebundenen Korke mit einem darin befestigten, ungefähr 2 Zoll langen mit Eaum- wolle gefüllten Glasrohr versehen wurde. Die Flasche mit Milch wurde in ein Gefäss mit kaltem Wasser gestellt, mit einem Handtuche bedeckt, das Wasser 1 St. lang kochen, und die Milch bis zum Erkalten dai'in gelassen und hierauf letztere auf einem Brette in einem bewohnten Zimmer 6 Mo- nate lang aufbewahrt. Die Milch säuerte während dieser Zeit nicht und unterlag keiner andern Yeränderung, als dass sich der Eahm darauf sammelte, anfangs jedoch nicht fester, als dass er beim Umschütteln leicht vertheilt wurde, wonach die Milch wieder ihr gewöhnliches Aussehen annahm. Nach langer Zeit war der Rahm oben darauf fester und am Boden die Milch heller und magerer, aber nicht sauer oder geron- nen und hatte keine Molke abgesetzt. Im Mai 1843 und also nach 6 monatlicher Verwahrung wurde der Kork aus der Flasche gezogen und die Milch einer genauen Untersuchung durch qualitative und quantitative Analysen von Hammar- sten, welcher sich während der letzteren Jahre fleissig mit detaillirten Milchuntersuchungen beschäftigte, unterworfen und wurde diese Milch bei allen gewöhnlichen Proben, Prüfung mit Lab u. s. w. ganz normal gefunden, mit Ausnahme davon, dass der ßahm fester als gewöhnlich abgeschieden war. Die einzige Ungleichheit, welche bemerkt werden konnte, bestand darin, dass ein Theil Serumalbumin (Lactalbumin) durch das langwierige Kochen in Alkalialbuminat übergegangen war. Namentlich möchte ich die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die Zuckermenge bei Titrirung normal befunden wurde und dass die Reaction nicht saurer war, als sie gewöhnlich bei einige Stunden alter Milch ist. Erinnert man sich, wie schwer es ist, während eines einzigen Sommertages die Milch, ohne dass sie säuert, zu verwahren und dass diese Milch auf diese Art ^2 J^^^' ^^'^g, ohne zu säuern, aufbewahrt wird , so kann nicht geleugnet werden, dass das angeführte Beispiel besonders beweisend für das Vermögen der Baumwolle, die die Säure "bedingenden 232 Aug. Almen, Aufbe\v;thrung von Infusin etc. Sporen abzuhalten, ist. Andere "Versuche haben dasselbe Resultat gegeben, aber ein Versuch dürfte doch erwähnt werden, dessen Ausgang etwas verschieden war. Diese Milch war ganz neugemolken und wurde nicht eine, sondern zwei volle Stunden gekocht. Unter Baumwolle verwahrt, aber mit einem Heber zu einer bequemeren Entleerung des Inhalts versehen, hielt sie sich in der Wärme Monate lang, ohne zu säuern und zu verderben. Der Rahm sammelte sich jedoch vollständig auf der Oberfläche, und nach unten zu war die Milch gleich wie geronnen oder coagulirt, aber nicht von aus- gefälltem Casein, sondern von gefällten Phosphaten, welche vermuthlich dieses Mal ausgefällt wurden, weil die Milch von Anfang an mehr alkalisch war als beim vorhergehenden Ver- suche und ausserdem viel längere Zeit gekocht war. Für diejenigen , welche gezwungen sind , kleine Kinder mit Kuhmilch aufzufüttern und denen es schwer fällt, nament- lich im Sommer, immer solche anzuschaffen, welche nicht sauer ist, oder für diejenigen, welche auf Reisen kleine Kin- der mitführen müssen, welche schwerlich eine so dienliche Nahrung, als frische, nicht gesäuerte Milch entbehren können, empfehle ich das Anschaffen einer Flasche, am liebsten mit Kautschukpropf und 2 Glasröhren , eine mit Baumwolle und die andere mit einem Kautschukschlauche u. s. w. auf die an- gegebene Weise versehen. Diese Flasche wird mit Milch gefüllt, verkorkt und eine Stunde gekocht, wo man nach deren langsamem Abkühlen einen Vorrath von Milch hat, wel- cher auch in der Sommerwärme ohne zu säuern verwahrt und in der Weise, wie der Bedarf vorhanden ist, verbraucht wer- den kann und einmal verbraucht, sich leicht auf's Neue ersetzen lässt. Natürlicherweise kann die Milch entweder vor dem Aufkochen oder unmittelbar bei deren Benutzung mit Wasser und Zucker nach Alter und Bedarf des Kindes versetzt wer- den. Es scheint mir aus dem angegebenen Grunde des Ver- suches werth, diese Flaschen z. B. in Find -Häusern und andern Stellen, wo kleine Kinder mit Milch aufgefüttert wer- den, zu versuchen, und ich glaube nicht, dass es lange Zeit dauern wird, bis die Wärterin diese Art Milch zu bewahren Aug. Almen, Aufbewahrung von Infusen etc. 233 und anzuwenden, weit bequemer und reinlicher findef, als die jetzt allgemein gebräuchliche Art, welche eine so minutiöse Eeinlichkeit und Genauigkeit erfordert. Ungefähr gleichzeitig oder Mitte Nov. 1872 wurden andere Versuche gemacht, Pleisch zu conserviren. In einen Glashafen wurde ein Stück schönes Ochsenfleisch, ungefähr Yg Pfund eingelassen, und an einem kleinen Haken auf der untern Fläche des Korkes ein kleiner neugeschossener, ge- pflückter und ausgenommener Vogel (ein Seidenschwanz) befestigt. Im Korke war das gewöhnliche Glasrohr mit Baumwolle vorhanden, dann wurde derselbe recht dicht gemacht und der Hafen 1 St. in kochendem Wasser erhitzt. Die Al- buminate coagulirten dabei, das Fleisch verlor seine Farbe und Verschiedenes vom Fleischsaft wurde herausgepresst und schied sich als klare Bouillon ab. Nachdem das Wasser erkaltet war, wurde der Hafen herausgenommen und 6 Monate lang bei Seite auf ein Brett gestellt. Das Fleisch behielt während dieser Zeit dasselbe Aussehen und die an den Sei- ten abgeschiedene Bouillon blieb klar und schön, und bedeckte sich nicht mit der Haut, welche den faulenden Fleischsaft zu überziehen pflegt, sondern erschien unverändert. Als der Kork entfernt wurde, konnte man aus Geruch, Geschmack und Aussehen nicht auf das geringste Verderben schliessen, wesshalb ich Fleisch und Vogel auf gewöhnliche Weise bra- ten liess und sie sodann mit gutem Appetit verzehrte, ohne dass der Geschmack etwas Anderes ahnen liess, als dass es sich um ein Gericht von gewöhnlichem frischen Fleische -han- delte. Vielleicht war der Vogel etwas zäher als ein gut zubereiteter Krammetsvogel sein muss , aber nicht einmal das Gehirn des Vogels schmeckte im Geringsten verdorben oder alt, ungeachtet sowohl Vogel und Fleisch im warmen Eaume mit Hinzutritt der Luft und ohne Salz oder andere Zusätze während beinah 6 Monaten verwahrt waren. Unsere essbaren Schwämme gehören bekanntlich zu den Nahrungsmitteln, welche am schlechtesten unversehrt bewahrt werden können, und da ich hinsichtlich ihrer Auf- bewahrungsweise mich auf eine mehrjährige Erfahrung im 234 Aug. Alm^n, Aufbewahrung von Infusen etc. Haushalte berufen * kann , mögen mir darüber einige Worte gestattet sein. Die hierzu benutzten Gefasse bestehen aus gewöhnlichen Häfen von verzinntem Eisenblech , oben an der Oeffnung und der äussern Seite mit einer Rinne von Eisenblech, welche ungefähr ^/^ Zoll von dem Rande festgelöthet wird, versehen, und hat die Rinne diese Tiefe, aber nur etwas über 1 Linie Lumen oder Weite. In diese nach oben zu geöffnete Rinne wird der Deckel eingeschoben, welcher beinah bis zum Boden der Rinne reicht und sodann die Rinne mit Oel oder etwas anderem flüssigen Fett gefüllt, wodurch der Zutritt der Luft abgesperrt wird. In einer Seite des Deckels, welcher nicht gewölbt, sondern eben ist, findet sich ein Loch, welches dm'ch eine quer über den ganzen Deckel festgelöthete vierkantige Rinne mit der äussern Luft communicirt und mit Baumwolle gefüllt wird, welche Anordnung das vorher mit Baumwolle gefüllte Glasrohr ersetzt. Ausserdem findet sich im Deckel ein festgelötheter Ring, welcher als Handhabe bei Abnahme des Deckels dient. Der Hafen ist sehr billig und findet sich beschrieben und abgebildet in „ Die essbaren Pilze des Nor- dens, deren Cultivirung und Anwendung von J. Arrhenius, Stockholm 1874 S. 81. Die Aufbewahrungsgefässe bezwecken keine Abschliessung der Luft zu bewirken, sondern derselben freien Zutritt zu gewähren, jedoch nicht durch die Rinne, welche mit Oel gefüllt ist, sondern nur durch die Luftrinne, die mit Baumwolle gefüllt ist und die eindringende Luft von mitfolgenden verderblichen Sporen befreit. Die Art der Zubereitung und Aufbewahrung der Schwämme in diesem Hafen ist zugleich einfach und billig. Die gut gereinigten Pilze wurden mit ganz wenig Butter gekocht, bis das meiste Wasser verkocht und der Rückstand angemessen dick ist, wie er es sein muss, wenn die Schwämme angewen- det werden sollen , worauf dieselbe in den Hafen gefüllt und mit ausgebratenem Fett übergössen werden. Der Deckel wird darauf gelegt, die Rinne mit Oel gefüllt, wonach der Hafen mit einem Handtuche bedeckt, 1 St. in Wasser gekocht und darin zurückgelassen wird, bis er ganz abgekühlt ist, wo er Dan, Hanbury, lieber einen eigentbümlichen Kampher aus China. 235 sodann im Keller oder anderswo verwahrt werden kann. Das Verfahren ist sowohl in meiner, als Prof. Arrhenius Haus- haltung als das zweckmässigste zur Aufbewahrung der Pilze erkannt worden. Uel)er einen eigenthümlichen Kampher aus China. Von Daniel Hanbury, F. R. S. *) (Eingesandt von Wittstein.) Obgleich die Chinesen den gewöhnlichen Kampher, d. h. denjenigen, welcher in Japan und Formosa aus Cinnamo- raum Camphora Fr. Nees u. Eberm. gewonnen wird, viel- fach gebrauchen, so schätzen sie doch den in Sumatra und Borneo aus dem Stamme der Dryobalanops aromatica Gärtn. erhaltenen weit höher. Aber dort giebt es noch eine dritte Art Kampher, wel- cher seinem Werthe nach zwischen jenen beiden steht und viel weniger bekannt ist, daher ich die Aufmerksamkeit darauf lenken möchte. E,ondot bemerkt in seinem 1848 erschienenen Werke über den chinesischen Handel, nachdem er über den chinesi- schen Kampher und den Malayischen oder Dryobalanops - Kampher referirt hat, bezüglich der in Rede stehenden Waare Folgendes : „Es giebt noch eine andere Art Kampher von blendend weissem Ansehn, welcher aus den Blättern einer in China unter dem Namen Ngai bekannten Pflanze, die eine Art der Gattung Artemis ia ist, gewonnen wird. Er kommt in sehr reinen, klaren, leicht zerbröckelnden, auf dem Bruche glän- zenden Krystallen vor, und wird in China hochgeschätzt." Nach E,ondot stellen sich die Preise der verschiedenen Sorten per Pekul a 133 V2 Pfd. wie folgt: *) Vom Verfasser aus dem Pharmaceutical Journal, 7. März i874 dem XJebersetzer mjtgetheilt. 236 Dan. Hanbury, XJehet einen eigenthümlichen Kampher aus China. Formosa- Kampher 25 Dollars. Japan - Kampher 30 „ Ngai-Karapher 250 „ Malayischer- Kamper erste Sorte 2000 „ „ „ zweite Sorte 1000 „ Sonstige Nachrichten über den Ngai - Kampher sind sehr dürftig, und es geht aus ihnen hervor, dass die Verf. keine genügende Kenntniss davon gehabt haben müssen. Mir ging es ebenso, ich kannte diese Substanz nur dem Namen nach, und lenkte daher auf dieselbe die Aufmerksamkeit in dem Admiralty Manual of Scientific Inquiry (1871), indem ich die Frage aufwarf: „Was* ist das für eine Art Kampher, welcher von einer Ngai genannten Artemisia- Art gewonnen werden soll?" Diese Frage rief eine Antwort hervor von Fr. H. Ewer, einem Mitgliede der kaiserlichen Seewache in Canton, welcher so gütig war, mir nicht nur Proben dieses Kamphers, sondern auch einen kleinen Zweig seiner Mutterpflanze zu schicken. Die Proben repräsentirten zwei Formen des Kamphers, eine vollkommen farblos krystallinisch in schönen, mehr als zolllangen Stücken; die andere, von Ewer als die Drogue im rohen Zustande betrachtet, ein schmutzig weisses krystallini- sches, mit Bruckstücken vegetabilischen Gewebes vermengtes Pulver. Die reinere Sorte besass einen von dem gew^öhnli- chen Kampher kaum zu unterscheidenden Geruch, die andere dagegen roch auch noch daneben beifuss - ähnlich. Der Ngai - Kampher sinkt wie der Dryobalanops - Kampher in Wasser unter. Die übrigen Eigenschaften und die chemischen Ver- hältnisse sind unter der Leitung meines Freundes Prof. Att- field von einem seiner Eleven ermittelt worden, und folgen weiter unten in einem besonderen Aufsatze nach. Der von Ewer gesandte Pflanzentheil gehört keiner Ar- temisia, w^ohl aber einem Gliede derselben natürlichen Ordnung (Compositae) an, nemlich der Blumea balsamifera DeC.,*) *) Hier wäre hervorzuheben, dass es 2 Gattungen dieses Namens giebt, Blumea DeC, welche zu den Corapositen, und Blumea Rchb. , welche zu den Tüiaceen gehört, -f«" UebeneUer. Sydney Mowman, des Ngai- Kamphers Eigeüsctafteü. 237 einer hohen, unansehnlichen kraulartigen Pflanze des östlichen Asiens, welche ein häufiges Unkraut der Reiche Assam und Birma, und auf den indischen Inseln sehr verbreitet ist. Beim Zerkleinern riecht es stark kampherartig, und selbst in Birma wird daraus ein roher Kampher gewonnen. Vor mehreren Jahren reinigte ein Europäer Namens O'Biley eine gewisse Quantität dieses Products, und versuchte sie in den Handel zu bringen. Nach Mason*) betrug dieselbe über 100 Pfund, welche er nach Calcutta schickte, wo man sie als guten ge- wöhnlichen Kampher erklärte. Wahrscheinlich ist Blumea nicht die einzige Quelle dieses Kamphers, da nach Ewer das Zeichen ^' (Ngai) für mehrere Pflanzen der Familien Labiatae und Compositae ge- braucht wird. Man benutzt denselben nicht nur in der Heil- kunde, sondern auch zur Darstellung der riechenden Arten chinesischer Tusche. Nach Ewer werden jährlich für 15000 Dollars Werth aus China nach Shanghai und Ningpo gebracht, wo man ihn in den Tusche - Fabriken zu Wei-chau und an andern Orten verwendet. üeljer die physikaliselieii und chemischen Eigen- schaften des Ngai - Kamphers. Von Sydney Plowman. Herr Daniel Hanbury übergab Herrn Professor Attfield etwas weniger als eine halbe Unze dieser Substanz, und Letzterer betrauete mich mit der Prüfung derselben im Ver- gleich zu dem Borneo- und dem gewöhnlichen Laurus- Kampher. Der Ngai - Kampher bildet undurchsichtige Körner, welche merklich härter und zerreiblicher sind als der Laurus- Kampher. An den oberen Stellen des Glases, worin er sich *) Birma, dessen Bevölkerung und Naturproducte. 2. Auflage, 1860, p. 483. 238 Sydney Plowman, des Ngai - Kampters Eigenschaften. seit mehreren Monaten befand, hing eine Anzahl kleiner, ein- zelner, gut ausgebildeter Krystalle, die durch freiwillige Sublimation entstanden waren. Laurus- Kampher sublimirte unter denselben Umständen viel leichter, und setzte sich, statt in einzelnen Krystallen, in krystallinischen Massen an. Eine Probe Borneo- Kampher, welcher schon mehrere Jahre lang in dem Museum der Gesellschaft aufbewahrt worden war, zeigte in dem Glase keine Spur von Sublimation. Um die Krystallforipen aller drei Arten näher kennen zu lernen, that ich von jeder einen Gran in eine ßöhre, bedeckte jede Röhre mit einem Mikroskop - Glase und Hess sie einen Monat hindurch in einer 24 '^ C. nicht übersteigen- den Temperatur stehen. Das Sublimat des Laurus - Kamphers bestand, unter dem Mikroskope betrachtet, aus Massen sechs- seitiger Tafeln, vermengt mit einigen sechsseitigen Prismen. Ihre Flüchtigkeit war so gross, dass sie selbst während des Verweilens unter dem Mikroskope die Schärfe ihrer Ecken verloren und bald ganz unkenntlich wurden. Krystalle des Laurus- Eamphers. Krystalle des Ngü' Kamphers. Krystalle des Borneo -Kamphers. Sydney PloTVtnan, des Ngai-K!amphers Eigenschaften. 239 Dagegen waren der Borneo- und der Ngai-Kampher in einzelnen schönen, wohl ausgebildeten Krystallen angeschos- sen, die ihre Form sehr gut behielten. Sie waren einander merkwürdig ähnlich, und es -gelang durchaus nicht, solche zu erkennen, welche eine abweichende Gestalt gezeigt hätten, und einige mussten für absolut identisch erklärt werden (l). Vorherrschend erschien die pyramidische Form, mit wechseln- der Seitenzahl, meist abgestumpft, aber auch mitunter ganz vollständig ausgebildet; ferner kamen halbe Oktaeder vor (2), und einzelne neigten zum schiefrhomboidischen Systeme hin (3). Da hinsichtlich der Flüchtigkeit ein bedeutender Unter- schied beobachtet ward, so suchte man die Tension des Dampfes zu ermitteln. Zu diesem Behufs brachte man von jedem ein Stückchen in eine der drei Barometer -Röhren, welche neben einander in , einer Quecksilberwanne standen. Bei 12'' 0. war nach 24 Stunden die Quecksilber- Säule beim Laurus - Kampher und 4,5, beim Ngai-Karapher und 2,8 und beim Borneo --Kampher und 2 Millimeter gesunken. Die Ver- suche gaben, noch einmal wiederholt, dasselbe Eesultat. Stückchen von allen drei Arten in "Wasser getaucht, hoben sich wieder auf die Oberfläche desselben; als man aber die Proben unter die Luftpumpe brachte, sanken, sobald die zwischenlagernde und anhängende Luft entfernt worden war, der Ngai- und der Borneo - Kampher rasch unter, während der Laurus - Kampher schwimmen blieb. Die specifischen Ge- wichte der beiden erstem Sorten wurden daher ermittelt, indem man gewogene Mengen derselben in einem Pyknome- ter mit Kampher - Wasser (dessen Dichtigkeit von der des destillirten Wassers nicht merklich differirt) einige Stunden lang im Vacuo verweilen Hess und dann, wie gewöhnlich, weiter damit verfuhr. Das spec. Gewicht des Laurus -Kam- phers bestimmte man, indem man eine gesättigte Lösung von Kampher in einem Gemisch von Weingeist und Wasser her- stellte, worin, nach dem Verweilen im Vacuo, ein Stück Kampher an jeder Stelle schwimmen blieb. Hierauf ermittelte man das spec. Gewicht dieser Flüssigkeit, und daraus ergab sich dann natürlich das des Kamphers von selbst. Das Resul- 240 Sydney Plowmin, des Ngai-Kampters Eigenschaften. tat war, dass das spec. Gew. de.^ Laurus- Kamphers 0,995, das des Ngai - Kamphers 1,02 und das des Borneo - Kamphers 1,011 betrug. Den Schmelzpunkt fand man durch Eintragen von ein wenig Kampher in eine dünne enge Röhre, Ausziehen dersel- ben an einem Ende, Eintauchen in schmelzendes Paraffin, langsames Erhitzen bis zu dem Momente, wo die Probe durch- sichtig ward und Beobachten der Temperatur des umgebenden Paraffins. So ergab sich der Schmelzpunkt (oder richtiger das Mittel des Schmelzpunkts und Erstarrungspunktes) des Laurus- Kamphers zu 17 T*' C, der des Ngai- Kamphers zu 204 '^ und der des Borneo - Kamphers zu 206^. Laurus -Kampher, einem Strome gewaschenen, aber nicht getrockneten salzsauren Gases bei gewöhnlichem Luftdrucke und gewöhnlicher Temperatur ausgesetzt, absorbirte dasselbe rasch, und binnen wenigen Minuten entstand eine farblos - klare Flüssigkeit. Ngai - Kampher absorbirte unter denselben Umständen das Gas äusserst langsam, und selbst nach mehr- stündiger Einwirkung hatte er noch nicht so viel aufgenom- men, um flüssig zu werden; er blieb vielmehr bröcklich, dazwischen befand sich nur wenig einer farblosen Flüssigkeit, lind schien dann auch nicht mehr Gas absorbiren zu wollen. Borneo - Kampher verhielt sich bei ähnlicher Behandlung ge- nau wie der Ngai - Kamphor, Salzsaures Gas, welches durch Passiren starker Schwe- felsäure getrocknet worden war, verwandelte den Laurus - Kampher rasch, wie vorher, in ein farbloses Liquidum. Ngai- Kampher verhielt sich gegen das getrocknete Gas wie gegen das feuchte, aber schwächer, während Borneo -Kampher davon binnen mehreren Stunden nicht sichtlich verändert wurde, doch fand man hernach die Brocken aneinander hängend, was auf eine schwache Einwirkung schliessen Hess. Berthelot und Pelouze fanden unabhängig von einander, dass der Borneo -Kampher durch massig concentrirte Salpe- tersäure in ein flüssiges Oel verwandelt wird, welches auf Zusatz von Wasser einen Körper absetzt , der mit dem Lau- rus Kampher identisch ist. Ngai -Kampher ging durch ein- Sydney Polwman, Eigenscliaften des Ngaikamphefs. 241 stündiges Verweilen in Salpetersäure von 1,42 spec. Gew. in ein gelbes Oel über, während sieb dicke rötliliche Dämpfe entbanden. Dieses gab beim Vermischen mit Wasser einen Niederschlag, der genau wie Lauras - Kampher roch, und, nach dem Waschen und Trocknen über Schwefelsäure, sich durch Einwirkung trocknen salzsauren Gases in eine Flüssig- Tceit verwandelte. Es war mir unmöglich, mehr Versuche in dieser Richtung anzustellen, weil es an hinlänglichem Ma- teriale fehlte. Namentlich hätte sollen durch die Elementar - Analyse festgestellt werden, ob jener Niederschlag auch in der Zusammensetzung mit dem Lauras - Kampher überein- stimmte. Lauras -Kampher gab mit Salpetersäure ein Oel ohne oder mit nur sehr wenig Entwicklung salpetriger Dämpfe. Dieses Oel lieferte durch Vermischen mit Wasser einen Ab- satz, der terpenthinartig und kampherartig roch. Die Elementar - Analyse lieferte folgende Resultate: Lauras - Kampher Gefuuden. Berechnet. c 78,20 78,94 H 10,44 10,52 11,36 10,54 100,00 100,00. 77,66 77,92 H 11,68 .11,69 10,66 10,39 100,00 100,00. H 77,56 11,60 10,84 Borneo - Kampher Ngai - Kampher 100,00. Den Ngai - Kampher benutzte ich zur Verbrennung in dem Zustande, wie er mir übergeben worden war. Die Kry- stalle sahen rein aus, und reichten nicht hin, eine nochmalige Reinigung damit vorzunehmen. Der Lauras - und der Bor- neo -Kampher waren auch nur einfache Museums - Proben. Arob, d. Pharm. II. Bda. 3. Hft. 1 6 2-12 Planchon. Der Uuterrlclit in der Materia medica d. Ptlanzenreichs. Zur Terbrennung diente chromsaures Bleioxyd, welches vorher geschmolzen, dann gepulvert und von jeder Spur Feuchtigkeit befreiet worden war. Die Dampfdichte des Ngai - Kamphers bestimmte ich nach dem Verfahren von Hofmann. Sie wurde = 78,98 gefunden, was nicht ganz mit der aus der Analyse berechneten Formel ^^lOjjisQ") übereinstimmt, denn diese führt zu der Zahl 77. Jedenfalls ist der Ngai-Karapher isomer mit dem Borneo- Kampher-, von letzterra unterscheidet er sich durch mehrere physikalische Eigenschaften, er ist nemlich flüchtiger, riecht anders, besitzt mehr Härte und Zerbrechlichkeit. Sein Ge- ruch steht dem des Lauras- Kamphers sehr nahe, besitzt aber nicht dieselbe Stärke, während der Borneo- Kampher schwach kampherartig und zugleich auch unangenehm pfeffer artig riecht. Der Ngai- Kampher kann mithin, gleichwie der Borneo - Kampher, als ein einatomiger Alkohol der Reihe Q" H^»"^ HO, oder Q^^IU'^HO, dessen Aldehyd der Laurus-Karapher ^lofjiGQ igt^ angesehen werden. Der üiiti'iTieht in der Materia mediea des Pflanzen- reichs. Von Prof. Planchon. (Eingesandt von G. C. Wittstein.) Unter den Merkmalen, welche zur Bestimmung der Iden- tität einer Substanz gebraucht werden, giebt es einige, die sehr leicht wahrzunehmen sind; es sind äussere und ohne vorherige Präparation den Sinnen zugängliche, ich will sie daher leichte nennen. Andere dagegen erfordern zu ihrer Erkennung einer vorausgehenden Behandlung der Substanz, weil sie sich mehr im Innern derselben befinden und der Structur des Gewebe.s angehören-, ich bezeichne sie desshalb als die schwierigen, imd eben wegen dieser Schwierigkeit ihrer Wahrnehmung werden sie meistens vernachlässigt und die äusseren Merk- male ihnen vorgezogen. Man könnte dagegen kaum etwas Planchou, Der TJutcrrlcht In der Materia niedica d. Pflanzem-eichs. 243 einwenden, wenn die „leichten" Merkmale sicher und bestän- dig, folglich so wichtig wie die andern, mit einem Worte: ob sie ausreichend wären. Aber es geht in dieser Beziehung ähn- lich , wie es mit den verschiedenen Klassifikations - Methoden der Pflanzen gegangen ist. Im letztvergangenen Jahrhundert richteten sich die Botaniker nach dem Linne'ischen Systeme; aböf seit den Zeiten Jussieus', Decandolles und Anderer haben sie das natürliche System angenommen, obgleich es weit leich- ter ist, zu ermitteln, in welche Linne'ische Klasse eine Pflanze gehört — denn man braucht zu diesem Zwecke meist nur die Staubgefässe oder Grifi'el zu zählen — als, ihre Stellung in irgend einer Familie ausfindig zu machen. Warum gab man denn aber ein leichtes und bequemes System auf und accep- tirte ein schwierigeres? Weil die Merkmale der natürlichen Pamilien eine Wichtigkeit und einen Zweck haben, die sehr verschieden sind von denjenigen des Linne'ischen Systems. Und derselbe Fall tritt bei der Materia medica ein. Die wichtigen, nicht die leichten Merkmale müssen erforscht werden, und es lässt sich nicht bloss durch theoretische Betrachtungen, sondern auch durch zahlreiche Beispiele zeigen, dass die auf die Struktur gegründeten Merkmale allen übrigen an Werth vorangehen. Beim Unterrichte in diesem Fache möchte es am natür- lichsten erscheinen, die verschiedenen zur Demonstration erfor- derlichen Präparate auf den Objectträger eines Mikroskops zu bringen, um so dem Studirenden die wichtigen Merkmale zu zeigen. Allein diese Methode , so vortrefflich sie auch für zwei oder drei Personen ist, würde doch absolut unpraktisch selbst für eine nicht grosse Versammlung sein; es erscheint daher nothwendig, ein Mittel ausfindig zu machen, um vor dem ganzen Auditorium gleichzeitig diejenigen Gegenstände, auf welche man die Aufmerksamkeit gerichtet wissen will» zur Anschauung zu bringen. Ich habe nun diese Idee prak- tisch ausgefiihrt, und zwar zuerst während des letztvergan- genen Winters bei meinen Vorträgen an der Pariser pharma- ceutischen Schule. 16* 244 Planchon, Der Unterricht in der Matei-ia medica d. Pflanzenreichs. Das dazu benutzte Instrument, gefertigt von Yan Heurck in Antwerpen, war eine Art Laterne mit einer dunkeln Kam- mer und mit der nöthigen Vorrichtung zur Erzeugung des Hydro - Oxygen Kalklichts versehen. An der vorderen Seite dieser Laterne befand sich eine grosse runde Oeffnung, in welcher, je nach Umständen, entweder eine grosse Linse oder ein Pv-oss'sches Objectiv von grosser Klai'heit sass. Zwischen dem Vergrösserungsglase und dem Lichte wurde der zu zei- gende Gegenstand angebracht und so ein Bild auf eine weisse Fläche geworfen, welche sich in geringer Entfernung von dem Apparate befand. Auf diese Weise kann von der allgemei- nen Struktur einer Substanz rasch eine genaue Vorstellung gegeben werden. Es genügt dazu ein geschickt ausgeführ- ter dünner Schnitt der Substanz. Man nehme z. B. einen Querschnitt des Turbits (Ipomoea Turpethum): die Rin- denschicht und die grossen Harzlücken derselben sind deut- lich sichtbar; alsdann das Holzgewebe, merkwürdig durch die grossen Gefässe, deren Oeffnungen ihm das Ansehn eines Spitzengewebes geben. Zu bemerken ist, dass dieses Gewebe sich nicht bloss auf die Mitte der Wurzel beschränkt, son- dern dass einzelne Fragmente auch hier und da an der Peri- pherie zwischen der Bindenschicht auftreten. Solch' eine Darstellung eines mikroskopischen Präparates vermittelst eines Boss'schen Objectivs giebt eine klare Idee von der allgemeinen organischen Struktur; aber die ver- grüssernde Kraft reicht nicht hin, gewisse Einzelnheiten zu zeigen , welche man zuweilen ebenfalls beobachten muss. Kartoffelstärke z. B. besteht aus kleinen Körnern, deren Form und Struktur man in einer gewissen Entfernung unmöglich genau zu erkennen vermag. In einem solchen Falle kann, um dem Mangel der Vergrösserung abzuhelfen, das mikro- skopische Bild photographirt werden, wodurch ein bereits ver- grössertes Bild erhalten wird, und diese Photographie lässt sich dann abermals mit Hülfe einer grossen Linse vergrös- sern. Auf diese Weise gelingt es, ein bedeutend grosses Bild des mikroskopischen Präparates zu erzielen. Abgesehen von der Herstellung solcher Photographieen, wuide ein anderes^ Planchon, Der Unterricht in der Materia medica d. Pflanzenreicliä. 245 unvollständigeres Verfahren an der genannten Schule befolgt, welches darin bestand, dass man auf einer geschliffenen Glas- platte eine Bleistiftzeichnung entwarf, das Glas durch einen Firniss -IJeberzug durchscheinend machte, und damit die Her- stellung des Bildes beförderte. Vermittelst dieser combinir- ten Methoden ist es möglich, eine Eeihe von Präparaten aus- zustellen, welche den Nutzen des Studiums der anatomischen Struktur für die Bestimmung 1) der wahren Merkmale der einfachen Droguen, 2) ihres botanischen Ursprungs und 3) des Sitzes gewisser darin enthaltenen Bestandtheile darthun. 1, Die anatomische Prüfung von Substanzen als Mittel zur Peststellung ihres wahren Characters. Während die auf Dimension, Parbe, Geruch und Geschmack beruhenden Merkmale selbst bei ein und derselben Sub- stanz nicht immer sich gleichbleiben , sind die Struktur - Ver- hältnisse bei verschiedenen Exemplaren derselben Species stets dieselben. Betrachten wir z. B. einen Querschnitt der Veracruz- Sarsaparilla unter dem Mikroskope^ so finden wir von aussen nach innen fortschreitend folgende Schichten: 1) eine sehr schmale primäre Zone, bestehend aus dicht anein- ander gedrängten Zellen mit dicken Wänden ; 2) eine zweite, viel breitere Zone, bestehend aus Zellen, welche kleine Stär- kekörner enthalten; 3) eine dritte Zone, merkwürdig wegen der Zahl von Löchern, welche dieselbe porös macht, und die eben die Oeffnungen der grossen Gefösse sind- wodurch sich der holzige Theil der Wurzeln characterisirt; 4) eine Art Central - Kern , von ähnlicher Structur wie die zweite Zone, Zwischen der zweiten und dritten Zone bemerkt man noch eine dünne Kreislinie von dunklerer Parbe als der übrige Theil, welche unter sehr starker Vergrösserung aus ganz besondern Zellen zusammengesetzt erscheint. Die Form die- ser Zellen ist eine in der Richtung des Radius verlängerte, und ihre Wände sind in solcher Weise ungleich verdickt, dass die vom Centrum am meisten entfernte Wand dünn bleibt, während die Seitenwände in dem Grade zunehmen , als sie 246 Planchon, Der Unterricht in der Materia medica d. Pflanzenreichs. sich der iimern Wand, welche sehr dick ist, nähern. Daraus folgt, dass die innere Höhlung der Zelle auf dem Querschnitte in der Form eines Dreiecks erscheint, dessen Basis nach dem Aeussern, und dessen Spitze nach dem Mittelpunkte der Wurzel gerichtet ist. ' An was für einer Stelle die Veracruz - Sarsaparilla auch angeschnitten wird, so zeigt sie stets sowohl in der allgemeinen Structur, als auch in der Lage der Zellen alles das, was ich soeben gesagt habe. Bei Vergleich dieser Sarsaparilla mit andern Handelssorten erkennt man sofort, dass 1) sämmtliche Handelssorten ganz analoge Structurver- hältnisse darbieten, und diese auf dem Querschnitt der Bra- sil, Honduras und Caracas gleich sind; 2) jede Sorte speci- iische Merkmale zeigt, welche zu ihrer Bestimmung beitragen und wirklich auch aasreichen können. In der That, vergleicht man die relative Dicke der holzigen Zone der Veracruz mit derjenigen der Caracas, so wird man jene viel stärker finden als diese. Ferner sind die Zellen der Caracas viereckig und deren Wände überall gleich dick, während die Zellwände der Veracruz, wie bemerkt, ungleiche Stärke haben. Durch Com- bination dieser beiden Merkmale — die relative Dicke der verschiedenen Zonen und die verschiedenen Formen der cha- racteristischen Zellen — - können die Unterschiede zwischen den Sorten der Sarsaparilla hinreichend genau festgestellt werden, was durch einfache Prüfung der Aussenseite wohl nur schwierig zu erreichen wäre. Dieses äusserst wichtige Factum — dass die verschie- denen Arten ein und derselben natürlichen Gruppe von Sub- stanzen gleichzeitig allgemeine, sie zu einer Gattung vereini- gende, und specielle, zur Unterscheidung der Arten geeignete Merkmale besitzen — erstreckt sich nicht bloss auf die Sar- saparille, sondern findet auch Anwendung auf eine grössere Zahl natürlicher Gruppen. Nehmen wir z. B. die Rinden dei' Gattung Cinnaniomum, also den chinesischen, ceylonischen Zimmt, die Cassia lignea etc. Alle diese Arten oder Sorten zeigen: 1) eine Schicht korkartigen Zellgewebes, mit hie und da eingestreueten Faserbündeln ; 2) eine Zone verhärteter Zellen mit dicken, mehr oder weniger continuirlichen und regelmässigen Planchon, Der Ünteiriclit in der Materia medica d. Pflanzenreichs. 247 AVänden; 3) eine Bastzone, welche grosse Schleimzellen und reg-elmässig vertheilte Bastfasern enthält. Die allgemeinen Merkmale sind deutlich wahrnehmbar, und unterscheiden sehr leicht die Einden der Laurineen von denen anderer Familien, welche man auch w^ohl als Ziramtarfcen bezeichnet hat, wie die Canella alba, Cortex Winteranus etc. Andererseits bieten die Entwicklung und die grössere oder geringere Regelmässig- keit gewisser Zonen, und besonders die der verhärteten Zel- len, hinreichend genaue Merkmale zur Unterscheidung der einzelnen Arten dar. Eben diese Structur - Verhältnisse zeigen deutlich, dass diejenige Waare, welche häufig in französischen Apotheken unter dem Namen Winter'sche Binde vorkommt, keineswegs den Merkmalen der Gattung Drimys entspricht, zu welcher die ächte Winter'sche E.inde gehört, sondern denen der Ca- nellaceen, resp. der Canella alba. Und in der That weiss man jetzt, dass diese falsche Winter'sche Binde von einer Canellacee, dem Cinnamodendron cor ti cos um Miers. abstammt. Ein anderes Beispiel, betreffend die Wurzeln der Gat- tung Aristolochia, beweist ebenfalls die Beständigkeit der Charactere in den verschiedenen Substanzen einer einzelnen Gruppe. Die Wurzel der Aristolochia cymbifera zeigt schon dem unbewaffneten Auge eine ganz eigen thümliche Struotur, namentlich in der Vertheilung der Holzbündel mit grossen Gefässen, welche sich vom Mittelpunkte der Wurzel nach der Binde zu fächerförmig ausbreiten. Die nemlichen Merkmale erkennt man an dem Bhizom der Aristolochia Serpentaria^ ferner, obwohl weniger klar, bei A. Clematitis, A. longa und A. rotunda. Daher besitzen wir hier ein vortreffliches Mittel, die virgini- sche Serpentarie von äusserlich ähnlichen Droguen zu unter- scheiden, z. B. von der maryländischen Spigelie, deren Holz- biindel sämmtlich regelmässig concentrisch um den Markkanal gruppirt sind. Daraus ergiebt sich nun klar, dass das anatomische Studium, der in unsern Apotheken befindlichen Wurzeln, 248 Planchon, Der Unterricht in der Materia medica d. Pflanzenreichs. Rinden etc. sehr beständige Merkmale verschafft zur Bestim- mung der Arten und natürlichen Gruppen, Merkmale, welche weit mehr Werth haben, als die bloss äusserlichen. 2. Der Werth der anatomischen Methode zum Zweck derErkennung und Feststellung des bota- nischen Ursprungs einer Substanz. Es giebt mehrere einfache Droguen, welche, obgleich sehr verbreitet, zweifelhaften Ursprungs sind. In diesem Falle befand sich bis vor Kurzem die Rhabarber. Man wusste allerdings von je her, dass die Gattung Rheum sie liefert, allein über die betreffende Art war man im Zweifel. Sobald eine neue Art dieser Gattung entdeckt wurde, glaubte man, dass diess die richtige sei, und so galten denn nacheinander Rh. undulatum L., Rh. compactum L., Rh. palma- tum L. , Rh. Emodi W. etc. dafür. Zuletzt behauptete Guibouvt in Folge einiger Kulturversuche, dass Rh. palma- tum die wahre Mutterpflanze sei, eine Annahme, welche in mehrere Werke über Materia medica übergegangen und in Frankreich einstimmig acceptirt ist. Nichts destoweniger besteht eine wesentliche Verschiedenheit in der Structur zwischen der Wurzel des Rh. palmatum und der officinel- len Wurzel; während nemlich die erstere Markstrahlen hat, welche vom Centrum nach der Peripherie regelmässig diver- giren, zeigt die officinelle Drogue ein äusserst complicirtes Gewebe, in welchem man den Lauf solcher Strahlen nur schwierig verfolgen kann, und ausserdem ist sie kenntlich an zahlreichen eigen thümlichen Sternen, welche auf dem Licht- schirme in ihren natürlichen Farben dargestellt werden kön- nen , wo sie als gelbe (Mark -) Strahlen erscheinen , die von einem gemeinschaftlichen Mittelpuncte sternartig ausgehen und in das weisse holzige Gewebe verlaufen. Solch' eine Structur -Differenz schien auf einen verschie- denen Ursprung der Droguen hinzudeuten. Ich hatte bereits bezweifelt, dass die officinelle Rhabarber von Rh. palmatum abstamme, als eine neue Species, welche aus beinahe verdorbe- Planchon, Der Unterricht in der Matiria medica d. Pflanzenreichs. 249 nen Fragmenten gezogen worden war, meine Vermuthung bestätligte. Dieses neue R h e u m , welches Baillon unter dem Namen Eh. officinale beschrieben hat, zeigt in der That die Structur der officinellen Rhabarber, und ist mithin die wahre Mutterpflanze derjenigen Waare, deren Monopol China so lange besessen hat. Anatomisches Studium wies also bestimmt nach, dass die von den bisher bekannt gewe- senen Arten gezogenen Rhabarberwurzeln nicht die ächten, und folglich auch jene Arten nicht die ächten (officinellen) waren. Ein anderes Beispiel zeigt, dass anatomische Untersuchung auch ein bewährtes Mittel ist, nahe stehende Arten von ein- ander zu unterscheiden und ihren wahren Ursprung festzu- stellen. Unter dem Namen gestreifte Ipecacuanha wurden bis vor Kurzem zwei äusserlich sehr ähnliche, aber in der Thatsache verschiedene Wurzeln zusammengeworfen; ich habe dieselben „grössere" und „kleinere" gestreifte Ipecacuanha genannt. Bilder ihrer Querschnitte auf den Lichtschirm ge- worfen, zeigen beträchtliche Verschiedenheiten in der Structur. Bei der grösseren Art — welche ich in der Central - Apotheke unter dem Namen „violette Ipecacuanha" vorfand — ent- hält die Rindenschicht keine Spur Stärkmehl, dagegen eine Substanz, welche die alkalische Kupferlösung kräftig reducirt; die holzige Schicht enthält Gefässe mit sehr kleinen OefiFnun- gen, welche kaum von den umgebenden Bastgewebe unter- schieden werden können. Bei der andern Ipecacuanha strotzt die Rinde von Stärkmehl, und die holzige Schicht hat grosse Gefasse mit OefFnungen , welche diese Schicht ganz porös erscheinen lassen. Solche Merkmale genügen, die beiden Sor- ten bestimmt von einander zu trennen. Nach Feststellung dieses Punktes blieb noch übrig, die Abstammung der beiden Wurzeln zu ermitteln. Die gestreifte Ipecacuanha soll von Psychotria emetica Mutis kommen; es war daher zu vermuthen, dass wenigstens eine der beiden Wurzeln ihr angehöre. Um .darüber zu entscheiden, verschaffte ich mir durch die Gefälligkeit des Herrn Triana einige Exem- plare der Wurzel von Psychotria emetica, und fand ihre 250 Planchon, Der Uuterricht in der Materia luedica d. Pflanzenreichs. Btructur ganz übereinstimmend mit derjenigen der „ grösseren " Ipecacuauha, welche daher als Mutterpflanze die eben genannte neugranadische Species hat. Was die „kleinere" gestreifte Ipecacuanba betrilFt, so ist es, wegen Mangel an genügendem Material, vorläiifig noch nicht möglich, ihren Ursprung dar- zuthun. Aber diese Beispiele zeigen doch, wie man bei der- gleichen Fragen im Allgemeinen zu verfahren hat, um sie befriedigend zu beantworten. 3. Werth des Studiums der Structur zur Bestim- mung des Sitzes gewisser wirksamer Materien. Es ist leicht einzusehen, dass wenn die wirksamen Ma- terien in besondern Behältern enthalten sind, die wahre Me- thode zur Bestimmung ihres Sitzes dai'in besteht, nachzufor- schen, in welchen Schichten sich diese Organe befinden. So setzt uns selbst das unbewaff'nete Auge in den Stand, zu erkennen, dass der wirksamste Theil in der Schale einer Orange die äussere Zone des Perikarpiums ist, denn diese zeigt sich angefüllt mit grossen Drüsen voll ätherischen Oels. Das, was hier ohne Anwendimg eines vergrössernden Instruments beobachtet werden kann, erkennt man leicht ver- mittelst eines Mikroskops in vielen Substanzen — Wurzeln, Binden etc., welche ihre Wirksamkeit entweder Harzen oder ätherischen Oelen verdanken. Nehmen wir z. B. einen Quer- schnitt und einen Längeschnitt der Angelikawurzel. Die Oelharz enthaltenden Drüsen — fast kreisrund am Querschnitt und spindelförmig oder verlängert am Längeschnitt — können sehr leicht unterschieden werden, und man wird bemerken, dass diese Höhlungen fast nur in der Binde vorkommen. Nehmen wir ferner einen Schnitt der Alantwurzel ; hier findet man noch grössere Drüsen, und zwar sowohl in der Binden -, als auch in der Holzschicht. In der Jalapenwurzel lassen sich die das Harz — den wirksamen Theil — - enthaltenden Höhlungen sehr gut bemerken, und diese Beservoirs bilden sehr regelmässige concentrische Lagen und den Mittelpunkt der Wurzel. An einem Stück der Meerzwiebel bemerkt man die grossen Krystalle* welche wie gegen einander gerichtete W. L. Howie, Verfälschung der Rhabarfeer etc. 251 Widerhaken aussehen, und daher auf der Haut, die man mit einem solchen frischen Stück reibt, kleine Verletzungen her- vorrufen, in Folge deren die scharfe Materie der Zwiebel ein- dringen und reizend wirken kann. Diese Beispiele liessen sich noch um viele vermehren, doch will ich nur eins hinzufügen, weil es zugleich sehr augenfällig und sehr merkwürdig ist, nemlich der Schnitt eines Blattes der Aloe socotrina, welcher zeigt, dass es der Sitz des bittern Saftes ist, aus der die Aloe her- vorgeht. Auf den ersten Blick erkennt man eine centrale, aus lockerem Zellgewebe bestehende Masse, angefüllt mit einer Art indifferenten Schleimes, welcher bei der Gewin- nung der Aloe so viel als möglich beseitigt werden muss. Ferner zeigt sich aussen eine dünne Schicht Epidermis, welche ebenfalls nichts Wirksames enthält. Zwischen diesen beiden Theilen und in der Mitte der Gefässfaserbündel bemerkt man diejenigen Zellen, welche den gefärbten bittern Salt enthalten, {Union Pharmaceutique, XIV. 303.). üelher Verfälscliimg der Ulialbarber, des aromatischen Kreidepulrers und des Senfs mit Curcuma. Von W. L. Howie. (Eingesandt von Wittstein.) Curcuma in gepulverter Rhabarber. Die nach- folgenden Versuche wurden veranlasst durch die Behauptung einiger mir befreundeten Apotheker, dass manche Bhabarber- pulver ihr schönes gelbes Ansehn einem Gehalte an Curcuma verdanken. Die von Pereira, Christison u. A. für Curcuma empfohlene Probe verlangt die Darstellung einer Tinctur oder einer Abkochung der Rhabarber, und ist lauge nicht empfind- lich genug, weil die rothbraune Farbe (welche durch Einwir- kung von Borsäure auf das Pigment der Curcuma entsteht) durch die dunkelgelbe Farbe der Rhabarber z. Th, verdeckt 252 "W. L. Ho^vie, Verfälschung der Rhabarber etc. wird. Mein Streben war daher zunächst dahin gerichtet, ein Extractionsmittel ausfindig zu machen , welches vorzugsweise nur auf das Curcumin einwirke. Nachdem ich Terpenthinöl, Schwefelkohlenstoff, Benzol, Aether und Chloroform versucht hatte, entschied ich mich für das letztgenannte, obgleich auch mit einer jeden der übrigen vier Flüssigkeiten die Probe angestellt werden kann; aber, mit Ausnahme des Aethers, scheint keine das Curcumin so gut aufzulösen, als es das Chloroform thut, und seine grosse Flüchtigkeit erleichtert die Untersuchung wesentlich. Den Aether setze ich desshalb dem Chloroform nach, weil die Chrysophansäure sich darin leichter löst, als im Chloroform, Man verfährt nun wie folgt. Eine Anzahl 3 Zoll im Quadrat haltender Stücke weissen Druckpapiers werden num- nierirt und auf eine Ziegel- oder Glasplatte neben einander gelegt; in eine Ecke eines jeden dieser Papierstücke bringt man ohngefähr fünf Gran von den zu prüfenden Rhabarber- pulvern, so dass die Pulvertheilchen möglichst dicht beisam- men liegend einen Haufen bilden, drückt denselben vermittelst eines Stücks Papier platt und tröpfelt in dessen Mitte Chlo- roform so vorsichtig, dass es sich nur bis etwa zur Entfer- nung eines Zolles vom Pulver ausbreiten kann. Sind dann die Papiere wieder trocken geworden , so bemerkt man nun- mehr um das Pulver herum einen gelben Fleck von verschie- dener Intensität. Von Prima hellgelber ostindischer Rhabar- ber ist der Fleck kaum wahrnehmbar, aber ordinärere und dunklere Sorten geben einen schönen gelben Fleck, während selbst die beste hellfarbige englische Rhabarber einen dunkel- gelben giebt und zwar meist noch dunkler als die dunkelste ostindische. Bei Gegenwart von Curcuma entsteht sofort ein schöner gelber Fleck, der zwar im Ansehn von dem der Rhabarber nicht unterschieden, aber durch die folgenden Merk- male richtig beurtheilt werden kann. Auf eine Stelle des Papiers, in welche das Chloroform gedrungen ist, und wovon man den dunkelst gefärbten Theil wählt, streuet man ein wenig gepulverten Borax und tränkt denselben mit einem Tropfen Salzsäure. Bei Anwesenheit W. L. Howie, Verfälschung der fihabarber etc. 253 von Curcuma entsteht binnen ein paar Secunden eine entschie- dene Eöthung, welche auf Zusatz eines Tropfens Kalilauge schwarz oder grünlichschwarz wird. War keine Curcuma mit im Spiel, so tritt entweder gar keine Veränderung ein, oder die gelbe Stelle wird etwas blasser. Kalilauge allein macht den von Curcuma herrührenden gelben Pleck mehr oder we- niger braun, den von reiner Ehabarber herrührenden hell purpurroth. Mitunter verdient, statt des gepulverten Borax, ein Tropfen der concentrirten Lösung desselben den Vorzug, zu- mal wenn nur wenig Curcuma zugegen ist, weil in solchem Palle das weisse Pulver die genaue Beachtung der eintreten- den Farbenerscheinungen erschweren könnte. Auf vorstehende Weise lässt sich selbst 0,05 Procent Curcuma in der Rhabarber erkennen. 0,1 Proc, oder 7 Gran in 1 Pfund Rhabarber geben stets eine entschieden unzwei- deutige Reaction. Da die Curcuma oft mit Weizen- und anderm Mehl ver- setzt ist, und diese am besten unter dem Mikroskope erkannt werden können , so wäre Rhabarber , in welcher man die erstem gefunden, auch noch in dieser Richtung einer Prüfung zu unterwerfen. Es freuet mich constatiren zu können, dass von 36 Pro- ben Rhabarberpulver, welche ich mir aus den verschiedensten Theilen unseres Landes verschafft hatte , nur eine curcuma- haltig befunden wurde , und diese stammte noch aus früherer Zeit. Die Quantität Curcuma in derselben betrug aber so wenig, nemlich ohngefähr 0,07 Proc, dass sie kaum als eine absichtliche Fälschung betrachtet werden kann, wenn mau bedenkt, dass einige Händler die Gewohnheit haben oder hat- ten, die Rhabarberwurzeln, um ihre Farbe zu verbessern, mit Curcuma zu reiben. Von so behandelten Wurzeln wird jenes Pulver herrühren. Europäische Rhabarber in ostindischer. Die Thatsache, dass die von verschiedenen Rhabarberarten mittelst Chloroform erzeugten gelben Flecken in ihrer Nuance stetig variiren , brachte mich auf den Gedanken , dass diese Probe 254 W. L. Howie, Vei fälschung der Rhabarber etc . auch zur Beurtheilung der Qualität der Drogue benutzt wer- den könne. Gesunde, blassfarbige, dichte und von der Rindenschicht befreite Gstindische Rhabarber giebt gepulvert an Chloroform fast nichts Farbiges ab. Dunkelfarbige, aber sonst tadellose Wurzel liefert eine schwache Farbe, während man von der Rindenschicht ein entschiedeneres Gelb , und von wurmstichi- gen oder sonst verdorbenen Stücken ein noch dunkleres Gelb erhält. In England gebauete Rhabarber giebt, selbst in ihrer ausgesuchtesten Qualität, mit Chloroform eine dunkelgelbe Farbe, und diese erscheint bei Anwendung der Rindentheile oder verdorbener Stücke noch intensiver. In Frankreich gebauete Rhabarber verhält sich ungefähr ebenso, wie die englische. Wenn also ein für untadelig und rein ausgegebenes Pulver ostindischer Rhabarber der Chloroform - Probe unter- worfen wird, so darf nur ein äusserst blassgelber Fleck ent- stehen. Fällt derselbe tiefer, gelb aus, so wäre der Verdacht der Gegenwart englischer oder französischer Waare begrün- det; die dunklere Farbe des Fleckes könnte zwar auch von ungeschälter oder verdorbener ostindischer Rhabarber herrüh- , ren. In beiden Fällen wäre aber doch wenigstens die nicht tadelfreie Beschaffenheit des Pulvers erwiesen. Einige Proben türkischer Rhabarber, welche ich mir ver- schaffen konnte, verhielten sich wie die ostindische. Die Ursache dieses von verschiedenen Rhabarbersorten erhaltenen Farben -Unterschiedes ist noch nicht aufgeklärt. Das Chloroform scheint vorzugsweise nur auf die harzigen Materien einzuwirken, nicht auf die krystallinische Chryso- phansäure und das sogenannte Emodin. Schöne Aggregate körniger Krystallc von Chrysophan- säure kann man leicht erhalten, wenn man nach der Behand- lung mit Chloroform auf die ostindische Rhabarber- Aether wirken und diesen dann freiwillig verdunsten lässt. Bemer- kenswcrth ist, dass die englische und die französische Rha- barber keine solchen Krystalle giebt, sondern dass von ihnen W. L. Howie, Verfälschung der Rhabarber etc. 255 eine geringe Menge blassbraimen gummigen Extracts zurück- bleibt •, doch liefern alle Sorten auch noch bräunliche nadei- förmige Krystalle, welche wahrscheinlich Emodin sind. Die Vermuthung liegt nahe , dass die Chrysophansäure, ■ welche als der Hauptbestandtheil der E-habarber erkannt wor- den ist, durch längere atmosphärische Einflüsse Sauerstoff aufnimmt und sich in die unter den Namen Erythroretin und Phaeoretin bekannten Harze umwandelt, die auch von einigen Autoren nicht als ursprüngliche nähere Bestand theile, sondern mir „als unreine Chrysophansäure" betrachtet werden (Batka). Da nun diese Harze von Chloroform aufgelöst werden, so erklärt es sich, dass man aus mehr oder weniger verdorbenen Wurzeln durch Behandlung mit Chloroform etc. dunkelgelbe Flecken auf dem Papiere bekommt. Die Formeln der genannten Verbindungen unterstützen diese Annahme, denn, mag nun die Formel der Chrysophan- säure O^oH^Oä oder G^'H^^O^ oder Q^m^oQ3 gein, so enthält doch sowohl die des Erythroretins = G^^H^^O'^, als auch die des Phaeoretins = O^^H^^O' weit mehr Sauerstoff, als die jener Säure. Die Chrysophansäure wird durch ätzende Alkalien roth, und das Erythroretin dadurch hell purpurn ; letztere Reaction kann man wahrnehmen, wenn man den gelben Rhabarberfleck mit Kalilauge berührt. Bei einer Waare wie die Rhabarber, welche sowohl in ihren chemischen als auch physikalischen Merkmalen variirt, muss man sich indessen immer erst die gehörige Hebung erwerben, bevor man aus den mittelst Chloroform erhaltenen Flecken ein definitives Urtheil über die verschiedenen Sorten abgiebt, damit man nicht etwa voreilig verleitet wird , das Verfahren, welches sich mir in nahezu hundert Fällen bewähit hat, zu discreditiren. Die Beobachtungen müssen bei Tageslicht angestellt wer- den, denn bei Gas- oder anderer künstlicher Beleuchtung sind schwache gelbe Flecke nicht zu erkennen. 256 Green, Scliwantmfischerei bei Tunis. Curciima im aromatischen Kveidepul ver. Es wird nicht selten behauptet, dass dieses Pulver zur Erhöhung seines Ansehns einen Zusatz von Curcuma erhalte. Dieses und andere, Safran enthaltende Pulver können ebenso g-eprüft werden, wie die Rhabarber, denn das Chloro- form wirkt auf den Farbstoff des Safrans nicht lösend und nimmt daraus nur ein wenig gelbliches Oel auf. Das aroma- tische Kreidepulver darf also mit Chloroform keinen gelben Fleck geben, wenn es frei von Curcuma ist. Das Safrangelb, welches dagegen durch Alkohol extrahirt werden kann, wird durch concentrirte Salpetersäure grün und durch Schwefelsäure erst blau, dann schmutzigroth und braun. Curcuma im Senf. Im Speisesenf (Mostrich) lässt sich die Curcuma ebenso nachweisen, wie in der Rhabarber. {Pharm. Journ. and Transact., Nov. 1873, XLI. 35i.). Uelber die Scliwammfisclierel an der tunesischen Küste. Von Green,*) engl. Vioeconsul in Tunis. (Eingesandt von G. C. Wittstein.) Schwämme kommen längs der ganzen tunesischen Küste vor, aber offenbar nicht in einer zur gew^innbringenden Samm- lung hinreichenden Menge , ausgenommen in den seichten Districten von Karkenah, Jerbah, Zarsis und Biban, welche sich von Ras Kadijah und Bir Capoudia nach Tema in einer Länge von 45 (engl.) Meilen hinziehen. Der von Karkenah beträgt 18 — 20, der von Jerbah 15 — 20, und der von Biban, welcher nur ein offener Strand ist, 3 — 4 Meilen. Die grösste Tiefe dieser Gewässer schwankt zwischen 15 und 75 Fuss. Die Zarsis -Bank liegt 18 Meilen von der Küste entfernt. Die Districte der Insel Jerbah der Zarsis - Bank, von Ras ei Ghzira, Biban, Chneios und bei Gilis haben sandigen und felsigen Boden, während der der übrigen Fischgründe schlammig ist. *) Pharm. Journ. and. Transact. Juli 1872, 24. ^ Ueber ilie Schwamni- fiscUerei stho mau auuliWittstcin, Vieri eljahresscLr. 1. 4:!5, X. 447, XL 90, Green, Setwammfisclierel bei Tunis. 257 Die Schwämme wachsen auf felsigem, sandigem und schlam- migem Boden, aber je tiefer sie vorkommen, um so besser sind sie in Form und Textur. Im Winter sammelt man gute Schwämme bei Karkenah, Ajir, südlich von Jerbah und bei Biban, im Sommer an der Zarsis-Bank, bei Sefia und Leqim; aber die besten finden sich an den Felsen der kleinen Insel Camontes und bei dem Dorfe Hatah el Scherki in der Nähe von Karkenah, Die ordinärem Sorten kommen von den Districten Scebba und Luesa, während die Schwämme von Chneios und Marabut in dem Golf von Khabs, wegen ihrer rothen und verdorbenen Wurzeln die schlechtesten von allen sind. . Die tunesischen Schwämme sind hinsichtlich ihrer Quali- tät allgemein unter dem Namen „Pferdeschwämme" bekannt und dienen zum Waschen von Fussboden, Chaisen, Pferden etc. Sie haben einige Aehnlichkeit mit den Schwämmen von den Bahamas und andern westindischen Inseln, sind aber stärker, elastischer und absorbiren eine grössere Menge Wasser, stehen daher auch in höherem Preise als diese. Im natürlichen Zustande sind sie schwarz, mit einer Art Schleim überzogen und enthalten eine gewisse Menge Schlamm und Sand; ihre Textur ist grob und die Löcher weit. Solche schöne strohgelbe Schwämme, wie sie von Benghazi, Klein- asien und Griechenland kommen, findet man in den tune- sischen Gewässern nicht, obwohl die eingeborenen Fischer von den felsigen Stellen bei Karkenah, Chneios und Jerbah kleine gelbliche Schwämme von feiner Textur heraufbringen; aber diese, welche man mit dem Namen „haggemi" bezeichnet, haben wegen ihrer Kleinheit einen verhältnissmässig nur geringen Werth, und kosten selten mehr als 25 bis 35 Schil- linge per Centner, Auf der Londoner Weltausstellung im Jahre 1851 wurde den tunesischen Schwämmen ehrenvolle Erwähnung zu Theil. Der Bey beansprucht das Fischereirecht über alle oben genannten Wasser - Districte , und noch vor mehreren Jahren gehörte ein Drittel aller dort gesammelten Schwämme, mochten sie nun ans Land gebracht werden oder nicht; der Regierung", Arch, d. Pharm. II. BcLi, 3, Hfl, 17 258 Green, Schwatnmfischerei bei Tunis. Da aber die Erhebung^ dieser Abgabe mit Schwierigkeiten ver- bunden ist, so wurde das Schwammsammeln zusammen mit der in denselben G-ewässern betriebenen Polypen - Fischerei Pächtern auf je drei Jahre übertragen. Diesen Pacht erstand im letzten Jahre für die iolgende dreijährige Periode das Pariser Haus Colombel Freres et Devisme für 2200 Pfd. Sterl. per Jahr. Dieses Haus reducirte, gleich ihren Vorgängern, die Abgabe aller durch die griechischen und sicilischen Fischer, welche die erfahrensten und fleissigsten sind, gesammelten Schwämme von Ys ^^^ V4' ^^^ diese Leute dauernd an sich zu fesseln. Ausser obiger jährlicher Pachtsumme an die tunesiche Eegierung haben die Pächter jährlich noch etwa- 650 Pf. St. an Agenten und Wachen zu zahlen. Die Märkte für den A^erkauf der Schwämme werden zu Sfax und zu Jerbah vom November bis März gehalten. Man legt sie gewöhnlich ungewaschen auf, und zwar in Haufen von 100 Stück jeglicher Grösse , einschliesslich der sogenann- ten „todten," d. h. solcher, welche sich von selbst von ihrem natürlichen Standorte losgelöst haben und entweder auf dem Meere schwimmend oder am Strande liegend gefunden worden sind, sowie der zu Bündeln vereinigten Schwammfragmente. Jeder Haufen variirt daher je nach der Menge der darin befindlichen „Abfälle" im Werthe; aber zur Herstellung von 1 Centner guter gewaschener Schwämme bedarf man im All- gemeinen 10 Haufen oder 1000 Stück ungewaschener und unsortirter Schwämme, wodurch die fertige Waare auf unge- fähr 3 Sil. 11 d. per Pfd. zu stehen kommt, wie folgende Kalkulation zeigt: 1 Centner und sortirte gewaschene Schw^ämme Piaster. Piaster. hergestellt aus KJ Haufen roher Schwämme, welche kosten per Haufen 80 800 Präpariren der Schwämme 10 Ausfuhrzoll per Centner 31^2 41^2 ""84i/i; Verlust durch Abfälle etc. 5 Proc. 42 883 7, = 21 L 1 sh. 9 d, Green^ Schwammfischerei bei Tunis. 259 Ungewaschene Schwämme werden nach Malta und Sici- lien verschifft, und auf ersterer Insel per Cantara (175 Pt'd.j mit 4 — 6 L, auf letzterer per Centner mit 7V2 ^is 10 L bezahlt. Gelegentlich bringt man auch die beim Waschen der Schwämme sich ergebenden „ Abfälle " nach Sicilien und erhält dafür pro 110 Pfd. 7 ^/^ bis 10 L, denn diese sogenannten Abfälle- stehen an Qualität noch immer über den ungewaschenen Schwämmen, und eignen sich nur nicht für den Pariser und andere grosse Märkte. Der allergrösste Theil der gewaschenen Schwämme geht direkt nach Paris, wo die grossen Firmen ihre Hauptmagazine haben. Dort bezahlt man die tunesischen Schwämme mit 12 bis 13 Frcs. pro Kilogr., so dass die auf den ursprünglichen Märkten allgemein geltenden Preise einen sehr klaren Schluss auf den von jenen Händlern erzielten Gewinn gestatten. Die Schwammfischerei wird meist nur in den drei Mona- ten December, Januar und Februar betrieben, weil während der übrigen Jahreszeiten die betreffenden Districte mit See- tangen überwachsen sind. Die Stürme im November und December zerstören und fegen die dicke Seevegetation hin- weg, und legen dadurch die Schwämme für das Auge bloss. üebrigens wird die Fischerei in zwei Perioden getheilt, eine Sommer- und eine Winter- Periode, von denen die erstere vom März bis November, und die letztere, wie bemerkt, vom December bis Februar dauert. Aber das Sammeln von Schwäm- men ist im Sommer nur wenig productiv und die Qualität der Waare steht derjenigen des Winters nach, weil sie nur von sichtbaren Stellen herrührt. Immerhin bedarf aber das Geschäft des Einsammelns eines ruhigen Wetters und glatten Meeres, und die Winter - Periode hat, obgleich sie sich auf drei Monate erstreckt, in der Regel nicht mehr als 45 Ar- beitstage aufzuweisen. Die Schwammfischerei betreiben haupt- sächlich die an der Küste wohnenden Araber, Griechen (meist aus Kranidi bei Nauplia) und Sicilianer; unter ihnen stehen jedoch die Griechen hinsichtUch ihrer Geschicklichkeit oben an, während die Araber die unterste Stelle einnehmen. X7* 260 -^ Green, Schwammfischerei bei Tunis. Die ßchwämme werden durch Öpiessen mit einem Brei- zack, durch Untertauchen mit oder ohne Apparat, und durch Fischen mit einer Maschine, welche eine Aehnlichkeit mit einem Austernnetze hat, gewonnen. Die letzte Gewinnungs- weise verspricht, obwohl sie erst 1871 in Anwendung ge- kommen ist, vor allen andern den Vorrang zu verdienen. Die arabischen Fischer, namentlich die Eingeborenen von Karkenah und Jerbah, bedienen sich eigenthümlicher, Sandalen genannter, Boote, welche mit vier bis sieben Personen besetzt sind, von denen nur eine der Harpunier oder Speerwer- fer ist , während die andern die Leitung des Bootes etc. besorgen. Die Tiefe des Wassers, worin die Araber fischen, beträgt 15 bis 35 Fuss. Obgleich die Griechen die geschicktesten Taucher sind, so bedienen sich doch die meisten von ihnen des Speers. Sie fahren in kleinen leichten Booten, worin sich ausser dem Harpunier nur noch ein Ruderer befindet. Das Boot wird langsam vorwärts gerudert , während der Harpunier den Meeresboden vermittelst einer ein wenig unter Wasser ge- tauchten zinnernen 14 Zoll weiten und 19 Zoll langen Röhre, an deren einem Ende sich eine dicke Glasplatte befindet, untersucht. Die Speere der Griechen sind kürzer als die der Eingeborenen und der Sicilianer, aber demungeachtet erreichen jene Leute damit genau und sicher die 60 Fuss unter Wasser haftenden Schwämme. Sie halten in ihren Händen drei bis vier Speere, und werfen sie einen nach dem andern so rasch und so sicher , dass ehe noch der erste unter dem Wasser ganz verschwunden ist, der zweite schon auf dessen äusseres Ende stösst und dadurch-Jenem neue Kraft giebt, den ins Auge gefassten Schwamm zu erreichen. Wie mir versichert wurde, liegt in dieser Angabe keine Uebertreibung, es ver- hält sich vielmehr damit ganz genau so. Die Sicih'aner bedienen sich ebenfalls der Speere und kleiner Boote, aber nicht der zinnernen Röhre , verstehen das Speerwerfen auch nicht so gut wie die Griechen , sind daher geoen diese in Bezug auf die Menge der Ausbeute ^u Green, Schwammfischerei bei Tunis. 261 Schwämmen im Nachtheil, gegen die Araber indessen noch immer im Vortheil. Die europäischen Schwammhändler dingen die griechischen Pischer für die Winterzeit, und verpflichten sie bekanntlich, in den Untiefen von Karkenah und Jerbah zu fischen, sowie sämmtliche gesammelte Schwämme, gewaschen getrocknet, von Steinen und Sand befreit zu circa 2 Sh. 10 d, per Pfund zu überlassen, während sie selbst alle lokalen Abgaben bestreiten. Der Harpunier erhält einen Vorschuss von 20 £ und der Euderer einen solchen von 8 M bevor sie von Griechenland abreisen; aber sie wissen sich beide zusammen von den Händlern einen weiteren Yorschuss von 8 J'tzur Eeise nach den Stationen mit ihren Booten, und abermals 8 '£ zum- Lebensunterhalt auf den Stationen zu verschaffen. Zehn bis vierzig solcher Boote werden auf ein Schiff verladen, welches sie nicht bloss nach den Fischgründen bringt, sondern auch während der ganzen Saison dort bleibt, als Depot der Fischer und ihrer Producte dient, und sie dann wieder in die Heimath befördert. Aus dem vorhin Gesagten ergiebt sich, dass die Händler für jedes Boot 4!= £ vorstrecken, mithin auch von jedem circa 340 Pfund gereinigte Schwämme bekommen müssen, um ihre Auslagen gedeckt zu sehen; aber die Schuld wird soften in einer Saison gelöscht, geht daher zum Theil auf die nächste über. In einem Zeiträume von 4, 5 Arbeitstagen kommen auf ein griechisches Boot ungefähr 200 Pfd. gereinigte Schwämme im Werthe von 28 ^, und da die Abgaben von den Kauf- leuten bezahlt werden, so haben die Sammler im nächsten Jahre nur noch 16 ü" abzuverdienen. Die sicilianischen Fischer werden von den Sfax-Schwamm- händlern ebenfalls in ihrem eignen Lande gedungen; aber, anstatt mit jedem einzelnen Boote besonders abzuschliessen, machen sie einen Kontract mit den Eignern von Schiffen, welche zwei bis sechs Boote haben, die bemannt und equipirt sind. Für je sechs Boote wird vor der Abfahrt von Sicilien ein Vorschuss von 50 M geleistet, und die Händler haben die Fischer während der Saison auch zu verköstigen; da diese 262 Green, Schwammfischerei bei Tunis. aber gewöhnlich mehr verbrauchen als absolut nöthi'g ist, so bedarf es eines weiteren Vorschusses. Während die Griechen ihre gesammelten Schwämme an Bord ihrer Depotschiffc bringen dürfen , müssen die Sicilianer die ihingen gewaschen und getrocknet, in Sfax abliefern, und zwar den Centner zu 18 i^ 15 Sh. , nachdem der Pächter seinen vierten Theil ab- gezogen hat. Dies ist von beträchlicheni Y ortheil für die Händler, denn dadurch können sie über die Leute eine bessere Controle ausüben. Jeder Centner solcher Schwämme kostet etwa 21 £, einschliesslich des Exportzolles von 15 Seh. 9 d. ,der Verpackung und des Transports auf die Schifte. Die siciUanischen Fischer stehen, wegen der Nähe ihrer Heiniath und wegen ihrer ausserordentlichen Massigkeit, am Ende der Saison selten in Schuld bei ihren Auftragge- bern. Die einheimischen Eischer schliessen fast nie Contracte mit den Kaufleuten, sondern ziehen vor, ihre Schwämme ungewaschen und in öß'entlicher Versteigerung zu Sfax zu verkaufen. Die Operation des Waschens der von den Eingeborenen gekauften Schwämme, welcher sich also die Käufer unterzie- hen müssen, besteht einfach darin, dass man sie, zu einem Dutzend an Schnüre gereihet und diese an Stangen befestigt, nahe dem Strande im Meere herumtreiben lässt. Binnen zwei bis drei Tagen sind sie dann von ihrem schwarzen Ueber- zuge befreiet, worauf man sie zum Trocknen und Bleichen an der Sonne aufhängt. Der Ausfuhrzoll fiir 1 Centner Schwämme beträgt 15 Sh. 9 d.; aber das Zollamt giebt keinen richtigen Aufschluss über die Quantität der jährlich ausgeführten Schwämme, denn beinahe alle von den Grriechen gesammelten kommen nicht an's Land, sondern, werden direct von ihren Depots aus ver- sendet; doch befindet sich an Bord eines jeden solchen ein Bevollmächtigter des Pächters, um den ihm schuldigen An- theil zu übernehmen oder sonst darüber zu verfügen. Aus Allem, was ich darüber in Erfahrung bringen konnte, scheint mir diese Schwammfischerei noch einer beträchtlichen Chromsaur. Kalk-Kali a. Indicator etc. — K Metliode z. Best. d. Alauns etc. 263 Vermehrung fähig zu sein, indem man die Zahl der Fischer erhöhet; auch weiss man, dass da wo ein Schwamm wegge- nommen worden, nach Verlauf eines Jahres wieder ein neuer entstanden ist. B. Monatsbericlit. Cliromsaures Kalk -Kali als Indicator bei der Molir'- sehen Chlor - Bestimmungsmetliode. ♦ Das zur maassanalytischen Bestimmung von Chlor nach Mohr verwandte chromsaure Kali kommt nur höchst selten rein vor, und ist eine Eeindarstellung desselben oft nur sehr schwierig zu bewirken. Vollkommenen Ersatz für das chromsaure Kali bietet das chromsaure Kalk-Kali, welches man nach der von Franz Stolba angegebenen Methode völlig chlorfrei darstellenjkann. Doppelt chrom saures Kali, welches durch Umkrystallisiren völlig chlorfrei erhalten werden kann, wird mit der achtfachen Menge Wasser erhitzt, und zum Kochen erhitzt. Zu der heissen Lösung fügt man gut ausgewässertes, und demnach chlorfreies Kalkhydrat so lange hinzu, bis die Flüssigkeit eine reine gelbe Farbe angenommen hat, und zu Folge Kalküberschusses beim Anblasen Häutchen von kohlensaurem Kalke bildet. Man hl- trirt heiss ab, und concentrirt durch langsames Verdampfen, wobei sich der überschüssige Kalk als Cai'bonat abscheidet, oder man kann in die heisse Flüssigkeit Kohlensäure einlei- ten, welche natürlich, wenn sie mit Salzsäure dargestellt wurde, sorgfältig gewaschen werden muss. Die decantirte Flüssigkeit ist zum Grebrauche fertig, da sie, in angegebener Weise bereitet , frei • von Chlor ist. {Binglers JBolyt - Jour. Bd. CCXI. 266). ' Kr. Neue Metliode zur Bestimmuiig des Alauns im Brode. Lawrence Cleaver gründet diese Methode darauf, dass die schwachsaure Lösung eines Thonerdesalzes in Gegen- wart von phosphorsaurem Salz im üeberschuss und unter- schwefligsaurem Natron zersetzt wird, der Art, dass sich die 264 Bestimmung des Zuckers mittelst Eisen, Säure des Thonerdesalzes mit dem Natron des Hyposulfit's verbindet, wobei sich schweflige Säure entwickelt, während Schwefel nebst phosphorsaurer Thonerde gefällt wird, letztere entstanden durch Verbindung der Phosphorsäure des Phos- phats mit der Thonerde des Thonerdesalzes. Beim Grlühen des Niederschlags bleibt reine phosphorsaure Thonerde zurück, woraus sich der Thonerde- oder Alaun -Gehalt berechnet. Man nehme 1250 Gran Brod und erhitze im Platintiegel, bis sich keine Dämpfe mehr zeigen, zerreibe den Rückstand und behandle ihn mit 4 CC. Schwefelsäure, verdünnt mit 10 CC. Wasser. Dann wird die Flüssigkeit zur Trockne ver- dampft und bis zum Erscheinen von Schwefelsäuredämpfen erhitzt , nach dem Erkalten mit Wasser behandelt und aus- gekocht, die Lösung in einem Maasscylinder bis zu 125 CC. mit Wasser versetzt. Man filtrirt 100 CC. ab, die die Thon- erde von 1000 Tfiln. Brod enthalten, neutralisirt nahezu mit Ammoniak und fügt 20 Gr. aufgelöstes unterschwefligsaures Natron hinzu. Nachdem man etwa 15 Minuten lang bei Seite gestellt zur Desoxydation des vielleicht vorhandenen Eisens, kocht man eine halbe Stunde lang, lässt absetzen, filtrirt, wäscht den Niederschlag völlig aus und glüht ihn im Porcel- lantiegel. 245 Thle. entsprechen 907 Thln. Ammoniak- und 940 Thln. Kali -Alaun. {The Pharmac. Journ. and Transact, Third. Ser. Nr. 200. April 187i. p. 851.). Wp. Bestimmung des Zuckers mittelst Eisen. Bekanntlich wird Eisenoxyd aus seinen Lösungen durch Alkalien nicht gefällt bei Gegenwart von Weinsteinsäure, Citronsäure, Aepfelsäure, Eiweiss und Zucker in ausreichen- der Menge. Diesen Umstand benutzt Eiffard zur Bestim- mung des Zuckers. Er hat nemlich gefunden, dass 100 Miliig. Eisenoxyd, aus Eisenchlorid, mit einigen Tropfen Salzsäure sauer gemacht, durch Ammoniak ausgeschieden, 3,71 Zucker erfordern , um aufgelöst zu bleiben oder sich wieder aufzulö- sen, bei Anwendung ganz neutraler Eisenchloridlösung aber nur 2,587, Ein Niederschlag erfolgt, wenn die Menge des Zuckers diese Höhe nicht erreicht. (The Pharmac. Journ. and Transact. Third. Ser. Nr. 195. March. 1874. p. 757.). Wp. Die Rolle des Phosphors u. der Phosphate bei der Fäulniss. 26S Die Rolle des Phosphors und der Phosphate bei der Fäuliiiss. lieber diese Erage verbreitet eine nachstehende im Aus- zuge mitgeth eilte interessante Arbeit von Jules Lefort einiges Licht, bei welcher derselbe, das noch ungelöste Pro- blem der Entstehung der organisirten Fermente völlig bei Seite lassend, nur zu erforschen sucht, welcher Mittel die Organismen , welche als Träger der fauligen Gährung erschei- nen, zu ihrer Vervielfältigung bedürfen und wie sich unter bestimmten Umständen ihre Wirkungsweise gestaltet. Pasteur hat nachgewiesen , dass die stets in der Bierhefe enthaltenen phosphorsauren .Salze keineswegs zufälliger Natur, vielmehr ein ganz unentbehrliches Nahrungsmittel der Hefe- zellen und als solches Bedingung jeder alkoholischen Gährung selbst seien. Lefort stellte sich nun die Frage, ob auch für das Fer- ment, welches die faulige Gährung veranlasst, die Gegen- wart phosphorsaurer Salze und welcher eine Lebensbedingung sei, und wenn ja, ob diese Fermentzellen, welche sich durch ein- grosses Absorptionsvermögen für Sauerstoff auszeichnen, diese Eigenschaft in dem Grade besitzen, dass sie den Sauer- stoff auch den Phosphaten zu entnehmen, also reduzirend zu wirken vermögen. Gosselin hat beobachtet, dass Osteomyelitis d. h. Ent- zündung der Markscheide von Röhrenknochen, stets von puru- lenter Infection, von Vergiftung des Blutes durch Fäulniss- körper begleitet ist. Man erklärte sich dieses Zusammentref- fen durch die Annahme, dass eben die weiche, lockere, com- plicirt zusammengesetzte Marksubstanz als solche der Fäul- niss leichter, als andere Gewebe, verfalle ; mit welchem E.echi,te, werden wir gleich sehen. Etwa 10 Jahre später (1866) machte Apotheker Collas in Paris darauf aufmerksam, dass eine Lösung von Fischleim sehr viel schneller in Fäulniss überging, wenn sie phosphor- saures Calcium suspendirt enthielt, als ohne dieses. Ebenso trat bei frischgehacktem und mit etwas Kalkphosphat ver- mischtem 'Hindfleische schon nach 30 Stunden entschiedene Fäulniss ein, während dasselbe Fleisch ohne diesen Zusatz sich bis zum siebenten Tage frisch erhielt. Magnesiaphosphat vermag diesen Einfiuss nur in weit geringerem Grade geltend zu machen, als das entsprechende Kalksalz. Die kohlen- sauren, schwefelsauren und salpetersauren Verbindungen des Calcium und Magnium entbehren dieses Einflusses, oder 266 Die EoUe des Phosphors u. der Phosphate bei der Fäulniss. äussern geradezu einen entgegengestzten, fäulnisshemmenden. Der mitunter bei der Fäulniss auttretende Geruch nach Schwc- fclammonium ist an die Gegenwart von Kalksulfat gebunden. Collas nimmt daher mit Pasteur an , dass das Kalkphos- phat dessbalb die faulige Gährung beschleunigt, weil es einen der Stoffe enthält, die nothwendig sind zur Entwicklung der immer in der Luft suspendirten Keimkörner, aus welchen Schimmelpilze und Mikrozoen hervorgehen. Ganz in Ueber- einstimmung mit dieser Annahme befindet sich die Thatsache, dass die ohnehin rasch eintretende Fäulniss solcher thierischer Stoffe, welche wie z. B. der Harn eine sehr reichliche Menge von Calciumphosphat schon an und für sich enthalten, durch einen weiteren Zusatz dieses Phosphats nicht noch mehr beschleunigt werden kann, weil eben die zur Ernährung und Vermehrung des Fäulnissferments erforderliche Menge schon reichlich vorhanden war. Ferner ergiebt sich hieraus eine ungezwungene Erklärung für den längst constatirten Umstand, dass Fleisch von Fischen viel schneller in Fäulniss übergeht, als solches von Säugethieren. Das Fischfleisch ist nemlich nicht nur absolut reicher an gebundener Phosphorsäure (0,5 ''/o) , als z. B. Rindfleisch, son- dern es sind auch unter den Basen, an welche diese Phos- phorsäure darin getreten ist, die Erdalkalien, besonders Kalk vorwiegend. Während die Asche von Rindfleisch etwa 16 bis 20 7o Erdalkaliphosphate enthält, werden in der von Fischfleisch über 40 % davon gefunden. Man hat also durch- aus nicht nöthig, zur Erklärung der raschen Fäulniss des Fischfleisches zur eigenthümlich lockeren Organisation des Gewebes seine Zuflucht zu nehmen. Es erhellt somit, dass gerade wie die Hefe , so auch die Mikrozoen , das Ferment der fauligen Gährung, zu ihrer Existenz und Vermehrung der Erdalkaliphosphate, besonders des phosphorsauren Kalkes be- dürfen, und dieses Bedürfniss ist so stark, dass auch die unlöslichsten und widerstandsfähigsten Verbindungen von ihnen angegriffen werden. Bekanntlich tritt Fäulnissgeruch immer zuerst bei den in nächster Nähe der Knochen liegen- den Fleischtheilen auf, weil hier der Knochensubstanz die zur Entwicklung des Ferments nöthige Menge Kalkphosphat ent- zogen werden kann. Noch leichter kann das geschehen an den weniger dichten centralen Knochentheilen , welche an die Markscheide angränzen und hierauf, nicht auf die leichte Zer- setzbarkeit des Markes, ist die putride Infection bei Osteomy- elitis zurückzuführen. # Die Rolle des Phosphors u. der Phosphate hei der Faulniss. 267 Die nächste sich nun aufdrängende Frage lautet dahin: Werden die den Mikrozoen als Nahrungsmittel benöthigten und von ihnen aufgenommenen Phosphate als solche assimi- lirt, oder findet eine, sei es völlige, sei es theilweise Reduction derselben statt? Ihre Entscheidung wird erleichtert durch genaue Beobachtung und richtige Deutung aller bei Fäulniss- processen beobachteten Erscheinungen. In erster Reihe ge- hört hierher der zwar nicht regelmässig, aber doch mitunter wahrgenommene Knoblauchgeruch beim Ausgraben von längere Zeit in der Erde gelegenen Leichen, welcher grosse Aehn- lichkeit zeigt mit demjenigen, der beim Entleeren älterer Eiterherde, besonders solcher in der Brusthöhle sich zu erken- nen giebt. Während man als Ursache dieses Geruches die Bildung von Schwefelwasserstoff ansah, erklärte man die häufig bei der Faulniss thierischer Stoffe beobachtete Phos- phorescenz mit der Entstehung von selbstentzündlichem Phos- phorwasserstofi'. Um die Eichtigkeit dieser Annahme durch das Experiment zu prüfen, wurden Glasgefässe, die gehacktes Fleisch enthielten, so mit TJ röhren verbunden, in welchen sich eine Silbersalpeterlösung befand, dass alle sich entwickeln- den Gase durch letztere passiren mussten. Die Beobachtung so hergestellter Apparate erstreckte sich über Jahre hin. In den ersten Monaten schreiten Faulniss und Vermehrung des Fermentes rasch voran, der vorhandene Sauerstoff" wird auf- gebraucht, es entwickeln sich Wasserstoff und Kohlensäure, init Schwefeiammonium geschwängert, und in der Silberlösung entsteht ein schwarzer Niederschlag, aus einem Gemenge von Schwefelsilber und kohlensaurem Silber bestehend. Nach eini- gen Monaten aber wird, wenn man überhaupt durch zeitwei- liges Zutretenlassen von neuen Luftmengen die Faulniss so lange unterhält, in der häufig zu erneuernden Silberlösung kein Schwefelsilber mehr, sondern nur noch kohlensaures Silber gefällt. Ebenso findet nur Fällung von letzterem statt, wenn man statt Fleisch eine von schwefelsauren Salzen völ- lig freie Gelatine unter Zusatz von Kalkphosphat faulen lässt. In dem einen, wie in dem anderen Falle sind nicht nur die sich entwickelnden Gase frei von jeder Phosphorverbindung, sondern auch in der rückständigen gefaulten halbfiüssigeu Masse lassen sich weder Phosphite noch Hypophosphite nach- weisen. Die hierdurch nahe gelegte Vermuthung, dass die Quelle des Schwefelammoniums nicht in einer Reduction schwefel- saurer Salze, sondern in dem directen Schwefelgehalt der organischen Gewebesubstanz zu suchen sein müsse, wird 268 Die Rolle des Phosphors u. der Phosphate bei der Fäubiiss. durch folgende Thatsache noch wahrscheinlicher gemacht. Eine Abkochung von Fleisch giebt mit Uranacetat einen star- ken Niederschlag von üranphosphat, während der Rückstand, mit Salpetersäure bis zur völligen Zerstörung der organischen Substanz behandelt, eine Flüssigkeit liefert, in welcher nur Spuren von Phosphorsäure nachgewiesen werden können. Umgekehrt dagegen zeigt die Fleischabkochung mit Chlorba- ryum einen kaum merklichen Gehalt an schwefelsauren Sal- zen, das ausgekochte Fleisch aber giebt mit Salpetersäure zerstört eine Lösung, welche eine reichliche Menge von Schwe- felsäure enthält. Schwefel und Phosphor sind also" thatsäch- lich in zwei ganz verschiedenen Formen im Fleisch enthalten gewesen, wenigstens ist der grösste Theil des letzteren darin als phosphorsaures Salz enthalten, womit natürlich der Gehalt des Protagons an Phosphor nicht bestritten wird. Das oft beobachtete Leuchten faulender Materien, sowie den schon erwähnten Knoblauchgeruch bringt Lefort auf Rechnung eines Schwefelphosphürs, welches sich während der Dissociation der Elemente von Fibrin und Protagon bildet, aber sehr unbeständig ist , indem es sich bald oxydirt. Aus eben diesem Grunde kann nur im ersten Stadium der Fäul- niss eine Lichterscheinung wahrgenommen werden und auch da nur dann, wenn die Entmischung des schwefelhaltigen Fibrins und des phosphorhaltigen Protagons der Zeit nach genau zusammenfallt. Die Bildung von Schwefelphosphür in Eiterherden wird durch den mangelnden Sauerstoff wesentlich begünstigt. Für die Existenz der genannten Verbindung an solchen Stellen spricht auch die Thatsache, dass die durch die Praxis längst erprobten sogenannten antiseptischen Mittel, wie Kohle , übermangansaures Kalium u. s. w. , factisch solche Stoffe sind , welche das Schwefelphosphür zersetzen. Ob die- ser Körper in irgend einer Beziehung zu dem noch nicht näher bekannten sogenannten Wurstgift stehe, lässt Lefort dahin- gestellt. Es sind das alles mehr oder minder hypothetische Be- trachtungen, Thatsache dagegen ist die grosse Belebung und Beförderung des Fäulnissprocesses durch Kalkphosphat. Da sich dieses aus den Alkaliphosphaten des Fleisches durch Umsetzung mit Kalksalzen bilden kann , so ist kalkhaltiges Wasser bei Behandlung von Wunden möglichst zu vermeiden und durch destillirtes Regen- oder Schneewasser zu ersetzen. Wenn nun die Rolle der Phosphate bei der Fäulniss sich darauf beschränkt, das Ferment durch Begünstigung der Or- ganisation der Infusorien zu vermehren , wenn sie also die Analytischer Xachweis des Anilins in Gemengen. 269 Fäülniss befördern, ohne dabei auch nur eine theilweise Zer- setzung zu erfahren, so erhält dadurch die Liebig'sche Fäul- nisstheorie einen neuen Stoss, denn wie die anderen genau definirten Gährungsarten , so wird dann auch die Fäülniss eine correlative Erscheinung des Lebens und nicht des Todes. (Journ. de JPhafm. et de Chimie. 4. Serie. Tom. XIX. 257 u. 35i.)., Dr. G. V. Analytischer Nachweis des Anilins in Cremengen. E. Jacquemin hat, obgleich Vergiftungen mit reinem Anilin oder dessen Salzen bisher noch nicht vorgekommen sind, sich doch in der Voraussicht, dass ein derartiger Nach- weis einmal von einem Gerichtschemiker verlangt werden könnte, mit Aufsuchung der Methode beschäftigt, welche in diesem Falle am Leichtesten und Sichersten zum Ziele führen würde und bezeichnet als solche das folgende Verfahren. Von der verdächtigen Substanz, sei es Blut, Fleisch oder ein anderes organisches Gewebe, werden 100 g. in der geeig- neten Form erst mit 100 und dann ein zweites Mal mit 50 g. destillirtem Wasser, welches 2 Procent Schwefelsäure enthält, durch mehrstündige Digestion bei 40° erschöpft und ausge- presst. Die so erhaltene Flüssigkeit dunstet man bei ziemlich niederer Temperatur bis zur Syrupsconsistenz ein, setzt das vierfache Volum Alkohol zu, filtrirt, behandelt das Filtrat mit einer Lösung von kohlensaurem Kali, setzt Aether zu und schüttelt damit. Die ätherische Schicht wird decantii't und aus ihr durch eine ätherische Oxalsäurelösung das Anilin als oxalsaures Salz gefällt, welches in Aether ganz unlöslich ist und daher durch Waschen mit solchem vollkommen rein erhalten werden kann. Durch kohlensaures Kali wird das Anilin wieder in Freiheit gesetzt, in Aether aufgenommen und verbleibt bei dessen Verdunsten im reinen Zustande, so dass dann die verschiedenen bekannten characteristischen Far- benreactionen damit vorgenommen w^erden können, von wel- chen Jacquemin besonders die mit unterchlorigsaurem Natron als sehr empfindlich hervorhebt. Weil jedoch in der durch Digestion mit saurem Was- ser erschöpften Substanz noch Anilide enthalten sein können, so wird diese mit sehr verdünnter Schwefelsäure in einer Eetorte längere Zeit gekocht, wobei die Anilide, analog den Amiden, zersetzt werden, indem sich Anilinsulfat bildet. Die 270 Die Pyrogallussäure als Reagens, so gewonnene Flüssigkeit wird dann in gleicher Weise wie die erste weiter behandelt. {Journ. de Phann. et de Chim. 4. Serie. Tom. XIX. pag. Sil.). Dr. G. V. Die Pyrog.illussäure als Reagejis. Das Verhalten der Pyrogallussäure zu den Alkalien und alkalischen Erden ist hinlänglich bekannt; sie bildet mit den ätzenden Alkalien dunkelbraune Verbindungen, und mit Kalk- wasser eine schöne violette Flüssigkeit, und zuletzt setzt sich daraus ein schwarzer Körper ab, dessen Natur noch nicht erforscht ist. Die einfachen und Bi-Carbonate liefern ähn- liche Resultate. Auf Zusatz w^eniger Tropfen einer lOpro- centigen Pyrogallussäure - Lösung zu einer Lösung von dop- pelt-kohlensaurer JSIagnesia oder doppelt -kohlensaurem Kalk entsteht anfangs keine Fäi'bung, aber nach sechs Stunden findet man einen reichlichen schwarzen Niederschlag abgela- gert. Von dieser E,eaction macht Schlagdenhauffen Grebrauch bei der Untersuchung alkalischer Mineralwässer; in solchen, welche viel Carbonat enthalten, entsteht nemlich sogleich, eine gelbe Färbung, und nach 10 bis 12 Stunden hat sich ein beträchtlicher schwarzer Präcipitat gebildet, während bei Ab- wesenheit löslicher Carbonate nichts derartiges oder höchstens eine gelbliche oder blassbräunliche Färbung eintritt. Kalk- carbonat lässt sich schon in wenig CO. Trinkwasser auf Zu- satz einiger Tropfen Pyrogallussäure - Lösung nachweisen. Auch die Alkaloide geben mit der Pyrogallussäure braune oder doch wenigstens orangegelbe Färbungen, aber erst nach längerem, etwa zwölfstündigem Stehen. Dieses Verhalten unterscheidet dieselben übrigens von den neutralen krystalli- nischen Körpern und den Glykosiden, denn diese verhalten sich gegen jene Säure völlig indifferent. In der Wärme neh- men jene Färbungen an Tiefe zu. Setzt man zu einer sol- chen gefärbten Flüssigkeit eine w^eingeistige Losung von Quecksilberchlorid, so entsteht gleich ein schwarzer Nieder- schlag, während Pyrogallussäure - Lösung, welche ein Glykosid oder einen neutralen krystallinischen Körper enthält, durch Quecksilberchlorid keine Veränderung erleidet. Es wurden einige auf die vorstehende Reaction basirte Versuche angestellt, um die relative Alkalinität der Alkaloide zu ermitteln. Zu diesem Zwecke löste man 1 g. Pyrogallus- säure in 10 CC. Weingeist, setzte dazu 2 CC. einer gesättig- % Die Pyrogallus säure als Reagens. 271 ten weingeistigen Lösung von Quecksilberchlorid, und be- nutzte diese Mischung als E-eagens. Zwei bis drei Tropfen Hess man in eine Porzellanschale fallen und fügte einige Krystalle den zu prüfenden Substanz hinzu. In einigen Fäl- len wurden die Kiystalle sofort geschwärzt; andere nahmen erst eine leichte Färbung an und wurden nach ein paar Mi- nuten dunkler; wieder andere färbten sich erst bei gelindem Erwärmen. Nachstehend eine TJebersicht der Beobachtungen. In der Kälte. In der Wärme. schwarz Atropin schwarz, sogleich Veratrin » }> Codein braun, sogleich Chinidin )} }) Cinchonidin 5> ?> Thebain blassgelb; nach ^/^ Stunde braun Narcotin ebenso ; ebenso Papaverin jj " Erucin anfangs nichts ; nach ^4 Stunde braun Strychnin ebenso ; ebenso und der ze Fär- Delp hinin „ „ Morphin „ „ Chinin „ „ Cinchonin „ „ Bei Anwendung neutraler krystallisirter Körper Glykoside wurde auch in der Wärme nie eine schwa bung beobachtet, und selbst der Verdunstungsrückstand sah nicht dunkle« aus, als das Gemisch des Körpers mit dem Quecksilberchlorid oder der Pyrogallussäure je für sich. Picrotoxin, Phlorrhizin, Salicin, Santonin, Aesculin, Cu- marin, Amygdalin, Meconin und Digitalin sind in dieser Be- ziehung den Alkaloiden durchaus unähnlich. Man könnte daher das Pyrogallussäure - Mercurat, ebenso wie das Guajak- Mercurat, zur Unterscheidung der Glykoside und neutralen krystallinischen Körper von den organischen Basen anwen- den, und dadurch analytische Prüfungen erleichtern. Nimmt man statt des Quecksilberchlorids Eisenchlorid, so erhält man dieselben Besultate. Wenn die Lösung des Eisen - Pyrogallats auch nur ein Minimum davon enthält, so nimmt sie doch schon durch eine Spur Ammoniak oder Aetz- kali eine tief blau - violette Farbe an. Diese äusserst empfind- 272 Nachweis von Aloe iind ähnHchen Bitterstoffen. liehe Reaetion der Eisenoxydsalze, jüngst von Jacquemin angegeben, kann auch zur Entdeckung freier Alkalien benutzt werden. Die Mischung, welche dem Verf. am geeignetsten dazu schien, bestand aus: Pyrogallussäure 0,50 g. Wasser 5 CC. Weingeist 5 CC. Eisenchlorid 0,0001 g. Diese Mischung färbt die Krystalle des Strychnins, Bru- cins , Morphins , Codeins und alle übingen Alkaloide blau. Das Narcotin färbt sich nur schwierig, und das Narcein nimmt einen kaum wahrnehmbaren violetten Stich an; erwärmt man aber beide Proben im Wasserbade, so werden sie tief violett- blau. Die Glykoside und neutralen Körper rufen in der Kälte keine Färbung hervor, und in der Wärme keine stär- kere, als das pyipgallussaure Eisenpräparat für sich giebt. Mit Kupferchlorid versetzte Pyrogallussäure- Lösung verhält sich ähnlich, die Färbung erscheint in diesem Falle sonst schwarzbraun. Alle diese Reactionen sind ohne Zweifel Folge der Oxy- dation der Pyrogallussäure unter dem Einflüsse der Basen. ( TJnion pfiarmaceutique XV. 5. — Pharm. Journ. and Transact, März 1874, p. 772.). W. Nachweis von Alofe* und ühnliclien Bitterstoffen. Die augenblicklich so ungemein florirenden Geheimmittel bestehen gewöhnlich aus Gemengen von aus "unwirksamen Kräutern, Früchten u. s. w. bereiteten Extracten mit den so- genannten Bitterstoffen: Aloe, Coloquinten, Wermuth, Enzian, Scamraonium und Jalapenharz. Bei der Untersuchung dersel- ben verfährt man nach 0. Bach folgendermassen. Man ver- dampft die Flüssigkeit zur Trockne und extrahirt mit Alko- hol, der sämmtliche obengenannte Stoffe aufnimmt. Die Lösung wird zur Trockne verdampft und der zerriebene Rückstand mit kaltem H^O behandelt. In Lösung gehen Aloe, Colo- quinten, Wermuth und Enzian. Die Lösung wird auf dem Wasserbade eingeengt und mit salpetersaurem Quecksilber- oxydul im Ueberschuss versetzt: Es fallen sofort Coloquinten und Wermuth als voluminöse Niederschläge aus. Abfiltrirt, ausgewaschen und in verdünnter HNÖ"^ .gelöst. Bei Gegen- Kackweis von Aloe und ähnlichen Bitterstoffen. 273 wart von Coloquinten bleiben in der gelben Flüssigkeit unlös- liche Flocken; ist gleichzeitig Wermuth zugegen, so erscheint die Flüssigkeit braun und die Flocken sind nicht gut wahr- zunehmen. Man übersättigt deshalb die Lösung mit H^N, Quecksilber wird gefällt, Wermuth und Coloquinten bleiben gelöst. Man filtrirt, verdampft das Filtrat zur Trockne und behandelt auf dem Wasserbade mit G^H^O^. Wermuth geht in Lösung, Coloquinten bleiben zurück und geben mit concent. H^SO* eine hochrothe Lösung. Die essigsaure Lösung giebt zur Trockne verdampft einen gelb - braunen , in H^SQ^ zu einer braungelben Flüssigkeit löslichen Rückstand. In der vom Quecksilberniederschlage abfiltrirten Flüssigkeit kann Aloe und Enzian enthalten sein. Hg wird durch H^N aus- gefällt, das Filtrat mit einer conc. Lösung von ^^(O^H^O^)^ versetzt. Entsteht einer Niederschlag, so ist Enzian zugegen, erscheint dagegen die Flüssigkeit orange -roth gefärbt, so deutet dies auf Aloe. Man verdampft die Lösung zur Trockne, zieht mit Alko- hol aus, verdampft wieder und behandelt den so erhaltenen Rückstand in der Wärme mit HNO^. Die zur Trockne ver- dampfte Lösung giebt, mit etwas H^O aufgenommen , auf Zu- satz von KOH und Traubenzucker bei Gegenwart von Aloe eine blutrothe Lösung. — Den auf Zusatz von Bariumacetat erhaltenen Niederschlag (Enzian enthaltend) extrahirt man gleichfalls mit G^H^OH, verdampft und behandelt entweder mit conc. HNO^ oder H^SO^, in der er sich gelb, oder mit KOH, in welcher er sich schön goldgelb löst, — Den beim Behandeln der ursprünglichen Substanz mit H^O erhaltenen Rück- stand (Lärchenschwamm , Scammonium und Jalapa) extrahirt man mit Aether. In Lösung gehen Lärchenschwamm und Scammonium. Zur Trockne verdampft und mit Na ^00^ Iiö- sung behandelt. Scammonium bleibt zurück, quillt mit HNO^ zu einer gelben Masse auf, löst sich in conc. H^SO^ orange- farben, beim Stehen blutroth werdend. In der Sodalösung befindet sich der harzige Theil des Lärchenschwamms , wird durch Säure ausgefällt und mit HNO^ geprüft, in der es unlöslich ist, während es sich in conc. H^BO^ orangefarben löst. — Als in Aether und Wasser unlöslicher Rückstand verbleibt Jalapenharz, welches mit conc, H^SO* eine braune, nach einiger Zeit sich blutroth färbende Lösung giebt. {Journ. f, p-act Chem, 9, 188. 1871). C. J. d. ?l»am. 11, Bda. 8. Hft 274 Nachweiss von Spuren Salpetersäure im Trinkwasser. — Analyse des Jods. >achweis Ton Spuren Salpetersäure im Trinkwasser. Dazu eignet sich nach E. Kopp ganz vorzüglich eine Auflösung von Diphenylamin in concentrirter Schwefelsäure, denn man kann damit, wie R. Böttger bestätigt, schon in einem einzigen Tropfen "Wassers den Salpetersäuregehalt finden. Bringt man zu dem Ende in ein Porzellanschälchen ungefähr zwei CC. schwefelsaures Diphenylamin und fügt dazu vermittelst eines Glasstabes einen Tropfen des zu prüfenden Wassers, so sieht man bei Gegenwart einer salpetrigsauren oder salpetersauren Verbindung in demselben fast momentan eine mehr oder geringer tief lasurblaue Farbe entstehen. {JahreahericJit des physikal. Vereins in Fra7ikfurt aj3I. für 1872 — 73. p. 19). W. Analyse des Jods. Um die Beschaffenheit des Jods genau zu ermitteln, löst man nach Tissaudier es am besten in schwefliger Säure und fällt es aus einer mit Ammoniak über-ättigten Flüssigkeit mit Silbernitrat, wobei etwa vorhandenes Chlor gelöst bleibt. Zur richtigen Ausführung bedarf es aber einiger Vorsichts- maassregeln, welche daher hier folgen. 1) Wägung des Jods. Seiner Flüchtigkeit wegen ist das offene Abwägen unzulässig. Man tarirt daher eine einige Gramm Jod enthaltende verschlossene Glasröhre, schüttet daraus einige Decigramm rasch in schweflige Säure, und erfährt durch Zurück wägen der wieder verschlossenen Röhre das in Arbeit genommene Quantum genau. 2) Bestimmung des Jods. Das Quantum concentrir- ter frisch bereiteter schwefliger Säure, in welche das Jod gelangt , soll 40 CC. betragen und befindet sich in einem Becherglase oder Kolben von circa 1 Liter Rauminhalt. Das Jod verschwindet beim Schütteln rasch. Sollte dabei ein Rückstand bleiben, so müsste er auf einem Filter gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen werden; es kommt das aber nur selten vor und dann sind es Spüren. Hierauf setzt man zu der Lösung ^2 I^iter kochendes Wasser, Ammoniak im Ueberschuss und salpetersaures Silber im Ueberschuss, deckt das Gefass zu, lässt es eine halbe Stunde Analyse von Nilabsatz . 275 an einem warmen Orte stehen, sammelt den !Jsiederschiag auf einem tarirten Filter, wäscht und trocknet bei llO*^. Er enthält 54 Proc. Jod. 3) Bestimmung des Chlors. Dieses fällt, wenn es zugegen, aus der ammoniakalischen Flüssigkeit beim Ueber- sättigen mit Salpetersäure heraus. 4) Bestimmung der Asche. Alan verwendet dazu 5 g. Jod, die man in einem Porzellanliegel zur Austreibung alles Flüchtigen erhitzt. Der Kückstand, welcher nur wenig betragen darf, besteht wesentlich aus Kieselerde und Thon- erde mit Spuren alkalischer Chloride. 5) Bestimmung der Feuchtigkeit. Das Jod ent- hält davon oft viel, bis über 20 Procent. Am besten gelangt man zur Gewichtsbestimmung der Feuchtigkeit durch Diffe- renz, denn der directe Weg ist sehr ungenau. Bei Gegenwart von viel Feuchtigkeit kann man aber auch auf folgende Weise verfahren. Alan bringt 1 g. Jod in eine enge in Zehntel CC. getheilte Glasröhre, fügt 20 CC. Schwefelkohlenstoff hinzu und schüttelt. Wenn das Jod ge- löst ist, stellt man die Röhre (verschlossen) an einen warmen Ort und liest nach 3 Stunden das in CC. ausgeschiedene Wasserquantum ab. Aber, wie gesagt, giebt diese Methode nur annähernd richtige Resultate. Auf vorstehende Art geprüft, bestanden fünf Sorten Jod aus: I. II. III. IV. V. Jod 76,21 79,50 84,25 88,63 94,12 Chlor 0,88 0,71 0,92 0,51 0,30 Asche 1,11 1,02 0,80 0,71 0,40 W^asser 21,80 18,77 14,03 10,15 5,18 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00. {Monüeur des ProduiU chimiques durcli den American Chemisi, May 187^, p. 408.). W. Analyse ron Nilabsatz. Prof. W. Knop hat 3 Proben untersucht, von denen die eine von Minich , am Knken , die andere von Achnim , am rechten Xilufer , aufgenommen sind , und von Flächen stam- men, welche z. Zeit der Aufnahme nicht mit Korn bewachsen waren; die dritte Probe stammt aus der Thebais (Theben). 18* 276 Analyse von Nilabsatz. Schon bei der Analyse der Probe aus Theben, welche früher angestellt worden, hat der Verf. darauf aufmerksam gemacht, wie klein der Humusgehalt (er beträgt l,17"/o) bei dieser von Alters her ihrer Fruchtbarkeit wegen berühmten Erde ist und die Vermuthung ausgesprochen, dass bei den Analy- sen einiger anderer Chemiker, welche im Nilabsatz einen hohen Humussatz gefunden haben , der Humus nicht direct bestimmt, sondern aus dem Glühverlust berechnet worden. Der Glühverlust bestand bei den Knop' sehen Analysen aber zum bei weitem grösseren Theile in Wasser. Die Analysen ergaben : 1. Minich. 2. Achnim. 3. Theben. 4. Nilsehlamm (Horuer), Hygroskop. Wasser 3,100 3,700 5,70 Gebundenes „ 5,880 4,835 7,63 Humus 0,230 0,235 1,17 Glühverlust 9,210 8,770 14,50 5,70 Peinboden 90,790 91,23 85,50 94,30. In 100 Gewichtstheilen Peinboden sind enthalten: Sulphate 0-Spur Spur 1,30 0,3 Carbonate 4,081 4,707 4,28 3,9 Kieselsäure u. Sili- katbasen 95,919 95,293 94,42 Bemerkenswerth ist, dass in allen drei Proben in den Carbonaten sich kohlensaurer Baryt findet und zwar in 1. =r 0,21, in 2. = 0,017, in 3. == Spur und ergiebt sich hieraus, dass der Nilschlamm auf eine weite Distanz von Mi- nich über Achnim und die Thebais hinaus, und zwar auf beiden Seiten der Ufer, mit einem geringen Quantum kohlen- sauren Baryts durchdrungen ist.*) Es ist dies wohl der erste Fall, dass der Baryt als ein nicht zu locales Vorkom- men in der Ackererde nachgewiesen worden ist. Es kann dalier kaum zweifelhaft sein , dass diese Beimengung von irgend einem näher nach den Quellen des Nils hinauf an- stehenden Witherit herrührt, denn anders könnte dies Carbo- *) Aus 200 g. Nilschlamm konnte binnen 10 Minuten mit verdiinntei' Siilzsäure eine genügende Menge Baryt ausgezogen und mit Schwefel- säure gefällt werden. Der in Chlorbarium umgesetzte Niederselilag wurde dann spectroscupisch geprüft. SchwefelkobleDstoff v. sein, üblen Gerüche z. befreieil. 277 nat nicht wohl über eine so grosse Fläche sich verbreitet haben. - Bekanntlich hat schon Scheele den Baryt in der Asche von Buchenholz gefunden und Bödecker ein solches Vor- kommen bestätigt. Wenn das Wasser des Nils selbst, ähnlich wie Kalkcar- bonat, auch Barytcarbonat in Lösung enthielte, so wäre schwer einzusehen, wie Wasserpflanzen darin fortkommen können, weil durch dasselbe die ihnen nothwendige Schwefel- säure ausgefällt werden müsste. Als zweites Factum hebt der Verf. hervor, dass der Thon des Kilabsatzes einen sehr hohen Gehalt an Eisenoxyd und von allen bis jetzt in seinem Laboratorio geprüften Erden die höchste Absorption besitzt. Als di'ittes Factum bestätigen diese Analysen die Humus- armuth des Mlabsatzes. Der Mischlamm giebt daher, in vollem Einklänge mit den durch die Wasserculturen gewonnenen Erfahrungen prac- tisch den Beweis , dass die Factoren der Fruchtbarkeit der Ackererden lediglich an der Mischung der Mineralbestand- theile des Ackerbodens haften. {Bie landwirthsch. Versuchs- Stationen XVIL Nr. 1. S. 65). Ghg. Um den Schwefelkohlenstoff Ton seinem üblen Ge- rüche zu befreien, empfiehlt Yvon, ihn mit Kupferfeile in Berührung zu brin- gen, und es sei nicht einmal nothwendig zu schütteln. Er nehme nun bald einen ätherischen Geruch an, werde auch, wenn er vorher gefärbt gewesen sei, farblos. (Le Bordeaux medical). Diese Angabe hat, wie ich mich überzeugt habe, gerade so viel Werth oder vielmehr Unwerth, wie eine frühere von Millon, wonach man obigen Zweck durch Destilliren des Schwefelkohlenstoffs über Kalkmilch erreichen sollte. Wittstein. 278 Eine neue allotropische Modificatiuu des Phosphors. Eine neue allotropische Modilication des Phosphors. Houston und Thompson stellten eine Reihe von Experimenten an , die zur Entdeckung einer neuen allotropi- schen Modification des Phosphors führten. Kocht man Phosphor mit starkem Kalihj'-drat und hässt langsam erkalten, so bleibt derselbe noch eine Zeit flüssig und erstarrt sogleich beim Schütteln oder Berühren. Das Flüssigbleiben soll nach den Entdeckern von der Mengung des Phosphors mit einer allotropischen Modification herrühren, die flüssig ist, und dieser wurde nachgespürt. Guter Phosphor wurde in starker Kalilauge gekocht, wo- bei das verdampfende Wasser ersetzt und das Aufsteigen des Phosphors mit den Luftblasen sorgfältig verhindert wurde. Nach 5 oder 10 Minuten wusch man den flüssigen Phosphor gut aus durch einen Strom laufendes Wasser, w^odurch alle ]!^ebenproducte entfernt wurden. Dieser gereinigte flüssige Phosphor ist die neue allotropische Modification und hat fol- gende Eigenschaften.: Er bleibt bei niedriger Temperatur flüssig. Die Ent- decker haben eine gegen Erschütterung geschützte, unter Wasser aufbewahrte Probe jetzt schon mehrere Monate flüssig erhalten in einem Räume, dessen Temperatur oft nahe 40** F. f+ 4,440 c.; -I- .3,56 *' R.) war. Eine kleine Menge erstarrte bei etwa 38» F. (^ 3,33'' C; -f 2,67 « R.), grössere Mengen würden w-ahrscheinlich erst bei noch niedrigerer Temperatur fest werden. Der flüssige Phosphor oxydirt sich an der Luft nicht. Daraus folgt, dass er im Finstern nicht leuchtet. Diese auf- fallende Eigenschaft spricht besonders für den allotropischen Zustand. Beim Festwerden dieses Phosphors scheinen zwei Modi- ficationen von festem Phosphor zu resultiren: eine ist zähe und wachsartig wie gewöhnlicher Phosphor; die andere ist zerbrechlich mit krystallinischer Structur, letztere immer von gut erkaltetem Phosphor, von der wirklichen allotropischen Modification. Dieser krystallinische Phosphor oxydirt sich an der Luft sehr schnell mit grosser Hitzeentwicklung. Eine Volumveränderung beim Festwerden war nicht wahr- nehmbar, wahrscheinlich von der Expansion, welche die beim Erkalten frei werdende Hitze bewirkte. Um zu prüfen , ob der flüssige Zustand etwa von mit dem Phosphor verbundenem Wasserstoff' herrühre, wurde Neue und correcte Anwendung des Ozons. 279 Phosphor unter einem Stroine von "Wasserstoffgas geschmol- zen. Das Product war von dem durch Kochen in Kalilauge erhaltenen verschieden: es. war völlig beweglich, bernstein- farbig und gab beim Pestwerden den wachsartigen Phosphor. Bei dem Versuche entwickelte sich ein farbloses, an der Luft sich entzündendes Gas, jedoch mit so geringer Hitze, dass das mit ausströmende Wasserstoffgas sich nicht entzündete. Versuche, durch langes Kochen in einer gesättigten Lö- sung von Chlorzink den Siedepunkt der allotropischen Modi- fication zu bestimmen, gaben kein Resultat: es kann demnach ein hoher Siedepunkt nicht die alleinige Ursache der Ver- änderung sein. Es ist eine bisher unbekannte flüssige Modification des Elements P höchst wahrscheinlich, wenigstens sind ihre Eigen- schaften viel ausgeprägter als z. B. bei der elastischen Modi- fication des %. (Central High School. — Journ. Franklin Inst. — American Journal of Fharinacy. Vol. XL VI, 4 th. Ser. Vol. IV. 1874. pag. 112 seq.). R. Neue und correcte Anwendung des Ozons. Es ist bekannt, dass Ozon ein kräftiges Luftreinigungs- mittel für bewohnte Räume ist, aber seine weitere Anwen- dung scheiterte an dem Mangel einer einfachen, billigen und Allen zugänglichen Methode. Eine solche giebt Sigismund Beer; sie besteht darin, dass man gewöhnliche Phosphor- zündhölzchen mit warmem Wasser befeuchtet hinstellt, theils am Boden, theils in der Nähe der Zimmerdecke, wobei sich sogar zwei Luftreiniger entwickeln: salpetrigsaures Ammoniak und Ozon. Eine üebersättigung der Luft mit Ozon ist nicht zu befürchten, da dieses sich sofort mit den Unreinigkeiten der Luft verbindet, ferner kann man durch Vermehrung und Verminderung der Zündhölzchen die Entwicklung des Ozons reguliren. Wie lange die Phosphorhölzchen die ozonisirende Kraft behalten, ist nicht angegeben. (Scientific American. — American Journal of Pharmact/. Vol. XL VI. 4 th. Ser. Vol. IV. 181 L pag. 130.). R. 280 Süd. d. octaedr. Borax. — Gase b, Erhitzen d. Eisens. Bilcliiiig des octaedrisclicu Borax. Bekanntlich findet man in den Lehrbüchern, dass der octaedrische Borax sich aus coucentrirten Lösungen in Tem- peraturen zwischen 79° und 56'' ausscheide, und zwar um so mehr, je länger die Lösung siedend erhalten wurde. Die anhaltende Hitze wäre demnach die Ursache der molecu- lären Umänderung der Octaedertbrm des Borax. G e r n e z Versuche beweisen dahingegen , dass beide Krystallformen des Borax , die prismatische sowohl wie die octaedrische Form, bei niederer Temperatur gebildet und ausgeschieden werden, und dass, wenn bei anhaltendem Sieden der Lösung mehr Octaeder erhalten wurden, eine Ver- dampfung des Wassers also eine Concentration der Lö- sung stattgefunden habe. Aus einer sehr conc, Lösung von 75 '^ krystallisirten dem Verf. nach und nach Octaeder von selbst aus und blieben in der Lösung durchsichtig. Die Menge derselben ist von der Concentration der Lösung abhängig und war dieselbe, ob die Lösung stundenlang (ohne Wasserverlust) oder nur eine Minute siedend erhalten wurde. Die Ausscheidungen landen beim Abkühlen bei jeder Temperatur statt, selbst bei 8°; dieselbe ist aber nicht vollständig, es bleibt noch soviel Borax in Lösung, um übersättigt prismatische Krystalle auszuscheiden, sobald die Lösung mit einem prismatischen Boraxkrystall in Berührung gebracht wird. Lösungen, selbst kalt bereitete, krystallisirten wenn sie im luftleeren E.aume langsam concentrirt wurden , das ganze Salz nach und nach in Octaedern aus. Verf. hält die Bildung der Octaeder analog den Krystal- len von K^aO,SO^ + 7 HO aus coucentrirten Lösungen und der Prismen analog denen des NaO, SO^ + 10 HO aus übersättigten Lösungen, sobald sie mit einem Krystall dersel- ben oder irgend einer anderen isomeren Substanz in Contact gebracht werden. {Bepert. de Pharm, tome IL Ferr. 1874. p. 105.). Bl. Ueber die Oase, welche sich heim Erhitzen 4m Yacuo aus dem Roheisen , dem Staheisen , dem Stahl und den Coks entwickeln und üher die Kohlenstoifbe- stimmung in denselben. Barry, gestützt auf die Thatsache Grahams, dass viele Metalle mehr als ihr eignes Volumen Gas aufnehmen und Gase b. Erhitzen d. Eisens.' 281 dasselbe, im Vacuo erhitzt, wieder abg'ebeti, stellte vielseitige Versuche an, die Gase in den verschiedenen Eisensorten zu bestimmen' Sprengels mercury air-pump, ein Instrument, welches nicht allein einen luftleeren Raum herstellte, sondern auch das, aus dem in der Glasröhre erhitzten Eisen entwickelte Gas sammelte, fand Anwendung. Er konnte nur die Tempe- ratur anwenden, welche die Glasröhren erlaubten. 1) 50 g. gewöhnl. weisses Roheisen 6^2 Stunde erhitzt, gab 13 CO. Gas, welches enthielt: CO 2 CO Wasserstoff Stickstoff 6,8% 2,32 7o 84,0 o/o 6,88 %• 2) 50 g. Spiegeleisen, bis zur schwachen Rothgliihhitze erhitzt, gab 12 CC. Gas und enthielt: CO 2 CO Wasserstoff 0,9420/^ 17,87% 81,1057o. 3) 37 g. gutes Schmiedeeisen, 2 Stunden erhitzt gab 9,4 CC. Gas, welches bestand aus: CO 2 CO H Stickstoff 9,92 7o 34,262% 54,1% 1,718%. 4) 4,75 g. graues Roheisen gab nach 2 Stunden Erhitzen 15,81 CC. Gas, dessen Zusammensetzung war: • C02 CO H N • 1,6% 5,2% 89,7% 3,25%. 5) 10 g. weicher Stahl gab nach 2 Stunden Erhitzen 18,4 CC. Gas, welches bestand aus: C02 CO H N 16,55% 24,352% 52,61% 6,488%. Demnach enthält graues Roheisen den meisten H, welcher je nach der Bearbeitung abnimmt. Zu grau Roheisen und Stahl wurden Porcellanröhren angewandt. Sie gaben beide mehr Gas ab, als man glaubte, so dass man wohl annehmen kann, dass das Gas in dem Graphit einge- schlossen ist. Bei der Bestimmung der Gase in dem Coks, ebenfalls im Vacuo, fand er, dass die verschiedenen Kohlen nicht alle mit derselben Leichtigkeit ihre flüchtigen Bestandtheile durch blos- ses Erhitzen in einem geschlossenen Tiegel abgeben. Coks frei von allen flüchtigen Stoffen herzustellen, gelang ihm nicht. Wahrscheinlich werden sie erst bei sehr hoher Hitze fortgeschafft und ist es gewiss CO^, welche bis zum Schmelzpunkt des Eisens zurückbehalten wird. 282 Eeduction d. wasserfreien Eisenoxydes durch rein. Kohlenstoff. Kohle behält selbst bei dem stärksten Hitzgrad H zurück und enthalten die matten (Weak) Coks den meisten H und. war K nur in kleinen Mengen anwesend. Die Bestimmung des Kohlenstoffs , welche er bei den verschiedenen Eisensorten bei gewöhnlicher Verbrennung mit CuO, und durch Verbrennung mit CuO im Vacuo vornahm, gaben annähernde Resultate, doch will er der letzteren Be- stimmung, der Genauigkeit wegen, den Vorzug geben. 1) 0,5 g. graues Eoheisen, im Vacuo 1 Stunde erhitzt, gab 29,9 CC. C02= 3,206% Kohlenstoff; zu 3,264— 3,28 «/q C. bei der gewöhnlichen Verbrennungsmethode. 2) Eine andere Probe gab bei gewöhnlicher Verbrennung 3,6% Kohlenstoff, hingegen im Vacuo 3,654% Kohlenstoff. Da es wahrscheinlich sein konnte, dass bei der gewöhn- lichen Verbrennungsmethode CO^ in dem CuO zurückgehalten werde, so behandelte er 1 g. graues Roheisen mit CuSO* Lösung und brachte den ausgewaschenen und durch Asbest abfiltrirten Niederschlag von Cu gemischt mit Kohlenstoff, nach- dem er ausgetrocknet war, mit CuO in die Verbrennungs- röhre, welche bei gewöhnlicher Verbrennung 3,228% C gab; das beträchtliche Gas, welches im Vacuo noch nachher ent- wickelt wuinie, war reiner Sauerstoff. 3) Puddiebar enthielt bei gewöhnlicher Verbrennung 0,143 u. 0,131 % C. im Vacuo 0,1426 7« C. 4) Stahl bei der Verbrennungsmethode im Vacuo 0,2972 % C. 5) Gusseiserne Eisenplatte, bei dersel- ben Methode 0,1426 % C. Er fand ausserdem, dass das Gas, welches alle Eisen- sorten im Vacuo abgeben, reine Kohlensäure war. (^The ame- ricain Chemist. Nr. 43. January 187 L p. 255). Bl. Rednction des wasserfreien Eiseuoxydes durch rei- nen Kolilenstoff im luftleeren Räume. Es ist hinlänglich bekannt, dass Kohle und Eisenoxyd einer Rothglühhitze und darüber ausgesetzt das letztere zu metallischem Eisen reducirt. Welchen directen Antheil reiner Kohlenstoff bei der Reduction nimmt, ist bis jetzt unerklärt, ßeduction d, wasserfreien Eisenosydes durch rein. Kohlenstoff. 283 wenn man bedenkt, welche flüchtige Stoffe eine auf die gewöhnliche Weise gereinigte Kohle enthalten kann und mit dem Sauerstoff des Eisenox^^des in Verbindung treten kön- nen. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, dass die Zer- setzung des Eisenoxydes durch directe Einwirkung des Koh- lenstoffs noch nicht ausgeführt worden ist, legte Parry sich folgende Fragen vor: 1) Wild Eisenoxyd beim Erhitzen mit reinem Koh- lenstoff durch letzteren reducirt, bei welcher Tempe- ratur beginnt die Eeduction, wie ist das ßeductions- verhältniss zu bekannten Temperaturen und end- lich welche und welche Mengen Gase werden bei ver- schiedenen Hitzgraden entwickelt? Zu diesem Zwecke stellte er sich wasserfreies reines Eisenoxyd und eine reine Kohle dar. Ersteres aus oxalsaurem Eisenoxyd und letzteres aus weissem Zucker. 2) Ein Gramm dieses Eisenoxydes wurde mit 0,25 g. der reinen Kohle gemischt und in eine Glasröhre, deren eines Ende verschlossen und deren anderes ausgezogen und mit der mer- cury air-pump with water -Joint verbunden wurde. Luftleer gemacht, wurde der Theil der Röhre, welcher die Mischung enthielt, in Wasser getaucht, welches bis zum Sieden erhitzt wurde. Die Temperatur war zu gering, es trat keine Gasent Wickelung auf. Die Röhre, in geschmolzenes Blei gesenkt, entwickelte, wenn auch langsam in 7,30 Stunden 3,3 CG. Gas, welches gesammelt wurde. Es bestand aus 87,2 7o Kohlensäure, welche fast 172% Sauerstoff entspre- chen, wenn in 1 g. Fe^Qs 209,834 CG. Sauerstoff sind. 3) Ein Gramm Eisenoxydes wurden mit 0,13 g. Kohle gemischt und in die Mitte einer Porcellanröhre gebracht. Ein Ende der Röhre wurde gut verschlossen und das andere mit der Pumpe verbunden und die Röhre luftleer gemacht. Beide Enden der Röhre wurden kalt gehalten und der Theil, wo die Mischung lag, in einem Gasgebläse erhitzt. Die Tempe- ratur wurde durch verschiedene Metallstäbe, welche man in's Gasgebläse hielt, an deren Schmelzpunkt erkannt. Als die Hitze über dem Schmelzpunkt des Zinks und unter dem des Messings war, entwickelten sich innerhalb 7 Stunden 10 M. = 53,52 CC. Gas, welches aus 37,15 CC. CO^ und 16,37 CO bestand. Es wurden also 45,335 CC. Sauerstoff aus 1 g. Fe^Qs gewonnen = 11,605 7o- Die Gasentwickelung hörte nach dieser Zeit fast auf Die Hitze wurde bis fast zum Schmelzen des Messings erhöht. Es entwickelte sich wenig Gas, Als das Messing Ö84 Bücherschau. schmolz, ent^vickelte ^ich 3 mal soviel Gas als vorher und hörte nach 2 Stunden auf. Als die Hitze den Schmelzpunkt des Kupfers fast erreicht hatte, entNvickelte sich rasch Gas und brauchte erst nach 3 St. 25 M. die Pumpe angewandt zu wei'den, um das Gas zu sammeln. Das ganze Gas, vrelches in 10 Stund, bei steigend. Tem- peratur vom Schmelzpunkt des Messings an bis zum Schmelzpunkte des Kupfers, erhalten wurde, bestand aus 51,273 CG. G02 und 130,547 CC. CO = 116,546 CG. Sauer- stoff und waren dem Fe^O^ genommen; — im Ganzen wurden in 17 St. 10 M. 235,34 Gas entwickelt und zwar 88,423 CO^ und 146,917 CO, welche 161,881 CC. Sauerstoff des Pe^O^ entsprechen, so dass nur noch 47,953 Sauerstoff in der Ver- bindung bleiben. Man sieht aus diesen Versuchen, dass die reducirende Eigensdhaft des Kohlenstoffs bei niederer Temperatur lang- sam ist und nach gewisser Zeit gänzlich aufhört. Da bei niederer Temperatur die gebildete CO^ nicht in CO iiberge- führt werden kann, so wird Kohlenstoff gespart. Dessen- ungeachtet wird viel Sauerstoff frei, in 7 Stund. 10 Min. bei- nahe 10 7o ^^^ totalen Menge. Die ßeduction des Fe^O^ wird durch festen Kohlenstoff unter dem Schmelzpunkt des Eisen's rasch bewirkt, brauchen Eisenerze in den Hochöfen mehr Zeit, so muss man bedenken, dass die Kohle nicht mit dem ganzen Eisenerz zu gleicher Zeit in Berührung kommt. Verf. wird weitere Versuche anstellen. (The americain Chemist Nr. 43. Janmry 1874. p. 259.). Bl. C. Biicherschaii. Allgemeine illustrirte Industrie- und Kunst - Zeitung, Unter diesem Titel erscheint in Leipzig ein, von Dr. Hermann Springiaühl redigirtes, Journal, dessen reiclier Inhalt es -weiter Verbreitung werth erscheinen lässt. Für den billigen Preis von 4'/2 Mark pro Quartal liefert die Redaction "wöchentlich mehrere Eogcn, die in gutem Druck auf gutem Papier das Neueste auf dem Gebiete der Kunst und Industrie brin- gen , unterstützt durch sehr gute Abbildungen. In den vorliegenden achtzehn Nummern finden sich neben Abbildungen von Kunstorzcugnissen aller Art besonders die neuesten, auf der Wiener Ausstellung präuiürten Maschinen und Apparate abgebildet und zwar sowohl zusammengestellt als auch in ihre einzelnen Theile zerlegt, natürlich mit Bücherschau. 285 erläuterndem Test. Für die Unterhaltung sorgt ausserdem ein, wie es scheint, recht gutes Feuilleton. Unter der Rubrik kleine Nachrichten werden vielfach Vorschriften zur Darstellung von Gegenständen, die in jedem Haushalte Verwendung finden, gegeben z. B. Tinten, Kitten etc. Der Umschlag des Journals enthält Inserate aller Art, zumeist solcher, die sich auf Kunst und Industrie beziehen. Mit Recht darf man erwarten , dass dieses Blatt einen grossen Lese- kreis finden werde, jedenfalls darf es jedermann empfohlen werden. Jena, 1874. /. Hertz. Der Apothekergar ten, Kultur und Behandlung der in Deutsch- land zu ziehenden medicinischen Pflanzen. Für Apotheker und Gärtner, Land- und Gartenbesitzer bearbeitet von H. Jäger. Zweite Auflage. Verlag von Cohen und Pusch, Hannover 1873. Bekanntlich nimmt in Deutschland sowie auch in anderen Ländern die Menge unbebauten Landes immer mehr ab, alljährlich werden neue Strecken, die bisher brach gelegen, unter den Pfiug genommen und in nutzbringende Felder verwandelt, aber jährlich wird hierdurch auch die Menge der wildwachsenden Pflanzen verringert und wird es immer schwerer, den Bedarf an Arznei - Pflanzen zu erhalten. Wenn nun auch die neuere Medicin die Pflanzenstoffe mehr und mehr dnrch Chemikalien zu ersetzen sucht , so bleibt doch noch eine grosse Zahl von Pflanzen, die bis jetzt nicht zu ersetzen sind, so z. B. Digitalis pur- purea, Atropa Belladonna etc. Es tritt deshalb immer mehr die Nothwendigkeit heran, diese Wild- linge zu cultiviren d. h. anzubauen, um den Ausfall zu decken. Ein solcher Anbau hat nun aber seine Schwierigkeiten; denn man muss immer berücksichtigen, dass Klima, Art und Boden der Natur der Pflanze an- gepasst sein müssen, wenn man gute Resultate erhalten will. Eine Anlei- tung hierzu erscheint desshalb sehr wünschenswerth und kommt also der Herr Verfasser mit vorliegendem kleinem Werke einem wirklichen Bedürf- nisse entgegen. Herr Jäger ist tüchtiger Botaniker und Gärtner und dess- halb sehr wohl im Stande, die beste Auskunft zu geben. Im Jahre 1858 erschien die erste Auflage dieses Buches und fand im Publikum eine sehr gute Aufnahme. Jetzt nun erschien es dem Herrn Verfasser an der Zeit, sein Werk einer Revision zu unterwerfen und es in einer neuen Auflage erscheinen zu lassen. In kurzer gedrängter Weise giebt der Verfasser an, wie und wo jede einzelne einheimische Arznei -Pflanze nutzbringend ge- bauet werden kann und zieht auch die fremdländischen Pflanzen, deren Kultur nach seinen Erfahrungen bei uns möglich ist, in den Kreis seiner Betrachtungen. Eine botanische Beschreibung der Pflanzen ist, da sie für den Zweck des Buches überflüssig, weggelassen. Diese neue Auflage unterscheidet sich von der früheren dadurch, dass viele mittlerweile ganz obsolet gewordene Pflanzen weggelassen sind, dafür aber bei anderen die früheren Angaben, nach inzwischen gemachten Erfahrungen , vervollständigt und verbessert sind. Es ist dieses Buch jedem, der Arznei -Pflanzen anbauen will, sehr zu empfehlen, da er sich 286 Bilcherschau. über Alles, was er -«-issen muss, daraus mformircn kann. Auch für die Herren Apotheker, besonders die auf dem Lande, dürfte der Besitz dieses kleinen Werkes angenehm sein; denn, wenn irgend jemand Arzneipflanzen oultiviren \vill, so wird er sich in den meisten Fällen hierzu den Eath des Apothekers einholen und ist es für diesen dann ebenso angenehm wie bequem dem Fragenden durch Vorlegung des Apothekergartens Aus- kunft geben zu können. Möge das kleine Buch viele Leser finden und zur practischen Ausführung anspornen. Jena, 1874. /. Hertz. Hülfsbuch zur Ausführung chemischer Arbeiten für Chemiker, Pharmaceuten und Medi einer von Dr. H. Schwanert, 2. umgearbeitete Auf- lage. Braunschweig 1874 bei C. C. Seh wetschke und Sohn. Das vorliegende Werk zerfallt seinem Inhalte nach in 9 grössere Abtheilungen , die wir der Reihe nach einer kurzen Besprechung unter- ziehen wollen. I. Analytische Untersuchungen unorganischer Stoffe. Der Verfasser beginnt diese Abtteilung mit den bekannteren und häufiger vorkommenden Metallen, geht dann zu einfachen und zuletzt zu complicirteren Verbindungen über. Bei den Metallen sind zugleich ihre wichtigsten Verbindungen angeführt. Die Methode, welche vom Verfasser angewandt worden ist, zuerst die physikalischen Eigenschaften eines jeden Metalle?, dann ein Verhalten zu Lösungsmitteln und schliesslich eine völ- lig ausreichende Auswahl charakteristischer Reactionen zu bringen, dürfte bei ihrer knappen und doch präcisen Ausführung sehr geeignet sein, dem Lernenden ein scbarf ausgeprägtes Bild des betreffenden Körpers zu geben und fiel mir nur Folgendes auf : p. 3. Bei Blei wäre es wünschenswerth , die doch immerbin nicht so unbedeutende Löslichkeit desselben in coneentrirter Schwefelsäure zu er- wähnen. p. 7. Das Gebrauchszeichen E neben Fe, wie es der Verfasser bei der Formel für das Eisenoxvduloxyd thut, dürfte leicht bei Anfängern Un- klarheiten hervorrufen, und desshalb nicht empfehlen swerth sein; vor der vom Verfasser angewandten Schreibv.-eise : Fe i-eO* verdient die bisher übliche Ft?8(44 doch wohl den Vorzug. II. Analytische Ujitersuchungen organischer Stoffe. Der Verfasser bringt hier in 28 Körpern die wichtigsten Repräsen- tanten aus allen Gruppen der organischen Chemie, von denen jeder ein- zelne klar und zweckentsprechend abgehandelt wird. Den Anfang bUden die häufiger vorkommenden Sänren, denen sich Kohlehvdrate , und aromatische Körper ansehliessen. Besonders ausführ- lich sind die Alkaloide behandelt, denen eine schcmatische Zusammen- stellung ihrer wichtigsten und unterscheidenden Reactionen in Tabellen- Eüchersctau. 287 form beigegeben ist. Den Schlus3 dieser Abtheilnng bildet eine Charak- teristik der wichtigsten Proteinstoffe. III. Systematischer Gang einer ana ly tischen Unter suehung und IV. Trennung der Elemente einzelner Gruppen von ein- ander. Diese beiden Abtheilungen bilden systematisch zusammengestellte Tabellen in der üblichen Form, und zeichnen sie sich durch grosse Ueber- sichtlichkeit aus , -welche grade hier als ein ganz wesentlicher Vorzug betrachtet werden muss, und wird diese besonders dadurch erreicht, dass in ihnen die Elemente und ihre Verbindungen fast ausschliesslich durch Formeln und nicht durch die wenig übersichtlichen Benennungen ausge- drückt werden. V. Maassanalytische Untersucliungen. Diese Abtheüung wird besonders Vielen willkommen sein, da sie diejenigen maassanalytischen Methoden bringt, welche in der Praxis fast ausschliessliche Anwendung finden. Sie sind mit solcher Klarheit be- schrieben , dass es auch einem weniger Geübten nicht schwer fallen wird, sich ihrer bei analytischen Arbeiten mit Erfolg zu bedienen. Ausge- schlossen hat der Verfasser, und, wie uns scheint, mit Eecht, diejenigen hierher fallenden Methoden, die eine grössere Geschicklichkeit bei ihrer Ausführung erfordern, da solche nur in wenigen Fällen, wenn dann auch Tielleicht cumulativ, Anwendung finden. Alle angeführten Methoden sind an practischen Beispielen erörtert. Selbstverständlich ist es, dass in jedem Falle auch die Bereitung der nöthigen maassanalytischen Lösungen ange- geben ist, VI. Ausmittelung von Giften und Blut. Hier findet sich der Gang mehrerer gerichtlichen Untersuchungen angegeben, und wird derselbe in Verbindung mit den sub II. angeführten Tabellen der Alkalo'ide dem forensischen Chemiker manchen praktischen Fingerzeig zur schnellen und doch sicheren Ausführung seiner Unter- suchungen geben. VII. Darstellung und Prüfung chemischer Präparate. Diese Abtheilung erfüllt einen doppelten Zweck, nemlich. einestheils die Darstellung der wichtigsten chemischen Verbindungen zu liefern, und dann eine "Wiederholung der Eigenschaften zahlreicher Körper zu geben, da ja bekanntlich die Zahl der vorkommenden Verunreinigungen chemischer Präparate leider keine zu geringe ist. Gerade jetzt, wo nur zu begründete Klagen laut werden über häufige Unreinheit der als rein gelieferten und bezogenen Präparate ist eine ausführlichere P>,ücksichtnahme hierauf dan- kenswerth. VIII. Zoochemische Untersuchungen. Der Begrifi' der Zoochemie ist in dieser Abtheilnng nicht strenge seiner Bedeutung nach aufzufassen, da in ihr auch mancherlei Stoffe ab' 288 Büchcrscbau. geliandelt werden, welche Jer Phytochemie angehörrn, wie z. B. die pflanz- lichen Fette. Jedoch bilden den -wesentlichsten Theil des Inhaltes dieser Abtheilung Anleitungen zur Untersuchung der verschiedenen hierher ge- hörigen Substanzen, wie Harn, Blut, Milch, Guano u. s. w. IX. Beziehungen zwischen specifischeni Gewicht und Gehalt einiger Flüssigkeiten. Die hier zusammengestellten Tabellen beziehen sich auf Weingeist, Salzsäure, Jodwasserstotf- und Bromwasserstoflsäure, Salpetersäure, Schwe- felsäure, Phosphorsäure , Kalilauge, Natronlauge und Ammoniaklösung. Den Schluss des Werkes bildet eine in Chromolithographie ausgeführte Spectraltafel. Nach dieser kurzen Besprechung des Inhaltes des vorliegenden Wer- kes muss noch die äussere Ausstattung desselben lobend erwähnt werden. Fassen' wir im Ganzen das Urtheil über dasselbe zusammen , so kann dasselbe nur ein durchweg günstiges sein, und ist dasselbe Jedem zu em- pfehlen, der chemische Untersuchungen auszuführen hat, gleichviel sei er Anfänger oder bereits geübter in ihnen. Jena im Juni 1874. Dr. Kayser. Pol'tschritte der Physik im Jahr 1869. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. XXV. Jahrgang. Redigirt von Dr. B. Schwalbe. Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer. 1873. Von diesem Werke, dessen erste Abtheilung bereits im vorigen Jahr- gang des Archivs f. Pharm, besprochen wurde , liegt die zweite Abthei- lung vor, enthaltend: Wärmelehre, Electricitätslehre , Physik der Erde. (Bogen 30 bis Schluss.) Das früher Gesagte gilt auch für diese 2. Ab- theilung, welche mit gleichem Fleisse und gleicher Umsicht das Wissens- werthe der neuen Errungenschaften zusammengestellt enthält. Jena im Juni 1874. Dr. /. Schrtanss. Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses. ARCHIV DER PHARMACIE. 2. Band, 4. Heft. A. Originalmittheiluiigen. Ueber Yerlbindungen mchrer Alkaloi'de mit Jod. Von Harry R. Bauer. Fast sämmtliche die Alkaloide betreffenden Forschungen gehören dem gegenwärtigen Jahrhunderte an. Zwar sprachen einzelne Chemiker*) des achtzehnten Jahrhunderts von einem krystallisirenden Salze, das im Opium enthalten wäre. Fourcroy**) gelang es 1792 aus der China- rinde einen ExtractivstofF darzustellen, welchen Vauquelin ***) 1809 reiner darstellte und als Chinastoff bezeichnete. Gleich- zeitig hatte Vauquelin auch die Eigenthümlichkeit der China- säure erwiesen. 1811 stellte Gomesf) aus dem rein geistigen Extracte der Chinarinde durch Auswaschen mit Wasser, Abdampfen der Flüssigkeit, Behandlung mit Kalilauge einen krystallisir- baren Körper dar. Dieser war löslich in Alkohol. Gomes nannte den auf oben beschriebene Weise erhaltenen Körper Cinchonin (richtiger Chinchonin). Pfaff tt) erhielt das wirksame Princip der Chinarinde noch reiner. Diese wenigen Vorarbeiten waren jedoch von unter- geordneter Bedeutung, erst Sertürner fff) (x\potheker in Ein- *) Neumann 1730. Lectiones von vier Subjectis pharmaceuticis. **) Fourcroy, Annal. Chim. Vni, 113; IX, 7. ***) Vauquelin, Annal. Chim. LIX. 130, 148. t) Gomes, Edinb. med. and. surg. Journ. 1811. Art. 240, tt) Pfafif, Schweigger. Journ. Chera. Phys. X, 265. ttt) Sertürner, Trommsdorff Journ. XIII, 1. XIV, 47. Areb. d. Pham. XI. Bds. 4, Hft, 19 290 Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer AlkaloVde mit Jod. Einbeck geb. 1783, gestorben 1841) brachte Licht in die Sache. Sertürner sprach in einer 1804 veröffentlichten Abhand- lung über das Opium von einem krystallinischen Körper, der alkalische Reaktion besitze, sich mit Säuren verbinde und im Opium wahrscheinlich mit Meconsäure sich vorfinde. Ebenso gab er von der Meconsäure an , dass sie Eisenoxydsalze röthe, ohne einen Niederschlag damit zu geben. Er nannte obigen Körper schlafmachenden Stoff (principium somniferum). Fast gleichzeitig mit Sertürner veröffentlichte Derosne*) (1803) eine Untersuchung über das Opium. Ebenso beschäf- tigte sich Seguin**) damit. Seguin hatte beobachtet, dass der wässerige Auszug des Opium mit Alkalien einen Niederschlag gebe, sich in Säuren löse und durch Alkalien wieder aus- gefällt werde. Er bezeichnete diesen Körper als eine matiere vegeto - animale , toute particuliere. Er glaubte, dieser Kör- per sei an eine besondere Säure gebunden (acide de l'opium) ; war aber in Zweifel, ob es wohl nicht Aepfelsäure sei. Immerhin ist Sertürner der erste gewesen, der die Natur dieser Körper vollständig erkannte.***) Sertürner f) erklärte 1817 den im Opium enthaltenen Körper für ein wahres sich dem Ammoniak anschliessendes Alkali, Ebenso gab er für die Meconsäure an, dass sie sich durch Sublimation reinigen lasse. Erst 1835 zeigten Pelletier und Eobiquet, dass .durch Sublimation der Meconsäure die-, selbe in Pyromeconsäure übergehe, den von Derosne er- haltenen Körper hielt ' Sertürner für basisch meconsaures Morphium. Letztere Ansicht wurde jedoch von Eobiquetft) wider- legt, indem er. nachwies, dass im Opium zwei verschiedene Körper enthalten seien, von denen der eine nach Sertürner *) Derosne, Annal. Chim. XLV, 257. **) Seguin, Annal. Chim. XCII, 22.5. ***) Die Verhandlungen über Priorität v. J. Pharm. XVI, 179. t) Sertürner, Trommsdorff Journ. XX, 99; auch Gilbert, Annal. Phya. LV, Gl, C9, LVII, 192, LIX, .00. tt) Robiqnet, Annal. Chim, Phys. LI, 236; Annal. Pharm. V, 90. Harry R. Bauer , Verbindungen mehrer Alkaloide mit Jod. 291 Morphium (nach Gay - Lussac Morphin) , der andere Narcotin genannt wurde. Diese Untersuchungen bewirkten zunächst, dass man sich mehr mit Aufsuchung ähnlicher Stoffe beschäftigte. Nach kaum zwei Jahrzehnten war bereits eine Reihe der wichtig- sten Pflanzenbasen aufgefunden worden. So folgten 1818 Strychnin und Veratrin, 1810 Brucin, Delphinin, Piperin, Chinin und Cinchonin, 1820 Solanin, Coffein u. s. w. Die Zahl der bis jetzt (1873) bekannten Alkaloide mag wohl über hundert betragen. Yon der chemischen Constitution der Mehrzahl der Alka- loide ist im Ganzen wenig mehr als ihre Elementarzusammen- setzung bekannt. Berzelius machte die Annahme auf Grund der unzwei- deutig hervortretenden Aehnlichkeit mit Ammoniak, dass sie Ammoniak enthalten, gepaart mit einer indifferenten Atom- gruppe, welche in einigen Fällen ein Kohlenwasserstoff sei, meistens aber aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehe, zu denen sich dann noch meistens Stickstoff geselle. Yon anderer Seite ist die Ansicht aufgestellt worden, es sei ein Theil des Stickstoffs in näherer Verbindung mit Sauer- stoff vorhanden. Auch Cyan hatte man als näheren Bestand- theil vermuthet. *) Von Liebig**) ist die Meinung ausgesprochen worden, die organischen Basen seien Amidverbindungen , i. e. Ammo- niak, in' welchem ein Atom Wasserstoff durch ein organisches Badical vertreten ist. Nach den neuern Untersuchungen von A. W. Hoftnann und Wurtz, die die Existenz zahlreicher künstlicher organi- nischer Basen nachwiesen, ist es ausser Zweifel gesetzt, dass alle Alkaloide als partiell oder vollständig substituirte Am- moniake (als Amine und Amidamine) zu betrachten seien. *) Vgl. Strecker, Rationelle Formel des Coffeins. Annal. Cham. Pharm. CXVIIT, 151. **) y. Liebig, Handwörterbuch der Chem. 2. Aufl. Bd. II, 1, 690. 19* 292 Harry R. Bauer, Verbindungen niehrer Alkalo'üle mit Jod. Die Alkaloid führenden Pflanzen gehören mit wenig Ausnah- men den dicotyledonischen Gewächsen an. Von den monocotyledonischen Gewächsen hat mit Ge- wissheit nur die Familie der Colchiaceen Pflanzenbasen auf- zuweisen. Manche Pflanzenfamilien sind gewiss alkaloidfrei, so die Familie der Labiaten, Synantheren, manchen Familien ist nur eine Pflanzenbase gemeinsam, so Berberin den Anonaceen, Berberideen, Cassieen, Menispermeen, Papaveraceen , Ruta- ceen, Ranunculaceen. Manche Pflanzenfamilien enthalten zwei bis drei Alkalo'ide, z. B. die Familie der Cinchoneen und der Solaneen.*) Fast sämmtliche Alkaloide sind bei gewöhnlicher Tem- peratur fest, sind grösstentheils nicht unzersetzt flüchtig, lösen sich in Wasser sehr schwierig; Weingeist löst alle auf, Aether manche; Chloroform, Benzol, Schwefelkohlenstoff" sind mitunter auch gute Lösungsmittel. Phosphormolybdänsäure , Pikrinsalpetersäure , Gerbsäure, Metawolframsäure bilden beinahe mit allen Alkaloiden in Wasser und Säuren schwer lösliche Salze. Von ganz besonderem Interesse schien mir die Einwir- kung von jodhaltiger Jodkaliumlösung auf Alkaloide. Bereits Serullas**) untersuchte jodsaure Salze der Alka- loide, später Pelletier***) und Andere. Die Resultate der einzelnen Forscher stehen jedoch nichts weniger als in einem Einklänge. Verbindungen des Chinins mit Jod. Jodchinin 4 (C2'>H24N202)3J2. Leitet man über Chinin Joddämpfe, so färbt es sich ober- flächlich gelb. *) Wittstein, Anleitung zur Analyse von PHanzen auf ihre organi- schen Bcstandtheile. Nördlingen 18G8. **) Serullas, Annal. Chim. XLV, 274. ***} Pelletier, Aunal. Chim. Phys. LXIII, 164. Harry E. Bauer, Verbindungen melirer Alkalo'ide mit Jod. 293 Pelletier's *) Jodchinin. Pelletier macht die Angabe: „Beim Zusammenreiben von 1 Theil Jod mit 2 Theilen Chinin, unter Zusatz von Wein- geist, scheidet sich anfangs Jodchinin, dann später Hydrqjod- chinin in pilzförmigen Krystallen aus. Wird das Hydrojod- chinin durch heisses Wasser entfernt, so bleibt Jodchinin als safrangelbe zerreibliche Masse zurück, die bei 25^ erweicht, bei 80'' schmilzt. In 100 (gefunden) 69,69 Chinin. 80,31 Jod. 100,00, in 100 (berechnet, gleiche Atome) 71,7 Chinin. ■ 28,3 Jod. 100,00. Gerhardt**) giebt hiefür die Formel: 2O20H24N2a2, J2. Die oben gemachten Angaben Pelletiers kann ich kei- neswegs bestätigen. Ich rieb genau nach Pelletier's Vorschrift 1 Theil Jod mit 2 Theilen Chinin zusammen, übergoss die Masse nun mit Weingeist; es löste sich ganz wenig auf. Die Masse war gleichmässig rothbraun gefärbt. Mit kaltem, wie warmen Wasser wurde Nichts ausgezogen. Der kleine Antheil, der sich in Weingeist löste, fällt beim Verdünnen der weingeistigen Lösung mit Wasser wieder heraus. !Nach der Ausfällung getrocknet, hat er die Fähigkeit verloren, sich in Weingeist zu lösen. Er ist jedoch leicht löslich in Jodkaliumlösung. Der obige Körper war jedenfalls verändert worden, hatte er Jod oder Chinin verloren? Im Filtrate prüfte ich mit den empfindlichsten Eeagentien auf Jod, konnte keines entdecken, jedoch auf Zusatz von Na- triumhydroxyd fiel sogleich Chinin nieder. *) Pelletier, Annal. Chim. et Phys. LXIII , 184; Gmelin Handbuch der org. Chemie. 4. Aufl. IV, 2, 1693. **} Gerhardt, Org, Chemie übersetzt v. Wagner IV, 136. 294 Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkaloide mit Jod. Der oben beschriebene aus der weingeistigen Lösung durch Wasser ausgefällte Körper war amorph, tiefgel gefärbt. I. 0,02 Substanz gaben 0,014 Jodsilber, entsprechend 0,0076 Jod. II. 0,025 Substanz gaben 0,0168 Jodsilber, entsprechend 0,00907 Jod. I. 38,00 II. 36,28 37,14 entspricht der Formel 4(G20H24N2O2)3Jl Die Jodbestimmungen wurden durch Fällen mit salpe- tersaurem Silber ausgeführt, die Verbindung setzt sich sehr leicht damit um. Berechnet. Gefunden. 80 C 960 46,65 46,53 96 H 96 4,66 4,77 8 N 112 8 128 6 J 762 37,02 37,14 2058. Sehr genaue Resultate bekommt man, wenn man die Alkaloide (nach Ausfällung des Jod) mit Kaliumquecksilber- jodid bestimmt. Dieses Reagens gedachte 1820 Winkler zur qualitativen Nachweisung der Alkaloide, 1846 empfahl es auch V. Planta - Reichenau. Zur quantitativen Bestimmung wandte es F. F. Mayer*) an. Die Lösung in 1 Litre enthält 13,546 Quecksilberchlorid 49,8 Jodkalium. Die Niederschläge, die man erhält, sind Verbindungen der jodwasserstoffsauren Base mit Quecksilberjodid. Die Methode ist eine der empfindlichsten, in manchen Fällen übertrifi't sie sogar die Phosphormolybdänsäure. Deutliche Erscheinungen bekommt man noch, wenn die Lösung *) F. Mayer, Wittstein's Vicrteljahrschrift XIII, 43, Harry B. Bauer, Verbindungen mehrer Alkulo'ide mit Jod. 295 V2500 Morphin; Vso.ooo Narcotin V2500 Nicotin; Vso^ooo ^mcin V7000 Atropin; Vöo^ooo Chinidin Vsooo Coniin; Vtö^ooo Cinchonin V15000 Strychnin ; 1/125^000 Chinin enthält. ■ Chininjodverbindung 4(G20H2*N2a2) 5J. Der Rückstand bei der Darstellung des Jodchinins, wel- chen Weingeist nicht löste, war tief braun gefärbt von fast harziger Consistenz mit einzelnen tiefbraun gefärbten Nadeln bedeckt. I. 0,082 Substanz gaben 0,05 Jodsilber, entsprechend 0,027 Jod. II. 0,063 Substanz gaben 0,037 Jodsilber, entsprechend 0,0199 Jod. III. 0,04 Substanz gaben 0,024 Jodsilber, entsprech.cnd 0,0129 Jod. I. 32,8 II. 31,7 ni. 32,2 32,23. entsprechend der Pormel 4(C20H2*N2O2) 5J. Berechnet, Gefunden. 32,37 0/0 Jod. 32,23 % Jod- Jodwasserstoffsaures Chinin. C^oH^^N^O^HJ. Aus Säure und Ease zu erhalten. Es darf jedoch kein Ueberschuss von Jodwasserstoflfsäure genommen werden, indem sonst das saure jodwasserstoffsaure Chinin resultirt. Das jodwasserstoffsaure Chinin krystallisirt in dünnen, hellgelben Nadeln, in kaltem Wasser kaum (Winkler giebt an, es löse sich), leicht löslich in Alkohol und Aether. ■ Winkler*) beschreibt auch diese Verbindung, erhielt sie jedoch nicht krystallinisch. Winkler vermischte 240 Theile Chininhydrochlorat mit 460 Theilen wässeriger Jodkaliumlö- sung, erwärmte; nach dem Erkalten schied sich eine farb- lose terpenthinartige Masse ab, die im Wasserbade zum Harz schmolz. *) "Winkley Jahrb. Pharm. XX, 321, 296 Harry E. Bauer, Verbindungeu mehrer Alkalo'ide mit Jod. Berethnet. Gefunden. 4;2nfl25J^^2Q2 325 71,91 Wiiikler. Bauer. J 127 28,09 28,42 28,27 452 160,00. Saures jodwasserstoffsaures Chinin G^oH^^N^Os, 2HJ+ 5H20. Wird durch Auflösen von Chinin in einem Ueberschusse von Jodwasserstoffsäure erhalten. Krystallisirt in goldgelben Blättchen. Wurde bereits von Hesse *) beschrieben. Chinincinchoninjodid (O^o H^i K^ O^) (C2ojj2i K20)2J2. Ich suchte nun auch eine Verbindung von Chinin und Cinchonin mit Jod darzustellen. Zu dem Behufe rieb ich 2 Theile Chinin, 2 Theile Cinchonin mit 2 Theilen Jod zu- sammen. Die Masse war gleichmässig rothbraun gefärbt, roch stark nach Jod. Mit Alkohol behandelt, löste sich nur eine Spur Jod nebst Chinin und Cinchonin auf. Der Rück- stand, der in Alkohol nicht löslich war, wurde auf seine Eigenschaften geprüft. Er war unlöslich in Wasser, Wein- geist, etwas löslich in Aether, löslich in Alkalien und Säuren. Unter dem Mikroskope betrachtet, zeigte das Chinincin- choninjodid krystallinische Structur. Die Verbindung setzt sich leicht mit salpetersaurem Silber um, darauf gründen sich nachfolgende Bestimmungen. 0,082 Substanz gaben 0,07 Jodsilber entsprechend 0,0378 Jod. Nach Ausfällung des Jods, wurde Chinin und Chinchonin nach der oben beschriebenen Methode von F. F. Mayer bestimmt. Berechnet. Gefunden. €20H2*Is2Q2 324 28,42 27,91 ^30H24X2O 308 27,01 26,90 2J2 508 44,57 45,09 1140 100,00 99,90. ") Hesse, Annal. Chem. Pharm. CXXIII, 382, CXXXY, 325. Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkalo'ide mit Jod, 297 a) Chininbijodid Q^m^^lS^Q^mi Setzt man zu saurem schwefelsauren Chinin jodhaltige Jodkaliumlösung, so entsteht sogleich ein voluminöser kermes- brauner Niederschlag. Der Niederschlag, einige Zeit sich selbst überlassen, larbt sich dunkler. Beim längeren Aus- waschen mit Wasser zersetzt sich der Niederschlag, Chininbijodid ist löslich in Alkohol, so wie in Jodkalium- lösung; ebenso löslich in Aether, Chloroform, Schwefelkohlen- stoff. Besonders leicht löslich in kochendem Benzol. In warmem Alkohol das Bijodid aufgelöst, lässt beim freiwilligen Erkalten krystalliuische Blättchen von broncearti- gem Schimmer niederfallen. I. 0,181 Substanz gaben 0,164 Jodsilber, entsprechend 0,0885 Jod. IL 0,24 Substanz gaben 0,179 Jodsilber, entsprechend 0,0966 Jod. I. 43,7 IL 43,5 43,6 7o J entsprechend der Formel ^20 JJ24 -^2 Q2^ HJ2. Berechnet. Gefunden. 20 C 240 25 H 25 4,32 4,37 2N 28 20 32 2J 254 43,80 43,6 579. a) Chininbijodid löst sich in Salpetersäure anfangs mit rother Parbe auf, die Lösung wird später farblos. (Oxydation des Jods zu Jodsäure?) Durch eine kleine Abänderung des Verfahrens, erhielt ich einen Körper, der dem a Chininjodid ganz glich, in Bezie- hung auf Lösungsmittel von a Chininbijodid sich wesentlich unterschied. Ich löste in diesem Palle das Chininsalz in Alkohol, fügte alkoholische Jodlösung hinzu. Es entstand sogleich kein Nie- derschlag , nach längerem Stehen schied sich jedoch ein Kör- per aus, blätterig krystallinisch mit bronceartigem Schimmer. 298 Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkalo'ide mit Jod. Der entstandene Körper glich in Bezug auf Krystallform Farbe, Jodgehalt dem a. Chininbijodid vollständig. Im Gegensatze dazu war er leicht löslich in Wasser, Weingeist, Aether, Schwefelkohlenstoff, unlöslich in Benzol, kaum löslich in Chloroform. Die weingeistige Lösung längere Zeit auf 112" erhitzt, nahm eine saure Reaction an. (Spaltung in ein weniger jodhaltendes Product und Jodwasserstoffsäure). Chininpentajodid 4!2oh24^202HJ5. Das Chininbijodid wurde in Weingeist gelöst, im Ueber- schusse mit weingeistiger Jodlösung versetzt. Nach mehre- ren Tagen entstand eine Ausscheidung von Krystallen, die gesammelt nicht homogen waren. Eothbraune, fast sehwarze Säulen, umgeben von einem Körper, der schwarz gefärbt eine fast harzige Consistenz besass. So gut als es ging wurden die Krystalle mechanisch ausgelesen. Die Trennung durch andere Scheidungsmittel in Bezie- hung auf verschiedene Löslichkeit misslang vollständig. Beide Körper waren löslich im Alkohol, Aether und Chlo- roform. — Der Körper in rothbraunen Säulen krystallisirend, zeigte auch ein interessantes Verhalten gegen polarisirtes Licht. Chininpentajodid in weingeistiger Lösung wird durch Schwefelwasserstoff, Cyankalium vollständig entfärbt. 0,403 Substanz gaben 0,467 Jodsilber entsprechend 65,38 7o J annähernd also der Formel C20H24N2O2HJ5 (667o) entsprechend. Durch kein Mittel gelang es mir, der Entstehung dieses harzigen Körpers vorzubeugen, mithin ist obige Jodbestim- mung (durch Fällen mit salpetersaurem Silber ausgeführt) äusserst ungenau, weil den Krystallen von der Verunreini- gung immer etwas anhing. Der Beweis aber ist jedenfalls dadurch geführt, dass das Chinin höher jodirte Producte bilden kann. Die Constitution dieser Verbindung möchte wohl diese sein: * -1- /J— J Ch— J I ."vj— J Harry R. Bauer, Verbindungen mebrer Alkaloide mit Jod, 299 Verbindungen des Cinchonin s mit Jod. JodwasserstofFsaures Cinchonin C^oH^^N^g^HJ + H^O. 2 Theile Cinchonin wurden mit einem Theile Jod zusam- mengerieben. Die Masse färbte sich rothbraun, roch stark nach Jod. Mit Alkohol behandelt (93 7o Tr.) löste sich ein Theil auf. Beim Abdunsten des Weingeistes ergab sich eine in schwach gelb gefärbte, in Nadeln krystallisirende Verbindung von folgenden Eigenschaften. Löslich in Wasser, Weingeist und Aether. Spurenweise löslich in Benzol, sowie Chloro- form. Die Analyse ergab, dass der so erhaltene Körper nichts Anderes wäre, als jodwasserstofFsaures Cinchonin, das schon von Regnault,*) v. Planta,**) Winkler *•'**■) und Hesse f) be- schrieben war worden. Berechnet. Gefunden. Hesse Bauer ^20^24^20 308 67,85 HJ 128 28,19 28,43 28,27 H20 18 3,96 4,05 3,98 454 100,00. Pelletier ff) giebt fälschlich an, dass bei oben beschrie- benen Versuche Alles in Weingeist sich löse, sich zuerst dann Jodcinchonin in safrangelben Platten ausscheide, später jod- wasserstoffsaures Cinchonin. Pelletier giebt folgende Daten an: Jod 28,87 gefunden, berechnet 29,03 wofür Gerhardt ttt) die Formel 2Q^'^'K^^]S^Q,J^ giebt. *) Regnault, Annal. Chim. Pharm. XXVI, 15. Jour. pr. Chem. XVI, 262. **) Planta, v. Gmelin, Handbch. VII, 2, 1635. ***) Winkler, ^Jahrbuch. Pharm. XX, 324. t) Hesse, Annal. Chem. Pharm. CXXII, 226. tt) Pelletier, Annal. Chim. Phys. LXIII, 181. ttt) Gerhardt, Org. Chem. IV, 158. §00 Harry R. ßauer, Verbindungen mehrer Alkaloide mit Jod. Der Jodgehalt für das jodwasserstoffsaure Cinchonin be- rechnet sich zu 28,19. Pelletier fand für das oben beschrie- bene Jodcinchonin 28,87. l)ie sonstigen Eigenschaften des von Pelletier beschriebenen Jodcinchonins stimmen so ziemlich mit denen des jodwasserstofFsauren Cinchonins überein. Pel- letier's Jodcinchonin scheint somit identisch zu sein mit jod- wasserstofFsaurem Cinchonin; obige Gründe sprechen entschie- den dafür. Cinchoninbijodid Q^oR^^'^^Om^ + 2B.^Q. Reibt man 2 Theile Cinchonin mit 1 Theil Jod zusammen, behandelt das Gemisch so lange mit Alkohol, bis nichts mehr davon gelöst wird, so bleibt ein safrangelber, krystallinischer Körper (blätterig krystallinisch) zurück. Leicht löslich in absolutem Alkohol, Aether, Chloroform, nicht löslich in Wasser, kaltem wie kochendem Benzol, spu- renweise nur löslich in Schwefelkohlenstoff. Die Lösung in absolutem Alkohol lässt den Körper beim Verdünnen mit Wasser unverändert niederfallen. Nach den oben beschriebenen Eigenschaften ist auch dieser Körper Nichts weniger als identisch mit Pelletier's Jodcinchonin.*) I. 0,178 Substanz gaben 0,140 Jodsilber, entsprechend 0,0756 Jod, II. 0,147 Substanz gaben 0,116 Jodsilber, entsprechend 0,0626 Jod. L 42,7 IL 42,9 42,80/, Jod. 0,092 Substanz im Luftbade bei 110« getrocknet, verlo ren 0,0057 (6,23 %). Berechne t. Gefunden. 20 C 240 40,00 40,13 25 H 25 4,33 4,42 2N 28 16 2J 254 42,33 42,80 2H20 36 6,00 , 6,23 599. *) Graelin, Handbuch der Chemie VII, 2, 1630. Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkalo'ide mit Jod. 301 Die Jodbestimmungen wurden mittelst salpetersauren Sil- bers ausgeführt. Die Jodbestimmungen fielen in diesem Falle sämmtlich zu hoch aus. Bei Prüfung der Jodsilberniederschläge zeigte sich nämlich, dass sie eine bestimmbare Menge von Silberjo- dat enthielten. Die Jodsilberniederschläge wurden mit verdünntem Am- moniak ausgezogen; die Flüssigkeit, nachher eingeengt, liess glänzende Nadeln von Silberjodat niederfallen. Die Zersetzung eines Alkalo'idjodids mit salpetersaurem Silber könnte wohl möglicherweise nach folgender Gleichung vor sich gehen, 3 Alk. J2 -{- 6NAg03 + sH^a = 3 Alk. NHO» + 5 AgJ 4- JAgö3_i_ 3NHa3. Cinchonintrijodid G^o h24 ^^2 0^ HJ^. Schwefelsaures Cinchonin wurde mit jodhaltiger Jodka- liumlösung versetzt; es entstand sogleich ein rothbrauner voluminöser Niederschlag. Hierauf soviel Alkohol hinzuge- setzt, als zur Lösung des Niederschlages nöthig war. Beim Abdampfen der Flüssigkeit schied sich ein in roth- braunen Säulen krystallisirender Körper aus, der beim Liegen an der Luft braunroth wird. Cinchonintrijodid ist in Wasser, kaltem wie warmen, unlöslich, nur spuren weise löslich in Aether. IJnlöslich in kaltem Benzol, leicht löslich in warmen. Unlöslich in absolutem Alkohol, sowie Chloroform, spurenweise löslich in Schwefelkohlenstoff. Löst sich in Schwefelsäure und Salpetersäure mit rother Farbe. Setzt sich äusserst leicht mit salpetersaurem Silber schon in der Kälte zu Jodsilber und salpetersaurem Cinchonin um. Die nachfolgenden analytischen Daten basiren auf die- ser Eeactionsgleichung. Die bei 60" getrocknete Verbindung lässt Joddämpfe entweichen, wenn man sie längere Zeit mit Wasser kocht. Mit Bestimmtheit lässt sich sagen, dass bei dieser Be- handlung die Verbindung von den 3 Atomen Jod, die in ihr enthalten sind, genau 2 Atome verlor. Es wurde die Verbin- ^ 302 Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkaloide mit Jod. düng längere Zeit in der "Weise mit Wasser gekociit, dass die entweichenden Dämpfe von Jod Yon einer Lösung des Jodkaliums in "Wasser aufgenommen wurden. Die so erhaltene Jodlösung wurde mit Natriumhyposulfit titrirt. Bei all diesem ist trotzdem der Jodgehalt etwas ge- ringer gefunden worden; es ist jedoch erklärlich, dass durch Kochen Jod in die Verbindung für Wasserstoff sich sub- stituirt. J. 0,082 Substanz gaben 0,085 Jodsilber, entsprechend 0,0459 Jod. ir. 0,85 Substanz gaben 0,87 Jodsilber, entsprechend 0,4692 Jod. III. 0,562 Substanz gaben 0,58 Jodsilber, entsprechend 0,313 Jod. I. 55,70 II. 55,17 III. 55,40 55,42%. Aus dem Filtrate wurde das Silber mit Salzsäure ent- fernt und das Cinchonin als Platinchloridchlorcinchonin unter Zusatz von Aether gefällt. Das Platindoppelsalz bei 100'' getrocknet hinterlässt nach dem Glühen 27,32 7o I*Jatin (berech. 27,40 "/o Platin) ent- sprechend 44,73 7o Cinchonin. Berechnet. Gefunden. 4^201125^20 309 44,79 44,73 J3 381 55,21 55,42 690 . 100,00 100,15. Die Jodbestimmungen fielen auch hier aus den bei Cin- choninbijodid angegebenen Gründen zu hoch aus. Ich suchte nun auch das gebildete Silberjodat quantitativ z'u bestimmen, um obige Versuchsfehler corrigiren zu können. Die Pvückstände von Silberjodat behandelte ich zu diesem Behufe mit Salzsäure und Kaliumjodid. Jod wurde frei nach der Gleichung: AgJ03 -f 6JK -\- 6HC1 = 3H20 -f 6C1K -j- AgJ + J^. Das frei gewordene Jod wurde titrirt und nach obiger Reactionsgleichung eine Menge gefunden, die 0,21 J und 0,435 Silberjodat entspricht. "Harry ß. Bauer, Verbindungen melirer Alkaloi'de mit Jod. 30S I. 55,70 corrigirt 55,245 II. 55,40 corrigirt 55,180 Mithin G20H25N2Q 44,73 J3 55,23 99,96. Verbindungen des Morphins mit Jod. Jodwasserstoffsaures Morphin O^'' H^^ Nö^, HJ + 3H20. Löst man Morphin in wässeriger Jodwasserstoflfsäure, so scheidet sich nach einiger Zeit ein weisses seidenglänzendes Salz aus, leicht löslich in heissem "Wasser, Aether, Alkohol, schwierig löslich in Chloroform. Pelletier*) beschreibt zuerst dieses Salz, jedoch dessen Angabe, als ob das jodwasserstoflfsäure Morphin löslich wäre in kaltem Wasser, kann ich nicht bestätigen. Winkler**) erhielt obiges Salz in 4 seitigen Säulen. Winkler erhielt es, indem er 2 Theile essigsaures Morphin mit 1 Theil Jodkalium versetzte. Dass das jodwasserstofFsaure Morphin Krystallisations- wasser besitze, gab keiner der obigen Untersuchenden an;***) bei 130" entweicht es vollständig. Berechnet. Gefunden. ^i7Hi9]Sf03 285 61,04 HJ 128 27,42 27,39 3H20 36 11,56 11,67 449 100,00. Morphinsesquijodid 2Gi'H^9N03, 3J. - Beim Zusammenreiben von 2 Theilen Morphin mit 1 Theil Jod färbt sich die Masse rothbraun, intensiv nach Jod rie- chend. Die Masse mit Weingeist behandelt löst sich ganz. *) Pelletier, Annal. Chim. Phys. LXIII, 19.S. **) Winkler, Jahrbuch Pharm. XX, 323. ***) Gmelin, Handbuch d. org. Chem. IV, 2, 1341, 304 Harry H. Bauer, Verbindungen mehfer Alkalo-fde mit Jöd. . Beim Verdunsten des Weingeistes setzt sich eine röth- lichbraune Masse ab, blätterig krystallinisch, löslich in Wein- geist, Aether, Chloroform, unlöslich in Wasser, unlöslich in der Kälte in Säuren, leichter löslich beim Erwärmen. I. 0,240 Substanz gaben 0,179 Jodsilber, entsprechend 0,0967 Jod. II. 0,130 Substanz gaben 0,0537 Jodsilber, entsprechend 0,0289 Jod. I. 40,2 II. 40,6 40,4. Berechnet. Gefunden. 20i7Hi9Na3 570 59,93 3J 381 40,07 40,4 951 100,00. Pelletier fand für diese Verbindung mit Voraussetzung obiger Darstellungsmethode 35,34^0 Jod, wofür Gerhardt*) die Formel 4(Ci' H^^ NO^), 3J2 (berechn. 40,01 o/^ Jod) angiebt. Morphintetrajodid O^^ Hi" NQ^, HJ*. Bringt man Morphinsalze mit Jodlösung zusammen, so entsteht sogleich ein kermesbrauner Niederschlag. Der Nie- derschlag, durch Decantiren von der überstehenden Flüssig- keit getrennt, wurde in Alkohol gelöst. Die alkoholische Lösung verdunstet , Hess eine dendritenartige Krystallisation niederfallen. Schönere Krystalle erhält man , wenn man den Niederschlag in Jodkalinm löst. Lange, fast schwarze Säulen. Morphintetrajodid ist löslich in Weingeist, Chloroform, Benzol, Jodkalium, spurenweise nur löslich in Aether und Schwefelkohlenstoff. In Salpetersäure, sowie Salzsäure löst sich das Jodid mit schön rother Farbe. I. 0,270 Substanz gaben 0,18036 Jod. II. 0,152 Substanz gaben 0,1017 Jod. *) Gerhardt, Org. Chera, IV, 43. Harry R. Eäuer, Verliindungen meiirer Alkaloide mit Jod. 30i I. 66,70 IT. 68,87 66,78% Jod. Berechnet. Gefunden. Q17H19N03H*) 286 33,2 J^ 488 66,8 66,87 774 100,00. Ein jodsaures Salz konnte nicht dargestellt werden ; bringt man nämlich Jodsäure mit Morphin in Berührung, so wird Jod frei unter Bildung von Morphinsesquijodid. Die reducirende Wirkung der Morphinsalze auf Jodsäure ist sehr characteristisch. Noch nach 10,000 facher Verdünnung der Morphinsalze kann das durch Zusatz der Jodsäure freiwerdende Jod durch Chloroform und. Schwefelkohlenstoff erkannt werden. Nacli Lefort**) wird die Reaction noch empfindlicher nach dem Zu- sätze von Ammoniak. Die gelbe Färbung nämlich wird durch den Zusatz von Ammoniak intensiver, während in allen Fäl- len, wo Jodsäure durch einen anderen Körper reducirt wurde, Ammoniak Entfärbung herbeiführt. Alle vorher aufgeführten Morphinjodide in Alkohol auf- gelöst, besitzen eine braune Farbe und werden durch Schwe- felwasserstoff oder unterschwefligsaures Natrium entfärbt. Verbindungen des Veratrins mit Jod, UeberjodsauresVeratrin. Ueberjodsaures Veratrin scheidet sich beim Zusammen- bringen von weingeistigem Veratrin mit Ueberjodsäure als harzartige Masse aus, die unter dem Mikroskope eingescjilos- *) Nimmt man, wie ja jetzt fast allgemein, das Jod als dreiwerthig an, so möchte wohl für das Tetrajodid nachfolgende Structurformel am Platze sein: I! Mo Ij J/ \J **) Lefort, Journ. Pharm. (3) XL, 97. 4^reb. d. Pbana. II, Bds. i. Hft, 20 306 Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkaloiide mit Jod. sene Krystalle erkennen lässt. Näheres darüber möchte ich mir darüber zu berichten vorbehalten, indem ich meine Un- tersuchungen in Betreff dieses Gegenstandes noch nicht für geschlossen erkläre. Yeratrintrijodid ©32 h54 N^ O^ HJ». Setzt man zu einem Veratrinsalze Jodlösung, so entsteht sogleich ein kermesbrauner, voluminöser Niederschlag, der bei Zusatz von Alkohol sich leicht löst. In ganz gelinder Wärme abgedampft erhält man eine rothbraune, amorphe Masse, leicht löslich in Alkohol , ebenso in Chloroform und Aether. Nicht löslich in Wasser, kaltem wie warmen Benzol. Spurenweise nur löslich in Schwefel- kohlenstoff. Wendet man beim Abdampfen eine Hitze von mehr als 60" an, so erhält man eine theerartige Masse, die nicht aus den Abdampfgefässen zu bringen ist. I. 0,117 Substanz gaben 0,088 Jodsilber, entspreehend'0,0475 Jod. II. 0,135 Substanz gaben 0,0958 Jodsilber, entsprechend 0,0547 Jod. I. 40,57 7o. IL 39,01%. 39,79 7o Jod, • entsprechend der Formel 4;32H54i^208^HJ3 (berechnet 39,03% Jod) Berechnet. Gefunden. Q32H55JJ2Q8 595 60,97 J3 381 39,03 39,79 976 100,00. Die Jodbestimmungen wurden durch Fällen des Jodids mit salpetersaurem Silber ausgeführt; fielen auch hier zu hoch aus, indem der Jodsilberniederschlag Silberjodat enthielt. Das8 die Verbindung Jodwasserstoff neben 2 Atomen Jod enthält, suchte ich dadurch zu beweisen, indem die Verbin- dung mit metallischem Quecksilber schüttelte. Es entstand ein Doppelsalz, wobei nur zwei Atome Quecksilber aufgenom- men wurden. Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkaloüle mit Jod. 307 Die Verbindung möchte somit etwa diese Structiir besitzen : Verbindungen des Strychnins mit Jod. Strychnintrijodid a^^R^^H^O^m^ Dieses Jodid scheint schon Herapath*) erhalten zu haben. Er stellte es auf folgende Weise dar: 1 Theil Strychnin in 1 Theile Weingeist mit 3 Theilen Wasser und wenig Jod- tinktur erwärmt, lässt beim freiwilligen Erkalten sechssei- tige Säulen, stark optisch doppelt absorbirend, niederfallen. Herapath gab für diese Verbindung die Formel ^21JI22N202,J3. Dieselbe Verbindung beschreibt auch Tilden,**) der dem Jodid die richtige Formel giebt, aber ohne Begründung der- selben. Ich erhielt das Jodid, indem ich schwefelsaures Strychnin mit Jodlösung zusammenbrachte, den entstandenen Nieder- schlag in Alkohol auflöste und abdampfte. Violet gefärbte Säulen, ganz dem Kaliumpermanganat ähnlich. Die sehr bemerkenswerthen optischen Eigenschaften wur- den schon zur Genüge von Herapath beschrieben. Bringt man nämlich die Krystalle unter das Polarisationsmikroskop, so zeigen die Krystalle, deren Axe vertical gegen die Polari- sationsebene ist, eine fast weisse Farbe, dagegen erscheinen die Krystalle, deren Längsaxe parallel mit der Polarisations- ebene ist, beinahe schwarz, Strychnintrijodid ist leicht löslich in Weingeist, schwieri- ger in Aether und Wasser, Chloroform, Benzol und Schwe- felkohlenstoff. I, 0,217 Substanz gaben 0,216 Jodsilber, entsprechend 0,1687 Jod. II. 0,550 Substanz gaben 0,557 Jodsilber, entsprechend 0,3007 Jod. *) Herapath. Chem. Gaz. 1855, 320; 1856, 394; auch Jahrb. Liebig U. Kopp. 1855, 568; 1856, 758. **) Tilden. Chem. Soc. Journ. (2). III, 99. 20* 308 Harry R. Bauer, Verbindungen mehrer Alkaloide mit Jod. I. 53,90/0. IL 54,3%. 54,2 % Jod. Berechnet. Gefunden. Q2i^23^2Q2 335 46,79 J3 381 53,21 54,2 716 100,00. Die alkoholische StrychnintrijodidlÖsung ist sehr unbe- ständig, während die feste Verbindung noch bei 135" beste- hen kann. Schwefelsäure löst das Jodid mit rother Farbe , ebenso Salpetersäure. Concentrirtes Ammoniak zersetzt die Verbindung schon in der Kälte, ebenso salpetersaures Silber. Die alkoholische Strychnintrijodidlösung mit alkoholischer Cyankaliumlösung erhitzt, entfärbt sich und läs.st nach dem Erkalten kein Strychnintricyanid, wie ich vermuthete, sondern unverändertes Cyankalium niederfallen. Die alkoholische Lösung des Jodids mit überschüssiger alkoholischer Jodlösung zusammengebracht, im verschlossenen Rohre längere Zeit im Wa;sserbade erhitzt, ergab eine in schwarzen Säulen krystallisirende Verbindung, die sich beim OefFnen des Rohres an der Luft in eine theerartige Masse zersetzte, viel freies Jod enthaltend nebst unverändertem Trijodid. (Bestand wohl vielleicht aus dem höher jodirten Producte?) Verbindungen des Brucins mit Jod. Brucintrijodid Q^^R^^^l^i^Q^EJK Man erhält obige Verbindung durch Fällen einer schwe- felsauren Brucinlösung mit Jodlösung. Der voluminöse, roth- braune Niederschlag wird durch Decantiren ausgewaschen und in der genügenden Menge Alkohol gelöst. Nach langsamer Abkühlung giebt die Lösung eine Kry- stallisation aus, lange, bronceartig gefärbte Nadeln. Harry E,, Bauer, Verbindungen mehrer Alkaloide mit Jod. 309 Brucintrijodid ist löslich in Weingeist, Chloroform, Ben- zol, unlöslich in Wasser, Aether, Schwefelkohlenstoff. Löslich in verdünnten Säuren beim Erwärmen. Beim längeren Ein- wirken der Säure zersetzt sich die Verbindung, indem sie Joddämpfe ausgiebt. Das Verhalten der Verbindung gegen polarisirtes Licht ist sehr bemerkenswerth. Das Verhalten ist fast das Umge- kehrte, wie beim Strychnintrijodid, Ist die Axe der Krystalle parallel mit der Polarisations- ebene, so erscheinen sie hellgelb, ist dieselbe vertical auf der Polarisationsebene, so erscheinen sie bräunlich mit blauer Nuance, Die Farben erscheinen hier also, wie schon oben bemerkt, umgekehrt. I. 0,26 Substanz gaben 0,2364 Jodsilber, entsprechend 0,1255 Jod. II. 0,251 Substanz gaben 0,2067 Jodsilber, entsprechend 0,11169 Jod. I. 48,9%. n. 48,7%. 48,8 % Jod. entsprechend der Formel ^23 H26 ^2 04^ J£J3 Berechnet. Gefunden. Q23-JJ_27^2Q4. 395 59^9 J3 381 4"9,1 48,8 776 100,00. Das Verhalten des Brucintrijodids in alkoholischer Lö- sung ist analog dem des Strychnintrijodids. München im Mai 1874. Dr. G. C. Wittstein's Laboratorium. 310 E. Reichardt, Porphyr und Kaolin. Porphyr und Kaolin. Von E. lleicliardt. Durch die Hand meines Bruders, des Directors Dr. H. Reichardt in Dessau, erhielt ich 3 selbst entnommene Proben: 1) Porphyr. 2) Denselben, in weiter fortgeschrittener Zersetzung. 3) Kaolin aus gleicher Lagerstätte. Der Ursprung der Proben datirt von Muldenstein, zwischen Bitterfeld und Jessnitz, an der Mulde gelegen. In der nächsten Umgebung finden sich grosse Lager von Thon und Braun- kohle. Porphyrfelsen brechen hier und da durch und zei- gen dann wiederholt, am Abhänge, Lagerstätten von Kaolin, wenn auch nicht in grosser Mächtigkeit. Die äussere Be- schaffenheit' der Proben war folgende : 1) Porphyr. Festes Gestein , von grauweisser Farbe , auf einzelnen Bruchflächen fast weiss mit rostfarbenen Flächen nach dem Inneren zu, wie diese Erscheinung so häufig der Porphyr im Zustande angehender Verwitterung zeigt. Um Stücke abzu- bringen, musste der Hammer gebraucht werden, so dass im- merhin noch ein starker Zusammenhalt vorlag. 2) Erstes Product der Verwitterung. Weissliches Gestein, sehr leicht zu zerbröckeln, von san- digem Gefühl. 3) Kaolin, weiteres Product der Verwitterung. "Weisser etwas körniger Thon, zusammenhängend, jedoch sehr leicht zu zerdrücken und in feines Pulver übergehend. Als erste Untersuchung kann die mechanische Zerklei- nerung hingöstellt werden, obgleich diese bei dem noch vor-, handenen Gesteine etwas willkürlich ist, da sie hier von der zum Zerreiben angewendeten Arbeit abhängt. In dem Schlämm- apparate von Nübcl wurden bei trockner Substanz folgende Resultate erhalten : E. Reichardt, Porphyr und Kaolin. 311 I. Grober Sand II. Feiner Sand III. Feinster Sand IV. Thon V. Feiner Thon VI. Feinste schwebende Theil. 5,22 Immerhin lassen 2 und 3 den Fortschritt auch in mecha- nischer Beziehung deutlich wahrnehmen und überwiegen bei 3 die feinen thonigen Theile, während 1 und 2 noch das um- gekehrte Verhältniss zeigen. Die chemische Untersuchung wurde sofort durch Auf- schliessen bewerkstelligt und hierbei folgende Zusammensetzung gefunden : 1. 2. 3. Kieselsäure 77,48 75,73 76,48 Thonerde 17,10 21,92 21,58 Eisenoxyd 2,83 0,98 0,97 Manganoxydul 0,84 0,18 0,17 Kalk 0,38 0,27 0,25 Magnesia 0,10 0,10 0,07 Kali 1,03 0,55 0,16 Natron 0,13 0,08 0,01 Phosphorsäure Spur — — 99,89 99,81 99,69. Die vorschreitende Verwitterung tritt hier sehr klar hervor. Kieselsäure verändert sich im Ganzen wenig, Thonerde steigt in den Verwitterungsproducten ; das Eisenoxyd , schon in dem angegriffenen Gesteine durch Farbe bemerkbar, ist grösstentheils entfernt, weggeschwemmt, ebenso das Mangan. Kalk und Magnesia sind im Ganzen nur in geringer Menge zugegen , aber auch hier ist die Abnahme deutlich zu sehen. Am Schärfsten tritt jedoch der Verlust an Alkalien hervor. Der Kaolin hat nur noch den 6. Theil an Kali und den 10. Thejl an I^^atron, gegenüber dem Porphyr. 312 E. Relchardt, Porphyr und Kaolin. Um wonigsteos anricähernd kennen zu lernon , wie weit die Löslichkcitsverhältnissc durch den Verwitterungsprocess geändert seien, wurde von jeder Probe ein Theil mit concen- trirter Salzsäure 5 Minuten lang gekocht und sodann der llückstand bestimmt. In Lösung waren gekommen bei A. Porphyr = 1,08 Proc, B. erstes Verwitterungspro- duct = 1,46 Proc, C. Kaolin = 1,86 Proc. AVenn diese Zahlen auch eine geringe Steigerung, nach dem Kaolin zu, ergeben, 80 ist doch die Angreifbarkeit überhaupt äusserst gering. Sämmtliche 3 Lösungen wurden durch Verdunsten zur Trockne u. s. w. auf lösliche Kieselsäure geprüft, aber mit negativem Resultate. Die Kieselsäure befand sich demnach im Porphyr, wie Kaolin eng mit der Thonerde verbunden, so schwer löslich, dass Säuren nichts davon abscheiden konnten. Das Eisen- oxyd war schon in dem vorliegenden angegriffenen , oder in Verwitterung befindlichen, Porphyr frei, wenigstens trat es besonders bemerkbar durch die ßostfarbe hervor und scheint, wie schon angedeutet, durch weitere Zersetzung gänzlich isolirt und weggeschwemmt worden zu sein. Sehr wahrscheinlich wurden die kleinen Mengen der alka- lischen Erden und Alkalien als Silicate entfernt, allein die noch vorhandene Kieselsäure war nach obigem Versuche durch Säure nicht zu trennen, so dass die Verwitterung bei ihrem langsamen, aber ununterbrochenen Gange noch stärker eingreift und ein Resultat erzielt, was mit künstlicher Hülfe augenblicklich nicht erreichbar scheint. Als Beispiel des Erfolges und Verlaufes der Verwitte- rung kann das obige sehr gut dienen. Bis jetzt wird der rohe Kaolin direct zur Fabrication von Chamottesteinen verwendet, für die Zwecke der Porzellanfabrication würde noch Schlämmen nöthig sein, d. h. Beseitigung der sandi- gen Theile. Jena, im Juni 1874. Chi-. Rump, Neue Studien über das Chloroform, 313 Neue Studien über das Chloroform. Yoii Chr. Rump in Hannover. Vorstehend des Breiteren beschriebener Vorfall veranlasste mich, bei der Wichtigkeit des Gegenstandes meine früheren Untersuchungen über das Chloroform wieder aufzunehmen. Es traten dabei einige Punkte in ein helleres Licht, andere erlitten eine- wesentliche Modification. Die Darstellung des Chloroform ist rein Fabriksache geworden und kann übergangen werden. Ich selbst habe mich früher mit derselben beschäftigt. Statt reinen Alkohols wen- det man gewöhnlichen fuselhaltigen Sprit jetzt dazu an. Es war nun zunächst meine Aufgabe, mir ganz reines Chloroform zu verschaffen und stellte bei Portionen von 10 Pfd. in Arbeit genommenen rohen Chloroform's des Handels 122 Pfd, reines Präparat her. Ich bemerke dies absichtlich, um zu zeigen, dass ich nicht nach einem Versuche mein Urtheil fest gestellt habe. Es standen mir zufällig zwei Produete von verschiedenen Bezugsquellen zu Gebote. Das eine stammte aus einem Mili- tairdepot von dem Jahre 1870 und hatte ein spec. Gew. von 1,492, war nach allen Seiten ein ausgezeichnetes Präparat und .vollständig intact; das andere unserer gewöhnlichen Bezugsquelle, einer sächsischen Fabrik, entnommen und der Pharmakopoe genügend. Das zuerst übergehende Zehntel des Chloroforms wurde für sich abgenommen, ebenso der letzte Eest von einem Pfunde einer besondern Destillation unterworfen. Die Destil- lation geschah im Wasserbade von 72^ — 82° C. Ich will die Schwierigkeiten nicht unerwähnt lassen, die sich mir erst in Bestimmung des Siedepunktes entgegen stell- ten, weil sie ein Licht in die so verschiedenen Angaben darüber wirft, so verschieden, wie die des spec. Gewichtes. Schacht, s. Archiv der Pharmacie Bd. 132, S, 133 ff., der unbedingt öU Chr. Eump, Neue Studien über das Chloroform. reines Chloroform unter Händen hatte, giebt den Siedepunkt zu 67** C. an, Biltz in seinem vortrefflichen Aufsatze vom Jahre 1868, siehe Archiv Bd. 134, S. 203 ff., zu 62,05, ich selbst früher in demselbem Jahre in meiner Brochüre, die etwas eher als der Biltz 'sehe Aufsatz erschien, zu 61 <^, wie auch in den Lehrbüchern angenommen ist. Ich habe diese Schwierigkeit in Bestimmung des Siedepunktes schon damals gefunden , aber nicht aufgeklärt, ich suchte die Ursache in der Ueberhitzung des Wasserbades und warnte davor. Dies war aus physikalischen Gründen unrecht. Der Grund ist, dass sich das Chloroform, je mehr es sich seiner Reinheit nähert, um so schwieriger von den Wandungen der Retorte löst und nur stossweise siedet, so dass die Temperatur der Flüssig- keit bis 66 ja bis 70 Grad steigen kann, ohne dass ein Sie- den eintritt .und das Wasserbad bis auf lOO*' erhitzt werden muss. Erst wie ich Piatinastücke in die Betorte gegeben hatte, verlief die Destillation normal. Die später angegebenen Siedepunkte sind alle im Dampf genommen mit einem sorg- fältig justirten Thermometer, so dass der ganze Quecksilber- faden im Dampfe stand. Der Verlauf der Destillation ist interessant genug, um eingehender beschrieben zu werden. Zuerst, bei ca. 57*^, begin- nen sich Gasblasen zu entwickeln von entweichendem Wasser- gase, was mir als Beweis dient, dass das Wasser nur als Gas im Chloroform gelöst sein wird, wie umgekehrt das Chloroform im Wasser. Hierdurch ist es auch erklärt, dass dasselbe zuerst mit übergeht. Es bilden sich dabei Streifen in der Vorlage und der Hals der Retorte beschlägt sich mit Thau. Bei 59'' bis 59,5° beginnt die Flüssigkeit zu sieden. Sobald die Temperatur 60 '^ erreicht hatte, wurde die Vorlage gewechselt. Der Thaubeschlag des Retortenhalses ist dann verschwunden und von da destillirt allerdings noch alkohol- haltiges, aber wasserfreies Chloroform. Auf dem so erhaltenen Anfangs trüben Vorlauf schwamm das ausgeschiedene Wasser und zeigte derselbe ein spec. Gew. von 1,480 — 1,481. Mit Wasser abgeschüttelt und so von Alkohol befreit und mittelst Chlorcalcium entwässert, hatte er ein spec. Gew. von 1,499, Chr. Rump, Neue Studien über das Chloroform. 3lS stellte somit ein reines Chloroform dar. Es war dadurch die Abwesenheit anderer leichterer Destillationsproducte bewiesen. Von 600 gt;ieg- nun das Thermometer allmählig auf bis 60,5'' und verhielt sich dabei, bis gegen das Ende der Destillation die Temperatur auf 60,75° stieg und dann unterbrochen wurde. Der in der Eetorte zurückbleibende Hest wurde für sich auf- gehoben, um mit den Rückständen späterer Rectificationen für sich destillirt zu werden. Meh^e Fractionen des mittleren Destillates wiederum rectificirt, ergaben mir nun das reine Chloroform par excel- lence. Dasselbe hat ein spec. Gew. von 1,500 bei 15 C und siedet unter den angegebenen Vorsichtsmassregeln bei 60,5 '^ C. Dabei muss ich hinzusetzen, eher eine Kleinigkeit darunter als darüber, bei einem mittleren Barometerstande von 760"" ohne Correctur. Das specifische Gewicht bestimmte ich mit derselben Mohr'schen Waage, die mir schon im Jahre 1868 zu meiner Arbeit gedient hatte, und zwar diesmal stets bei 15° C, nie anders. Schacht giebt ein spec. Gewicht von 1,501, Eiltz ein solches von 1,502 an, was jedenfalls zu hoch ist, wie ich gleich zeigen werde. Meine Bestimmung stimmt mit der von Kolbe angegebenen überein. Gorup-Besanez, Eittig, Strecker, führen noch die alte Bestimmung aus Berzelius' Lehrbuch = 1,480 an, die noch dazu bei 18° 0. aufgenom- men war. Die Bückstände der ersten Destillation wurden nun wie- der bei Portionen von 10 Pfd. für sich der Destillation unter- worfen, so lange, bis das Thermometer auf 61° — 62° gestiegen war, die erhaltenen Destillate nochmals für sich fractionirt so lange jetzt der Siedepunkt 60,5° nicht überstieg, wobei noch ein gutes Theil Chloroform gewonnen w^urde. Was bei 61° — 62° übergeht, hat ein spec. Gew. von 1,501 — 1,502, zeigt also in seinem Siedepunkte sowohl, wie in seinem spec. Gew., dass es kein reiner Körper mehr ist, wenn er auch zum bei weitem grössten Theile aus Chloroform besteht. Bei den letzten Abhüben tritt dies immer entschie- dener zu Tage. Wurde dabei das Thermometer aus dem Sl6 Chr. Rum]), Neue Studien über das Chloroform. Dampf geliohen und unter die Nase gebracht, so roch es fatal nach Amyl und Butylverbindungen, dazu fast leichenhaft, wie man das ja kennt, wenn man mit Chlor oder Chlorkalk anima- lische Stoffe behandelt hat. Die Rückstände der einen Sorte Chloroform, aus mir unbekannter Quelle, hatten mehr einen Geruch nach Essigäther. Feste Chlorkohlenstoffverbindungen waren in dem Rückstande nicht vorhanden. Die Aufarbeitung der schweren Producte wurde mit besonderem Fleiss vorgenommen; die Fertigstellung ^zur Ana- lyse war nicht thunlich, da die Producte von zwei aus ver- schiedenen Bezugsquellen stammenden Chloroform - Quanti- täten sich nicht trennen Hessen. Mit weingeistiger Kalilösung behandelt , entwickelten sich ziemliche Gasblasen , das spec. Gew. stieg bis 1,510, der Siedepunkt zuletzt bis TO'' und darüber. Wie ein geringer Gehalt an Alkohol den Siedepunkt erniedrigt, so erhöht ein anderer schwerer Körper denselben gradatira. So hartnäckig hängt der Alkohol dem Chloroform an, dass erst über die Mitte der Destillation das Chloroform rein auftritt, deshalb musste auch das Eohchloroibrm vor der Destillation erst mit Wasser abgeschüttelt und über Chlorcal- cium getrocknet werden. Was nun den hauptsächlich in Frage kommenden Punkt betrifft, die Zersetzbarkeit des Chloroform's, so hat schon Schacht s. Z. bewiesen und festgestellt, dass reines Chloroform sich zwar im luftleeren Räume vollkommen unzer- setzt erhält, selbst im Sonnenlichte, aber unter gewöhnlichen Verhältnissen in nicht ganz gefüllten Gläsern sich zersetzt, wenn es dem directen Sonnenlichte ausgesetzt wird. Somit wäre also eigentlich der Sauerstoff der Luft die Ursache der Zersetzung. Hiebei tritt ein stechender Geruch auf, den Schacht von Chlorkohlenoxydgas herleitet. Ich will und kann dem nicht widersprechen, jedoch habe ich die zu Thrä- nen reizende Eigenschaft daran nicht wahrnehmen können, wie in dem oben erzählten Falle. Es folgt bald, kürzer oder später, in 2 — 3 Tagen ein starkes Auftreten von Chlor neben Chr. Kuitip , ^evLe Studien über das Chloroform. 317 salzsaiirem Gase, wobei die Zersetzung- auch im Dunkeln vorschreitet besonders bei Gegenwart von Feuchtigkeit. Ueber- haupt ist Feuchtigkeit der schädlichste Feind des Chloroform's und alles Chloroform des Handels würde bald verdorben sein, wenn es nicht Alkohol enthielte, um die dabei befindliche wässrige Feuchtigkeit zu paralysiren. Es ist deshalb dringend geboten, das Chloroform nur in vollkommenen trocknen Glä- sern aufzuheben und zu dispensiren. Selbst das Standgefäss muss vorher gereinigt werden, ehe neue Füllung zugegeben wird, ein geringes Versehen darin kann schädliche Folgen nach sich ziehen. Ich habe bei meinen unzähligen darauf abzielenden Versuchen die Beobachtung machen können, dass die Anwendung eines schon zu Insolationsversuchen benutzten, ganz trocknen aber nicht gereinigten Gläschen die Ursache zu einer raschen Zersetzung wurde. War das Chloroform mit Vs^/o Alkohol versetzt, so hielt es der Sonne über 14 Tage Widerstand, besser das mit ^4 ^i^ V2 7o versetzte. Hierbei ist anzunehmen, dass der Alkohol insofern schützend wirkt, als er es nicht zum ersten Anstoss einer Zersetzung kommen lässt, sondern das erst freiwerdende Atom Chlor sofort bin- det, damit es nicht wie ein Ferment weiter zerstörend ein- wirken kann. In seiner ganzen Masse wii-d das Chloroform wohl nie zersetzt. Dass Hager in seinem Commentar die Aeusserung riskiren konnte : „ Ob überhaupt freies Chlor in den Zersetzungsproducten des Chloroform's vorkommt, ist sehr fraglich und wurde nur von einer wenig competenten Seite als beobachtet angegeben," ist ein Beweis von grosser Ober- flächlichkeit, da er sich leicht selbst davon hätte überzeugen können. Wenn er es trotzdem nicht finden konnte, so war das dazu verwandte Chloroform eben nicht ganz rein, ent- weder noch Alkohol und wasserhaltig oder mit Nebenproduc- ten verunreinigt. Biltz,. den er doch nicht für incompetent halten will, hat Seite 212 des oben citirten Aufsatzes die Anwesenheit von Chlor unter den Zersetzungsproducten hin- reichend bestätigt. Alle diese Zersetzungen treten im Licht rascher auf, kön- nen abe" auch , wenn die Bedingungen dazu da sind , bei 318 Chr. Runip, Neue Studien über das Chloroform. absoluter Dunkelheit eintreten und, einmal eingeleitet, -schrei- ten sie rasch vorwärts. Wie weit sie vorschreiten, das zu bestimmen, dazu habe ich noch keine Zeit und Veranlassung- genommen. Ein Gehalt von ^g 7o Alkohol drückt das spec. Gew. des Chloroform's um 2 in der dritten Decimale herunter, daher ein spec. Gewicht von 1,494 einem Gehalte von ^/g^o Alko- hol entspricht. Da ich hinsichtlich des spec. Gew. mit Grund von Herrn Biltz abweiche, so ist die von Hager in seinem Commentar angegebene Scala danach abzuändern. Zur Nach- weisung ob ein Chloroform noch wohl erhalten ist, bediene ich mich jetzt ausschhesslich des lufttrocknen Lackmuspapiers, -resp. des etwas angefeuchteten Jodkaliumstärkepapiers. Letzteres nur dann , wenn die äusseren Indicien es anzeigen , Geruch und eingetretene Bleichung des Lackmuspapiers. Es werde mittelst des Korkes oberhalb der Flüssigkeit befestigt. Die Bleichung des Lackmuspapiers tritt auch spontan durch das Licht auf , ist aber von der durch Chlor gleich zu unterschei- den, wenn ein zweites hineingebrachtes Stückchen Lackmus- papier intact bleibt. Es empfiehlt sich zum practischen Gebrauche, fortwährend ein Streifchen Lackmuspapier in dem vorräthigen Chloroform schwimmen zu haben, um sich stets sofort von der Intactheit desselben zu überzeugen. In Zer- setzung begriffenes Chloroform hat meistens ein trübes Aussehen. Alle diese Kriterien und Cautelen fallen weg, sobald man sich nach Vorschrift der Pharmakopoe geschwärzter Gläser zum Aufheben und Dispensiren des Chloroforms bedient. Darum weg damit! Der Vorschrift ist ebenso streng genügt, wenn man das Chloroform im Separandenschrank aufhebt oder mit einer Kapsel umschliesst. Die Probe der Phar- makopoe bezieht sich nur auf schon verdorbenes Chloroform und lässt sich nicht bei jedesmaliger Verwendung anstellen. Was die Beschreibung des officinellen Chloroform's anlangt, so hatte ich in meiner Brochüre von 1868, s. auch Archiv Bd. 135, S. 237, eine Formel angegeben, die von dem reinen Körper ausging. Die Verfasser der Pharmakopoea Germanica beschreiben dagegen ein Chloroform von 1,492 — 1,496 Clir. Rump, Neue Studien über das Chloroform. 319 sp. Gr., ohne des Alkoholgehaltes Erwähnung zu thun, so dass mir häufig genug die Aeusserung gemacht ist, „ich will aber kein mit Alkohol versetztes Chloroform, die Pharmakopoe ver- langt reines Chloroform," Dabei geräth man aber mit sich selbst in Widerspruch, denn dazu passt wieder der Siede- punkt von Gl*' — 62 *' nicht, wie er bis dahin für reines Chlo- roform angenommen wurde. Ebenso wenig sagt aber im Grunde das spec. Gew. von 1,492 = 1,496 etwas über seine richtige Beschaffenheit aus, denn ein solches Chloroform kann mit hochgradigen Producten verunreinigt sein, also von Haus aus ein höheres spec. Gew. haben, als dem reinen Chloroform zukommt, ist aber durch Alkohol reducirt. Und woher stammen diese hochgradigen Producte in dem käuflichen Chloroform? Von dem Eusel des zur Bereitung verwandten Alkohols. Es sei mir deshalb der Analogie nach erlaubt, ein solches Chloroform, was die Pharmakopoe noch zulässt, ein fuseliges Chloroform zu nennen. Der Geruch lässt dabei in Stich. Wehe aber dem Apotheker, der einen fuselhaltigen Spiritus zu seinen Tincturen etc. verwenden wollte. Die gechlorten Amylabkömmlinge mögen vielleicht an sich gute anästethesirende Wirkungen besitzen, jedoch in das Chloroform gehören sie nicht und sind mit eine Ursache des leichteren Zerfallens , dabei reizen sie zum Husten. Diesem Uebelstande entgegen zu treten, muss man aller- dings von der beliebten Kürze in etwas abweichen, das kann jedoch nicht schaden, wie der Artikel über Chinin. Sulphu- ricum beweist. Gut beschaffenes officinelles Chloroform habe ein spec. Gew. von höchstens 1,494, das einem Gehalt von %7o Alkohol entspricht , einige Zahlen in der dritten Decimale darunter bis 1,490 etwa schaden nicht. Es muss aber der Nachdruck darauf gelegt werden, dass es nicht höher sein darf Nach der jetzigen Fassung in der Pharmakopoe monirt der Revisor in der Regel das niedrigere spec. Gew., für das höhere sorgt schon der Fabrikant selbst, weil er weiss, dass ein solches Chloroform weniger haltbar ist, Gewinn hat er von einem viertel Procent Alkoholzusatz mehr oder weniger nicht, 320 CLr. liump, Neue Studien über das Chlofofonii. Zur weitern Prüfung lasse man Lackmuspapier gelten, der Nachweis mit Silber wird am besten dahin abgeändert, dass man eine Probe von dem Chloroform unter einer schwa- chen Silberlösung vei'dampfen lässt. War das Chloroform unzersetzt, so bleibt die Flüssigkeit dabei klar. Dieselbe Silberlösung kann zu späteren Versuchen aufgehoben und benutzt werden. Soweit der Revisor; für den Apotheker selbst lasse man eine Probe mit 4 fächern Volum Wasser abschütteln, abnehmen, mit Chlorcalcium entwässern und das spec. Gew. ermitteln, was 1,500 nicht überschreiten darf. Letztere Bestimmung ist indess von der richtigen Temperatur abhängig, da sie die grösste Acciiratesse erfordert und mit einem 10 — 25 Gr. Glase schwer auszukommen ist. Dann halte ich es für sehr wesentlich, dass hintenan eine Bemerkung, ähnlich wie bei der Benzoesäure, ,_,Paretur sub- limatione e Benzoe" gefügt sei: „Es sei aus reinem fusel- freien Alkohol bereitet." Man lächelt vielleicht darüber und denkt, wer will das dem Fabrikanten nachweisen? Es giebt unter den Fabrikanten ebenso viele ehrliche Leute wie unter anderen, die sich ein Gewissen daraus machen würden, gegen diese Vorschrift zu Verstössen, wenn sie eben bis jetzt exi- stirt hätte. Da sie aber nicht existirte, so wurde ihm nichts darauf zu Gute gegeben, wenn er darin vor seinen Concur- renten sich auszeichnen wollte, denen das billigste Material gut genug war. Findet hinterher ein Anderer Mittel und Wege, den Fusel aus seinem Chloroform zu entfernen, so ist das seine Sache, am einfachsten denke ich reinigt er erst sein Rohmaterial, was ihm weniger Mühe und Kosten ver- ursacht. Der grössei'e Abnehmer würde dem Fabrikanten bald sein schlechtes Material nachweisen. Die Anwesenheit des Fusels ist, wie gesagt, wegen des' starken Chloroform- geruchs nicht wie beim Alkohol zu spüren; denn die gechlor- ten Amylproducte sind trotz des höheren Siedepunktes eben so flüchtig an der Luft wie das Chloroform und gehen mit diesem zugleich weg. Mit Reagentien ist ihnen ebenfalls nicht beizukommen, wie mit chroms. Kali und mit concent. Schwefelsäure, sie verhallen sich damit ebenso indiöerent wie Chr. Eump, Neue Studien über das Chloroforni. 321 Chloroform. Das einzige mir bekannte ilittel ist der Nach- weis durch vorsichtig-e Destillation. Ihre Schädlichkeit tritt aber dadurch offen zu Tage, dass die letzten successive schwe- rer werdenden Producte um so leichter zerfallen und sauer werden, so dass der Alkoholzusatz wenig mehr nützt. Es sei vor der andauernden Lichteinwirkung zu schützen. Das Resultat meiner Arbeit ist kurz Folgendes: Ein reines Chloroform hat ein spec. Gew. von 1,500 bei 15^ C. und siedet bei 60,5° C. ein solches von 1,492 spec. Gew. hat einen Siedepunkt von 59,75 — 60 und ent- hält ca. V2 7o Alkohol. Ein Chloroform von höherm Siedepunkte als 60,5® enthält schon schwerere Producte beigemengt. Es kann in Folge dessen das spec. Gew. bis auf 1,502 und darüber steigen. Ein Zusatz von ^/g ^o Alkohol erniedrigt das spec. Gew. um 0,002 und ist der Alkohol das sicherste Mittel, das Chloroform gegen schädliche Einflüsse zu schützen, wenn auch nicht absolut. Die blosse Lichtentziehung schützt das Chloroform nicht vor Zersetzung. Die geringste Menge Feuditigkeit und Luft veranlassen mit der Zeit das Zerfallen, das ein- mal eingeleitet, immer rascher vorschreitet. Bei Ausschluss des Lichtes kann unter diesen Umständen die Bildung von Phosgengas eintreten. Alles Chloroform des Handels ist fuselhaltig, was gerügt werden muss. Schliesslich kann ich noch constatiren, dass, seit das alkoholhaltige Chloroform allgemein in den Handel zur An- wendung gekommen ist, mir kein Unglücksfall weiter vorge- kommen ist. Wie verschwommen noch die Angaben über das Chloro- form sind, ist in dem so eben erschienenen Handbuche zur Prüfung der Arzneimittel von B. Hirsch, 2. Aufl. 1874 so recht ersichtlich. Es heisst da: „das spec. Gew. beträgt nach der Pharm. Franc. 1,48, Brit. l,49,Au8tr. 1,49—1,5, Helv. 1,492, 4rch. d Fhana. II. lida, 4. Hft. 21 322 Nachschrift. Germ, und Neerland 1,492 — 1,496; und dann: es kann bis 1,502 bei 15** steigen, ohne dass dadurch eine Verunreini- gung erwiesen wird I ! Durch Alkohol , dessen Gegenwart in sehr geringem Maasse von Vielen (sie) zur besseren Conser- virung des Chloroforms für nöthig erachtet wird (stände also demnach noch nicht fest) wird das spec. Gew. herunterge- drückt," (als wenn es nicht schon in den meisten der oben angegebenen Vorschriften heruntergedrückt wäre). „Temperaturveränderungen sind auf das spec. Gew. des Chloroforms von grossem Einfluss" (sehr richtig!). Den Siedepunkt giebt die Franc, zu 60,8 , die Neerl. zu 61, die Helv. zu 62 — 63, die Austriaca zu 63,5 an. Davon wäre die Franc, mit 60,8 der Wahrheit am nächsten gekom- men, wenn sie nicht das alte falsche spec. Gew. von 1,48 nach Dumas noch beibehalten hätte. Nachschrift, Ur» über das Phosgengas ins Klare zu kommen, ersuchte ich Herrn Dr. G. Retschy, Assistent am hiesigen Poly- technikum, mit mir die Darstellung desselben zu bewerkstel- ligen, worauf derselbe mit der grössten Bereitwilligkeit einging. Es wurde ein Gemisch von 200 Gr. reiner Schwefel- säure, 25 Gr. zweifach chroms. Kali und 10 Gr. Chloroform an einem Rückflusskühler im Wasserbade erhitzt. Das sich entwickelnde Phosgengas wurde durch eine starke Schicht metall. Antimonpulver von mit auftretendem Chlorgase befreit und in reines Chloroform geleitet. Die Einwirkung der Chrom- säure geht ziemlich langsam von Statten, weil die Flüssig- keiten sich nicht mischen. Das vorgelegte Chloroform nahm bald den stechenden Geruch von zersetztem Chloroform an und rauchte schliesslich stark von gebildeten salzs. Dämpfen. Als dies mit Phosgengas geschwängerte Chloroform mit etwas Alkolioj versetzt wurde, nahm es in höherem Grade Chr. Btimp, Ueber Ctloroform zur Warnung'. 323 die Eigenschaft des im Vorberichte erwähTiten .stechenden zu Thränen reizenden Körpers an , wie es das reine Phosg-engas nicht thut, und die sich erst nach dem Verdunsten des Chlo- roforms entwickelt. Hier liegt nun die grösste Wahrscheinlichkeit nahe, dass sich Chlorkohlensäure - Aether gebildet habe. Das Anfangs erwähnte so eigenthümlich zersetzte Chloroform hatte ein spec. Gew. von 1,492, enthielt also 72^/0 Alkohol. Sollte man deshalb den Alkoholzusatz verwerfen^ Entschieden nicht! Denn erst muss doch mal das Chloroform einer Zer- setzung unterlegen sein und dagegen schützt erfahrungsge- mäss der Alkohol. Aus einem so vereinzelt stehenden Falle lässt sich kein Verdict abgeben, vollends wenn man, wie hier, alle maassgebenden Umstände nicht kennt. Wenn sich das Chloroform unter dem Einfluss der stärksten oxydirenden Agentien, wie der Chromsäure und der Einwirkung des Sauerstoffs bei directem Sonnenlichte und bei über 40** Wärme erst langsam und schwierig zersetzt, um so viel weniger bei gewöhnlicher Temperatur und im Dunkeln, jedoch ist Vorsicht geboten. lieber Chloroform zur Warnung! Von Demselben. Vor einigen Jahren gab ich eine kleine Abhandlung heraus über das Chloroform. Vielfache Beobachtungen gaben mir das Resultat, dass das Chloroform durch den geringen Zusatz von Y2 7o Alkohol wesentlich geschützt wird, während man früher glaubte, dass gerade die grösste Reinheit erste Bedingung sei, und man das höchste specifische Gewicht ver- langte. Die ersten analytischen Versuche von Lieb ig und Dumas mit Chloroform ergaben ein spec. Gew. von 1,480 bei 18° C. Diese Angabe ist bis auf den heutigen Tag noch in mehreren Lehrbüchern zu lesen, z. B. in der neuesten Ausgabe von Gorup-Besanez, in der letzten Ausgabe von Strecker. Die Angabe der Temperatur findet sich in 21* ii2i Chr. Rurap, tJeber Chloroform zur Warnung. einer früheren Ausg-abe von Berzel. Lehi'buch. Dieses Chloroform war also unbedingt alkoholhaltig, jedoch störte dieses die Feststellung seiner Zusammensetzung, so viel ich weiss, nicht. Unbedenklich ist es daher, bei dem Chloroform zum pharmaceutischen Gebrauche bis auf das spec. Gew. von 1,480 herunterzugehen. Leider haben die Yerfasser der deutschen Pharmakopoe dieses nicht beliebt, sondern ein Chloroform von 1,492 — 1,496 vorgeschrieben, und so den Alkoholgehalt auf ein Minimum reducirt. Die schützende Wirkung des Alkohols beruht auf der wasseranziehenden Kraft desselben. "Wasser ist neralich in allem zersetzten Chloroform nachgewiesen; gegen dieses schützt indess die Spur Alkohol weniger, welche die Pharmakopoe noch zulässt, sie erwähnt desselben gar nicht mal. Sie kennt keine andere Cautelen, als schwarze Gläser vorzuschreiben; erstes Erfor- derniss ist, dass dieselben absolut trocken sind, was man aber einem schwarzen Glase nicht ansehen kann. Wie ge- fährlich dieses werden kann, davon ist mir ein Beispiel vor- gekommen, was ich zur Warnung mittheilen will. Vor eini- ger Zeit wurde mir eine Probe Chloroform zur Prüfung zugesandt, das alle Keactionen der Pharmakopoe aushielt und doch beim Chloroformiren sich als unbrauchbar erwies. Der Patient bekam bedenkliche Erscheinungen und konnte nicht zur Narkose gebracht werden; bei Anwendung von anderem Chloroform verlief alles ordnungsgemäss. Weil alle ßeactions- proben in Stich Hessen, ging ich dazu über, selbst an mir luhalationsprobeu zu machen. Beim Verdunsten auf Papier war erst nichts Auffälliges wahrzunehmen, erst als ich den Versuch 5 — 6 mal wiederholt hatte , bekam ich das Gefühl, „als wenn man Senlöl riecht," und bei fortgesetzten Proben wurden die Nase und die Augen (letztere zu Thränen) ge- reizt. Hinterher bekam ich im Schlünde das Gefühl, wie wenn man einen scharfen Stoff gekaut hat. Diese Erschei- nungen treffen auf das schon von Andern beobachtete Auf- treten von Phosgengas zu, wovon also Spuren voi'handen sein mussten. Um es zu entdecken, muss man den Punkt beobaoliten, wo das Chloroform nahezu verdunstet ist; dann Chr. Bump, üeber Chloroform zur Warnunpr. 325 tritt es momentan auf, kann aber dem unempfindlichen Beobachter leicht entgehen. Man thut am besten, auf einem Filter in einem kleinen Trichter das Verdunsten zu verfolgen, weil dann die Verdunstung auf der Rückseite verhindert ist'. Meine Vermuthung, dass der Körper Phosgengas sein könne, wurde zuerst dadurch alterirt, dass dieses die Natur hat, mit "Wasser in Berührung, sich zu zerlegen in Salzsäure und Kohlensäure. Jedoch ist die Gegenwart des Gases so gering und so in dem Chloroform geschützt, dass keine Beaction mit Silber zu erhalten war, geschweige denn mit Lackmuspapier. Als ich aber auf Herrn Professor Kraut's Vorschlag den Versuch so anstellte, das Chloroform in einem Becherglase unter einer 1 procentigen Silberlösung in der Wärme ver- dampfen zu lassen, entstand eine schwache Opalisirung von Chlorsilber, während bei gutem Chloroform die Flüssigkeit klar bleibt. Zum Beweis, dass es Phosgengas war, was die Erscheinungen hervorrief, dient noch, dass, als ein Theil des fraglichen Chloroforms dem zerstreuten Tageslichte acht Tage ausgesetzt gestanden hatte, sich ein hineingelegtes Stück Lackmuspapier allmählig röthete und zugleich das Phosgengas nicht mehr wahrzunehmen war; es war zerstört. Hieraus mag man ersehen, welch' ein zufälliges Zusammentreffen von Umständen nöthig ist, um die Erscheinung beliebig hervorzu- rufen; ich habe deshalb darauf verzichtet. Versuche in der Richtung anzustellen. Im Lichte bildet es sich bei Gegen- wart von Feuchtigkeit, wird aber wieder zerlegt in Salzsäure und Kohlensäure; nur in schwarzen Gläsern bildet und hält es sich längere Zeit, — wochenlang. Ich habe guten Grund anzunehmen, dass ein schon sauer reagirendes Chloroform weniger schädlichen Einfluss ausübt, man vermeide deshalb ti'otz des Gebotes der Pharmakopoe die Anwendung der schwar- zen Gläser, da man den Zweck ebenso gut durch eine ein- fache Umhüllung in Papier, oder Hinstellen in einen dunklen Schrank erreicht. Bei einem schwarzen Glase kann man sich nicht durch einfachen Augenschein überzeugen, ob es trocken ist, ob das Chloroform noch klar und farblos ist. wie es sich zu Reagenspapier verhält u. s, w. 326 C. Jehn, Färbung des Chloralhydrats durch Pfeffemiuzöl. Besagtes Chloroform war in einem schwarzen Glase vor- schriftsmässig aufbewahrt gewesen, und hatte erst nach meh- reren Monaten die schädlichen Eigenschaften gezeigt. Das Auftreten von Phosgengas konnte ich früher nicht constatiren, weil ich alle Versuche im Lichte gemacht hatte, das spontane Auftreten von Chlor kam vor, als man das Chloroform noch mit Schwefelsäure reinigte , nachher nicht wieder. Obschon Hager es leugnet, wird es von Mohr bestätigt, siehe des- sen Commentar zur deutschen Pharmakopoe. Die Pharma- kopoe lässt auch darauf mit Jodkalium reagiren. Hannover, den 3. Juli 1874. FSrbung des Chloralhydrats dnrch Pfefferminzöl. Vou Dr. Carl Jehn in Geseke. Unter obigem Titel erlaubte ich mir in diesem Archive (3. Reihe 8. Bd. 1. Heft) eine kurze Mittheilung zu machen \iber Kothfärbung eines Gemenges von C^H^CPO^ und Pfef- ferminzöl. Prof. Flückiger erwähnte vor Kurzem dieser Reac- tion in einem Artikel über Ol. Menth, pip. im Pharm. Han- delsblatte (Beilage der Bunzlauer Pharm. Zeitung) mit dem Bemerken, er habe nur eine gelblich braune Färbung erzielt, während Dr. Hager (Hager's Commentar zur Pharm, ger- manica Bd. IL S. 491) die angegebene Reaktion für eine irr- thümliche Behauptung erklärt. Dies veranlasste mich, die Reaktion mit verschiedenen Pfefferminzölsorten zu wiederholen in der Absicht, zu erfor- schen , ob vielleicht der Ursprung des Oeles — deutsch, fran- zösisch oder englisch — influire auf den Ausfall besagter Reaktion; oder, was dasselbe ist, sie zur Unterscheidung die- ser Sorten dienen könne. Zu dem Ende bezog ich von einem gut renommirten Droguenhause 1. Ol, Menth, pip. angl. Mitcham. 2. Ol. Menth, pip. german. optim, 3. Ol. Menth, pip. gallic. verum. C. Jehn, Färbung des Chloralhydiats durch Pfefferminzöl. 327 Die Oele zeigten sich frei von Alkohol und fettem Oele und hatten einen feinen Geruch und Geschmack; die beiden letzteren waren farblos, das englische schwach gelblich. Zur weiteren Vergleichung destillirte ich aus einheimischer Mentha piperita das betreffende Oel. Die Reaktionen wurden mit homogenen, je gleichen Oel- und Chloralhydratmengen angestellt. — Ich muss nach dem Ergebnisse dieser Versuche meine frühere Behauptung in Bezug auf das französische Oel, das damals untersucht war, aufrecht erhalten. Dasselbe förbt sich, auf einem TJhrglase oder in einem Reagircylinder mit C^H^Cl^O^ zusammengebracht, alsbald röthlich, indem zunächst die Chloralhydratkry stalle einen röth- lichen Ton annehmen, wird allmählich dunkler und zuletzt, besonders beim Erwärmen, fast kirschbraun. Die anderen Oele zeigten ein verschiedenes Verhalten. Das deutsche Oel nahm nur eine hellbräunliche Farbe an (dieses diente also wahrscheinlich zum Versuche des Herrn Prof. Elückiger), während beim englischen Oele die Färbung sogar noch schwächer hervortrat. Das selbst dargestellte Oel zeigte sich mit dem als Ol. Menth, pip. germ. bezogenen Oele in seinen Reaktionen völlig identisch. Da nun, wie ich bereits früher a. a. 0. erwähnte, andere ätherische Oele sowol der sauer- stoffhaltigen als auch der sauerstofffreien Reihe die Reaktion mit Chloralhydrat nicht zeigen, so dürfte dieselbe immerhin als charakteristisches Merkmal für Ol. Menth, pip. dienen und andererseits auch das französische Oel von dem deutschen und englischen leicht unterscheiden lassen. Ich untersuchte ferner das Verhalten dieser 3 Pfefferminzölsorten zur Hager'schen Schwefelsäure- Weingeistprobe und (Hager's Comm. Pharm, german. Bd. II. S. 451) auch hiei'bei treten Unterschiede zu Tage. Verhalten der Mischung mit Ol Menth, pip., H^ SO* und O^H^OH: 328 C. Jehn, Löslichk. rl. Chloralhydrat«. — Shorting. Bi-ftnuth subnitrio. 1. Englisches, Die stark trübe Mi- schimgist hellbraun, ins Graue schielend, und giebt ein bräun- lich rothes Filtrat. 2. Deutsches. i 3. Französisches. DieMischungjjedoch , Nach dem Mischen nicht so stark, wie beiden andern Oelen ist trübe, etM^a hell- himbeerroth gefärbt. Filtrat hellhimbeer- roth. mit G^H^OH stark getrübt, braun ge- färbt, fast wie inH^O suspendirtes Fe*0^ Filtrat braun. Löslichkeit des Chloralliydrats. Von Demselben. Bei G^H^Cl^O^ giebt die Pharm, german. an, dass es leicht löslich sei in Aether, Weingeist, Benzin, Petroläther etc. Es wäre noch hinzuzufügen: in ätherischen und fetten Oelen. Im fetten Oelen, z.B. in Ol. olivar. oder in Ol. jecoris löst sich Chloralhydrat, besonders bei gelinder Erwärmung, sehr leicht auf. Da ich diese Eigenschaft noch nirgends erwähnt sah, erlaubte ich mir sie kurz mitzutheilen. Geseke, im Juli 1874. Bismuth. subiiitric. Von Apotheker S-fd^rting in Rhede. Bekanntlich kam vor einiger Zeit ein Bismuth. subnitr. in den Handel, welches Ammon enthielt, welche Verunreini- gung daher kam, dass viele Fabrikanten die saure Lösung, aus welcher Bismuth gefällt war, mit Ammon behandelten. Man hatte auf diese Weise sofort die ganze in Arbeit genom- mene Menge Bismuth verwerthet, und war der lästigen Ver- arbeitung der sauren Lösung auf Bismuth. überhoben. Da dieses so erhaltene Präparat der Verunreinigung mit Ammon wegen von den Apothekern retournirt wurde, wird jetzt von vielen Fabrikanten ein andrer Weg eingeschlagen. Ein Fabrikant theilte mir mit, dass er jetzt statt Ammon Xali nehmen würde. Das Binmuth. subnitricum wird dann, Shorting, Bismutli. subnitric. 329 wenn nicht zuvor die fremden Metalle auf die eine oder andere Weise entfernt sind, mit diesen z. B. mit Kupfer verunreinigt sein. Auch abgesehen von der einen oder andern Verunrei- nigung hat dieses so erhaltene Präparat eine andere Zusam- mensetzung, als das nach der Pharmakopoe bereitete. Erste- res ist ein weit basischeres Salz. 100 Thelle des nach der Pharmakopoe bereiteten Prä- parates hinterlassen nach dem Glühen im Porzellantiegel 78 bis 80 Oxyd, fabrikmässig dargestelltes weit mehr. Die Pharmakopoe hat diese Prüfung nicht angegeben, weil sie die Bereitung des Präparates von dem Apotheker selbst verlangt. Die geringe Ausbeute und die lästige Verarbeitung der sauren Lösung ist wohl Grund , dass viele Apotheker das Präparat von den Droguisten beziehen. In den ph arm aceu ti- schen Lehrbüchern ist angegeben, man solle die saure Lösung mit Natr. carb. fallen , den Niederschlag trocknen , mit Kohle gemengt im Tiegel reduciren und schmelzen. Diese Methode ist eine unangenehme, weil das Quantum des Niederschlags eine verhältnissmässig grosses ist, eine häufig mit Verlust verbundene, weil das Bismuthoxyd Neigung hat, den Tiegel zu durchbohren. Der . gewaschene Niederschlag direct in Salpetersäure gelöst und verarbeitet, giebt kein blendend weisses Präparat. Ich behandle die saure Lösung und das Abspülwasser mit metallischem Eisen in der Weise, dass ich während 4 bis 6 Wochen Eisenstäbe mit der Lösung in Berührung lasse. Das sogenannte Bandeisen, in dem die Baumwollballen ver- packt sind, eignet sich, gut gereinigt, dazu sehr gut. Nach Verlauf der angegebenen Zeit ist das Bismuih fast vollständig und metallisch gefällt. Das Metallpulver wird gesammelt, gewaschen, getrocknet, mit etwas Schwefel und Natr. carb. sicc. vermischt, (um das mitgefallte Arsen zu entfernen) im Tiegel niedergeschmolzen. 330 Shorting, Nachtrag. Nachtrag. Meine Notiz über Bismuth. subnitric. hatte ich bereits an die Redaction abgesandt, als ich die Arbeit des Herrn Heintz über den nemlichen Gegenstand im Augusthefte des Archives fand. In dem fabrikmässig dargestellten Bismuth. subnitric. fand ich nur geringe Quantitäten Ammoniak, so dass eine absichtliche Verunreinigung mit einem Ammoniaksalze nicht angenommen werden kann. Ich löste eine Quantität Bismuth in Salpetersäure auf, verdampfte bis auf drei Theile des angcM-andten Metalles, fällte die erhaltenen Krystalle nach Vorschrift mit kochendem "Wasser, trennte den Niederschlag von der Flüssigkeit, ver- setzte diese bis zur schwach alkalischen Beaction mit Ammoniak. Der entstandene Niederschlag wurde in zwei Theile getheilt, der eine Theil mit "Wasser sehr sorgfältig ausgewaschen, der andere Theil nur 'oberflächlich ausgewaschen. Proben von beiden Niederschlägen , also auch des sehr sorgfältig ausge- waschenen mit Liq. Kai. caust. im Beagircylinder erwärmt, bläuten ein darüber gehaltenes feuchtes rothes Lackmuspapier sehr stark. Hieraus schliesse ich, dass das käufliche Präparat, wel- ches eine Reaction auf Ammon giebt, auf die oben bezeich- nete Art gewonnen ist. Die gesammten Niederschläge, nemlich der aus den Kry- ßtallen mit Wasser erhaltene, so wie der mit Aramon erhal- tene, wurden bei circa 30 Grad getrocknet, dann vermischt. Zwei Gramm dieser Mischung hinterliessen im Tiegel geglüht 1,63 Bückstand. Noch bemerke ich, dass ich zur Ermittlung des Bück- standes, den ich in meiner ersten Notiz angab, das nach der Pharmakopoe bereitete bei circa dO^ getrocknete, staubig trockne Präparat nahm. Rhede, d. 6. Septbr. 1874. ShorÜBg, Siicc. liquirit. dep, — E. Scheitz, Untersuchung v. Ro^-wein. 331 Sncc. liquirit. dep. Von Demselben. Bei der Bereitung kleinerer Quantitäten Succ. liquirit. depur. , wo also die Anwendung eines Extractionsfasses aus- geschlossen ist, empfiehlt es sich, durch einen Heber die Lösung abzuziehen. Ich stelle den kürzeren Schenkel eines Hebers auf den Boden eines steinernen Topfes, lege eine recht dichte Lage Stroh darüber, dann eine I^age Succus und so weiter. Nach Verlauf einiger Tage wird der längere Heberschenkel angesogen, die Lösung läuft sonnenklar und vollständig ab. Schimmel , der sich wohl stets wenigstens in der wärmeren Jahreszeit auf der Oberfläche bildet, bleibt voll- ständig zurück. Die Lösung ist ohne Filtriren oder Koliren fertig zum Abrauchen. Ueber eine Untersuchung Ton Rothwein. Von Dr. E. Scheitz, Apotheker in Meerane. In einem Prozesse zwischen einem Gasthofsbesitzer und einem Weinhändler wurde ich zum ehem. Sachverständigen gewählt und mir ein Rothwein zur Untersuchung übergeben, welcher sich schon durch Farbe, Geruch und Geschmack als nichts Besonderes kennzeichnete. Die Untersuchung ergab denn auch einen Alkoholgehalt von nur 5,5 7o {^^^ guter Eothwein soll wenigstens 9 7o enthalten) , und auch die Prüfung auf Aechtheit des Farbstoffs ergab, dass derselbe nicht von Weinbeeren herrühre. Letztere Prüfung wurde nach einer, in den Berichten d. deutsch, ehem. Gesellschaft v. 1870 ent- haltenen, Methode von Cottini und Fantopini ausgeführt, indem 50 CO. des fragl. "Weines mit 6 CG. starker Salpetersäure auf 90 — 95" erwärmt wurden. Nach einigen Minuten entfärbte sich der Wein unter Annahme einer gelben Farbe, was bei einem erweislich echten franz. Rothwein nicht der Fall war. Hierbei machte ich aber noch eine Beobachtung, die mein Interesse erregte, nemlich nach einiger Zeit trat bei dem Ö32 E. Scheifz, Bildung von schweflijrfiauren Ammoniak. entfärbten Wein eine Bildung von Salpetrigsäure - Aether ein, während der rothgebliebene ächte Wein , auch nach längerm Stehen und wiederholtem Erwärmen diese Reaction nicht zeigte. Es war mir dies um so auffallender, als der betr. Wein bei Weitem weniger Alkohol enthielt, als der andere, und ist diese Bildung von Salpetrigsäure- Aether wohl auf Bildung von salpetriger Säure bei Einwirkung der Salpeter- säure auf die organ. Substanz und weitere Einwirkung der gebildeten salpetrigen Säure auf den Alkohol zurückzuführen. Der Beweis für diese Annahme möchte wohl dadurch geführt sein , dass ein Theil des gefälschten Rothweins , nach Zufü- gung von concentr. Salpetersäure und Erwärmen, wie oben angegeben , auf weitern Zusatz von wenig Harnstoff keine Bildung von Salpetrigsäure -Aether zeigte; die gebildete sal- petrige Säure in diesem Ealle also, anstatt auf den Alkohol auf den Harnstoff zersetzend einwirkte. lieber eine Bildung von schwefligsaurem Ammoniak. Von Dem selben. Vor längerer Zeit war Verf. in einer ehem. Fabrik thä- tig, welche u, A. auch die unbrauchbar gewordenen Lam- ming' sehen Massen aus Gasanstalten, zur Gewinnung von schwefelsaurem Ammoniak u. s. w. verarbeitete. Die Massen ent- hielten ausser schwefela. Ammoniak, noch namhafte Mengen von Rhodanammonium, Schwefel (durch CS^ ausziehbar) und wenig Ferrocyan; dieselben wurden nicht sofort, wenn sie von den betr. Gasanstalten geliefert wurden, verarbeitet, sondern lagen häufig längere Zeit im Freien. Bei dieser Gelegenheit wurde die Beobachtung gemacht, dass sich die Masse erhitzte und sogar in's Glühen gerieth; hierbei wurden weisse Dämpfe ausgestossen , welche bei Darüberhalten eines geräumigen Becherglases in demselben condensirt werden konnten. Das erhaltene Sublimat war weiss, krystallinisch, in Was- ser sehr leicht löslich; mit Natronlauge übergössen, entwickelte sich Ammoniak und auf Zusatz von Säuren schweflige Säure. Durch Titriren mit Jodlösung wurde der Gehalt an schwef- Sarrazin, Lupulin als Medicament. 333 liger Säure auf 52 % festgestellt, (reines schwefligsaur^s Am- moniak (^^^O, S02J erfordert 55% SO^). Beim Stehen des Salzes an der Luft bei gew. Tempera- tur, entwich SO^ und axich etwas H^N, so dass nach einigen Tagen die Verbindung nur noch 4:4"/(, SO^ enthielt. Ich glaube die Entstehung dieses schwefligsauren Ammoniaks aus dem Rhodanammonium durch Oxydation und "Wassoraufnahme erklären zu können nach folgender Grleichung: H^IS^ONS + 2 H^O + 30 = (Hei Flueggea nur eine Reihe kreisförmig vereinigter 344 E Scheer, Ueber die Knollen von Flupggea japonlca. Gcfässbündel exislirt, während das eigentliche Centrnm des ganzen Knollens wieder von parenchymatischem Gewebe, das Mark darstellend, ausgefüllt ist; die Zellen dieses letztern, ebenfalls inhaltslos, sind wesentlich kleiner als diejenigen der Mittelrinde , denn ihr Qiiermass beträgt zwischen 50 und 60 :&likroMM. Die Zellen des Holzkörpers sind ebenfalls frei von Amy- lum, aber auch von Oxalat und anderweitigen festen Ablage- rungen und heben sich von der Mittelrinde durch gelbliche Färbung deutlich ab. Es ist hier der Ort, nochmals auf das charakteristische Yerhältniss des Holzkernes zur Mittelrinde zurückzukommen. Der erwähnter Maassen sehr kleine Holz- körper wird nemlich durch die Kernscheide , die hier diese Bezeichnung in vollstem Sinne verdient, so scharf imd voll- kommen von der parenchymatischen breiten Rinde, dem Haupt- gewebe der Knolle, getrennt, dass er sich mit grösster Leich- tigkeit in seiner ganzen Länge mitten aus der Knolle heraus- ziehen lässt, wenn die Verbindung mit dem übrigen weichen Gewebe nur auf einige MMeter weit gelöst wird.*) Denkt man sich den übrig bleibenden Theil der halbweichen Knolle durch eine derartige Operation merklich zusammengedrückt, also in der Längsrichtung verkürzt, im Querdurchmesser ent- sprechend vergrössert, • so erhalten wir ein annäherndes Bild der Anfangs angeführten zweiten Drogue B, welche im offi- ciellen Catalog die Aufschi'ift Flueggea japonica trug. Die- selbe stellt nun unregelmässige, walzenförmige, stark quer- gerunzelte Stücke dar , die aus rein parenchymatischem Ge- w^ebe der Mittel- und Aussenrinde bestehen, im Centrum eine kaum bemerkbare cylindrische Lücke führen und bei oberflächlicher Betrachtung keineswegs eine Identität mit Drogue A vermuthen lassen. Ihre Grösse differirt ebenfalls merklich (8 — 10 MM. Länge; 4 — 5 MM. Dicke) und im Uebri- gen ist ihr Aussehen so eigenthümlich, dass man Ebensowohl *) Der dünne Holzkern der Flüggeawurzeln ist ebenso zähe als der- jenige der Ipecacuanha , von welchem die parenchymatische Rinde gleich- falls sehr leicht und vollständig zu trennen ist. E. Scheer, Ueber die Knollen von Flueggea japonica. 345 an ein halb eingetrocknetes zuckerhaltiges Mark, ja selbst an irgend ein durch Insektenstich verursachtes pathöl. Product erin- nert wird. Ohne Zweifel ist jene Entfernung des fadenförmi- gen zähen Heizkörpers als Zubereitung für den medicinischen Gebrauch anzusehen und würde demnach, wie bereits ange- deutet, Drogue A als die naturelle Waare, Drogue B als die mundirte Knolle gelten, wenn der Ausdruck: „mundatus" nicht nur für „Reinigung" von der Rinde, sondern umge- kehrt auch für Reinigung vom Holzkerne anwendbar ist. Fragen wir schliesslich, nach pharm akognostischer Orien- tirung über die Flueggea -Knollen, auch noch nach etwaigen hervorragenden chemischen Bestandtheilen, so ergiebt sich bei weiterer Untersuchung bald , dass die Drogue ihre in Ja- pan und China altbekannte Heilwirkung ganz besonders, wenn nicht ausschliesslich einem ziemlich reichlichen Gehalte an Zucker und Schleim verdankt. Dass die Knollen in ihrer Heimath eine ähnliche Anwendung finden dürften „wie in unserer Heilkunst etwa Salep oder Althaea, geht unter An- derm aus einer Notiz hervor, die sich in Endlichers treff- lichem Enchiridion botanicum bei Ophiopogon findet. Es heisst dort: „Ophiopogon. japon. (Riuno fige i. e. barba ser- pentina Japon.) tubera mucilaginosa, dulcia non rari apud Japones et Sinas in pectoris et abdominis passio- nibus usus." Der Zucker- und Gummigehalt gibt sich schon bei der Berührung der zerschnittenen Knollen durch eine klebrige Oberfläche der Schnitte zu erkennen und bedingt in Verbin- dung mit einem beträchtlichen Wassergehalt die weiche, fast knetbare Consistenz der Drogue B, deren Gewebe von einer ziemlich concentrirten Lösung von Zucker und Gummi wie durchdrungen scheint. Der Wassergehalt der mundirten Knol- len (B)*) beträgt, nach längerer Erwärmung auf 100" bestimmt 28 bis 30 "/q, nach dessen sehr langwieriger Austreibung die *) Alle noch folgenden Angaben beziehen sich auf Drogue B, die mit Ausnahme des fehlenden Holzkernes mit A physikalisch und chemisch identisoh ist. S46 E. Scheer, Ueber die Knollen von Flueggea japonica. Knollen hornartig und schwer zerbrechlich erscheinen. In wenig Wasser gelegt nehmen die lufttrocknen Knollen die sehr beträchtliche Menge von 120 Procent ihres eigenen Gewichtes an Wasser auf, was, auf Trockensubstanz bezogen, einen Wassergehalt von circa 68 7o entspricht. In diesem Zustande der Aufquellung zeigen die Knollen einen merk- lichen Widerstand gegen Druck und Bruch und besitzen ungefähr die Consistenz frischer Orchisknollen oder weisser Rüben, vielleicht auch die Consistenz der lebenden Flueggea- knoUen selbst. Das in den Flueggeaknollen, wie es scheint in variirender Menge, durchschnittlich zu .5 — 6 Procent enthaltene Gummi wird durch neutrales und basisches Bleiacetat, nahezu voll- ständig auch durch Alkohol gefällt und gehört demnach jener Gruppe von Kohlenhydraten an, welche zum unter- schied von Gummi im engern Sinne (dem sauren Kali- und Kalksalz der Arabinsäure) als diejenige der Plianzenschleim- oder Bassorin- Arten bezeichnet wird, so wenig passend auch, wie unlängst Flückiger nachwies, letzteres Synonym sein mag. Von etwas grösserem Interesse ist der den Schleim der Flueggea begleitende Zucker, der, durch Wasser und Alkohol sehr leicht ausziehbar, sich nicht in krystallinischem Zustande daraus darstellen lässt und als unkrystallisirbarer Fruchtzucker zu bezeichnen ist. Während jedoch der in Wurzeln, Stengeln und Früchten auftretende Zucker, wenn nicht Bohrzucker, entweder Invertzucker oder aber ein variirendes Gemenge von links- und rechtsdrehender Glucose*) zu sein pflegt, scheint der Zucker der Flueggea - Knollen ausnahmsweise lediglich aus Levulose (linksdrehenden Fruchtzucker) zu bestehen, insofern die aus der optischen Untersuchung gezogenen Schlüsse rich- tig sind. Wenn wir nemlich dem in den Knollen vermutheten linksdrehenden Zucker das nach der Litteratur **) der Levu- lose zukommende Rotationsvermögen gleichfalls vindiciren, so ergiebt die optische Prüfung des concentrirten Auszugs der *) Auch wohl von Levuluee und Rohrzucker. **) S. A, u. Th. Huaemann's Pflanzenstoffe bei Traubenzucker. E. Scheer, üeber die Kaollen von Flueggea japonica. 347 Knollen mittelst eines grösseren Wild'schen Polaristrobometers und nach Entfernung des Schleims durch Bleisalz einen Zucker- gehalt von 5,5 % (auf die lufttrocknen Knollen bezogen), welche Zahl sehr annähernd mit der chemischen Bestimmung der Zuckermenge zusammentrifi't. Es ergab diese 5,3% (^-Is Mittel dreier Bestimmungen), wobei selbstverständlich wiederum die Ausfällung des Gummis voranging, der übrigens in optischer Hinsicht nicht näher untersucht wurde. Bestünde nun die chemisch und optisch bestimmte Zuckermenge auch nur zu ^/g aus rechtsdrehendem Traubenzucker (Dextrose), — ein Ver- hältniss das bei manchem Eruchtzucker vorkommen dürfte, — so müsste, um dasselbe optische Resultat zu erzielen, das Botationsvermögen der gleichzeitig vorhandenen Levulose ungefähr das doppelte des allgemein angenommenen sein, während die bei der optischen Prüfung der Levulose consta- tirten grosseren Verschiedenheiten sich m. Wissens nicht sowohl auf Unterschiede in der Qualität, als vielmehr auf Differenzen in der Temperatur der Zuckerlösung beziehen. Immerhin bleibt ohne Zweifel die Möglichkeit bestehen, dass in gewissen Pflanzen neben Bohr- und Stärkezucker ein eminent linksdrehender Fruchtzucker existirt und soll daher die Ansicht, dass die Levulose in den Elueggeaknollen rein, resp. nur mit Pflanzenschleim gemengt vorkomme, unter allem Vorbehalt späterer Auffindung optisch verschiedener Levu- lose- Arten geäussert werden. Als Eigen thümlichkeit des Elueggea - Zuckers möge noch erwähnt werden, dass derselbe alkalische Kupferoxydlösung zwar sehr leicht und vollständig bei Erwärmung auf 70 — 80^, dagegen in der Kälte (10 — 15**) selbst bei mehrwöchentlichem Stehen im Dunkeln absolut nicht zu reduciren vermag, somit im chemischen Verhalten nicht nur vom Bohrzucker, sondern theilweise auch vom ächten B.echts - Traubenzucker differirt, mit dem sich nach einigen Angaben hinsichtlich der Trommer'schen Probe die Levulose durchaus übereinstimmend verhalten soll. Endlich sei noch bemerkt, dass der nicht rein süsse, sondern nebenbei sehr schwach bitterliche und adstringirende Geschmack zu einer Prüfung der Knollen auch, in anderer S18 E. Schcer, üeber die Knollen ron Flueggea japonica. Hinsicht veranlasste. Es gelang aber in keinerlei Weise, einen Gerbstoff" darin nachzuweisen und liess sich auch kein Bitterstoff oder glycosidartiger Körper daraus ausziehen; namentlich war ferner in angesäuerten wässrigen und alkohol. Auszügen mit den bekannten Reagentien keinerlei Andeutung eines Alkaloides zu erhalten. Auch Albuminstofle sind in den wässrigen Auszügen nicht enthalten und lassen sich auch in unlöslicher Form nicht mikroskopisch nachweisen.*) Die qua- litativ normale Asche beträgt l^s Pi'ocent und enthält, von anderen Aschen mancher monocot3-ledonischer Wurzeln (z. B. der Scitamineen) abweichend, kein Mangan.**) Sonach erweisen t^ich die Knollen der Flueggea japonica als eine pflanzen- anatomisch und chemisch sehr einfach zusammengesetzte Drogue, welche nicht destoweniger ihrer beiden, theilweise sonderbaren Formen halber, aber auch wegen ihres in China und Japan allgemein verbreiteten medicinischen Gebrauches zu den instructiveren Arzneistoff"en Japans gehört. Dass deren Verwerthung in der Heilkunde jener Länder nicht erst neueren Datums ist, beweist eine Angabe Kämpfers in seinem oben- erwähnten anno 1712 herausgegebenen Werke, wo die Beschrei- bung des „Biuno Fige" mit der Bemerkung endet: „Usus radicum in medicina familiaris est; tubera saccharo condita Sinenses aegrotis commendant." In ganz übereinstimmender Weise drückt sich 70 Jahre später auch Thunberg aus, aus dessen Flora (s. die Beschreibung von Convallaria japon.) sich zugleich mit einiger Sicherheit entnehmen lässt, dass auch die arzneilich gebrauchten Knollen von der wildwachsenden, nicht etwa von der cultivirten Pflanze gesammelt werden. Die Pflanze, von der Thunberg bemerkt: „ crescit juxta Nagasaki locis umbrosis inter frutices," führt erwähnter Maassen auch die Bezeichnung „Jamma fuje;" in der japanesischen Schulsprache bedeutet aber „Jamma" eine wildwachsende Waldpflanze. Schliesslich ist jene Bemerkung Kämpfers „tubera *) Auf Asparagin . das in der Familie der Sniilaceen zieml. reichlich verbreitet ist, wurde gleichfalls vergeblich gefahndet. **) S. Flückigers Gruudlagen^d. pharm. Waarenkunde. p. 96. E. Scheer, lieber die Kuollen von Flueggeä japonica. 349 saccharo condita," die sicli auch bei Thunberg- wiederfindet, insofern von Interesse, als sieh daraus mit grosser Wahr- scheinlichkeit ergie'bt, dass die Drogue B ohne den zähen Heizkörper speciell zum Einkochen in Zucker, also zu einer Art: „Confectio" bestimmt ist, in gleicherweise wie wir bei der weitern Verarbeitung von Steinfrüchten, Tamarinden u.s. w. die Steinkerne, Saamen und holzigen Fasern als ungeniess- bar entfernen. Würde diese Zeitschrift auch culturhistorischen Studien gewidmet sein, so Hesse sich noch die Frage erörtern, in wie weit der Umstand, dass Kämpfer, obwohl japanische Pflanzen auf Grund seiner Eeisen in Japan beschreibend, den- noch die medicinische Verwerthung der Flueggeä lediglich den Chinesen vindicirt , als weiterer Beweis für die vielfach nahe- gelegte frühere Suprematie der Chinesen, nicht nur in einzelnen Gebieten, sondern im geistigen Leben Ostasiens überhaupt, gelten kann. Jedenfalls ergiebt sich aus der weitern That- sache, dass auch Thunberg und Endlicher sowohl die Japa- nesen als Chinesen bezüglich der arzneilichen Benutzung ein- führen, sowie aus dem Vorkommen der Flueggeä japonica in den Ausstellungen der chinesischen Materia medica, endlich auch aus dem oben erwähnten chinesi.schen Einfluss auf die Bildung japanischer Pflanzennamen, dass die Japanesen nicht allein in diesem, sondern wohl in vielen andern Fällen die Erkenntniss und Einführung einheimischer Pflanzen als Arz- neimittel ihren Nachbarn in den chinesischen Küstenländern verdanken, wenn auch daneben eine Beihe japanischer und chinesischer Droguen in rein localer Bedeutung auf das eine oder andere Land beschränkt bleiben. Zürich, Juli 1874. Nachschrift. Erst nach Beendigung vorstehender Mittheilungen gelangte ich in den Besitz des interessanten und reichhaltigen kleinen Werkes von L. Soubeiran und Babry (La matiere medicale chez les Chinois, Paris 1874.) Es wird daselbst die Pflanze Ophiopogon japonicus" unter Beifügung folgender kurzer Notiz (pag. 114) angeführt: 350 Darstellung des Salpetersäureanhydrids. „Cette plante, qui croit dans diverses parties du Tchc- Kiang, founiit, a la raatiei'e medicale ses tubercules jaune- pales, translucides , rides, mous, flexibles, longs d'un poncc ä nn pouce et demi, pointus anx deiix extremites, traver- ses par un cordon central tres fin; ils ont une saveur douce aromatique et une odeur peu agreable ayant quelque chose de tei-ebenthine ; ils ne renferment pasdefecule. M. Smith dit, qiie leur action a quelque analogie avec Celle de la Scille; les Chinois les emploient comme toniques, pectoraux et rafraichissants ; ils sont preconises contre les affections bilieuses." Diese wahrscheinlich für möglichst frische Knollen gel- tenden Angaben lassen vermuthen, dass die ursprünglich Japan angehörende Pflanze vielleicht schon sehr frühzeitig nach China gelangte und dort jetzt ebenso sehr wie in Japan eingebürgert ist. Schliesslich sei noch bemerkt, dass auch Hanbury in einer vor einiger Zeit in den Pharmaceutical Journal and Transactions erschienenen Abhandlung über chinesische Arz- neimittel die riueggea japonica mit dem chinesischen Namen „ mih - mung - tung anführt. Zürich, August 1874. S. B. Monatsbericht. Darstellung des Salpetersäur eanliydrids. Berthelot beschreibt neuerdings ein verbessertes Ver- fahren zur Gewinnung dieses interessanten Körpers , welchen der Entdecker Saint - Ciaire - Deville durch Einwirkung von Chlor auf salpetersaures Silber, H. Weber aber auf die Art hergestellt hat, dass er Salpetersäurehydrat mit Phosphorsäure- anhydrid mischte, destillirte, die obere der zwei Schichten des Destillats in eine Kältemischung tauchte und die so erhalte- nen kry!en Zersetzung durch Ozon ind Kohlensäure der Luft zu unterliegen, ein gewisser Grad von Alkalinität aber das Jodkalium gegen diese Einwirkung zu schützen. Groves macht noch darauf aufmerksam, dass die am schönsten ausgebildeten Krystalle in alkalisch reagi- renden Laugen entstehen. Mit Bromkalium soll es eben so sein, wie auch, nach Kedwood, mit kohlensaurem Natroa, Die alkalische Beaction d. Jodkaliums. — lieber neue Schwefelsalzö. 357 •'fjlches am regelrnässigsten aus einer Lauge krystallisirt, die '.ras schwefelsaures ^N^atron enthält. (The Tharm. Journ. and Tramad. Third. Ser. Felr. 1H1L p. 6"6'.9.;. Tfp Die alkalische Reaction des Joclkaliums des Handels erwähnt Bland in der Pharmaceutical society of Great Britain mit dem Bemerken, dass es Schwierigkeit zu haben scheint, Ton völlig reinem Salz grosse Krystalle zu erhalten, Williams bestätigt, dass man aus reinen Lösun- gen nur schlechte, missgeformte Krjstalle erziele und dass es Eegel zn seio scheint: je unreiner die Lösung, um so schöner die Krystalle, Xach Angabe von Kimmington liefert Southall seit Jahren Jodkaüum. in Torzüglicher Krj'stallisation, das aber noch Prof. Bedwood immer alka- lische Beaction hatte. (Americ. Journ. of J*harmaoy . Vol. XL VI. 4 th. Ser. Vol. IV. 1874. p. 141.). R. Teher neue Schwefelsalze berichtet B. Schneider ferner (siehe dies Archiv Heft Y. 1874.; 1) Schwefelkalium - Schwefelindium K^S, Jn^S'^ ■wird erbal- ten durch Schmelzen von Indiumoxvd , reiner Pottasche und Schwefel (1:6: 6j. Beim Behandeln der erkalteten Schmelze mit H^O bleibt dasselbe in licht hyacinthrothen Krystallblätt- chen zurück. Mit einer Lösung von A^y(4^^ Übergossen, färbt sich die Verbindung sofort braun, alimählig fast schwarz, wobei aber die Kryställchen ihren Glanz und ihre Form unverändert bei- behalten. Es entsteht Silber - Indiumsulfid 2) Schwefelnatrium - Schwefelindium Xa^S, Jn^S^ erhält man, wie die erste Verbindung, wenn statt K^^Q^ l^&'^UQ^ genommen v,-ird. Aus der Lösung, die beim Behandeln der Schmelze rnit H^O entsteht, scheidet sich das Hydrat ab, welches beim Erhitzen das Wasser verliert und dann obiger Formel entspricht. Im Hydratzustande bildet es ein schmutzig weisses, ziemlich voluminöses Pulver, nach dem Entwässern 358 Zersetz, d. drsibasisch-phosphorB. Kalk. d. Wasser. — Rein. d. Ctlorgases. cohärente bräunliche Stückchen, die beim Drücken schwachen Glanz annehmen. {Journ. f. p-act. Chem. 9, 209. 1874.). C. J. Zersetzung des dreibasisch -phosphorsauren Kalkes durch Wasser. Einige Chemiker haben gefunden, dass das einbasische und zweibasische Kalkphosphat durch Kochen mit Wasser in saures und mehr basisches Salz zerfällt. E,ob. Warington fand, dass kochendes Wasser auch auf dreibasischen phosphor- sauren Kalk zersetzend wirkt, indem die Flüssigkeit eine saure E-eaction annimmt. Die frisch gefällte und gut ausge- waschene Verbindung, einigen Grammen im trocknen Zustande entspi-echend , wurde mehrmals nach einander mit einem Liter Wasser je zwei Stunden gekocht. Das Wasser ward dadurch sauer, und der Niederschlag enthielt schliesslich neben drei- basischem Phosphat noch Kalkhydrat, und zwar in dem Ver- hältniss von 3(3CaO + PO^) -{- CaO . HO, so dass man den- selben als Apatit ansehen kann, w^orin das Fluorcalcium oder Chlorcalcium durch Kalkhydrat vertreteji ist. Auch schon kaltes Wasser übt diese Wirkung aus, nur weit langsamer. (Journal of the Chem. Society. 2. Ser. Vol. XI. p. 983. Dingler's Polt/t. J. Bd. GCXI. p. 491.). Kr. Reinigung des Chlorgases. Bei den gewöhnlichen Methoden der Chlorgasbereitung wird dasselbe von Chlorwasserstoif begleitet, welcher sich dem Chlorgase schwer entziehen lässt. Nach Fr. Stolbe lässt sich dies jedoch leicht ermöglichen, wenn man zum Waschen des Chlorgases eine entsprechende Menge einer ziemlich con- centrirten Kupfervitriollösung anwendet, nebenbei einen zweck- mässigen Waschapparat gebraucht und das Chlorgas dann noch mit Wasser wäscht. Man lasse das Chlorgas langsam durchstreichen und bringe in die Flüssigkeit Bimsteinstücke, die mit der Lösung geschüttelt werden und dann meist oben auf schwimmen. Die Wirkung der Kupfervitriollösung beruhe auf der grossen Neigung des Chlorwasserstoifs , sich mit dem Kupfervitriol zu Chlorkupfer und SO^ umzusetzen, während Carbolsäure. — Verh. d. ameisens. Natr. etc. — Palladiumblech. 359 freies Chlor nicht auf das Salz einwirkt. Das Waschen mit HO soll etwa mit übergerissene Salztheilchen zurückhalten, welche das Chlorgas leichter als andere Grasarten mitnimmt. {Sitzungsber. d. K. h. Ges. d. W. u. Fharm. W. 12. Apoth- Zeit Nr. U. 1874.). C. Seh. Reagens auf Carbolsäiire. 0. Jacquemin (d, Z. Bd. 4. S. 548) giebt an, dass Car- bolsäure bei Gegenwart von Anilin und unterchlorigsaurem I^atron eine blaue Färbung gebe und schlug diese Eeaction zur Entdeckung der Carbolsäure vor, Meppen in Markol- dendorf schreibt, dass diese Färbung keineswegs von der Carbolsäure oder von der Gegenwart derselben bedingt werde, sondern einfach vom Anilin herrühre und somit nicht als Rea- gens auf Carbolsäure dienen könne. Rdt Yerhalteii des ameisensauren Natrons zu Platin- und Palladiumsalzen , Setzt man nach Prof. Dr. Böttger eine hinreichende Quantität ameisensaures !N'atron zu einer Chlorplatinlösung, so erfolgt selbst bei einer Temperatur von 100° C. keine Ee- duction; bei einer gleichen Behandlung von Chlorpalladium dagegen, und zwar schon bei gewöhnlicher mittlerer Tempe- ratur sehr langsam, bei 50° C. momentan die Ausscheidung metallischen Palladiums , in Form von Palladiumschwarz. {Jahresber. des phys. Ver. zu Frankfurt afM. 1872173, 11.). Kr. Aufbewahrung und Eigenschaften eines auf electro- lytischem Wege mit Wasserstoff übersättigten Palla- diumhleches. Bekanntlich machte im Jahre 1869 Graham die Ent- deckung, dass metallisches Palladium, wenn es in einer Vol- ta'schen Batterie als Kathode bei der Electrolyse schwach angesäuerten Wassers eine Zeitlang functionirt hatte, den an 360 Künsüiche Antimoukrystall«. ihm auftretenden H in grosser Menge absorbirte und verdich- teic. Raoult fand, dass bei gleicher Behandlung dem porö- sen Nickel dieselbe Eigenschaft zukommt. R. Böttger stellte in letzter Zeit Versuche über die Aufnahme von H durch Palladiurablech und andere Metalle an. Mit H gesät- tigtes Palladiumblech soweit erhitzt, dass aufgetropftes H^O ein starkes Zischen verursachte, reducirte nach 10 Minuten langem Liegen in einer verdünnten Ferridcyankaliumlösung diese noch theilweise ; erst nach längei-em Glühen bis zur R.othglühhitze wurde es seines H gänzlich beraubt. Das Pd reducirt für sich eine Lösung von K^¥e^Gy^^ oder ¥e2 (gO*)^ nicht, während As, Tl, Mg, Sb und Fe diese Eigenschaft mehr oder minder stark besitzen. Ausser Palla- dium und Nickel besitzt auch Kobaltblech und in einem ge- ringen Grade auch reines Zinn die Fähigkeit, bei der Elec- trolyse des H^O sich mit nascirendem H zu beladen. Indif- ferent zeigten sich Cd, Zn, AI, Cu, Jn, Pb, Ag, Hg, Bi, Au, U, Os, Pt, Cr und Si. Bezüglich der Aufbewahrung von mit H gesättigten Pd fand Böttger, dass es bei längerer Aufbewahrung in freier Luft allen H verliert. Bringt man dagegen ein mit H stark geladenes Pd blech in luftfreies destillirtes H^O, oder in abso- luten Alkohol oder Aether, so entwickelt es anfangs seinen im Ueberschuss aufgenommenen H; die Gasentwickelung lässt aber bald nach und hört nach ungefähr ^/^ Stunde ganz auf. So gegen Luft geschützt in einer dieser 3 Flüssigkeiten aufbewahrt, zeigte es nach 8 Tagen noch die Reductions- erscheinungen ; schnell getrocknet und mit Schiesswolle um- wickelt, kam es nach 1 — 2 Minuten zum Erglühen und flammenden Brennen. Ob diese Aufbewahrung solcher Palla- diumbleche sich für längere Zeit bewährt, wird der Verfasser demnächst untersuchen. {Journ. für prad. Ckem. 9, 193. 1874.). ______ ^' J- Künstliche Antünonkrystalle. Nach H. Laspeyres hatten sich dieselben zufällig in einer Schlackenmasse bei der Production von Hartblei gebil- det. Die Krystalle waren, wo sie noch nicht Anlauffarben erhalten hatten, zinnweiss mit dem lebhaftesten Metallglanze, bildeten Rhomboeder und waren bis auf geringe Spuren von Blei, Schwefel und Eisen mit etwas Mangan ganz reines .\ntimon. {Journ. f. pract. Chem. 9, 305. 1874.). C, J. ^ ,^. 'Kupfervitriolkrystalle. — Meteorois, v. Howard, — Kosmisch. Staub etc. 361 Optische Beohaditung an Kupfervitriolkrystallcn. Nimmt man einen grossen Kupfervitriolkrystall mit spie- gelnden Flächen und ein polirtes Platin- oder Stahlblech oder Stanniol und hält, am besten bei directeni Sonnenlichte, die beiden Objecto nahe von einander, der Art, dass die vom Kupfervitriole reflectirten Strahlen das Blech treffen, so er- scheint die betreffende Stelle von der Farbe des Kupfers. Man kann dieselbe Beobachtung auch an Lösungen von Ku- pfervitriol anstellen, und zwar am leichtesten an grösseren Quantitäten von Kupfervitriollösung in einer flachen Porcel- lanschale. Dass diese Wahrnehmung keine subjective ist, lehrt schon der Umstand, dass nur jene Stellen der betref- fenden Metallobjecte kupferroth erscheinen, welche von den reflectirten Strahlen getroffen worden, auch kann man den Versuch der Art anstellen, dass jeder Zweifel in dieser Be- ziehung gehoben wird. Diese neue Beobachtung verdient von Seiten der Ph5''siker auch auf die gefärbten Verbindungen anderer Schwermetalle ausgedehnt und studirt zu werden. {Sitzungsber. d. K Böhm. G. d. W. Ckem. Ctrh. 1814:, 129.). Kr. Meteoreisen Ton Howard. Im Jahre 1862 wurde in der Grafschaft Howard, In- diana, Verein. St. v. N. A. ein Meteoreisen gefunden von folgender Zusammensetzung: es enthielt 87,02 % Eisen, 12,29 7o I^ickel, 0,65% Kobalt, 0,02% Phosphor und Spu- ren von Kupfer. Das Gewicht des Meteoriten betrug 4 Kilog. Ein frischer Schliff zeigte vollständigen Metallglanz. Wenn man ihn mit Salpetersäure oder Bromwasser behandelte, so zeigten sich nicht die geringsten Spuren der Widmannstät- ten'schen Figuren, die für die meisten Meteoriten so charac- teristisch sind. (Ct. rend. 77, 1193. Chem. CentU. 1874:, 8.). Kr. TJelber kosmischen Staub, der mit atmosphärischen Niederschlägen auf die Erde herabfällt. Bei Untersuchung resp. Schmelzung einer grossen Menge Schnee fand A. E. Nordenskiöld einen russartigen Staub, §62 Vorkommen des Amygdalin's. der kleine Partikel metallischen Eisens enthielt. Von den eisernen Dcächern Stockholms konnte es nicht gut herrühren, da der Schnee gesammelt wurde, nachdem es bereits mehrere Tage stark geschneit hatte und also die Dächer bereits mit einer hohen Schneeschicht bedeckt waren. Während der Nordpolexpedition fand N. Gelegenheit, den Versuch zu wie- derholen unter Umständen, die den Staub entschieden als kosmischen Ursprungs bezeichnen, da der Schnee auf einer Eisfläche im Norden von Spitzbergen gesammelt wurde. Der Stoff enthielt ausser metallischem Eisen auch Phosphor, Kobalt und wahrscheinlich auch Nickel. Was sich nicht in Säuren löste , bestand aus feinem , ungefärbten Grus , unter welchem sich auch einige Fragmente von Diatomaceen unter- scheiden Hessen. {Pogg. Ann. 151, 15 i; daraus Journ. prad. Chem. 9, 356). C. J, Yorkoiiimeii des Amygdalin's. Das Amygdalin ist 1830 von Eobiquet und Bou- tron-Chalard in den bittern Mandeln entdeckt worden, später von Liebig und Wöhler genauer untersucht und als erstes Beispiel einer unter Bildung von Zucker zerfallenden Verbindung hingestellt. Nachdem so der Anfang gemacht worden war, folgten in zunehmender Beihe die Untersuchungen ähnlicher organischer, theils neu entdeckter, theils schon früher aufgefundener organischer Verbindungen. Das Amygdalin wurde nicht blos in den bittern Mandeln, sondern auch in andern Theilen der zu den Amygdaleea und deren nächsten Verwandten, den Drupaceen und Pomaceen gehörenden Pflan- zen als sehr verbreitet, nachgewiesen. Ja man gelangte sogar zu der Annahme, dass es auch in Pflanzen, die den Familien der Papilionaceen und Lineen angehören, enthalten sei. Bei Versuchen, das Amygdalin aus den Pflanzentheilen der Amygdaleen darzustellen , hat man dasselbe nicht immer krystallinisch aufgefunden, sondern aus den grünen Theilen eine amorphe Masse erhalten, die zwar dieselben Spaltungs- producte lieferte , aber dennoch in gewissen Eigenschaften von dem krystallinischen Körper abwich. Winkler führte für die Körper die Benennung „amorphes Amygdalin" ein. Neuer- dings hat Eduard Lehmann untersiicht, ob der Blausäure liefernde Bestandtheil der Kirschen-, Pflaumen-, Pfirsich- und Apfelkerne, der Faulbaumrinde und der Kirschlorbeerblätter identisch is^ mit dem Amygdalin der bittern Mandeln, oder Vorkommen des Amygdalin's. 36o wodurch er sich von denselben unterscheidet, Verfasser giebt zuerst eine Uebersicht über das Vorkommen des Amygdalins. Die ergiebigste Quelle zur Darstellung dieses Glycosids sind bis jetzt die bittern Mandeln, welche dasselbe, je nach der Darstellungsmethode, als wasserfreies, als vier- oder sechsfach gewässertes Pro- dukt liefern. Robiquet und Boutron-Chalard stellten über den Entstehungsort des Amygdalins in den Mandeln die Mei- nung auf, dass durch die Einwirkung kochenden Alkohols auf die Bestandtheile des ätherischen Bittermandelöls ein sehr flüchtiges Prinzip zerstört, und so das Amygdalin gebildet werde, ein Irrthum, welchen Liebig und Wöhler sehr bald auf- klärten und nachwiesen, dass die Fruchtkerne das Glycosid fertig gebildet enthielten. Das Amygdalin krystallisirt im zweigliedrigen System, ist färb- und geruchlos, schmeckt erst süss, dann bitter, reagirt neutral, wird durch längeres Erhitzen auf 120° C. vom Was- ser befreit, schmilzt bei 200° C. und erstarrt zur amorphen Masse, die bei erneutem Erhitzen bei 125° bis 130° C. schmilzt. Nach dem Trockenen zieht es 2 bis 3^2% Wasser an; es löst sich in 12 Theilen Wasser v. 8 — 12° C, in 904 Thei- len kalten und 11 Theilen kochendem Alkohol von 0,819 spec. Gew., in Aether ist es unlöslich. Das Molekularrotationsver- mögen des bei 45° C. über Kalk getrockneten Amygdalins beträgt 35,51° nach links. Beim Erhitzen schmilzt es zur wasserklaren Flüssigkeit, die sich dann bräunt, es verbrennt anfangs unter Caramelgeruch , später riecht es nach Weissdorn und thierisch brenzlichen Stoffen. Eine wässrige Lösung ent- färbt in der Wärme Kalihypermanganatlösung unter Abschei- dung von Mangan hyperoxydhydrat. Concentrirte Schwefel- säure löst das Amygdalin mit hellviolettrother Farbe. Beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure entweichen kleine Men- gen Bittei'mandelöl und Ameisensäure. Die Lösung in rauchen- der Salzsäure färbt sich beim Erwärmen gelb und braun und scheidet bei stärkerem Erhitzen schwarzbraune Humuskörper ab , im Filtrat hinterbleibt ein Gemenge von Huminsäure, Sal- miak und Mandelsäure. Durch Kochen mit verdünnter Salz- säure zerfällt das x\mygdalin, ohne sich zu färben, leicht in Bittermandelöl, Zucker und Blausäure, nebenbei auch in ein secundäres Product, die Ameisensäure. Beim Kochen mit Kali- oder ifatronlauge wird es unter Entwickelung von Ammoniak zerlegt, wobei sich als zweites Produkt Amyg- dalinsäure bildet. Ebenso wii*kt Kochen mit Barytwasser. In Berührung mit Emulsin, oder Mandelmilch, zerlegt sich das 364 Vorkommen des Amygdalin's. Amygdalin unter Bildung von Bittermandelöl, Blausäure und Eechtstraubenzucker, wobei auch andere Körper, vielleicht durch Zersetzung der ersteren, erzeugt werden. Auch Bier- hefe vermag zerlegend auf Amygdalin einzuwirken. Nach Piria kann das Amygdalin, als durch Vereinigung von 5 Atomgruppen gebildet betrachtet werden, bei deren Paa- rung sich 8 Atome Wasser ausscheiden. C40H27]sfO22 ^ 8H0 =Ci*H602-}-KH3 4- 2C12H12018 H. Schiff giebt die Constitutionsformel und trcägt so erstens der Spaltung in Glycose und Hydrocyan- Benzaldehyd, zweitens der Beziehung zwischen Amygdalin und Amygdalinsäure, drittens der Bildung der Mandelsäure Rechnung. Die Kirschkerne untersuchte Geiseler, welcher aus den- selben nur amorphes Arnj-^gdalin darstellen konnte. Dasselbe lieferte bei der Spaltung durch Emulsin dieselbe Menge Blau- säure, welche das krystallisirte Präparat liefert. Nebenbei erhielt er noch grünes, durch Aether ausgezogenes fettes Gel. Winkler fand später in den Kirschkernen auch das Emulsin und 0. Michelson bestätigte beide Eesultate. — Nach Geiseler enthalten die Pfirsichkerne 3% krystallinisches Amyg- dalin und ein mit Aether ausziehbares, grüngefärbtes, chloro- })hyllhaltiges fettes Oel, Die Pflaumenkerne enthalten nach Winkler neben krystallisirtem Amygdalin einen besonderen Bitterstotf, welcher zuerst syrupartig und später trocken wird. Das amorphe Amygdalin liefert aber nach ihm mit Mandel- emulsin kein blausäurehaltiges Destillat. lieber die sehr amygdalinreichen Samen der Aepfel bringt Gmelin eine kurze Notiz, in welcher er behauptet, dass gerade unter den Pomaceen Pyrus Malus kein blausäurehaltiges Destillat liefere, eine Behauptung, die von S. Henschen als irrig widerlegt wurde, doch ohne dass derselbe die Abschei- dung von Amygdalin versuchte. Vorkommen des Amygdalin's. 365 Eine grössere Beachtung haben die Faulbaumrinde und die Kirschlorbeerblätter erfahren, man konnte in denselben aber neben anderen unwesentlichen Pflanzentheilen nur amorphes Amygdalin auffinden. Winkler erklärte den Bitterstoff der Kirschlorbeerblätter für eine dem Amygdalm analoge, Blau- säure und benzoylwasserstoffhaltige Verbindung, welche erst durch Emulsin in Amygdalin übergeführt wird und sich dann zersetzt. Denk erhielt kein krystallinisches , wohl aber amorphes Amygdalin. Liebig & Wöhler , Simon , Lepäge ebenso. Simon bemerkte, dass beim Trocknen bei + 20° C. die Blätter Blausäure verlieren, welche letztere nach Winkler fertig in denselben gebildet ist. Das amorphe Amygdalin in der Faulbaumrinde hat Wicke nachgewiesen. Eiegel giebt die Ausbeute nach Simon's Methode zu 0,2% an. Heumann, Winkler, Bergmann fanden nur amorphes Amygdalin und Widtmann und Denk versuchten resultatlos nach Robiquet's Methode dasselbe krystallinisch darzustellen, auch 0. Michelson gewann blos ein amorphes Präparat. Wicke fand das wäss- rige Destillat der im December gesammelten Binde blausäure- reicher, als der im Frühjahr gesammelten. Heumann hin- gegen fand im März mehr, im Oktober weniger amorphes Amygdalin. Dass die Faulbaumrinde, ähnlich wie die Kirsch- lorbeerblätter, beim Trockenen Blausäure verliert, fand Simon. Darstellungsmethode, Handelt es sich darum, ein schön krystallisirtes Präparat zu erhalten und eine reichliche Ausbeute zu erzielen, so ist, die Methode nach Liebig und Wöhler vorzuziehen. Nach dieser Vorschrift sollen durch Auspressen entfettete bittere Mandeln zweimal mit 94 — 95 7o kochendem Alkohol extrahirt werden. In dieser Anwendung des starken Weingeistes liegt der haupt- sächliche Vortheil und die Zweckmässigkeit der Methode und es wird durch Alkohol von dieser Stärke der in den Frucht- kernen vorhandene Zucker, der, wenn er das Amygdalin verun- reinigt , schwer daraus zu entfernen ist , nicht nur in geringer Menge aufgenommen, sondern der Weingeist schützt auch vor der Zersetzung bei dem nachherieren, längere Zeit audauern- den Erhitzen der Amygdalinlösung, Ein weiterer Hauptvor- theil besteht in dem Fällen des Amygdalins aus seiner, vom fetten Oel gereinigten und durch Abdestilliren der Hälfte Weingeists concentrirten Lösung vermittelst Aether. Erstlich wird dadurch eine reichere Ausbeute bezweckt und zweitens etwa noch vorhandenes fettes Oel von den Krystallen getrennt. 366 Vorkommen des Amygdalin's. Schliesslich wird das Ani3'gdalin noch aus absolutem Alkohol umkrystallisirt und so eine Ausbeute von 2^/2% erhalten. Verfasser modificirte dieses Verfahren dahin, dass er die Samen erst vollständig mit Petroleumäther entfettete, die- selben dann trocknete, zuletzt nochmals verrieb und weiter die vorstehende Methode einschlug, wobei er sehr schön aus- gebildete Amygclalinkrystalle erhielt. Das amorphe Amygdalin nach Winkler wurde aus den Kirschlorbeerblättern folgendermassen dargestellt: Die zer- schnittenen Blätter wurden Imit Weingeist digerirt und dann ausgekocht; colirt, ausgepresst und der Weingeist abdestillirt. Dem Rückstande das Blattgrün durch Aether entzogen, und der Gerbstoff mit Bleinitrat ausgefällt. Das durch Natronsul- fat von Blei befreite Filtrat wird verdunstet und der Rück- stand mit absolutem Alkohol ausgekocht, wo nach den Ver- dampfen des Auszugs amorphes Amygdalin hiuterbleibt, das aber noch etwas Natronsalpeter enthält, welcher sich durch noch- maliges Lösen in absolutem Alkohol entfernen lässt. Verf. prüfte gleichzeitig die Darstellungsmethoden von Simon, welche sich als unzweckmässiger herausstellten. Es wird hiernach die alkoholische Tinktur der getrockneten Blätter mit Bleioxyd geschüttelt, und das bleifreie Filtrat zur Trockene verdampft. Die von 0. Michelson angegebene Methode zur Darstellung des amorphen Amygdalin's aus Faulbaumrii^de hat eigentlich vor dem letzterwähnten Verfahren keinen Vorzug, sondern wird durch den starken Aetherverbrauch weniger empfehlens- werth. Die Grundzüge der Methode bestehen in Extrahii-en der chlorophyllhaltigen und anderer in Aether löslichen Sub- stanzen der Rinde durch absoluten Aether, Auskochen der getrockneten Rinde mit 95% Weingeist, Fällen der Lösung mit Bleiacetat und Entfernen des Bleies durch HS. Das zur Trockene verdampfte Filtrat wird nochmals mit Aether von den fetten Körpern befreit und über SO^ unter der Luftpumpe getrocknet. Die Aufgabe, aus den grüngefärbten , chlorophyllhalfigen Pflanzentheilen ein so wenig als möglich verändertes und reines Amygdalin darzustellen, glaubt Verf. in der Weise zu lösen, dass er die Pfianzentheile mehrere Male mit absolutem Alkohol auskochte, um einen sehr weingeistigen, sehr zucker- armen Auszug zu erhalten. Den siedenden heissen filtrirten Abkochungen wurde durch frisch gefälltes Bleioxydhydrat der Gerbstoff entzogen und dabei auch das Chlorophyll abgeschie- den. Da es nicht gelang, nach dieser Methode krystallinisches Amygdalin zu erhalten, suchte Verf. den Beweis zu führen, Vorkommen des Amygdalin's. 36? dass nicht die Anwendung des Bleioxydhydrats daran Schuld ist, sondern von den chemischen physikalischen Constitutionen des Bitterstoffs abhängt, ob es amorph oder krystallinisch erhalten wird. Zu diesem Zwecke wurden zerstossene, bittere, entfettete Mandeln mit Alkohol ausgekocht, heiss filtrirt und das Filtrat mehrere Stunden mit Bleioxydhydrat gekocht, das Gemisch unter Umschiitteln 8 Tage digerirt, dann heiss filtrirt und die concentrirte weingeistige Lösung mit Aether versetzt, wodurch sich vollkommen reines, unverändertes, kry- stallinisches Amygdalin abschied. Im Gegensatz wurde der Versuch gemacht, nach Liebig und Wöhlers Methode aus grün- gefärbten Pflanzentheilen Amygdalin krystallinisch abzuscheiden, wobei jedoch nur ein amorphes sehr unreines Präparat erhal- ten wurde. L Amygdalin aus den Kirschen-, Pflaumen-, Pfir- sich- und Apfelkernen. Lehmann zerrieb die gut getrockneten Cotyledonen der Kirschkerne zu einem Mehle, behandelte dieselben nach seiner oben mitgetheilten Methode und erhielt krystal- linisches vollkommen farbloses Amygdalin, welches aus abso- lutem Alkohol umkrystallisirt einer Ausbeute von 0,82^Jq ent- sprach. Ebenso wurden die Cotyledonen der Pflaumen- kerne behandelt. Die daraus erhaltenen Amygdalinkrystalle wurden über SO^ getrocknet und gaben eine Ausbeute =0,967o' Apfelkerne zerkleinert, entfettet mit Alkohol aus- gekocht, geben eine grüngelbe Lösung. Der darin enthal- tene, den dicken Samenschalen entstammende Gerbstoff löste sich volkommen in Aether, so dass reine und farblose Amyg- dalinkrystalle erhalten wurden. Die Ausbeute war = 0,6%. Pfirsichkerne lieferten 2,357o krystallinisches Amygdalin. Es geht daraus hervor, dass die Angaben von Geiseler, Winkler und Michelson unrichtig sind. Jedenfalls ist ihr ent- gegengesetztes Resultat dem Umstände zuzuschreiben, dass sie zu schwachen Weingeist zum Extrahiren anwenden und in Eolge dessen ein zuckerhaltiges Präparat erhielten, welches aber nicht krystallisiren konnte, da Zucker die Krystallisations- fähigkeit des Amygdalins aufhebt. IL Amygdalin aus der Eaulbaumrinde und den Kirs chlor beerblättern. Die Rinde wurde von 3 — 4jährigen Aesten gesammelt und sowohl frisch als auch getrocknet nach der angegebenen modi- ficirten Simon'schen Methode auf Amygdalin verarbeitet, und 368 Vorkommen des Amy^dalin's. dabei die Erfahrung- g-emaclit, dass sich der Bitterstoff aus getrockneter Rinde viel leichter darstellen lässt. Dieses wird erklärlich, wenn man bedenkt, dass der aus trockener Rinde bereitete alkoholische Auszug, bei Abwesenheit grösserer Mengen Feuchtigkeit, nur sehr geringe Mengen des in der Rinde enthaltenen amorphen Zuckers aufnehmen kann und des- halb das durch Fällen mit Aether gewonnene Produkt nur noch einmal mit absolutem Alkohol ausgekocht zu werden braucht, um ein fast zuckerfreies Amygdalin zu liefern.. Die Ausbeute beträgt 0,7%. Die Angabe Heumanns, dass die Rinde im Frühjahr amygdalinreicher sei als im Herbste, bestätigte sich. Bei der Bearbeitung der Kirschlorbeerblätter wurde das Verfahren wie bei der Faiilbaumrinde innegehalten und stellte sich dabei heraus, dass der von den Auszügen abdestillirte Weingeist, ebenso wie bei der Fanlbaumrinde, stark roch und konnte im Destillat freie Blausäure nachgewiesen werden, weshalb die Ansicht Winkler's und Simon's, dass die Pflanzen- theile kleine Mengen fertig gebildete Blausäure abdunsten, begründet erscheint. III. Eigenschaften, Spaltung, Zersetzung und Zusammensetzung des aus den Fruchtkernen krystal- linisch dargestellten Amygdalins. Das aus den oben angegebenen Samen gewonnene Amyg- dalin krystallisirte aus absoluten Alkohol im warzenförmigen Gruppen, die aus concentrisch geordneten, perlglänzenden Schuppen bestanden. Unter der Lupe betrachtet, zeigten die- selben die, dem aus bittern Mandeln dargestellten Amygdalin entsprechende, Krystallform des zweigliedrigen Systems. Auch in dem anfangs faden, nachher bitterlichen Greschmacke und in der Geruchlosigkeit stimmte es vollkommen mit dem Mandel- amygdalin überein. Wasserleer schmilzt es bei 125'' C. zu einer amorphen hellgelben Masse. Bei stärkerem Erhitzen schmilzt es erst , dann bräunt sich die Flüssigkeit und ver- brennt zuletzt unter starkem Aufblähen der Masse und Ver- breiten eines Geruchs zuerst nach Caramel, dann nach ge- brannten Federn, ohne Rückstand. Kalihypermanganatlösung entfärbt es beim Erwärmen. Mit concentrirter Schwefelsäure Übergossen, löst es sich darin mit hellviolettrother Farbe, die nachher in Gelb übergeht, ohne Schwärzung auf Durch eine frisch bereitete Mandelemulsion wurde es schon in der Kälte, schneller noch beim Erwärmen auf 40^ C, in Blausäure, Bit- Vorkommen des Amygdaliu's. 369 termandelöl und Zucker zerlegt. Mit Barj^twasser gekocht, entwickelt sich Ammoniak uud ia der Flüssigkeit bleibt amyg- dalinsaurer Baryt. Die Zersetzung geht so vollständig von Statten, dass man das entwickelte Ammoniakgas zu"r quanti- tativen Bestimmung des Stickstoffs im Amygdalin benutzen kann. Die Elementaranalyse ergab lür 3 Amygdalinproben die Formel C^'^H^'i^O^a. IV. Eigenschaften, Zersetzung, Spaltung und Zu- sammensetzung des sogenannten amorph en Amyg- dalins aus der Rinde des Faulbaumes und der Ki r sc h lor beer blatte r. Das amorphe Amygdalin der Faulbaumrinde und das aus den Kirschlorbeerblättern gewonnene sind in ihren Eigenschaften und Zersetzungsproducten einander vollständig ähnlich. Durch Behandeln mit Thierkohle lässt sich dasselbe nicht vollständig entfärben. Bei gewöhnlicher Temperatur unter der Luftpumpe über concentrirter Schwefelsäure eingetrocknet, bildet es eine hellgelbliche, durchsichtige, glasglänzende, spröde, harzähnliche amorphe Masse, die bei 100 *' C. ihre Farbe in dunkelbraun umändert. In kochendem absoluten Alkohol gelöst und mit wasserfreiem Aether gefällt, scheidet es sich als weisse, flockige Masse aus, die mit dem Mikroskop betrachtet, sich als nicht krystallinische Körnchen erweist. Die Körnchen halten sich jedoch nur so lange, als sie von absolutem Alko- hol oder Glycerin eingehüllt werden; werden diese Körper entfernt , so . zerfliessen sie rasch zu einer gelblichen Masse, Dieser Eigenschaft ist es zuzuschreiben, dass das Präparat, selbst nach mehrmonatlichem Stehenlassen unter der Luft- pumpe, niemals wasserfrei, ja sogar nach längerem Erhitzen bis auf 110^ C. nur als sehr wasserarmes Präparat erhalten wird. Der Geschmack ist eigenthümlich , stark und rein bit- ter;, dem Salicin ähnlich. Es ist geruchlos, ist in Wasser in jedem Yerhältniss, in kaltem Alkohol etwas schwer, in kochen- dem leicht und in Aether gar nicht löslich. Linksdrehend. In nicht vollkommen farbloser Lösung wurde der Drehungs- winkel [«] w = 23,4 beobachtet. Obgleich nur in amorphem Zustande gewonnen, besitzt es doch die Eigenschaft, durch Pergamentpapier leichf zu diffundiren. Mit concentrirter Schwefelsäure übergössen löst es sich mit dunkelbraunvioletler Farbe, die nach einiger Zeit in bräunlich gelb übergeht. 4jr«b. d, Pljftin«. ir. H(l8. 4. Hft. 24 370 Vorkommen des Amygdalin's. Mit einer Emulsion von süssen Mandeln verrieben, tritt die Zersetzung und die Entwickelung von Blausäure und Bittermandelöl viel später ein, als wie dieses bei dem kry- stallinischen Amygdalin der Fall ist. Mit Barytwasser ge- kocht entwickelt es Ammoniak und es restirt amygdalin- saurer Baryt, welcher aber viel länger schmierig bleibt und nur schwer vollkommen auszutrocknen ist. Beim Erhitzen schmilzt es zuerst, dann bräunt und schwärzt es sich, bläht sich bedeutend auf, stösst einen starken Dampf aus, und ver- brennt zuletzt mit Geruch nach Caramel und einer stickstoff- haltigen Substanz. Für das sogenannte amorphe Amygdalin der Faulbaum- rinde ist die Formel C^OH^SNO'i, für das der Kirschlorbeerblätter C^OHe^IsOeo. Vergleicht man die Formeln des aus Faulbaumrinde und Kirsch lorbeerblättern erhaltenen amorphen Amygdalins mit derjenigen des krystallisirten, so fällt, wenn man von dem Wasserstoff abstrahirt, das eigenthümliche Verhältniss, in denen Kohlenstoff und Stickstoff zu einander stehen, sofort auf. In dem amorphen Amygdalin kommen 80 Kohlenstoff auf 1 Stick- stoff, bei dem krystallisirten 40 C. auf 1 N. Betrachtet man weiter die Resultate der Kochung mit Barytwasser, so findet sich ebenfalls blos eine halb so grosse Menge Stickstoff bei dem amorphen, als wie bei dem krystallisirten, wobei sich das amorphe Amygdalin spaltet in 1 Aeq. Ammoniak und 2 Aeq, amygdalinsaurcn Baryt; während sich das krystallisirte Amyg- dalin unter gleichen Verhältnissen spaltet in 1 Aeq. H^N und 1 Aeq. amygdalinsaurcn Baryt. Dieses Verhalten lässt sich nur so erklären, dass man annimmt, das sogenannte amorphe Amygdalin sei eine Ver- bindung aus einem Aeq. Amygdalin und einem Aeq. Amyg- dalinsäure, variirenden Mengen Wassers. Diese Thatsachen vereint , dass sich der Bitterstoff der Faulbaumrinde und der Kirschloibeerblätter so bedeutend von dem krystallinischen Amygdalin unterscheidet, lassen jetzt die Bezeichnung „amor- phes Amygdalin " unzweckmässig "erscheinen. Man könnte den leider nur amorph zu gewinnenden Körper „Laurocera- sin" nennen. Seiner Constitution nach darf er als interme- diär zwischen Amygdalin und Amygdalinsäure, wenn man will, als araygdalinsaures Amygdalin, gelten. {JBharm. Zeitschr. für Russl. Jahrg. XIIT, 1874. Nr. 2. pag. 33 u. Nr. 3. pag. 65). - C. Seh. Bereitung von Chinamln. — Bildung des Oxymorphins etc. 371 Bereitung Ton Chiiiamiii. Zur Darstellung dieses von 0. Hesse im Anfang des Jahres 1872 entdeckten Körpers empfiehlt de Vrij, gepul- verte rothe Chinarinde von british Sikkini durch Depiacirung mit verdünnter Salzsäure auszuziehen , den Auszug mit Na- tronhydrat zu fällen, aus den in neutrales Sulfat verwandel- ten Alkaloiden das Chinin und Cinchonidin durch Fällen mit Seignettesalz zu entfernen und dem Eiltrat durch Schütteln mit Katronhydrat und Aether das Chinamin nebst einem amorphen Alkaloide zu entziehen. Die nach 24stündif^em Stehen abgeschiedene ätherische Lösung wird der Destillation unterworfen, der Rückstand in Essigsäure gelöst, das amorphe Alkalo'id mit Khodankalium als dunkelgelber Niederschlag ausgefällt, am andern Tage abfiltrirt und das Chinamin durch Versetzen des Filtrats mit Natronhydrat bis zur alkalischen Reaction als schneeweisses Palv-er niedergeschlagen, welches auf einem Filter gesammelt, gewaschen und getrocknet wird. Durch ümkrystallisiren aus schwachen Alkohol wird es in schönen Krystallen erhalten. Die Ausbeute beträgt 0,38 %, während 0. Hesse meist nur Spuren , selten 0,1 ''/q und nur einmal 0,3 % erhielt. De Vrij glaubt annehmen zu dürfen, dass das Chinamin nur in der Rinde von Cinchona succirubra , welche in british Sikkim wächst, vorkommt, da es ihm nicht gelungen ist, das- selbe aus anderen rothen Chinarinden .abzuscheiden. (JSIieuw Tijdsch-ift voor de Pharmacie in Nederland ^ Februar 1874.). Dr. F. B. üeber die Bildung des Oxymorphins bei Torsielitiger Oxydation des Mori)liins. Dr. G. N a d 1 e r , welcher sich schon längere Zeit mit dem Studium dieser Körper beschäftigt, hat jetzt die Wirkung des Kalih3'permanganats auf Morphium in's Bereich seiner Untersuchungen gezogen. Nachdem er gefunden hatte, dass Chamäleonlösung in einer Morphiumlösung eine weisse Trü- bung verursachte, löste er 2,0 g. schwefelsaures Morphium in 100 CC. Wasser und Hess aus einer Bürette mit Grlas- hahn äusserst langsam und vorsichtig eine Lösung von über- mangansaurem Kali unter stetem Umrühren zutröpfeln. Das Titer der Chamäleonlösung war 30 CC. auf 10 CC. Normal - Oxalsäure. 24* 372 Bildung des Oxymorpliins etc. An dem augenblicklichen Verschwinden der violetten Farbe Hess sich die energische Oxydation erkennen; die Flüssigkeit färbte sich ohne Fällung auf die ersten Tropfen gelblich. Mit 4 CC. Chamäleon beginnt die Trübung, mit 6 CC. ist dieselbe schon sehr stark. Die Fällung ist weiss, das Filtrat gelb. Auf Zusatz weiterer 7 CC. trübt sich die Flüssigkeit wieder stark ; der Niederschlag ist weiss. Das Filtrat giebt auf Zusatz von noch 15 CC. wieder eine Fäl- lung; diese ist braun, das Filtrat dunkelgelb. Auf fernem Zusatz von 23 CC. giebt es wieder eine braune Fällung und die Flüssigkeit schäumt. Die nähere Untersuchung der ersten und zweiten Fällung ergab , dass hier das reinste Oxymorphin vorlag, ebenso unzweifelhaft konnte O.xymorphin aus den braunen Fällungen isolirt werden. — Merkwürdig ist die Erscheinung, dass sich bei den ersten Filtrationen das Papier blau färbte. Durch diese Versuche ist nachgewiesen, dass eine Cha- mäleonlösung eine kalte verdünnte Lösung vonMorphinmsulfat in Oxymorphin überführt, dass das Oxymorphin , bei Gegenwart von Morphium von Chamaeleonlösung kaum angegriffen wird und ist es im hohen Grade wahrscheinlich, dass neben dem Oxymorphin bei Einwirkung von sauerstoffabgebenden Stoffen auf Morphium noch ein anderer Körper auftritt , sei es als Zwischenoxydations - oder als Spaltungsproduct des Mor- phiums. Im übermangansauren Kali haben wii* einen Körper, um jede beliebige Menge von Sauerstoff auf Morphium ein- wirken zu lassen, — Bildet sich bei der Oxydation des Mor- phins nur Oxymorphin, so dürfen bei einer glatt verlaufenden üeacdon nur 2 At. übermangansaures Kali und 3 At. Mor- phium gebraucht werden, 1) Oxydation in neutraler Lösung. Nachdem das Morphiumsalz wie oben gelöst war, wurde möglichst langsam unter fortwährendem Schütteln Chamäleon zugefügt. Schliesslich wurde der Niederschlag auf einem Fil- ter gesammelt und das Oxj'morphin auf bekannte Weise isolirt. Das braungefarbtc Filtrat gab auf weiteren Zusatz von Chamäleon abermals eine Oxymorphin haltende Fällung. 2) Oxydation in alkalischer Lösung. Morphinsulfat wurde in Wasser gelöst und die Lösung piit Natriumbicarbonat zersetzt. Nach der Oxydation mit Bildung des Oxymorphins etc. 373 Chamäleon wurde der Niederschlag noch eine Stunde gesam- melt und gewaschen. Das braungelb gefärbte Piltrat giebt auf weiteren Zusatz von Chamäleon eine braune, wenig Oxy- morphin haltende Fällung. Die alkalische Lösung der ersten Fällung ist goldgelb und giebt bei Neiitralisation mit verdünn- ter HCl das Oxymorphin als weissen Niederschlag. 3) Oxydation in saurer Lösung. Eine mit Schwefelsäure oder Essigsäure versetzte Lösung von Morphinsulfat giebt auf Zusatz von Chamäleon ebenfalls Oxymorphin, der Verlauf scheint aber ein weniger glatter zu sein, als in alkalischer Lösung. Es ist somit erwiesen, dass Chamäleon Morphin in neu- traler, alkalischer und saurer Lösung in Oxymorphin über- führt. Bei allen drei Pteactionen sind die Filtrate der Oxy- dationsniederschläge hraungelb gefärbt. Am glattesten ist der Yerlauf der Oxymorphinbilduug, wenn eine mit Natriumbi- carbonat versetzte Lösung mit der nöthigen Menge Chamäleon versetzt wird. Beinahe die ganze Menge von Oxymorphin findet sich im Niederschlage, Ein Gran Morphiumsulfat liefert 0,4 g. bei 100® getrocknetes Oxymorphin, Nach der Theorie müssten freilich 0,84 erhalten werden, — Das Oxymorphin ist entweder ein Additionsproduct von Morphium und Sauerstoff nach folgender Formel: ^i7Hi9Na3 + O = 0"Hi9N0^ oder ein Spaltungsproduct des Morphins. — Hierfür ist fol- gende Zersetzung denkbar: 2(Ci7Hi9N03) -\-Q = H20 -f C17H19NO* -\- Gi^H^^NO^. Morphin, Oxjrmorphin. Apomorphin. Für eine solche Zersetzungsweise sprechen erstens das Auftreten gelber Zersetzungsproducte bei ganz unvollständiger Oxydation, zweitens die Färbung der Filter beim Sammeln des Oxymorphins, Die grünblaue Färbung konnte ganz gut dem Apomorphin ihr Entstehen verdanken, das bekanntlich die Eigenschaft hat, an der Luft durch Sauerstoffaufnahme rasch grün zu werden und sich dann in Chloroform mit blau- violetter Farbe aufzulösen, drittens die geringe Ausbeute der berechneten Oxymorphins, Wird eine Sulfomorphid, respect. Apomorphin haltende Lösung mit H^N übersättigt, so färbt sich die Basis rasch röthlich braun, Chloroform löst dann das veränderte Alkaloid mit schön rosenrother Farbe. Ist nur eine Oxymorphinbildung 374 Fabr. alkal.-erd. Permanganat. — Bequem. Pulver v. chlors. Alkalien etc. von einer xYpomorphinbildung begleitet , so muss eine unvoll- ständig oxydirte Lösung von JMorjihin auf Zusatz von H^N und Schütteln mit Chloroform letzteres roth bis violettblau färben, je nach der Apomorphinmenge, die in Lösung blieb. Um das Apomorphin isolirt darzustellen wurden 3 Ver- suche gemacht; eine unvollständige Oxydation in einer neu- tralen, einer alkalischen und in einer sauren Lösung. — Alle drei Lösungen geben die Ammon - Chloroform Reac- tion. — {ßchiveiz. Wochmschr. f. Pharm. XII. Jahrg. pag. 38.). C. Seh. Fal)rication alkaliscli - erdiger Permaiiganate. Bei diesem, von Tessie du Mothay angegebenen, Verfahren handelt es sich besonders um Ersparung von Na- tron oder Kali. Zunächst wird mangansaurer Baryt darge- stellt, entweder durch Präcipitiren wässeriger Lösungen des mangansauren Natrons oder Kali's mit Aetzbaryt, wobei er- sterer unlöslich herausfällt, oder auch direct durch Behandeln von Braunstein mit Barythydrat in dunkler R,othgluth bei Gegenwart eines Luftstroraes. Zur Ueberführung des man- gansauren Barytes in überraangansauern kann man entweder einen Strom Kohlensäure oder Schwefelsäure anwenden ; es entsteht schwefelsaurer Baryt und Uebermangansäure, welche an Kalk oder Magnesia gebunden werden kann. (Bulletin de la Sog. chim. de Paris 4. XXI, 4:6 . Dinqlers Polyt. Journ. Bd. CGXI p. 402.). " Kr. Bequemes PulYern Ton Chlorsäuren Alkalien und alka- lischen Erden. A. Gawalowski schlägt vor, das betreffende Salz bis zur totalen Sättigung in heissem Wasser zu lösen. Taucht man dann eine Glasscheibe hinein , so überzieht sich dieselbe sofort mit einem zarten Salzmehl , das sich leicht abstreifen lässt. Ohne die geringste Gefahr für den Arbeitendon kön- nen so in kurzer Zeit ziemliche Mengen des betreffenden chlorsauren Salzes als Mehlpulver erhalten werden. (Journ. prad. Chem. .9, 240. 1874.). C. J. Zinkweiss. — Löth. d. Aluminiums. — Unters, d. Runkelrübe. 375 Al't gewordenes Zinkweiss zu verbessern. Durch ein einfaches Mittel gelang es A. S p e i d e 1 einen wesentlichen Fehler des alt gewordenen Zinkweisses zu besei- tigen. Körnig- sandig gewordenes Zinkweiss erhält durch einfaches Ausglühen in einem thönernen oder hessischen Tiegel seine guten Eigenschaften wieder. {Gewerhebl. a. Würtemberg 1873, Nr. 38. Chem. CentralU. 187^, 80.). Kr. Löthen des Aluminiums. Das Metall wird nach B a b 1 o n galvanisch mit einer dünnen Schicht Kupfer bedeckt, welche dann als Befestigungs- punkt für das Löthkorn dient. Einer starken Ziehkraft dürfte diese Verbindung wohl nicht widerstehen, weil das galva- nische Kupfer dem Aluminium nur schwach adhärirt , wenn jedoch die Stücke nur Druckkräfte oder Querziehungen zu bestehen haben, so leistet das Verfahren gute Dienste. {Bull. SOG. chim. Par. 20, 317. Chem. CentralU. 1874. p. 76.). Kr. Untersuchung der Runkelrübe auf Traubenzucker. Neben Rohrzucker, ProteinstofFen und Salzen enthält die Zuckerrübe nach G. Krause auch Traubenzucker. Der Ge- halt daran ist verschieden, beträgt in der normalen Bube ungefähr 0,1 ^j^, kann sich aber bei Rüben, welche den Winter hindurch in der Erde aufbewahrt werden im nächsten Früh- jahr bis zu 0,3 je bis 0,4 7o steigern , wozu namentlich eine ungünstige nasse Witterung viel beiträgt. — Die quantitative Untersuchung der Rüben auf Traubenzucker geschieht zweck- mässig folgendermassen : 100 CC. frisch ausgepresster Rü- bensaft werden mit 10 CC. Bleiessig (von spec. Gew. 1, 30) durch starkes Schütteln geklärt, filtrirt, das Filter gut nach- gewaschen, in den vereinigten Filtraten das überschüssige Blei durch Kohlensäure gefällt und ein Ueberschuss von letz- terer vermieden, um jede noch so schwache Ansäurung von dem Safte fern zu halten. Die vom Bleicarbonat getrennte Flüssigkeit wird mit so viel Natriumbicarbonat versetzt, bis sie deutlich alkalisch reagirt. Ohne auf einen etwa entstan- denen compacten Niederschlag zu achten, wird bis zum Kochen 376 Entzündung d. Leuchtgases. — Ermittcl. d. Paraif. in Stearinkerz. erhiut und 15 Minuten lang auf dem Siedepunkte erhalten. Es entsteht ein fein vei-theilter flockiger Niederschlag, durch Coagulatiou des Eiweisses bedingt. Nach Verlauf dieser Zeit wird abfiltrirt, die Flüssigkeit bis auf 90 — 100° C. erhitzt und mit Fehling'scher Lösung im TJeberschuss versetzt. Nach Digestion im Wasserbade während einer Stunde lässt man den Niederschlag absetzen, wäscht mehrere Male mittelst heissen Wassers nach, filtrirt ab, trocknet und verwandelt durch einfaches Glühen bei Luftzutritt den Niederschlag von Cu^O in CuO. Dieses wägt man und erfährt nun den Ge- halt an Traubenzucker, wenn man das Gewicht des CuO mit dem Factor 0,4534 multiphcirt, in Gewichtsprocenten. — Bei der ganzen Operation hat man hauptsächlich darauf zu achten, möghchst rasch zu arbeiten und den Saft bald alkalisch zu erhalten. (Schweiz. Wochenschr. für Fharmac. XII. Jahrg. pag. 17). C. Seh. Auffallende Eiitziinduiigsweise des Leuchtgases. . Nach Prof. Böttger lässt sich das Steinkohlenleuchtgas auf ganz ungewöhnliche Weise momentan entzünden. Lässt man aus einer in eine feine Oeffnung ausmündenden Glas- röhre auf einige Gramme staubtrockenes feingepulvertes über- mangansaures Kali, welches man vorher mit etwas concen- trirter Schwefelsäure angefeuchtet hat, Leuchtgas strömen, so sieht man das Gas mit Blitzesschnelle sich entzünden, {Jahresher. d. phys. Vereins zu Frankf. ajM. 1871172. Neues Repert. für Pharm. Bd. XXIII. pag. 121.). C. Seh. Ermittelung des Paraffins in Stearinkerzen. Donath giebt folgende Methode an: 6 g. der Substanz werden '/s Stunde mit 200 bis 300 CG. Pottaschenlauge (spec. Gew. 1,15) erhitzt, dann wird Chlorcalcium zugesetzt, um einen vollständigen Niederschlag zu erhalten. Wird Paraffin in grosser Menge vermuthet, so fügt man noch Soda hinzu, wodurch kohlensaurer Kalk entsteht und der Niederschlag mehr pulverig wird. Die mit dem Paraffin mechanisch ge- mengte Kalkseife wird auf dem Filter mit heissem Wasser gewaschen und bei 100" getrocknet. Der Rückstand wird Anwendung d. "Wasserglases in d. Industrie, ■ — Bücherschau. 377 dann gepulvert und in einem Deplacirungsapparat mit Cero- solin (Petroleumessenz) erschöpft. Die erhaltene Lösung wird verdunstet, und der bei 100^ getrocknete Eückstand als Pa- raffin gewogen. Vorher bekannte Mischungen ergaben nach dieser Methode noch correcte Eesultate bei 0,3 Proc. {Ghem. News. — Moniteur scientific. — American Journal of Thar- macy. Vol. XL VI. i th. Ser. Vol. IV. 187 i. pag. 33.). R. Weitere Anwendungen des Wasserglases in der Industrie. Seit einiger Zeit wird Wasserglas mit bestem Erfolge zur Darstellung von Kitten verwendet. Mit pulverisirter Kreide innig gemischt, giebt es einen binnen 6 — 8 Stunden vollständig erhärtenden Kitt. Mit pulverisirtem Schwefelanti- mon vermischt, bildet es eine dunkle Masse, welche Politur annimmt, und einen sehr schönen Metall glänz besitzt. Mischt man es mit feiner Eisenfeile, so erhält man eine grauschwarze ^asse von grosser Härte, Mit feinen Zinkspänen giebt es eine graue , sehr harte Masse von metallischem Glänze , die sich zum Zusammenkitten zerbrochener Zinkgüsse sehr gut eignet. (Journal of the Society of arts; Würtemherg. Gewer- hehlatt 1873, Nr. 52. Binglers Tolyt Journ. Bd. CCXL p. 77.). Kr. C. Büclierschau, Meine Jugendgeschichte. Selbstbiographie von Franz Arago. (Aus dem Smithsonian Eeport 1870, nach den TJebersetzungen der Werke Aragos vom Admiral Smyth, Eev. Powell und Prof. Grant, im Auszuge, von Dr. Fritz Eisner).*) Franz Arago wurde am 26. Febr. 1786 zu Estagel, (Provinz Rous- silon, im Departement der östlichen Pyrenäen) geboren. Sein Vater, Licentiat der Rechte, (Advocat) besass fruchtbare Aecker, "Weinberge und *) Wir geben diese interessante Mittbeilung aus dem Inhalte des umfassenden Report's als Anzeige desselben wieder. Bed. 378 Bücherschau. Olivenplantagen , deren Erträge ihn in Stand setzten , seine Familie zu unterhalten. Arago besuchte die Elementarschule in Estagel, lernte lesen und schreiben, und erhielt im Hause Privatunterricht in der Musik. Sein Geburtsort war fortwährend ein Rüstplatz "durchziehender Truppen, welche von Perpignan über die Pryrenäen, oder umgekehrt, marschirteu, und sein Vaterhaus fortwährendes Quartier von Officieren und Soldaten. Das Militairwesen erfüllte sein ganzes phautasiereiches Gemüth. Mehrmals schloss er sich Truppenabtheilungen heimlich an als kleiner Vagabond, und musste von den bekümmerten Eltern mit Aufwand von Scharfsinn, Mühen und Kosten meilenweit zurückgeholt werden. Einmal nahm er, sieben Jahr alt, einen Officier und fünf Mann gefangen. Das kam so. Er strolchte vor Sonnenaufgang über das Feld umher. Plötzlich kamen sechs Reiter angesprengt, die, als sie die, von den Republicanern, am Eingange des Dorfes aufgesteckte Fahne erblickten, rufen: „Somos perditos." Arago lief schleunigst in ein Haus, kam mit einer Lanze bewaifnet, wieder hervor, und legte sich in einen Hinterhalt an der Strassenecke. Als die Patrouille um die Ecke bog, versetzte er dem Anführer derselben einen, natürlich sehr schwachen Stich mit der Lanze, und rief jetzt die Einwohnerschaft zu Hülfe. Das Resultat der Aifaire ist oben gemeldet. — Sein Vater zog später nach Perpignan, wo- selbst er Münzdirector wurde. Ihm folgte die Familie. Franz wurde auf die dortige Stadtschule geschickt, beschäftigte sich aber privatim mit classischea und littcrarischen Studien. Bei einem gelegentlichen Spazier- gange sieht er einen sehr jungen Ingcnieurofficier , nähert sich ihm, und bittet ihn um Aufschluss , wie man es anzufangen habe , so früh, wie er, die Epaulettes zu erhalten. Der junge Ütficier , Mr. Cressac, sagt ihn^ dass er die polytechnische Schule zu absolviren habe , dass er aber , um zum Besuche dieser zugelassen zu werden, ein Examen über gewisse Gegenstände ablegen müsse, die er in dem Programm verzeichnet finden würde, welche diese Schule alljährlich der Departement- Administration zusende. Nachdem er sich das betreffende Programm zu verschaffen gewusst, und aus diesem genau ersehen, welche Anforderungen man an ihn zur Zulassung auf die polytechnische Schule stellen würde, liess er sich die Werke von Legendre, Lacroix und Garnier aus Paris kommen, und studirte aus diesen Mathematik. Die Schwierigkeiten, auf die er bei Benutzung dieser Bücher stiess, räumte ihm ein Sonderling, Namens Raygnal, aus dem Wege Dieser merkwürdige Mann gab seinen zahl- reichen Dienstleuten Befehle für den andern Tag, und studirte gleichzeitig analytische tind himmlische Mechanik, sowie Wasserbaukunst. Seinen Avahren Lehrer fand er aber in dem Umschlage von Garnier's „Algebra,'" der sich zufällig von dem Buche losgelöst hatte. Dieser Umschlag ent- hielt folgende Worte von d'Alembert an einen jimgen Mann, welcher sich bei ihm über die mannigfachen Schwierigkeiten beklagte, welche sich seinen Studien entgegenstellten, und lauteten: „Fahren Sie fort, fahren Sie fort, und das Verständniss wird von seihst kommen." Er beherzigte den Sinn dieser Worte, und studirte bis zu seinem sechszehnten Jaha-e die Dinge, welche er nöthig zu haben glaubte. Das Examen sollte eigentlich in Montpellier abgehal- ten werden. Der Examinator, Mr. Monge, war aber in Toulon krank gewor- den , und lud die Aspiranten nach Paris ein. Da Arago eine so weite Reise nicht unternehmen wollte wegen seines eigenen Unwohlseins, so ging er wieder nach Hause, studirte hier Eulers Einleitung in die Unendlichkeits- rechnung, Lagrange's Theorie der analytischen Functionen, Lösung von nume- rischen Gleichungen, Laplace's himmlische Meehanik u. a. m., und berei- tete sich jetzt definitiv für den Artilleriedienst vor. Die Frühstunden benutzte er zu seiner Ausbildung in der Musik, im Fechten und Tanzen, Büchersohau, 379 Endlich kam der Prüfungstermin, und er bestand das Examen mit Nr. 1, und wurde am Schlüsse desselben von dem Examinator, der ihn, seines kecken Auftretens wegen, scharf hergenommen hatte, öflfentlich gelobt und umarmt. Im Jahre 1803 wurde er in die polyti chnische Schule aufge- nommen. Da er seinen Mitschülern in vielen Gegenständen der Mathe- matik weit voraus war, so konnte er dem Studium der Chemie und der Physik, welche er bis dahin vernachlässigt hatte, besondere Aufmerksam- keit widmen. Sein lebhaftes Temperament und seine spitze Zunge er- schwerten ihm manches Examen. So fi"agt der Professor Legandre : Sie heissen Arago.' Da sind Sie kein Franzose? — , worauf Arago antwor- tet: Ich habe noch nie gehört, dass einem Nichtfranzosen der Besuch der polytechnischen Schule verstattet worden wäre. Legandre : Ich meine , der Name Arago könne kein französischer sein. , Arago : Ich meinerseits meine, dass der Name nichts zur Sache thut, und wiederhole, dass ich Franzose bin, wie fremd Ihnen der Name auch klingen mag. Nach kurzer Zeit beginnt ein ähnlicher Discurs. Legandre: Sie sind in einem der, kürzlich erst mit Frankreich ver- einigten Departements geboren.' Arago : Nein, mein Herr, ich bin geboren im Departement der östli- chen Pyrenäen am Fusse derselben. Legandre: Nun, weshalb sagten Sie das nicht vorher j jetzt ist ja Alles klar, Sie sind spanischen Ursprunges! Arago: Möglich; indess besitzt meine ganze Familie keine authenti- schen Documente über die Civilvcrhältnisse meiner Vorfahren. Jeder von ihnen war das Kind seiner Eltern, und ich, mein Herr, ich bin Fran- zose, und das muss Ihnen genug sein. Natürlich war der Examinator nicht sehr erbaut von solchen Ant- worten, und nahm ihn gehörig vor. Nachdem er denselben jedoch durch gute Antworten, welche allerdings mit Eedeusarten, wie „ o, das ist sehr leicht," oder „nichts einfacher als das" etc. begannen, versöhnt hatte, schloss das Examen mit der Erklärung von Legandre : Sie haben Ihre Zeit gut benutzt; fahren Sie so fort und wir werden gute Fronde werden. Arago schildert jetzt den damaligen Zustand der polytechnischen Schule, und giebt an, dass neben den grössten Capacitäten der Wissen- schaft auch völlig energie- und respectlose Lehrer fungirten , mit denen die Schüler allerlei Allotria trieben. So wurden z. B. complicirte mathe- matische Aufgaben mit einem richtigen Facit versehen, in die Ausführung aber so confuses Zeug, wie nur denkbar, hingeschrieben, und wenn dann der Lehrer, Mr. Hapenfrag, das Resultat las, und zu der ganzen Ausfüh- rung bemerkte „gut, gut, ausgezeichnet gut," so lachte nttürlich der ganze Hörsaal. Ein ander Mal fragte derselbe Lehrer einen Schüler (LebouUenger) : Sie haben doch schon den Mond gesehen ? LebouUenger : Nein, mein Herr, Hapenfrag: Wie, Sie sagen, Sie hätten noch nie den Mond gesehen? LebouUenger: Ja, mein Herr, ich kann es nur wiederholen. Der Professor, über diese unerwartete Antwort ausser sich, geht mit ihm zum üirector und spricht: „Sehen Sie, diis ist Mr LebouUenger, welcher be- hauptet, noch nie den Mond gesehen zu haben. Der Director spricht gelassen: Ja, was soll ich dabei thun? — Von dieser Seite also abge- wiesen, kehrt der Professor mit dem Schüler zurück, und, von unbeschreib- lichem Gelächter des ganzen Auditorium begleitet, geht es folgender- massen : 380 Büchcrschau. Hapenfrag; Sie bleiben also beharrlich dabei, noch nie den Mond gesehen zu haben? LebouUenger : Mein Herr, ich würde Sie betrögen, wenn ich sagen wollte, ich hätte noch nie davon sprechen gehört, aber gesehen habe ich ihn noch nie. Hapenfrag : Nun, dann gehen Sie wieder auf Ihren Platz. LebouUenger blieb Schüler, Hapenfrag blieb Professor, und ähnliche Scenen wiederholten sich noch oftmals. Arago wurde mit Beginn des zweiten Jahres Brigade - Chef, ein Rang, w^elchen wir in unseren Cadettenhäusern etwa mit dem Klassenältesten in Vergleich bringen könnten. Er lernte um diese Zeit Poisson kennen, mit dem er jeden Abend über Politik und Mathematik stundenlang con- versirte. Im Jahre 1804 wurde die Schule ein Raub politischer Leiden- schaften , and zwar durch einen Fehler der Regierung. Diese verlangte einmal die Unterzeichnung einer Adresse zu Gunsten der Entdeckung einer Verschwörung, in welche Moreau verwickelt war; sodann eine öfient- liche Kundgebung zu Gunsten der Einrichtung der Ehrenlegion. Zu gleicher Zeit geschah die Umwandlung des Consulates in das Kaiserthum. Unterschrift und Manifestation wurden verweigert, und das Kaiserthum wurde von vielen Schülern discutirt. Der Gouverneur machte Napoleon Anzeige , und dieser verlangte Eidesleistung von den Schülern, oder Schliessung der Schule. Bei der Vereidigung rufen die meisten anstatt „ich schwöre" — „hier." Ein gewisser Brossart verweigerte dem Kaiser den Eid des Gehor- sams ausdrücklich, und wurde sofort von der Schule verwiesen. Arago wurde um diese Zeit die Stelle des eben verstorbenen Mr. Mechain von Poisson angetragen, welcher von Laplace beauftragt gewesen war. den Meridian von Frankreich bis zur Insel Foi-mentera zu verlängern. Nach- dem er sich den Rücktritt in den Artilleriedienst vorbehalten hatte, nahm er diese Rolle an. Er arbeitete nun zwei Jahre im Observatorium in Paris unter directer Leitung von Laplace, bereitete nebenbei dessen Sohn zur Aufnahme in die polytechnische Schule vor , und begab sich 1806 in Begleitung von Biot und dem spanischen Commissar Rodriguez zunächst nach Ibiza, um die Arbeiten Mechain's wieder aufzunehmen. Er klagt hier über ungünstige Verhältnisse für wissenschaftliche Arbeiten und be- gab sich sodann nach Valencia, in dessen Umgegend weiter gearbeitet wurde. Von seinem Aufenthalt in Spanien erzählt er einige kleine Anec- doten. Eines Tages besuchte er Murviedro, das alte Sagunt. Er traf dort die Tochter eines in Valencia wohnenden Franzosen, und nahm von die- ser die Einladung zu einer kleinen Erfrischung in ihrer Wohnung an, zumal alle Hotels und Kaffe's überfüllt waren. Dem Wirth mochte der französische Besuch in dieser Zeit wohl unangenehm sein, und Arago wurde von der Dame gewarnt, bei der Heimkehr auf der Hut sein zu wollen. Arago kaufte sich ein Paar Pistolen, und theilte seinem Beglei- ter, einem zuverlässigen Maulthiertreiber , seine Besorgnisse mit. Dieser lacht, und zeigt auf seinen Esel. Nachdem sie in den Wald von Valen- cia gekommen sind, springen ein Paar Kerle aus dem Gesträuch, und Arago zieht seine Pistolen. Sein Begleiter stösst einen gellenden Schrei ans, und ruft ,,capitano." In demselben Augenblick bäumt der Esel des Begleiters hoch auf, und schlägt einen der Angreifer zu Boden; der Andre entweicht. Lachend spricht der Eseltreiber ,, meinen Sie nicht , mein Herr, dass mein Esel mehr werth ist, als Ihre Pistolen?" und sie reiten ungestört nach Hause. Bücheracliau* 381 Ein ander Mal sitzt er spät Abends mit seinem Diener in seinem Bureau zur Längenbestimmung. Es lag dieses nahe bei Cullera, zwischen den Flüssen Xuear und Albuf'^ra. Sie unterhalten sich über die Unsicher- heit im Gebii'ge , und über die Unvorsichtigkeit, sieh so exponirt zu ha- ben. Der Eegen floss in Strömen vom Himmel. Plötzlich klopfe es. Auf die Frage „wer ist da?" erfolgt die Antwort „ein Zollhaus Wächter, der um ein Unterkommen für die Kacht bittet." Nachdem geöffnet, tritt ein, bis an die Zähne bewaffneter, colossaler Mensch ein, grüsst, und legt sich schweigend in die Ecke. Am andern Morgen früh erscheinen zwei Personen am Abhänge der Berge. Diese waren der Alkade von Cullera mit einem Chef der Gensd'armene , welche Arago besuchen woll- ten,- „Mein Herr," spricht jetzt der Fremde, „nur die Dankbarkeit, welche ich Ihnen schuMe, kann mich abhalten, mich augenblicklich von mei- nem grössten und grausamsten Feinde zu befreien. Leben Sie wohl!" — und verschwindet , von Fels zu Fels , wie eine Gazelle springend. Arago erfuhr nun, dass er die Ehre gehabt hatte, den Chef aller Briganten- banden der ganzen Provinz beherbergt zu haben. Der freche Mensch wiederholte seinen Besuch, und Arago traf ein Abkommen mit ihm, dem- zufolge er in Zukunft bei blosser Nennung seines JN'aniens von jeder Bäu- berbande unbehelligt bleiben sollte. Eine andere Geschichte erzählt er von zwei Carthäuser Mönchen, die ihn, und zwar zuerst jeder einzeln, besucht hätten. Als sie jedoch zufäl- lig einmal zusammen gekommen sind, habe Einer dem Andern das Wort abgenommen, sich nicht zu verrathen, da der Bruch des Gelübdes, das Schweigen, wohl böse Folgen für sie gehabt haben würde. Der Eine von ihnen, ein im Gesicht von Säbelhieben stark entstellter Mann, sei ein politischer Agitator gewesen, der im Kloster Aufnahme gefunden habe; der Andre war gegen seinen Willen in's Kloster gesteckt worden. Sie erzählten allerlei religiöse Geschichten, und Biot drückte sein Missfallen aus. Er mochte das wohl in etwas scharfen Worten gethan haben, denn plötzlich lief der eine Mönch ohne Abschied fort , und kam , mit einer Flinte bewaänet, wieder zurück. Arago, von dem älteren Mönch auf die Absichten des jüngeren aufmerksam gemacht, ging ihm entgegen und sagte ihm, so eine Meinung zur Geltung bringen zu wollen, wäre Art der Briganten, aber nicht die eines Dieners der ßeligion. Beide Mönche verschwanden sodann. Er erzählte sodann vom Asylrecht der Geistlichkeit. Ein, in eine Kirche geflüchteter, ganz gemeiner Mörder und Strauchdieb sei von der Einwohnerschaft des Ortes jahrelang auf das Beste verpflegt worden, ohne dass die weltliche Gerechtigkeitspflege es hätte wagen dürfen, Hand an ihn zu legen. Während seines Aufenthaltes in Valencia existirte dort die Inquisi- tion noch. Im Jahre 1807 sah er auf Befehl der ehrwürdigen Väter eine angebliche Zauberin total nackend, rückwärts auf einen Esel gesetzt, durch die ganze Stadt treiben. Die Unglückliche hatte sich, um der Schaara einigermassen gerecht zu werden, über und über mit einer klebri- gen Substanz bestrichen und in Federn gewälzt, sodass sie aussah, wie ein Vogel mit Menachenkopf. Zur Ausführung ihrer geodätischen Operationen schien es ihnen an- gezeigt, sich an die Priester zu wenden, um durch diese die Mitwirkung der Landbewohner zu erreichen. Es begaben sich daher der französische Vice-Consul Lanusse, Biot und Arago zum Erzbischofe von Valencia, um ihm einen Besuch zu machen. Dieser machte einen sehr schmierigen Eindruck, sodass Lanusse und Biot sich nicht entschliessen konnten, ihm 382 Büoherschau. seine, ihnen gratiös hingehaltene Hand zu küssen. Der erzürnte Erz- bischof liess Arago das entgelten. Er fuhr ihm mit der geballten Faust derartig in's Gesicht , dass letzterer glaubte , er ift-oUte ihm die Zähne einschligen, und sich einen lauten Aufschrei nur verbiss, um nicht den ganzen Zweck ihres Besuches illusoriscli zu machen. Arago erzählt vorläufig von den Ergebnissen dieser Arbeiten nichts weiter. — Biot ging nach Paris, um einige neue Instrumente zu holen, während Arago nach Majorca ging, um Breite und Azimuth dort zu be- stimuien. Um dieselbe Zeit begann die politische Gährung in Spanien wegen der Einmischung Frankreichs in seine Verhältnisse. Arago hatte seine Station auf einem hoiien Berge , unweit des Hafens von Palma, er- richtet, und wurde, da man allabendlich Licht bei ihm sah, der Spiouage beschuldigt, und dass er der herannahenden französischen Flotte Zeichen gäbe. Der Verdacht mehrte sich , als eines Tages ein französischer Offi- cier ankam , welcher den in Mahon (auf Minorca) stationirten Truppen den Befehl überbrachte, sich schleunigst nach Toulon einzuschiffen. Die Volkswuth richtete sich gegen ihn , und er versuchte mit einem kleinen Fahrzeuge, welches die spanische Regierung ihm zur Disposition gestellt hatte , nach Barcelona , wo französische Besatzung stand , zu entkommen. Der Führer des Schiffes w.ir aber ein Schurke, und brachte ihn nach der Bcrgveste Belfer, woselbst er sich dem Gouverneur zur Verfügung stellte, und um seine Detention bat, um sich vor der Volkswuth zu schützen. Der Gouverneur Vivee war ein humaner Mann, der sich stundenlang mit Arago über die wohlthätigen Heilwirkungen des Wassers unterhielt, ihm auch durch den früher genannten Mr. Rodriguez Zeitungen und Journale aller Art zukommen liess. In einem Journale fand Arago eines Tages einen Artikel über die Hinrichtung des Sennor Arago und des Sennor Berthelemie. Letzterer sollte Hugenott gewesen sein , und die Religions- gebräuche vers[jottet haben, während ersterer sich zwar in Religionssachen decenter aufgeführt habe, sich aber hätte missbrauchen lassen, unter der Maske wissenschaftlicher Arbeiten als Spion der französischen Regierung zu dienen. Arago sagte sich, dass wenn man erführe, dass er trotzdem noch am Leben sei , sein letztes Stündlein doch wohl möchte geschlagen haben und bescliloss, zu entfliehen. Der Gouverneur ebnete ihm selbst den Weg. Rodriguez besorgte ihm und Barthelemie Fischerkleidung, und Mr. Damiau, der Besitzer eines Bootes , welcher auch übernommen hatte, die werthvollen Instrumente aus seiner Station in das Boot zu bringen, brachte Beide glücklich nach Algier. Sie landeten hier am 3. August 1808. Vom französischen Consul, Mr. Dubois Thainville, freundlichst aufgenommen, wurde ihnen von diesem selbst Gelegenheit verschafift, zehn Tage später mit einem nach Marseille gehenden Schiffe ihre Heimath zu erreichen. Sie wurJeu mit falsclien Pässen verschen, als deutsche Kauf- leute unter österreichischen Schutz gestellt. Die andern Passagiere waren eigenthümlicher Art. Ausser einigen Juden , wirklichen Kaufleuten und gestrandeten Schiffscapitänen , befanden sich zwei Löwen, und zahllose Affen an Bord , Geschenke des Day von Algier an den französischen Kaiser. Das Schiff wurde von einem spanischen Kreuzer in der Nähe von Palamos aufgebracht und des Blokadebruches der Küste beschuldigt, nach Rosas geschleppt. Die Besatzung musste in einer, am Wege nach Figueras belegenen Windmühle , Quarantaine abhalten , während die spanische Behörde das reich heladene Schiff, für dessen Eigenthümer sie Arago hielten, als gute Prise zu betrachten Lust hatten. Ein Examen, das mit ihm abgehalten ward , um seine Landsmannschaft festzustellen, ist sehr spasshaft. Da er die verschiedensten Sprachen und Dialecte fertig Eücherschau. SÖ3 spriclit, und lünter einander Sachverständige behaupten, er müsse gebor- uer Ivicaer, Majorcaer , Spanier, Franzose sein, bis er zuletzt selbst erklärt, er sei ein jüdischer Marionettenspieler, unter grossem Gelächter der Leidensgefährten und zum Aerger der inquirirenden Behörde. Sie wurden schliesslich in die Festung Eosas hineingeführt und bezogen hier die Kasematten, dann ein Beinhaus, vor welchem Landbewohner aus Cada- ques Wache halten mussten. Es ging ihnen sehr schlecht, und Arago verkaufte seine ühr, ein werthvolles Geschenk seines Vaters für 60 Franks, um sich und seinen Genossen den Hunger vom Leibe zu halten. Er knüpfte mit seinen Wächtern aus Cadaques ein Gespräch an, erfuhr ihre Wohnung, Lebensweise und Beschäftigung. Am andern Tage erzählte er der Ablösung , er sei als Eeisender auch einmal in Cadaques gewesen, und weiter, was er gestern erfahren hatte. Die biedern Provincaler hiel- ten ihn, der so gut bei ihnen Bescheid wusste, nicht mehr für einen Rei- senden, sondern für den Sohn ihres Apothekers, der vor mehreren Jahren nach Afrika gegangen und seitdem verschollen sei. Es erschien denn auch eine Dame, die sich trotz seiner Abwehr ihm als seine Schwester vor- stellte, ihn herzlich umarmte und abküsste, und veranlasste, dass ihm und Barthelemie täglich ein exquisites Essen zugeschickt wurde. Bald wurde die Gesellschaft nach Palamos abgeführt, woselbst Arago die Herzogin von Orleans, Mutter Ludwig Philipps kennen lernte. Nach allerlei Chicanen wurde ihnen plötzlich eröffnet, dass sie frei seien. Die plötzliche Befreiung war die Folge eines Briefes , welchen Arago an den Day von Algier geschrieben hatte, in welchem er über die unrechtmässige Beschlagnahme des Schiffes und den dadurch erfolgten Tod eines Laien Klage führt, auf Grund welcher Mittheilung der Day vom spanischen Consul eine ungeheure Entschädigungssumme und die sofortige Freigabe des Schiffes veranlasst hatte. Das Schiff sollte aber Marseille nicht erreichen. In der nächsten Nähe dieser Stadt erhob sich ein ungünstiger Wind und trieb das Schiff steuerlos umher. Arago lag in der Cajüte seekrank , und die Lootsen, welche glaubten, den Cours nach denBalcaren zu haben, fanden sich und ihr Schiff am 5 December in Bougie an der africanischeniKüste. Arago, begleitet von Barthelemie und dem Capitain des Schiffes , begaben sich zum Kadi und erfuhren hier, düss es bei der vorgeschrittenen Jahreszeit nicht möglieh sein würde, Algier zur See zu erreichen. Sie beschlossen daher, den Landweg dorthin anzutreten, erhielten jedoch hierzu die Erlaub- niss nicht, bevor sie folgenden Revers ausgestellt hatten. „Wir, die Unterzeichneten, bezeugen, dass der Kadi von Bougie uns abzureden suchte, eine Landto'ur nach Algier einzuschlagen, dass er uns versichert hat, wir würden unterwegs todt geschlagen werden, dass, trotzdem er sein Bedenken zwanzig Mal wiederholt hat , wir auf unser Vorhaben bestanden sind. Wir bitten, falls sich das Schlimmste mit uns ereignen sollte, die algierische Regierung, besonders unsern Consul, den Kadi für Nichts verantwortlich zu machen. Wir wiederholen nochmals die Reise gegen seinen Willen unternommen zu haben. Arago und Barthelemie." Nach mancherlei Abenteuern kamen sie am 25. December glücklich in Algier an, woselbst man ihrer Aussage, die Reise betreffend, keinen Glauben schenken wollte, dieselbe für eine Unmöglichkeit erklärend. Der Day war inzwischen eirthauptet worden, und ein neuer Day regierte. Dieser fing Streitigkeiten mit der französischen Regierung an, sodass sich der französische Consul genöthigt sah, das Land zu verlassen. Mit ihm und seiner Familie schiffte sich Barthelemie ein und erreichte nun endlich am 2. Juli 1809 Marseille, wo auf der kleinen Insel Pomegue Quarantine bezogen wurde. Die ersten Nachrichten an seine Freunde 384 Bücherschau. waren für diese Zeichen seiner Auferstehung, da man ihn allseitig todt geglaubt hatte. Der erste Brief, den er erhielt, war von A. v. Hum- boldt, der ilini seine Freundschaft für das Leben anbot. Naeh beendeter Qaarantaine besuchte er seine Eltern in Perpignan, und ging dann nach Paris , wo er von seinen Freunden mit otfenen Armen, empfangen und ihm ein Platz in der Acadömie des scienses angeboten wurde. Seine Wahl zum Mitgliede dieser Körperschaft ging nicht ohne Schwie- rigkeit von Statten , zumal sein alter Freund Laplace seinen Finfluss gegen ihn geltend machte mit der Behauptung , Arago sei noch zu jung für diese Ehre. Indessen wurde sein Bedenken durch die Bemühungen der Lagrange, Halle, Biot, JJelambre und Legendr e aus dem Weg ge- räumt, und Arago wurde am 18. September 1809, dreiuudzwanzig Jahre alt, mit 47 gegen 5 Stimmen, die auf Poisson fielen, zum Mitgliede der Aca- demie ge^Yählt. Es schliesst hiermit ein grosser Abschnitt eines vielbewegten, inhalts- reichen Lebens. Seine Leistungen in diesem bestanden in folgenden Ar- beiten : 1) In Verbindung mit Biot war eine ausführliche und sehr genaue Untersuchung über die Bestimmung der Coeöicienten der Tabellen der atmosphärischen Eefractiou gemacht worden. 2) Beide hatten auch gemeinschaftlich die Refraction verschiedener Uase gemessen, welche bis dahin noch nicht in Angriff genommen worden waren. 3) Eine genaue Bestimmung über das Verhältniss des Gewichtes der Luft zu den des Quecksilbers hatte ermöglicht, den Coefficienten der barome- trischen Formel zur Höhenbestimmuug einen directen Werth zu supponiren. 4) Arago hatte zwei volle Jahre hindurch zu den regelrecht und sehr tieissig angestellten Beobachtungen mit dem Durchgangsteleskop und dem Mauerquadranten am Pariser Observatorium beigetragen. 5) Mit Bouvard zusammen hatte er Untersuchungen angestellt zur Prüfung der Gesetze über die Schwankungen des Mondes. 6) Er hatte Planeten beobachtet und ihre Bahn berechnet. 7) Er hatte , im Verein mit Bouvard , nach Laplace's Formeln die Richtigkeit der Refractionstabellen geprüft , welche von dem Bureau für Gradni essung in dem Recueil des tables und der Connaissance des temps veröffentlicht worden waren. Untersuchungen über die Schnelligkeit des Lichtes hatten gezeigt, dass dieselben Refractionstabellen für Sonne und alle Sterne gebraucht werden können. 8) Endlich hatte er unter den schwierigsten Verhältnissen, und unter Ausführung der grössten Triangulation, welche jemals ausgeführt worden war, einen Meridian von Frankreich bis Formentera verlängert und bestimmt. Weitere Arbeiten waren seinem Mannesalter vorbehalten. Druckfehlerberichtigung. Seite 193 Zeile 14 von unten: Jobi statt Sobi. Seite 193 Zeile 14 von unten: Leutholf statt Lent-holf. Seite 193 Zeile C von unten: Thcrapeutics statt Therapetics. Seite 194 Zeile 9 von oben: Hagewia statt Hageria. Seite 195 Zeile 4 von oben: Pavesi statt Paresi. Halle, Bucbdruckerei dct> Walaenhausea, AECHIV DER PHARMACIE. 2. Band, 5. Heft. A. Originalmittlieilimgeii. TJeJber die Blätter Ton Eucalyptus globulus und deren ätherisches Oel. Von Dr. I. Homeyer aus Osterode. In jüngster Zeit sind in der Medicin einige Präparate in Aufnahme gekommen, welche von den Blättern eines in Australien einheimischen, in Nordafrika und am Cap der gu- ten Hoffnung und auch im südlichen Europa angepflanzten Baume, dem Eucalyptus globulus, herrühren. Da diese Prä- parate in ihrer Wirkung ein Ersatzmittel für das Chinin sind, welches neben seinen ausgezeichneten Eigenschaften als Heil- mittel manche Schattenseiten hat, wandte sich ihnen die all- gemeine Aufmerksamkeit der Mediciner zu. Die Resultate einer vor einiger Zeit beendeten Arbeit von Hermann Schlä- ger*) und die in den Göttinger und Baseler Kliniken ange- stellten Versuche haben nun ergeben , dass allerdings eine grosse Aehnlichkeit zwischen den Wirkungen des Chinins und denen der Eucalyptuspräparate besteht, letztere jedoch das Chinin nicht unter allen Umständen zu ersetzen im Stande sind. Immerhin muss man die Eucalyptuspräparate als einen nützlichen Zuwachs des Arzneimittelschatzes begrüssen. Eine genaue Kenntniss des wirksamen Princips in den Eucalyptusblättern konnte nur wünschen swerth erscheinen und dies war der Grund, der mich veranlasste, vorliegende Ar- beit zu unternehmen. Mit Ereuden ergreife ich die Gelegen- *) Disssrt. Gott. 1874. Areb. d, Ph»na, II, Bd», 5. Bft, 25 38G I. Ilomeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. heit, Herrn Dr. Faust in Göttingen, dem eifrigen Förderer dieser Arbeit, meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen. Das Genus Eucalyptus gehört in die Familie der Myr- taceen. Alle Arten desselben sind einheimisch in Australien und auf den benachbarten Inseln, wo sie einen grossen Theil der Waldvegetation bilden. Diese Wälder sind von ganz besonderer Art; sie erheben sich über Wiesen- und Steppen- boden und es stehen die einzelnen Bäume soweit auseinander, dass man den Wald, wie Griesebach*) in seiner berühmten „Geographie der Erde" sagt, in jeder beliebigen Richtung selbst zu Wagen durchfahren kann. Das helle Licht dieser Wälder, welches offenbar der Vegetation der Gräser und Kräuter günstig ist, wird durch die senkrechte Stellung der Blattflächen vermehrt, worüber die Stelle in R. Brown's Schriften folgendermassen lautet:*'*) die Eucalypten und die australischen Acacien stimmen darin überein, „ dass ihre Blät- ter oder diejenigen Theile, welche Blattfunctionen verrichten, den Rand gegen den Zweig richten, wodurch also beide Oberflächen dasselbe Verhäliniss zum Lichte erhalten. Diese Einrichtung, welche bei den Acacien durchgängig stattfindet, ist bei diesen Folge der verticalen Erweiterung des blattför- migen Blattstiels, während sie bei Eucalyptus, wo sie zwar sehr allgemein, aber nicht ohne Ausnahme eintritt, von einer Drehung des Blattstiels abhängt." Späterhin fügte R. Brown noch die Beobachtung hinzu, dass die senkrechten Blätter anf beiden Seiten Spaltöffnungen tragen, und dass von dieser Eigenthümlichkeit der Organisation der Mangel an Glanz abhänge, der in den australischen Wäldern so auffallend sei. Die Bestimmung der Eucalypten macht grosse Schwie- rigkeiten, da allein in Neuholland 135 Arten, gemäss der von Bentham gemachten Unterscheidung vorkommen. Dieser Autor theilt in seiner ausgezeichneten „Flora australiensis" die Eucalypten in folgende Abtheilungen Series prima = Renantherae. Die Staubgefässe sind alle vollständig, oder *) II. Bd. S. 216. **) R. Brown , Bemerkungen über die Flora Australiens (vermischt, ßchrift. 1. S. 122. J. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. 387 sehr selten (besonders bei Eucalyptus yirgata), 'einige von den äussern mit verkümmerten Antheren. Die Antheren sind nierenförmig oder breit, einfach, die Fächer divergirend oder der Länge nach auseinander stehend, an einander stossend und gev^öhnlich an der Spitze zusammenfliessend. Diese Species sind alle im östlichen Australien einheimisch und alle extra tropisch. Series secunda. Heterostemones. Die äussern ötaub- gefässe sind antherenlos oder besitzen kleine verkümmerte Antheren. Die Antheren der vollständigen Staubgefässe sind klein kuglig oder abgestutzt mit aneinander stossenden Fächern und springen in Poren oder in länglichen Spitzen auf. Diese Species sind alle östlich und alle extratropisch. Series tertia. Porantherae. Die Staubgefässe sind alle vollständig, die Antheren klein oder kuglig oder breiter als lang, die Fächer getrennt aufspringend, mit kleinen kreis- runden Poren. Alle Species sind östlich oder tropisch. Series quarta. Mikrantherae. Die Antheren sind sehr klein kuglig oder breiter als lang mit kugelförmigen geson- derten Fächern, die in seitlichen Schlitzen aufspringen. Alle Species sind östlich oder tropisch. Series quinta. I^Tormales. Die Staubgefässe sind alle vollständig, die Antheren länglich eirund oder fast kuglig. Die Fächer sind vollständig getrennt, parallel und der Länge nach aufspringend. Diese Series, in welche Eucalyptus glo- bulus gehört, zerfällt in 9 Subseries, welche sich durch die Inflorescenz unterscheiden; der Kürze halber führe ich nur den Character derjenigen Subseries an, zu welcher Eucalyp- tus globulus gehört, da jener an und für sich schon sehr scharf ist. Subsessiles. Die Blüthen sind achsel- oder seitenständig, gewöhnlich gross, zu 1 — 3 beisammen, völlig sitzend oder mit einem äusserst kurzen Stiele am Zweige befestigt. Die Subseries enthält sechs Arten. Drei Arten davon Eucalyptus macrocarpa, E. cordata, E. pulverulenta haben nur opponirte und sitzende Blätter, die drei andern Arten E, glo- bulus, E. alpina, E. cosraophylla, haben wenigstens an den 85* 388 I- Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deron ätherisch. Oel. blühenden Zweigen abwechselnde und gestielte ^Blätter. Von diesen drei letzteren hat nur E. cosmophylla Blüthen, welche zu drei auf einem kurzen gemeinschaftlichen Blüthenstiele sitzen und E. alpina hat stumpfe, dagegen E. globulus zuge- spitzte Blätter. Eucalyptus globulus Labillardiere ist ein sehr hoher Baum, zuweilen höher als 200 Fuss, blüht zuweilen aber auch schon von kaum 10 Fuss Höhe. Die jungen Zweige und Blätter sind oft weisslich grau -grün. Die Rinde des Stam- mes ist etwas faserig und abfallend, wobei die innere Binde auf dem Stamm zurückbleibt. Die Blätter des jungen Bau- mes sind lanzettförmig, spitz gekrümmt, oft einen halben bis einen Fuss lang, mit sichtbaren Nebenadern, die quer laufen und ,anastomosiren. Die Blüthen sind gross, achselständig stehen einzeln , seltener zu zwei oder drei zusammen und sitzen auf einem Blüthenstielchen , das ebenso lang als dick ist. Der Kelch ist breit, kreiseiförmig, dick, holzig, voll von Oeldrüsen, mehr oder weniger gerippt, runzlig oder warzig, selten glatt, einen halben bis dreiviertel Zoll im Durchmesser mit vorragendem Band und zuweilen mit vier sichtbaren Zäh- nen. Das Operculum*) ist dick, hart und warzig, niedrig, halbkuglig, mit einem genabelten oder conischen Centrura und ist kürzer als der Kelch. Die Staubgefässe sind über einen halben Zoll lang. Die Antheren sind eirund mit parallelen Fächern, das Ovarium ist so lang, als der Kelch; die Frucht ist halbkuglig und hat dreiviertel bis einen Zoll im Durch- messer-, die eigentliche Kapsel steht mit dem, von dem Kelche gebildeten Bande fast in gleicher Höhe. Eucalyptus globulus wächst in Victoria in Thälern und an Abhängen bewaldeter Gebirge, von der Apollobai bis über Willsons Vorgebirge hinaus und wächst feimer in Neusee- *) Dies ist der stets geschlossen bleibende Kelchsaum, welcher beim Entfalten der Biiithe in Mützenform von dem stehen bleibenden Keloh- tubus sich ablöst ; von diesem äusserst merkwürdigen Verhältniss führt die Gattung den Namen. Blumenblätter hat sie nicht , doch ist zuweilen ein doppelter Kelclisaum vorhanden, von denen dann der innere corrol- Unisch ist. I, Homeyer, Blätter v. Eucnlyptus globulus u. deren äthortsr-h. Oel. 389 land auf einzelnen Strecken der Insel von vierzig Meilen nördlich von Hobarton bis zum äussersten Süden und wird dort „Blue Gum" genannt. Die Exemplare von Victoria haben kleinere Blüthen und Früchte und es ist die Frucht mehr convex als die der Exemplare von JS^euseeland. Dies mag genügen zur Characterisirung der besproche- nen Art; es ist allerdings im Vorhergehenden die Kenntniss der Myrtaeeen im Allgemeinen als bekannt vorausgesetzt. Ich wende mich nun zu der mikroskopischen Untersuchung der Blätter, welche ich sowohl an frischen (in dem Göttinger botanischen Garten gezogenen), als an trockenen vornahm; letztere wurden in etwa 70 procentigem Alkohol aufgeweicht, um sie der Untersuchung zugänglich zu machen. Mikroskopische Untersuchung von Eucalyptus - Blättern. A. Blattanatomie. Die aus dem Göttinger botanischen Garten erhaltenen frischen Blätter stimmten bei der Untersuchung mit den ge- trockneten australischen durch Herrn E. Büttner in Leipzig bezogenen überein, doch wurden nur diese Orginalblätter zur Darstellung der Normalpräparate und der Zeichnungen ver- wendet. Figur 1 der beigefügten Tafeln, stellt ein nach der Na- tur gezeichnetes, trockenes Blatt dar. Die Blätter sind von blaugrüner Farbe, lederartig, auf beiden Seiten drüsig, von schwankender Länge, ungefähr 20 M. M. breit, 0,3 M.M. dick und gegen die Spitze ein we- nig gekrümmt. Die Adern verlaufen von der Mittelrippe gegen den Band und endigen dort sämmtlich in einem Band- nerven. Die Venen anastomosiren unter einander. Zur anatomischen Vergleichung stellte ich Querschnitte aus der Mitte des Blattes dar, welche die Mittelrippe trafen. 390 I. Horacyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. Die sich an diese Präparate anschliessende Beschreibung; wird durch die Figuren 2 — 4 erläutert. Figur 2 stellt eine Ge- sammtansicht der Querschnitte der Blattmitte dar, in welcher die Hauptmasse des Parenchyms nicht mit gezeichnet ist. Das Blatt ist an den vom Nerv durchzogenen Stellen nicht viel dicker, als an seinen übrigen nur aus Parenchym bestehenden Theilen. Das Verhältniss der beiden Durchmesser ist wie 7 zu 5. Bei den Blättern anderer Eucalyptusarten ist dies Verhältniss oft ein ganz anderes. Die Epidermis ist sehr stark cuticularisirt , c ist die Cuticula, welche schon bei schwacher Vergrösserung sicht- bar ist. Im Grundgewebe (Chlorophyllparenchym) finden sich grosse ölhaltige Lücken (a Figur 2) , welche an beiden Sei- ten des Blatts (oben und unten) ziemlich gleichmässig ver- theilt sind, ebenso wie die Spaltöflnungen. (Die gleichmässige Ausbildung beider Blattseiten ist schon lange bekannt; R. Brown I) Die eben erwähnten Lücken haben eine Grösse, welche fast die halbe Blattdicke betragen kann, sind der Epi- dermis nahe gerückt und gegen diese hin, mit einem (äusser- lich sichtbaren) Porus geöffnet und mit einem glänzenden gelben Oele gefüllt. Das Grundgewebe wird durch Figur 4 erläutert, welche die eine Hälfte des Blattquerschnittes bis zur Mitte dar- stellt. Die Epidermis d bildet quadratische Zellen, welche fest aneinander liegen und ist sehr stark cuticularisirt (c = Cu- ticula). Auf sie folgt regelmässig reihenweis angeordnetes Pallisadenparenchym, welches nur gegen die Mitte hin etwas an "Regelmässigkeit verliert. In ihm ist viel Chlorophyll enthalten, am meisten in den der Epidermis nächst gelegenen Zellen, gleichmässig auf der Blattober- und Unterseite. In den Zellen kommen häufig Krystalle von Calciumoxalat, (k in der Figur) sowohl in den bekannten Drusen als in Krystall- individuen vor. I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. OeL 391 Die Epidermis ist durch nicht sehr viele Spaltöffnungen durchbrochen, eine ist in Figur 4 dargestellt (sp.) A ist die Athemhöhle, am Ausgange derselben liegen die beiden Schliesszellen und die Cuticula wölbt sich mit lang vorgezogener Spitze über den engen Mündungskanal. Die schönsten anatomischen Charaktere liegen ausser in den zahlreichen, sehr grossen Oeldrüsen in der Zusammen- setzung des Fibrovasalstranges (Figuren 2 u. 3). Figur 3 ist bei stärkerer Vergrösserung mit der Camera lucida ge- zeichnet und ist das in Figur 2 durch Punkte eingeschlossene Stück. Das Xylem, welches in drei Partieen angeordnet ist, bildet ein Hauptstück von sichelförmiger Gestalt, welches auf der Blattoberseite liegt (Figur 2 X 1) und ausserdem zwei kleinere (X 2, X 3). Es besteht, wie Figur 3X1 zeigt, aus grossen Gefässen, welche gegen das Mark m hin, allmäh- lig dünner werden, dagegen gegen den Bast wb hin, durch etwa drei Reihen dicker Holzzellen ersetzt sind, welche das Xylem scharf abschliessen. Alle Zellen sind radial angeord- net, und haben zahlreiche Markstrahlenzellen von schmaler Grösse zwischen sich. Der Bast besteht sowohl aus Weichbast wb., als aus achtem sog. Hart -Bast (hb in beiden Figuren). Im ausgebildeten Blatt ist kein Cambium mehr vorhan- den, sondern der Weichbast (Cambiform) grenzt unmittelbar mit seinen zartesten Zellen an die sehr dicken Holzzellen. Die ächten Bastzellen liegen gleichfalls in drei Hauptgruppen beisammen, alle von sichelförmiger Gestalt und die Xylem- gruppen umgebend. Die längste Sichel, welche an der Ober- seite des Blattes liegt, ist durch viele Lücken, welche von weichen Bastzellen gebildet werden, durchbrochen. Der Weichbast schliesslich ist zwar auch in drei Haupt- gruppen angeordnet, doch sind dieselben unter einander ver- schmolzen und namentlich gehen in der Mitte des ganzen Stranges die Cambiformgruppen , welche die beiden Xylem- gruppen X 2 und X 3 umgeben, durch das Markparenchym m unmerklich in einander über. 392 I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. Nach aussen ist der Strang tcbarf abgegrenzt und von Gruudparenchym umgeben, welches dicke, angeschwollene und glänzende Membranen besitzt und auch durch den Mangel an Chlorophyll von dem gewöhnlichen Blattparenchym sehr absticht. B. Mikrochemische ßeaclionen. Zum Zwecke genauerer Prüfung wurden angewandt: 1) Eine sehr schwache wässrige Lösung von Jod. Blau gefärbt wurden hierdurch die Stärke in den Chloro- phyllkörnern und die Zellmembran des Weiclibastes ; letzterer wurde in altern Präparaten durch die Färbung des Eiweiss- inhaltes dann braun i'oth. Die Cuticula färbte sich gelb, die ächten Bastzellen, das Xylem und das Oel blieben ungefärbt. 2) Eine ätherische Lösung von Alkannin. Die Reaction wurde nach dem PfefFer'schen Verfahren*) ausgeführt. Die Cuticula färbte sich intensiv purpurroth, alle Epidermiszellen erschienen durch das in ihnen enthaltene, Alkannin lösende, Oel blutroth. Auch die grossen Lakunen wurden zum Theil mit blutrothem Oele gefärbt, wenn die Reaction gut gelun- gen war. Der Bast blieb glänzend weiss und das Xylem ebenfalls ungefärbt. 3) Eine wässrige Lösung von Anilinroth. Die Schnitte wurden mit Wasser betupft in die Anilin- lösur.g gelegt und dann in concentrirtes Glycerin getaucht. Der Hartbast zeigte sich intensiv brennend roth, das Grundgewebe blass roth, der Weichbast und das Markpar- enchym schmutzig dunkelroth und die Holzzellen brennend und glänzend purpurroth. Dagegen blieben die Cuticula, die Epidermiszellen und das Oel ungefärbt. *) Pringsheim, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. VII. Heft 4, p. 479. I. Homeyir, Blätter v. Eucalyptus globulue u. denn ätherisch. Oel. 393 Chemische Untersuchung des ätherischen Oeles von Eucalyptus gldbulus. Das ätherische Oel von Eucalyptus globulus wird aus Tlen Blättern dieses Baumes in Australien durch Destillation mit Wasserdämpfen hergestellt und bildet eine blass gelbliche, bewegliche, stark aromatisch riechende Flüssigkeit, welche sich an der Luft nach und nach bräunt und theilweise verharzt. Das speciiische Gewicht des Oeles habe ich bei 12° C zu 0,8762 gefunden. Dieses Oel kommt erst in neuerer Zeit in den Handel und ist bis jetzt nur von Cloez*) auf seine chemischen Bestand- theile bearbeitet worden. Cloez hat hierbei einen Körper abgeschieden , von dem er angiebt , dass derselbe den Haupt- bestandtheil des Oeles von Eucalyptus globulus sei, constant bei 175** siede und den er nach seiner Zusammensetzung und nach seinen Eigenschaften als ein Homologes des Camphers betrachtet. Cloez nennt diesen Körper Eucalyptol und giebt ihm die Formel O ^^H^^O. Ich werde unten zeigen, dass der Siedepunkt zwar richtig ist, dass das s. g. Eucalyptol aber etwas ganz anderes ist. Cloez hat (1. c.) zur Darstellung seines Eucalyptols das ätherische Oel von Eucalyptus globulus der Destillation unter- worfen; es begann gegen 170° an zu sieden, das Thermometer stieg rasch auf 175° und blieb hier stationär, bis etwa die Hälfte des Oeles überdestillirt war; ein anderer Theil des Oeles ging bei 188 — 190° über und war ein Gemenge meh- rerer Producte-, endlich erhielt Cloez bei weiterem Destilliren eine kleine Menge einer oberhalb 200 ° siedenden Flüssigkeit. Das zwischen 170—180° Uebergegangene hat Cloez zuerst mit festem Kalihydrat und dann mit geschmolzenem Chlorcalcium behandelt und darauf die Flüssigkeit nochmals destillirt. Das Destillat war oben erwähntes Eucalyptol. Ich habe nach diesen Angaben von Cloez aus drei Kilo Eucalyptusöl Eucalyptol dargestellt. Je 1000 g. wurden auf *) Compt. read. 70, 687. Annal. d. Chem. und Pharm. 154, 372. Bericht d, deutsch, ehem. Gesellech. zu Berl. IIL 418. 394 I. Homeycr, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. einmal destillirt. Das Thermometer stieg rasch auf 175 "^ und es destillirten bis 180 « 450 g. über. Von 180—183** destillirten 225 g., von 183 — 186« 62 g. über. Der Rest ging zwischen 200 — 245'' über und es hinterblieb ein har- ziger Rückstand, der etwa 50 g. wog. Die 827 g., welche bis 186'* übergegangen waren, wur- den vereinigt weiter fractionirt und dadurch in drei Theile zerlegt. Ein sehr kleiner Theil hiervon siedete bei etwa 156**, der Hauptbestandtheil zwischen 174 — 180" und der Rest ging bis 240° über. Ich werde die drei Bestandtheile getrennt behandeln und mit dem wichtigsten, dem s. g. Eucalyptol von Cloez, beginnen. Der zwischen 174 — 180" siedende Theil wog 600 g. und wurde sehr oft ftir sich fractionirt. Der grösste Theil davon siedete zwischen 172 — 175"; aber gegen das Ende stieg das Thermometer stets bis 180" und darüber. Es war unmöglich, trotz der grossen Menge Material, welches ich besass, durch fractionirte Destillation auf einen festen Siedepunkt zu kom- men. Ich behandelte jetzt dieses Destillat mit gestossenem Kalihydrat, wobei es sich etwas bräunte, und destillirte es schliesslich darüber ab. Hierbei ging es ziemlich constant zwischen 172 — 175" über und bei 178" war Alles über- gegangen. Wurde dieses Destillat nun weiter für sich, ohne Kalihydrat, destillirt, so ging allerdings das Meiste zwischen 171 — 175" über-, allein gegen das Ende stieg das Thermo- meter höher, und zwar um so höher, je öfter das Eucalyptol für sich destillirt wurde. Nur durch Behandeln des Eucalyp- tols mit Natrium und Destilliren über Natrium gelang es mir, auf einen festen Siedepunkt zu kommen. Natrium wurde von dem Eucalyptol wenig verändert und blieb in einem ver schlossenen Glase sehr bald ganz blank darin. Dieses Ver- halten des Eucalyptols gegen Natrium war für einen Kör- per, der nach Cloez Sauerstoff enthalten soll, sehr auffällig. I. Eucalyptol nach Cloez. Das s. g. Eucalyptol siedet über Natrium bei 172 — 175". In absolutem Alkohol, Aether und Chloroform ist es in allen Verhältnissen löslich; es löst sich in etwa 15 Theüen t. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren atterisch. Oel. 39o 90 gradigem Alkohol. Es hat den Gerach eines feijien Ter- pens und das weitere Verhalten des Eucalyptols zeigte, dass es vorzugsweise ein Terpen ist. Einige Tropfen davon, mit Jod versetzt, verpuffen. An der Luft absorbirt es mit grosser Begierde Sauerstoff und verharzt. Auf dieser grossen Begierde, Sauerstoff zu absorbiren und zu verharzen, beruht es auch, dass der Siedepunkt desselben, bei wiederholten Destillationen für sich, immer höher steigt, und dass es durch blosse frac- tionirte Destillation nicht möglich ist, einen constanten Siede- punkt zu bekommen. Cloez hat sein Destillat nicht durch Natrium von dem absorbirten Sauerstoff befreit und auf diesem Umstände beruht es , dass er aus seinen unrichtigen Analysen einen sauerstoffhaltigen Körper berechnen musste. Mit concentrirter Schwefelsäure vermischt, bräunt sich das Eucalyptol unter starker Erwärmung; setzt man Wasser zu, so scheidet sich auf der Oberfläche eine dicke, zähe Masse aus. Alles dies sind Eigenschaften der Terpene. Kocht man Eucalyptol mit Salpetersäure von 1,4 spec. Gew., die vorher mit zwei Theilen Wasser verdünnt ist, am aufrechten Küh- ler, so erhält man Paratoluyl säure und Tereph talsäure. Ich erhielt so aus 10 g. Eucalyptol 2,8 g. Paratoluylsäure von 178° Schmelzpunkt und 0,8 Terephtalsäure, Diese beiden Säuren werde ich unten näher characterisiren. Bei der Elemen- taranalyse des Eucalyptols erhielt ich folgende Resultate: 0,2265 g. gaben 0,737 g. C02 und 0,234 g. H20 = 88,74 «/o C und 11,48 "/o H. 0,2104 g. gaben 0,685 g. CQa und 0,216 g. m Q^ == 88,78"/ü C02 und 11,40 7o H. Berechnet für CioH^^ 10 120 88,23 H 16 16 11,77 136. Ich will hier bemerken , dass ich noch eine ganze Beihe Elementaranalysen von diesem Eucalyptol gemacht habe, welche sich diesen beiden Analysen sehr gut anschliessen. Es war also kein Zufall, dass ich stets zu viel Kohlenstoff und zu wenig Wasserstoff gefunden habe, Auch können Gefunden 88,74, 88,78 H 11,48, 11,40 3L6 I. Homeyer, Blatter r. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. diese gefundenen Werthe nicht aus der Art und Weise, wie ich die Elementaranalysen ausgeführt habe, hervorgegangen sein, denn ich werde später zeigen, dass ich bei der Ver- brennung eines reinen Terpens Werthe bekommen habe, welche den theoretischen vollständig entsprechen. Der gefundene Kohlenstoff war für ein Terpen zu hoch und der gefundene Wasserstoff dafür zu niedrig. Das Ter- pen musste hiernach noch einen andern wasserstofiarmern Kohlenwasserstoff von ungefähr gleichem Siedepunkt beige- mischt enthalten. Um diesen Kohlenwasserstoff zu erhalten, polymerisirte ich das Eucalyptol mit Schwefelsäure , die mit dem 4. Theil Wasser verdünnt war, nach der Methode von Beilstein. Nach drei Tagen, während welcher dieser Zeit ich diese Mischung oft geschüttelt und erwärmt hatte, verdünnte ich sie mit viel Wasser und destillirte das Gemisch direct. Dieses Verfahren ist bequemer, als jenes, welches die ausge- schiedenen Producte sammeln , trocknen und für sich destil- liren lässt. Mit den Wasserdämpfen ging ein Oel über, welches gesammelt und durch Chlorcalcium getrocknet wurde. Dieses Oel wurde durch obige Schwefelsäure nicht mehr verändert. Concentrirte Schwefelsäure färbte sich damit, nachdem es über Natrium destillirt war, schwach gelblich. Beim wiederholten Destilliren siedete es constant bei 174 — 175^ und zeigte bei der Analyse die Zusammensetzung des Cymols, Cymol aus Eucalyptol = O^H^«^ ^,„3 (Propyl - Methyl - Benzol). Das auf angegebene Weise aus dein Eucalyptol erhaltene Cymol zeigte dieselben Eigenschaften, wie aus Campher dar- gestelltes Cymol. Es war eine wasserhelle Flüssigkeit, von angenehmem aromatischen Gerüche. Die Analyse ergab fol- gende Zahlen: 0,194 g. gaben beim Verbrennen mit Kupferoxyd: 0,6385 g. CO2 und 0,192 g. li^O, entsprechend 89,77% C. und 10,99 7o H. I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus ü. deren ätLerisch. Oel. oi Berechnet. Gefunden. 4110 120 89,55 89,77 H14 14 10,45 10,99 134 Zur weitern Characterisirung wurde das Cymol durch Auflösen in rauchender Schwefelsäure in Cymolsulfosäure ver- wandelt und daraus die Baryt - und Kalksalze dargestellt und analysirt. Salze der Cymolsulfosäure. a) Cymolsulfosaures Barium (OioHisgOS)«^* + 3H20. Es wurde erhalten durch Neutralisiren der Cymolsulfosäure mit kohlensaurem Barium. Das Salz krystallisirt in glänzen- den Blättchen mit 3 Molekülen Krystallwasser und verliert dasselbe erst bei 180^. 10,751 g. Wasser lösten bei 14^ 0,253 g., bei 180^ getrocknetes, wasserfreies Salz. 100 Theile Wasser lösen also 2,35 g. wasserfreies Salz. (Beilstein imd Kupffer erhielten bei 16,2 <> aus 100 Theilen Lösung 2,503 g.*) Wasserbestimmungen : 0,6425 g. Bariumsalz verloren bei 160 — ISO^ unter Gelbwerden 0,0515 g. H-^O entsprechend 8,02 % H^O. 0,70 g. verloren bei 160 bis 1800 0,059 g. H2Ö entsprechend 8,43% H^O. 0,485 g, verloren 0,045 g. H^O entsprechend 9,28 7« H^O. Eariumbestimmungen : 0,416 g. entwässertes Salz gaben 0,174 g. Ba-SO* == 0,1023 g. Ba entsprechend 24,59 »/o ^a. 0,440 g. entwässertes Salz gaben 0,179 Ba,SO* =-= 0,1052 Ba ent- sprechend 23,90/0 Ba. Berechnet. Gefunden. (^ioHi8SOS)2 426 Ba 137 — 24,3 24,59. 23,9 563 3H2 54 8,75 8,02. 8,43. 9,29. 617. '') Ber. d. D. eh. Ges. Berl. Jahrg. VI. S, 1182, 398 I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren äthei-isch. Oel. b) Cymolsulfosaures Calcium (G*"Hi3g03)2Ca + 2H2a. Wurde durch Xeulralisation der Cymolsulfosäure mit kohlen- saurem Calcium erhalten. Das Kalksalz der Cymolsulfosäure ist in Wasser viel leichter löslich, als das Bariumsalz und bildet glasglänzende durchsichtige Tafeln, Es krystallisirt mit 2 Molekülen Wasser. Wasserbestimmung : 0,8545 g. verloren bei 160—180" 0,06 g, H"^ Ö = 7,02 «/„ H^O. Calciumbestimmung : 0,434 g. entwässertes Salz gaben 0,121 g. €aSO* = 0,0356 g. Ca, entsprechend 8,2 % Ca. Berechnet. Gefunden. (^10^13^03)2 426 Ca 40 8,6 8,2 466 2H2Q 36 7,2 7,02 502. Es kann nach angeführten Thatsachen keinem Zweifel unterliegen , dass das Eucalyptol von Cloez nichts anderes ist, als ein Gemenge eines Terpens mit Cymol. Ich will hier noch bemerken, dass ich auch versucht habe, Cymol aus gewöhnlichem Terpentinöl des Handels nach derselben Methode und unter denselben Bedingungen, welche ich zur Abscheidung des Cymols aus Eucalyptol angewandt habe, zu erhalten. Es ist mir dies auch gelungen, doch habe ich bei mehreren Versuchen, welche sehr sorgfältig ausge- führt -wurden , nie mehr , als 1 V2 — 2 ^j^ Cymol aus Terpen- tinöl bekommen können, während ich aus dem sog. Eucalyptol etwa 20 — 25 % Cymol erhalten habe. Berücksichtigt man ferner, dass es noch nicht sicher nachgewiesen ist (Kekule, Berliner Berichte 1873, 437), dass Paratoluylsäure bei der Oxydation eines Terpens mit verdünnter Salpetersäure auf- tritt, so kann es wol keinem Zweifel unterliegen, dass das Cymol als solches in dem sog. Eucalyptol enthalten ist, und I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus gloljulus u. deren ätherisch. Oel. 399 nicht erst bei der spätem Behandlung mit Schwefelsäure gebildet wird. Die schon oben erwähnte Behandlung des Cloez'schen Eucalyptols mit Salpetersäure wurde in folgender Weise aus- geführt. 1 Theil Eucalyptol wurde mit einem Gemisch von 1 Theil Salpetersäure von 1,4 spec. Gew. und 2 Theilen Wasser am aufrechten Kühler etwa 12 Stunden gekocht. Die nach dem Erkalten ausgeschiedenen Säuren wurden ge- sammelt, abgewaschen, mit etwas Zinn und Salzsäure zur Entfernung etwaiger Nitroproducte digerirt und hierauf mit Wasserdämpfen destillirt. Die Paratoluylsäure ging hierbei mit den Wasserdämpfen leicht über und war nach dem Um- krystallisiren aus heissem Wasser rein. Die mit Wasser- dämpfen nicht flüchtige Terephtalsäure blieb im Kolben zurück und wurde durch Auflösen in Ammoniak und Ausfällen mit Salzsäure aus dieser Lösung gereinigt. Ich erhielt hierbei aus 10 g. Eucalyptol 2,8 g. Paratoluyl- säure und 0,8 g. Terephtalsäure. A. Paratoluylsäure aus Eucalyptol. ^ ^ \GOHO. Die Paratoluylsäure bildet feine nadelförmige Krysialle, die in kaltem Wasser wenig, in heissem Wasser leicht lös- lich sind. Der Schmelzpunkt der Säure lag bei 178". 0,206 g, gaben beim Verbrennen mit CuO 0,5335 g, CO'^ entspre- chend 70,63 7o C. und 0,1135 g. R^O entsprechend 6,12% H- Berechnet. Gefunden, C» 96 70,58 70,63 H8 8 5,88 6,12 02 32 136. Zur Characterisirung der Paratoluylsäure wurde noch ihr Kalksalz dargestellt und analysirt. Paratoluylsaures Calcium (G^R''QyQ^ + SH^O, 400 I. Homeycr, Blätter v. Eucalyptus glohulus u. deren ätherisch, Oel. Das paratoluylsaure Calcium krj^stallisirt in glänzenden farblosen nadeiförmigen Krystallen, die in Wasser leicht lös- lich sind. Wasserbestimmung : 1,149 g. verloren bei 160 — 180" 0,1675 g. H* , entsprechend 14,58% H-^0. Calciumbestimmung : 0,4245 g. entwässertes Salz gaben 0,181 g. GaSÖ* == 0,0532 Ca, entsprechend 12,53 % Ca. Berechnet. Gefunden. {Q^-R-^Q^y 270 Ca 40 12,9 12,53 310 3H2 54 14,83 14,58 364. Schliesslich habe ich diese Paratoluylsaure auch noch durch Oxydation mit chromsaurem Kali , Schwefelsäure und AVasser in Terephtalsäure übergeführt. B. Terephtalsäure aus Eucalyptol G^H* (G0H0)2. Diese Säure bildete ein weisses amorphes Pulver, wel- ches in Wasser fast ganz unlöslich war und ohne vorheriges Schmelzen sublimirte. 0,3705 g. gaben beim Verbrennen mit CuO, 0,780 g. 00^ = 57,37% C. und 0,1395 g. H-0 = 4,18% H. Berechnet. Gefunden, C» 96 57,89 57,37 H« 6 3,62 4,18 Q* 64 166. ^ Ich gehe jetzt über zu der Beschreibung der beiden Andern Producte, welche bei der fractionirten Destillation des Eucalyptusöles erhalten wurden und werde mit dem bei 150 bis 151° siedenden, beginnen. I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. 401 IL Terpen aus Oleum eucalypti, O^^ H^^. Das bei 150 — 151° siedende Product aus dem Euca- lyptusöl ist eine farblose, stark lichtbrecbende Flüssigkeit und hat den Geruch und die Eigenschaften eines Terpens. Es entflammt mit Jod und verharzt beim Stehen an der Luft. ' 0,1935 g. gaben beim Yerhrennen mit CuO 0,6200 g. CO^, ent- sprechend 87,74% C. und 0,2065 g. H^O, entsprechend 11,86% K^Q. Berechnet. Gefunden, C^» 120 88,23 87,74 Hl« 16 11,77 11,86 136. in. Eucalyptol, ^lOHieo oder GiOH^O. Als drittes Product der fractionirten Destillation des Euca- lyptusöles erhielt ich einen bei 216 — 218'' siedenden Körper, welchen ich Eucalyptol nennen will. Er bildet eine farblose, am Licht schwach gelblich werdende, «igenthümlich ölige Flüs- sigkeit, die in wässriger Kalilauge unlöslich ist. 0,2167 g. gahen beim Verbrennen mit CuO 0,634 g. CO- = 79,56% C. und 0,194 g. H^O = 9,95% H. 0,27 g. gaben 0,786 g. CO^ = 79,15% C. und 0,251 g-, H"- = 10,32% H. Berechnet. ^10 120 80,00 Gio 120 78,9 II14 14 9,33 H^ö 16 10,5 Q 16 a 16 10,6 150 152. Gefunden. C 79,56 79,15 H 9,95 10,32. Aus diesen Analysen geht die Formel allerdings nicht mit Sicherheit hervor. Das Eucalyptol kann hiernach eben so gut die Zusammensetzung G^'^H^^O wie G^^^H^^O haben. Berücksichtigt man aber die TJnlöslichkeit des Eucalyptols in wässriger Kalilauge, so ist es wahrscheinlicher, dass das Euca- Mch. 4, Pbartn. U. Bds. 5. Hft. ~ 26 402 I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. lyptol kein Oxycymol — welches sich weg-en seiner phenol- artigen Natur in solcher Kalilauge lösen würde — sondern ein kampherartiger Körper ist. Die nahe Beziehung des Eucalyptols zum Cynaol geht aus folgendem Versuch hervor. 30 g. Eucalyptol wurden mit 15 g. Phosphorpentasulfid vermischt, eine Stunde lang am aufrechlten Kühler erhitzt und das Destillat nochmals über etwas Schwefelphosphor und dann über Ifatrium destillirt. So erhielt ich 14 g. einer farblosen, ätherischen Flüssigkeit, deren Siedepunkt nach mehrmaligen fractionirten Destillationen bei 174 — 175" lag. Die Eigen- schaften des Destillats waren die des Cyi^iols und die Ele- mentaranalyse ergab auch die Formel des letzteren. 0,190 g. gaben beim Verbrennen mit CuO 0,622 g. CO^ = 89,280/0 C. und 0,186 g. H20 = 10,87 «/o H. Berechnet. Gefunden. G^o 122 89,55 89,28 Hi4 14 10,45 10,87 136. Zur weitern Characterisirung verwandelte ich auch die- ses Cymol in die Sulfosäure und stellte davon das Barium- salz dar. Cymolsulfosaures Barium (C^0Hi3SO3)2Ba -(- 3H20. Dasselbe krystallisirte in glänzenden Blättchen mit 3 Mo- lekülen Krystallwasser. Bei der Löslichkeitsbestimmung des Salzes in Wasser erhielt ich folgende Zahlen: 8,7905 g. Wasser lösten bei IG" 0,2135 g. bei 180« getrocknetes wasserfreies Salz. 100 Theile Wasser lösen also 2,41 Theile. Beilstein und Kupffer*) geben an, das» 100 Theile Wasser 2,503 g. lösen. Wasserbestimmung : 0,7635 g. verloren bei 160 — 180" unter Gelbwerdon 0,060 g. H'^O = 8,640/0 H-0. 0,7600 g. verloren 0,0060 g. H'^O = 8,08% H-i O. *) Ber. d. D. eh. Ges. Berl. Jahrg. VL S. 1182. I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus gloDulus u. deren ätherisch. Oel. 403 Bariumbestimmung : 0,4175 g. entwässertes Salz gaben 0,1715 g. BaSO« == 23,94 «/q 3?a. Berechnet. Gefunden. (GioH^3go3)2 426 Ba 137 24,3 23,94 563 SH^a 54 8,75 8,64 8,68. 617. Ich glaube in der vorliegenden Arbeit den genügenden Beweis geliefert zu haben, dass das ätherische Oel von Euca- lyptus globulus ein G-emenge ist, von 1) einem bei 150 — 151° siedenden Terpen; 2) aus einem zweiten höher, bei etwa 172 — 175*^ sieden- den Terpen; 3) aus Cymol; 4) aus einem sauerstoffhaltigen Körper, der zum Cymol in einf^her Beziehung steht und dem die Formel C^^H^^O oder O^'^H^^O — wahrscheinlich letztere — zukommt. Das unter 2 angeführte Terpen und das Cymol bilden die Hauptbestandtheile des Oeles, vielleicht 9/10 des Ganzen und in diesem Hauptbestandtheile verhält sich seiner Menge nach das Terpen zum Cymol, ungefähr wie 2 zu 1. U^ 404 I. Homeyer, Blätter r. Eucalyptus globulus u. deren ätherisch. Oel. m Mm Fig. I. (Um die Hälfte verklei- nert.) *^iS. 2. V»o. I. Homeyer, Blätter v. Eucalyptus globulus u. dereji ätheriscb. Oel. 405 Fig. 4. V300. 40ß G. Vulpius, üi'ber Anpflaazungcn von Eucalyptus globulus. Ueber Anpflanzungen von Eucalyptus globulus. Von Dr. G. Vulpius. Wie von verschiedenen Seiten mitgetheilt wird, hat man die angenehme Erfahrung gemacht, dass schon durch massig- ausgedehnte Anpflanzungen von Eucalyptusbäumen in tropischen, durch ungesunde klimatische Verhältnisse berüchtigten Loka- litäten eine wesentliche Besserung in sanitärer Hinsicht erzielt und den Schrecken endemischer Krankheiten wenigstens bis zu einem gewissen Grade entgegengewirkt werden kann. Wenn man jedoch geneigt scheint, diese Erscheinung als eine ganz ausserordentliche zu betrachten, welche eben nur eine unerklärliche specifische Wirkung des Eucalyptus sei, für die es keine Analoga gebe, so ist damit wohl zu weit gegangen. Die Eucalyptusbäume wurden eben ihrer leichten Acclimatisation wegen und auch mit Rücksicht auf die geringen Ansprüche, welche sie auf guten Boden und Feuchtigkeit machen, an solchen Orten angepflanzt, wo es überhaupt mit der Vegetation mager bestellt war; es wurde also damit ein kräftiger Pflanzenwuchs, folglich eine längst bekannte Bedin- gung günstiger Gesundheitsverhältnisse geschaffen. Pflanzen- leere Land strecken mit ozonarmer Luft sind es ja häufig, auf denen endemische Krankheiten eine Stätte finden. Wenn einer- seits der Ozongehalt der Luft in einem umgekehrten Verhält- nisse mit der Häufigkeit des Vorkommens von Epidemieen und Endemieen steht, so steht er andererseits in einem geraden Verhältnisse zur Ausdehnung des Pflanzenwuchses und zu der jeweiligen Intensität der Vegetationsthätigkeit, weshalb auch im Spätjahre die Ozonmenge in der Atnv)sphäre eine gerin- gere ist und Epidemie^en schlimmer auftreten, als im Frühling und Sommer. Die Eucalyptusbäume sind aber nicht nur durch ihre Lebensthätigkeit überhaupt, sondern ausserdem noch durch ihren Gehalt an ätherischem Oel eine ergiebige Ozonquelle. Im wie hohem Grade Terpenthinöl den Sauerstoff" der Luft zu ozonisiren vermag, ist bekannt, dem Eucalyptol aber, welches ja aus Terebenthen und Cymen bestehen soll, wird diese Eigenschaft wohl in nicht minderem Grade zukommen, und G. Krause, Beitrag z. Bestimmung d. Kalium als Kalium platüichlor id. 407 so wird sich der günstige Einfluss der Eucalyptuskulturen auf die Gesundheitsverliältnisse der Umwohner am Ungezwun- gensten erklären lassen. • Beitrag zur Bestimmiing des Kalium als Kalium- platinchlorid. Von G. Krause, Chemiker in Leopoldshall — Stassfurt. Es wird wohl in keinem Laboratorium die Bestimmung des Kalium durch Platinchlorid in dem Masse gepflegt, wie es in den chemischen Werkstätten der Fabriken von Stass- furt geschieht. Es dürfte sich daher wohl der Mühe verloh- nen, einige Mittheilungen über diese Untersuchungen zu machen, deren Handhabungen durch die Praxis mancherlei Modificationen erlitten, welcher in den analytischen Hand- büchern mehr oder weniger nicht gedacht worden ist. Man führt hier die betreffende Analyse in folgender Weise aus. Die zu untersuchende Substanz ist ein Chlorkalium, welche eine Durchschnittsprobe von angefertigtem Material ist. Es besteht durchschnittlich aus: circa SO^Jq Chlorkalium, 10% Chlomatrium, 5 7o Chlormagnesium, Magnesiumsulfat, Calciumsulfat, von letzteren beiden sehr wenig und b'^l^ Eeuch- tigkeit. Vielfach ist es auch reicher an Chlorkalium. Eine grössere Menge Schwefelsäui'e, wie sie zum Beispiele bei dem hiesigen Düngesalze vorkommt, muss vorher durch Chlor- baryum gelallt werden. Man wendet thunlichst einen geringen Ueberschuss des Reagens an, um nicht einen unnützen "Verbrauch von Platinchlorid herbeizuführen. Nachdem man die Probe genügend gemischt und zerrieben hat, lost man einen Theil derselben in Wasser auf. Die Quantität wird verschieden genommen. Es scheint am besten zu sein, ungefähr 10,0 g. zu 250 C. C. zu lösen. Weniger Salz würde eine minder genaue Durchschnittsangabe liefern, durch Anwendung von mehr Wasser, zu 500 — 1000 C. C, erhielte man zu viel Flüssigkeit. Die Lösung wird filtrirt, um mechanische Ver- 408 G. Krause, Beitrag z. Bestimmung d. Kalium als Kaliumplatinchlorid. unreinigungen zu entfernen, vermittelst einer Pipette 10 C. C. herausgenommen, und in eine Porcellanschale auf einem bereit gehaltenen Wasserbade gelassen. Es entspricht die in Arbeit genommene Menge dem 25. Theil von 10,0 g. = 0,4 g. Man fügt nun Platinchlorid im TJeberschuss hinzu. Durch einen Glasstab wird gemischt und darauf bis zur Trockne verdampft. Dann wird mit einigen Tropfen Wasser befeuchtet, die Schale schnell erkaltet und der Rückstand mit 2 — 3 C. C. Spiritus von 90 — 95^ stark angerieben. Nach einigem Absetzen wird durch ein vorher bei 120 — 130° C. getrocknetes, gewogenes und gegenwärtig mit Weingeist befeuchtetes Filter gegossen und so lange weiter ausgewaschen und abfiltrirt, bis ein Tropfen des Filtrates farblos erscheint und durch Silbernitrat keine Chlorreaction mehr entsteht. Man bringt nun den Niederschlag vermittelst einer Spritzflasche von der Schale auf das Filter, lässt schliesslich abtropfen und entfernt von diesem den noch anhaftenden Spiritus durch sanftes Drücken mit Fliesspapier, Man bringt das Filter in einen Trockenschrank, lässt es bei 120 — 180° C. eine halbe Stunde lang darin und wiegt es dann sofort, zwischen tarirte Gläser mit Klemme gebracht. Die Gewichtszunahme zeigt das erhaltene Kalium- platinchlorid, K^PtCl® an. Sie wird durch 0,305 multiplicirt, durch die angewendete Menge (= 0,4) dividirt und somit die Gewichtsprocente des Chlorkalium erhalten. Der Factor 0,305 entspricht der Formel: K^PtCl^ : 2KC1 48MÖ" 149^ =- 1 : X. ' X = 0,305. Bei der Berechnung auf Kaliumsulfat bedient man sich der Zahl 0,356. K^PtCie : K^SO^ 488^ 174^ = 1 : X. X = 0,356. Die Menge an Kalium enthält man durch 0,159. K^PtCl« : 2K "iiCio 78 ~~ '^' X = 0,959. 6. Krause, Beitrag z. Bestimmung d. Kalium als Kaliumplatinchlorid. 409 So einfach die Art und Weise dieser Untersuchung scheint und in der That auch ist, so hat man dennoch ver- schiedene Vorsichtsmassregeln zu beobachten, um zu einem richtigen Resultate zu gelangen. Zunächst sind aramoniakalische Dünste zu vermeiden, um eine Bildung von Platinsalmiak, (NH^)^PtCl^ zu verhindern. Es würde dieser das Gewicht des Kalium platinchlorid erhöhen. Desgleichen müssen Alkohol- dämpfe fern gehalten werden, um einer theilweisen Eeducirung zu metallischem Platin vorzubeugen. Bei jeder anderen Ana- lyse vermeidet man gern einen grossen Ueberschuss des Eeagens, hier jedoch muss der Zusatz desselben , des Platin- chlorids, ein mehr als genügender sein. lieben dem Chlor- kalium müssen alle vorhandenen Salze in Platinverbindungen übergeführt werden. Es ist daher zwar nothw^endig, durch empirische Yersuche den Gehalt der Lösung an Platinchlorid zu ermitteln, ohne dass man sich jedoch ängstlich an eine gewisse Concentration binden müsste. Ein Chlorkalium, das reich an Chlormagnesium oder Chlornatrium ist, wird natür- lich mehr bedürfen, als ein daran ärmeres-, da die Atom- gewichte des Magnesium und Natrium bedeutend niedriger als das des Kalium. Man hat bestimmte Merkinale, um zu wissen, ob Platinchlorid vorherrscht oder nicht. Zuerst bemerkt man in letzterem Falle nach dem Abdampfen eine nur hellgelbe Masse, welche an den Bändern weissliche Punkte eingelagert hat, während durch einen Ueberschuss von Platinchlorid die vorstehende Flüssigkeit beim Verdampfen stets tief gelb bleibt, und der Bückstand dieselbe Farbe annimmt. Zweitens erscheint der erste Waschalkohol nicht orangefarben, sondern fast oder ganz farblos, und man kann in der Schale neben dem gebildeten gelben, specifisch schwe- ren, kry stallinischen Kaliumplatinchlorid - Niederschlag leichtere, weisse, lockere Theilchen bemerken, welche sich schwer absetzen und gern zuerst ins Filter gehen. Es ist namentlich das nicht vollständig gefällte Magnesiumsalz, welches diese Eigenschaften zeigt. Trotzdem Chlormagnesium an und für sich in Spiritus löslich, lässt es sich als solches in diesem Falle nur sehr schwer auswaschen. Nach dem Zusätze des 4lO G. Krause, Beitrag z. Bestimmung d. Kalium als Kaliumplatinchlorid. Eeagens wird also bei 100^ C. verdampft. Ein Abdampfen bis zur Trockne ist aus dem Grunde empfehlenswerth, um geringe Mengen freier Säure des Platinchlorids, welche dieses haben könnte, gänzlich zu vertreiben, da die Gegenwart der Salzsäure die Löslichkeit des Kaliumplatinchlorids in Spiritus begünstigen w^ürde. Man hat nicht zu befürchten, dass sich Platinchlorür bildet, da dies erst bei 200^ und höherer Tem- peratur eintritt. Jenes Salz ist sowohl in Spiritus als auch in kaltem Wasser schwer löslich. Ersterer muss möglichst hochprocentig angewendet werden; absoluter Alkohol oder Aether sind indess nicht unbedingt erforderlich. Das Befeuch- ten des Abdampfrestes mit einigen Tropfen Wasser und das rasche Abkühlen der Schale hat den Zweck, dem vorhan- denen Natriuraplatinchlorid, Na^ P#C1« + 6 H^ O, das Ki-y- stallwasser wieder zu geben, um es leichter löslich zu machen. Die Masse darf durch das Wasser nicht schmierig w^erden, sondern muss nur die Farbe verändern und eine krümliche Beschaffenheit annehmen. Man bemerkt, dass der trockne, dunkelgelbe, fast bräunliche Inhalt der Schale beim Auf- nehmen von Wasser wieder schön gelb gefärbt wird. Der Niederschlag wird nun mit Spiritus stark angerieben, um die löslichen Verbindungen zu trennen. Sie bestehen aus den Platindoppel salzen des Natrium, Magnesium, Calciiftn und resp. Baryum. Man ersieht hieraus, dass eine vorherige Entfernung der Körper, aus letzten drei Elementen zusam- mengesetzt, unnöthig ist. Fresenius giebt an, die alka- lischen Erden durch Oxalsäure oder durch Ammoniumcarbonat vorher herauszufällen. Es kann also diese umständliche und zeitraubende Operation wegfallen. Während der Filtration der Waschflüssigkeiten wendet man zur Beschleunigung einen Saugapparat an, ohne deswegen gezwungen zu sein, sich schwedischen Filtrirpapieres bedienen zu müssen. Ich benutze einfaches dichtes Fliesspapier, von dem ich die besten Bogen zu diesem Zwecke auswähle. Die Filter hiervon lassen trotz des Saugens den Niederschlag nicht durch. Es muss noch- mals hervorgehoben werden, das Kaliumplatinchlorid bis zuletzt lediglich in der Schale durch starkes Anreiben mit Spiritus G. Krause, Beitrag z. Bestimmung d, Kalium als Kaliumplatinclilorid. 411 vermittelst eines Glassiabes auszuwaschen. A'^ielfache Ver- suche haben gelehrt, dass es unmöglich ist, ein vollkommenes Aussüssen aus dem Filter zu erreichen, v^ollte man. gleich den Inhalt der Schale von Anfang an auf dieses bringen. Es ist besonders das Magnesiumsalz wieder, welches ziemlich schwer zu trennen ist. Nachdem das letzte Filtrat abgetropft ist und man auf Chlor geprüft hat , nimmt man das Filter vom Trich- ter und entfernt den vom Papiere eingesaugten Spiritus so viel als möglich. Ein Nichtbeachten dieser Eegel könnte ver- anlassen, dass sich durch das Verflüchtigen des Spiritus etwas Platinsalz reduciren würde. Man faltet dann das Filter in der Art zusammen, dass kein Verlust durch Herausfallen des Pulvers entstehen kann und bringt es in den Trockenschrank. Man legt es hier auf eine dünne Lage Fliesspapier. Es dient dieses einmal als schlechter Wärmeleiter, die Hitze kommt von allen Seiten gleichmässig , ausserdem nimmt es die letzten E-este des Spiritus auf. Wenn man die Trocken- vorrichtung bis 120^ vorgewärmt hat, so genügt es, das Filter während einer halben Stunde bei 120 — 130*^ C zu ti'ocknen. Eine geringere Temperatur würde mehr Zeit zum vollständigen Austrocknen, in Anspruch nehmen, durch eine höhere Wärme leidet das Filter, möglicherweise möchte auch eine Zersetzung des Platin chlorids in Platinchlorür eintreten. Nach Verlauf der Zeit wird das Filter, zwischen zwei Uhr- gläser gelegt und mit einer Klemme befestigt, rasch gewo- gen. Das Gewicht des Filters war, wie oben erwähnt, vor- her bei denselben Wärmegraden bestimmt. Sogar jetzt hat man noch Merkmale, welche verrathen, ob sorgsam und regelrecht gearbeitet worden ist oder nicht. Ist nemlich die Spitze des Filters aussen gelb, gleichsam mit gelbem Puder bestreut , so kann man versichert sein , dass das Kaliumplatinchlorid nicht genug ausgewaschen ist. , Will man sich überzeugen, so wird man finden, dass durch ent- sprechende Reagentien ßeaction auf Magnesia hervorgerufen wird. Eine Bräunung des Filters an einigen Stellen, bei Einhaltung der vorgeschriebenen Temperatur beweist, dass noch überschüssiges Platinchlorid vorhanden ist. Das Doppel- 412 G. Krause, Beitrag z. Bestimmung d, Kalium als Kalium platinchlorid. salz bildet ein Pulver von rein citronengelber Farbe, welche von jedem weisslichen Anscheine frei sein muss, was einen zu geringen Zusatz von Platinchlorid, mithin ein noch unzer- setztes Salz anzeigen würde. In besonderen Fällen kann es auch ein Sulfat sein, wenn nemlich die Schwefelsäure nicht vollkommen gefällt war, weswegen sich die entsprechenden Verbindungen in Spiritus nicht lösen. Die ganze Ausführung der Analjj-se nimmt nicht mehr Zeit als anderthalb Stunde in Anspruch. Es pflegt bei jeder chemischen Untersuchung als eine Hauptregel zu gelten, sich vor allen Dingen von der Reinheit der anzuwendenden Reagentien zu überzeugen. Dieselbe Vor- schrift gilt in erhöhtem Massstabe auch hier , und es mögen daher noch einige Angaben über die Darstellung des Platin- chlorids gemacht werden. Selten findet die Bereitung hier in der gewöhnlichen Weise Statt, indem nemlich Platinabfälle mechanisch gereinigt und in Königswasser gelöst werden. Diese Operation wird in den hiesigen Laboratorien kaum alle iünl Jahr ein Mal vorgenommen. In dem Falle würde man sich in bekannter Weise vor Verunreinigungen des Platin, namentlich vor Iridium zu hüten haben. Man verM^erthet hier vielmehr die Platinniederschläge und die Waschflüssigkeiten, um aus diesen das Platin wieder zu gewinnen und es zu Platinchlorid zu verarbeiten. Das Platin beschreibt daher einen steten Kreislauf. Die Arbeit zerfällt in drei Theile: l) das Reduciren, 2) das Reinigen, 3) das Lösen des Platins, an welches sich eine Prüfung auf Reinheit anschliesst. 1) Reduction der Platin v er bind un gen. Die Re- ducirung geschieht durch die Einwirkung des IS^atron, unter- stützt durch Anwesenheit von Weingeist. Es ist diese Me- thode kürzlich in der „Zeitschrift für analytische Chemie von Fresenius" auch raitgetheilt worden. Man hat hier die- sen Weg schon seit mehreren Jahren betreten. Früher redu- cirte man das Platin meistens durch Wasserstoff. Jetzt ge- winnt man es allgemein in folgender Weise. Die gesammelten Niederschläge werden in einer Porcellanschale mit den Spiri- tuosen Wasch flüssigkeiten vereinigt und die gebrauchten G. Krause, Beitrag z. Bestiimnuug d. Kalium als Kaliuraplatinchlorid. 413 Piiter mit Wasser ausgekocht, um sie vollständig zu erschöpfen. Dieser Auszug wird mit jenem gemengt. Man wärmt die Schale an und setzt Natriumcarbonat bis zur stai-k alkalischen Eeaction hinzu. Es muss chemisch rein, namentlich frei von Schwefelsäure sein. Man wendet hier wohl auch geschmol- zenes Aetznatron an, da es in Weingeist löslich ist. Wenn man jedoch eine kleine Quantität Wasser zu diesem hinzu- fügt, wie es durch das Auskochen der Filter herbeigeführt wird, so liegt kein Grund vor, warum man nicht das billigere Natriumcarbonat nehmen soll. Man sorgt, unter öfterem Um- rühren mit einem Glasstabe, dafür, dass die Flüssigkeit mög- lichst rasch in's Kochen kommt, um einer unnützen Yerflüch- tigung des Weingeistes x\bbruch zu thun. Ist sie in diesem Stadium angelangt , so scheidet sich bald plötzlich das Platin als Mohr aus der Flüssigkeit aus. Es hat sich das Natrium des Carbonates mit dem Chlor des Platin verbunden, Chlor- natrium nebst Chlorkalium* sind in Lösung gegangen, Kohlen- säure ist entwichen, das oxydirte Platin durch die Gegenwart des Spiritus desoxydirt, der Sauerstoff von diesem aufgenom- men, und es haben sich Aldehyd, Essigsäure und Oxydations- producte mit höherem Kohlenstoffgehalt gebildet. Der Wein- geist übernimmt somit die Rolle eines Trägers bei dem Processe. 2) Reinigung des Platinmohr s. Man lässt noch kurze Zeit kochen und dann gut absetzen, was unter 4 bis 6 Stunden nicht zu erreichen ist. Hierauf zieht man vermit- telst eines Hebers die klare spirituöse Flüssigkeit in ein Becherglas ab und filtrirt aus diesem durch ein Filter aus gewöhnlichem Filtrirpapiere. Unterdessen übergiesst man den Mohr mit Wasser und kocht von Neuem, um alle restirenden Salze, Chlornatrium, Natriumcarbon at, Chlorkalium, Chlormag- nesium, Chlorcalcium , Chlorbaryum und den noch zurück- gebliebenen Weingeist zu lösen. Man lässt wieder absetzen, wozu diesmal weniger Zeit erforderlich ist. Je reiner der Platinmohr wird , desto rascher und vollständiger senkt er sich zu Boden, Achtet man darauf, die Flüssigkeiten jedes- mal klar abzuziehen, so filtriren sie so schnell, dass dies mit 414 G. Krause, "Beitrag z. Bestimmung d. Kalium als Kaliumplatinchlorid. mit dem Kochen stets Hand in Hand gehen kann. Die sehr geringen Mengen Mohr, welche durch das Filter aufgehalten werden, verhindern ein schnelles Durchlaufen nicht. Im an- dei-en Falle wäre ein Filtriren unmöglich, ein Decantiren und Weggiessen der Flüssigkeit aber eine Vergeudung des Pla- tins. Das dritte Auskochen geschieht mit Wasser, dem ein Drittel Salzsäure zugefügt worden ist. Es gehen Carbonate, die sich gebildet haben könnten und in Wasser nicht löslich sind , in Lösung. Man muss der Salzsäure zu dieser Anwendung den Vor- zug geben. Man hat hier versucht, Schwefelsäure zum Rei- nigen zu nehmen, was jedoch zu verwerfen ist. Aus noch vorhandenem Chlorbaryum, welches als überschüssiges beim Fällen der Schwefelsäure sich Eingang verschafft hat, wird Baryumsulfat gebildet, welches beim nachherigen Behandeln des Platins mit Königswasser theilweise mit in Lösung geht und zu unrichtigen Resultaten Itei der Analyse beiträgt. Concentrirte und kochende Schwefelsäure löst zwar die Ver- bindung zu einem sauren Salze, welches sich jedoch beim Erkalten wieder ausscheidet, auch durch Wasser zu dem ein- fachen Sulfate wieder verwandelt wird. — Das vierte Aus- kochen geschieht mit Salzsäure ohne Wasser. Die letzten Quantitäten verunreinigender und schwer löslicher Salze werden hierdurch entfernt. Zur fünften und sechsten gleichen Behandlung nimmt man nur destillirtes Wasser. Nach Fil- tration der zuletzt abgezogenen Flüssigkeit wird der Mohr auf das Filter gebracht durch Hülfe einer Spritzflasche und nun noch so lange mit heissem destillirten Wasser ausge- waschen, bis das Filtrat, auf Platinblech verdunstet, keine fixen Substanzen hinterlässt, auch nicht auf Chlor reagirt. Dann lässt man ihn einige Zeit stehen, um das Wasser noch mehr verflüchtigen zu lassen. Es ist nicht rathsam, durch Erwärmen den Niederschlag zu trocknen. Schon bei verhält- nissmässig niedriger Temperatur wird durch die ausserordent- liche Fähigkeit des Platinmohrs, Oxydationswirkungen her- vorzurufen, das Filter in Glimmen gerathen und der Mohr selbst in dem Trockenschranke umher geschleudert werden, G, Krause, Beitrag z. Bestimmung d. Kalium als Kaliumplatinchlorid. 415 3) Lösen des Platinmohrs. Man wiegt die Säuren ab, welche das Lösungsmittel bilden sollen. Es ist ein Kö- nigswasser aus 5 Theilen Salzsäure und 1 Theile Salpeter- säure. Erstere bringt man in eine Spritzflasche, vermittelst welcher der Platinmohr vom Filter in einen geräumigen Kol- ben übertragen wird. Man hängt dann das Gefass in ein Wasserbad und bringt dasselbe zum sanften Kochen. Ifun erst wird die Salpetersäure hinzugefügt und zwar nur tropfen- weise. Man giebt 10 Tropfen hinzu, mengt durch sanftes Schütteln und wartet die eintretende E.eaction, das Zersetzen der Salpetersäure und Entweichen von bräunlich gelben dämpfenden Verbindungen NOCF und N0C1 ab. In Folge des fein vertheilten Platin ist die Wirkung der Säure eine plötzliche. Dann werden weitere kleine Quantitäten der Säure hinzugefügt. Bei zu grossem Zusätze von Salpeter- säure auf einmal kommt es häufig vor, dass durch heftige Gasentwicklung die Hälfte der in dem Kolben befindlichen Flüssigkeit herausgetrieben wird und verloren geht. Für diesen Fall kann man zweckmässig eine Schale in Bereit- schaft halten, um aus dem schnell geneigten Kolben den grösseren Theil des Ausströmenden aufzusammeln. In einer Stunde ist die Lösung vollendet. Man lässt sie etwas erkal- ten, filtrirt sie durch schwedisches Filtrirpapier , welches mit salz säurehaltigem Wasser ausgewaschen worden ist, um die darin befindlichen Spuren Eisen zu entfernen. Der sandige Rückstand, welcher auf dem Trichter zurückbleibt, besteht aus Silicaten, aus dem Glasgefässe aufgenommen. Getrocknet nimmt er eine chocoladenbraune Farbe an. Das Filtrat wird in einer gut glasirten Porcellanschale auf dem Wasserbade so weit eingedampft, bis eine mit einem Glasstabe herausgenom- mene Probe an diesem zu erstarren anfangt. Man setzt dann kleine Mengen Salzsäure hinzu, dampft wieder ein und wie- derholt dies so oft, bis keine Spur von Salpetersäure mehr wahrgenommen werden kann, TJm dies zu beobachten, hat man ausser der Farbe der Dämpfe und ihren characteristischen Geruch ein bestimmtes Anzeichen. Beim Zusatz von Chlor- wasserstoffsäure ^u der concentrirten Lösung zersetzt sich 41 G G. Krause, Beitrag z. Bestimmung ci. Kalium als Kaliumplatliiclüorid. die Salpetersäure, welches sich durch ein Brausen, Blasen- werfen und Steigen der Flüssigkeit bemerkbar macht. Es muss die Salpetersäure gänzlich vertrieben werden, da sie sonst Stickstoff - Verbindungen erzeugt, welche das Reagens verunreinigen würden. Man nimmt dies wahr, wenn man bei der Analyse des Chlorkalium das Platinchlorid hinzugegeben und zur Trockne abgedampft hat. Es bilden sich in der Schale kohlschwarze Ränder, welche durch Aufnahme von Wasser gelb werden. Bemerkt man dies, so muss das Ela- tinchlorid natürlich nochmals eingedampft und die Salpeter- säure durch Salzsäure ausgetrieben werden. Wendet man ein Königswasser an, welches 1 : 5 zusammengesetzt ist und hört mit dem Zusätze der Salpetersäure auf, wenn keine Reaction mehr eintritt, so hat man kaum eine Anwesenheit von Salpetersäure zu befürchten. Nach dem letzten Ein- dampfen darf sich kein Geruch nach Chlor oder Chlorwasser- stoff bemerkbar machen. Es bildet sich eine Krystallhaut auf der Oberfläche der Flüssigkeit und man lässt nun erkal- ten. Das Platinchlorid erstarrt zu einem rothbraunen kry- stallinischen Salzkuchen. Man löst ihn in 2 Theilen Wasser, filtrirt durch ein Filter, welches wie oben angegeben ausge- süsst und wäscht dieses nach der Filtration mit beschränkter Menge Wasser nach. Es verbleibt wieder ein unlöslicher Rückstand. Wenn man mit gehöriger Sorgfalt die Darstellung des Platinchlorids in der Weise, wie sie mitgetheilt, ausführt, dabei die Punkte merkt und meidet, wo ein möglicher Verlust ein- treten könnte, so ist es klar, dass die Menge des Platins, trotz der steten Thätigkeit des letzteren, sich nur in einem ver- schwindenden Maassstabe im Laufe der Zeit verringern ward. Es geht Platin nur auf dem Filter direct verloren, indem man es nicht vollständig von demselben herunterbringen kann. Durch Abreiben des Mohrs mit dem Finger oder einer star- ken Federfahne würde das Filter leiden. Zu berücksichtigen ist noch, dass durch öfteren Gebrauch der Schalen zur Platin- verarbeitung dieselben ihre Glasur an einigen Stellen, nament- lich in der Mitte, verlieren, Sie müssen daher durch neue G. Vulpius, Üeber Platinreductlon. 417 Gefässe ersetzt werden, um jede Gelegenheit zu nehmen; welche eine Verunreinigung herbeiführen könnte. Vor der Verwendung des Reagens hat man es auf seine Reinheit zuprüfen. Es muss möglichst frei von überschüssi- ger Salzsäure und von rothgelber Farbe sein. Eine dunkel- rothe Färbung und Undurchsichtigkeit deuten die Anwesenheit von Platinchlorür an. Es kann dieses aber nur entstehen, wenn man die Platinlösung über freiem Feuer abdampfen wollte. Zur weiteren Prüfung bestimmt man mit dem Platin- chlorid ein reines Chlorkalium, dessen Zusammensetzung schon bekannt ist. Schliesslich bringt man einen gewogenen Theil des zu Untersuchenden zur Trockne, glüht und wiegt dann wieder. Man überzeugt sich, ob der Rückstand nur aus Platin besteht und berechnet dann aus diesem das Platin- chlorid. Die Darstellung und Prüfung des Platinchlorids in der erwähnten Art nehmen zwei bis drei Tage in Anspruch. lieber Platiiireductioii. Yon Dr. G. Vulpius. Mit der Darstellung von chlorwasserstoffsaurem Ilydro- xylamin aus Aethylnitrat, Zinn und Chlorwasserstoffsäure beschäftigt, kam ich in die Lage, eine Trennung desselben von dem gleichzeitig entstandenen Chlorammonium durch Fäl- len des Letzteren mittelst Platinchlorid bewerkstelligen zu müssen. Aus dem hierbei in reichlicher Menge sich ergeben- den Platinsalmiak sollte das Platin wieder gewonnen und hierzu nicht das einfache Glühen benutzt, sondern der neuer- dings angerühmte Weg der Reduction mittelst Natronlauge und Alkohol eingeschlagen werden. Die verwendete Natronlauge war aber weit weniger concentrirt, als vorhergesehen und so kam es, dass die zugesetzte Menge nicht zur Austreibung des sämmtlichen Ammoniaks aus dem Platinsalmiak hinreichte, sondern noch ein Theil des Letzteren unzersetzt blieb, Als Arch. d. Pbam, n. Bda, ß. Hft, . gj 418 ■ G. Vulpius, lieber Platinreduction. nun der Alkohol zugesetzt wurde, so Hess sich auch nicht durch fortgesetztes Kochen und ebensowenig durch nachträg- liches Einbringen weiterer Mengen von Natronlauge die Re- duction des Platins herbeiführen, sondern es blieb bei der Bildung eines naissfarbigen, gelbbraunen Pulvers, welches man für kaum veränderten Platinsalmiak ansehen musste. Es blieb daher nichts übrig, als dieses Pulver zu sammeln, zu waschen und zu trocknen, um es dann mit dem Glühen zu versuchen. Bei der Vornahme der letzteren Operation gerieth nun plötzlich das Pulver von einem Punkte der Wandung des Porcellantiegels aus in's Glühen und Flammen , welches sich auch nach Entfernung der Gaslampe durch die ganze Masse allmählich fortsetzte, so dass das gesammte Pulver wie ein bengalischer Flammensatz unter Entwicklung dicker, weisser Dämpfe und eines stechenden Geruches nach Acrolein abbrannte, wobei es, was die Hauptsache war, das Platin in Form des schönsten Schwammes hinterliess, welcher sich in heissem Königswasser mit der grössten Leichtigkeit auflöste. Hier- mit war der Endzweck, wenn auch auf einem Umwege erreicht. Es drängt sich aber von selbst die Frage auf, ob unter solchen Umständen es sich nicht empfehlen dürfte, die durch einen Zufall hier unvollständig gebliebene Zersetzung des Platinsalmiaks mittelst Katronlauge als Eegel einzuführen, W'Cnn man überhaupt nicht das sonst übliche einfache Glühen desselben vorzieht. Jedenfalls würde man die Hälfte der Na- tronlauge dabei ersparen und das Platin in einer zur Auflö- sung mindestens ebensogut geeigneten Form erhalten. Die nähere chemische Constitution der sich dabei ergebenden, so leicht verbrennenden Platinverbindung zu erforschen, welche neben Chlor und Ammoniak wohl noch das Alkoholradi- kal in irgend einer Form enthält, bleibt eine interessante Aufi?abe. 0. Vibrans, Zur Bestimmung der Kohlensäure. 419 Zur Bestimmung der Kohlensäure. Von Dr. 0. Vibrans. Im Anschluss an die von Pettenkofer in Buchners neuem Eepert. u. a, a. 0. erwähnte und beschriebene Bestimmung der Kohlensäure vermittelst titrirter Kalk - oder Barytlösung, lasse ich nachstehend die Beschreibung eines zweckmässigen Appa- rates zu diesen Untersuchungen und die bei der Ausführung derselben zu beobachtenden Cautelen folgen. Es eignet sich diese Methode ganz vorzüglich, einerseits zu der Bestimmung von sehr kleinen Mengen Kohlensäure, anderseits, wo bei der Zersetzung der kohlensäurehaltigen Substanz die Grewichts- analyse durch gleichzeitiges Auftreten von anderen Gasen unmöglich gemacht wird. Die Ergebnisse, verglichen mit den gewichtsanalytischen Eesultaten sind entweder absolut, oder die Differenzen so gering, dass dieselben nicht in Betracht kommen. Das Verfahren ist gegründet auf die Zersetzung kohlensäurehaltiger Substanzen durch Säuren und Bindung der freien Kohlensäure an Barytwasser von ganz bestimmtem Gehalte. Die zu verwendende sehr verdünnte Barytlösung (welche frei von Aetzkali oder Aetznatron sein muss) wird genau auf eine reine und frisch bereitete Oxalsäurelösung gestellt, die im Litre 2 g. Oxalsäure enthält, so dass sich gleiche Volumina beider Lösungen zersetzen. Statt Curcuma- papier als Indicator zu wählen, ist der Zusatz von einigen Tropfen Curcumatinctur sehr empfehlenswerth , da man hier- bei die genaue Titrirung vollständig in der Hand hat. Beim Zusätze von Oxalsäurelösung zu der Barytlösung geht die anfangs braune Curcumafarbe in eine röthliche über, als End- punkt der Beaction ist der Uebergang der letzteren zur gel- ben Farbe zu betrachten und ist dann die Barytlösung voll- ständig neutralisirt. Diese Farbennüance lässt sich nicht gut n Worten ausdrücken, doch giebt einige Uebung dem Auge den richtigen Zeitpunkt für die Endreaction an. Die Einrich- tung des Apparates und die Ausführung der Bestimmung ist nun folgende: In das Gefäss, worin die kohlensäurehaltige Substanz zersetzt wird, passt luftdicht ein dreifach durch' g7* 420 0. Vibrans, Zur Bestimmung der Kohlensäure. bohrter Kautschukpfropfen, durch die eine Oeffnung dessel- ben geht ein unten verjüngtes und umgebogenes Glasrohr, welches als Trichter zum Eingiessen für die Säure dient und oben durch einen Quetschhahn verschlossen wird, die zweite Oeffnung wird durch ein bis auf den Boden des Gefasses reichendes Glasrohr ausgefüllt , dasselbe steht in Verbindung, und kann diese resp, Verbindung durch einen Quetschhahn verschlossen werden, mit einer Waschflasche, worin sich con- centrirtes Barytwasser befindet und, um die Möglichkeit des Eintritts von kohlensäurehaltiger Luft vollständig abzu- schliessen, ist letztere noch mit einer Köhre verbunden, welche mit frisch ausgeglühtem Natronkalk angefüllt ist. Durch die dritte Oeffnung des Kautschukpfropfens geht die Ableitungs- rohre für das entwickelte Kohlensäuregas und habe ich dieser K,öhre zweckmässig eine ü förmige Gestalt gegeben um bei Anwendung von Salpetersäure oder Salzsäure zur Zersetzung der kohlensäurehaltigen Substanz zu verhindern , dass keine Säure mit übergesogen wird. Will man ganz sicher gehen, so kann diese Bohre auch mit Bimsteinstücken , welche mit entwässertem Kupfervitriol imprägnirt sind, gefüllt werden. An diese Bohre schliesst sich nun das Gefäss, worin sich das titrirte Barytwasser befindet. Sehr vorzüglich eignet sich hierzu ein Kugelapparat , welcher mindestens 4 — 5 angebla- sene Kugeln zwischen den beiden Hauptkugeln enthält. Ein Natronkalkrohr verbindet schliesslich diesen letzteren Apparat mit einem Aspirator. Zur Ausführung der Bestimmung wird das Zersetzungsgefäss mit der kohlensäurehaltigen Substanz gefüllt, der Apparat vollständig hergerichtet und aus einer Bürette die Barytlösung in die Kugelröhre abgemessen, letz- tere sodann eingeschaltet, indem man denselben eine mög- lichst aufrechtstehende Bichtung giebt, damit die Kohlensäure vollständig absorbirt wird. Das Carbonat wird dann durch eine stärkere Säure zersetzt und vermittelst des Aspirators zugleich langsam Luft durchgesogen. Nach Ablauf von ca. 2 Liter Wasser erwärmt man den Zersetzungsapparat durch Eintauchen in heisses Wasser und saugt wiederum ca. 2 Li- ter Luft durch, bis das Entwicklungsgefäas erkaltet ist, 0. Vibrans, Zur Bestimmung der Kohlensäure. 421 Sodann lässt man bei abgeschlossener Luft (Schliessung der Quetschhähne) den Apparat stehen, um zu veranlassen, dass 'der kohlensaure Baryt in krystallinische Form übergeht, ent- leert die Kugelrohre unter Abschluss von atmosphärischer Luft, spült mit ausgekochtem heissen Wasser nach, lässt erkalten, versetzt mit einigen Tropfen Curcumatinctur und titrirt mit Oxalsäure -Lösung zurück. Den Abschluss von atmosphärischer Luft beim Umgiessen und Titriren bezweckt man durch TJeberbinden des Kölbchens, worin titrirt wird, mit Kautschukpapier, worin man eine OefFnung zum Eingiessen schneidet. Zum Schlüsse lasse ich noch vier Bestimmungen folgen, um die Genauigkeit der E,esultate zu beweisen: I. 0,01 g. kohlensaurer Kalk geben: Berechnet = 0,0044 CO^. Gefunden = 0,00397 „ 0,00043 Differenz. II. 0,02 g. kohlen s. Kalk geben: Berechnet = 0,0088 CO^. Gefunden = 0,00873 „■' 0,00007 Differenz. III. 0,0375 g. kohlens. Kalk geben: Berechnet = 0,0165 CO^. Geftmden = 0,0165 „ IV. 0,0492 g. kohlens. Kalk geben: Berechnet == 0,021648 CO2. Gefunden = 0,0214 „ 0,000248 Differanz. 422 K. Calmberg, Kachweis. d.Atropin's.-— G. Vulpiu3,Anwend.d. Broms etc. Nachweisung des Atropin's. Von K. Calmberg in Dannstadt. Die Identitätsreaction des Atropins nach der Pharmaco- pöe ist in Beziehung auf das Verhalten zu Schwefel- und Salpetersäure nicht zutreffend. Mit ersterer Säure nimmt es sogleich eine schwach bräunliche Farbe (Verkohlung) an, welche nicht verschwindet und mit Salpetersäure, in der es sich viel schneller, wie in der Schwefelsäure löst, entsteht nicht die geringste gelbliche Färbung; auf einem Uhrglase oder in einem kleinen Cylinder mit dieser Säure Übergossen, giebt es eine farblose Lösung, w^elche vom ersten Augenblick an schon so farblos, wie die Salpetersäure selbst erscheint. Nach Döber einer und Duflos dagegen überzeugt man sich sicher von der Identität dieses gefährlichen Giftes vermittelst Goldchlorid und Jodtinctur. Ersteres verursacht in der wässrigen Lösung des schwefelsauren Atropins einen schwefelgelben krystallinischen , und letztere einen kermes- braunen Niederschlag. — Hierauf kann man noch die im Hager' sehen Commentar angeführte Kaliprobe vornehmen, ohne jedoch die Prüfung mit obigen beiden Säuren zu unter- lassen, da solche wenigstens der Reinheit gilt. Ueber eine Anwendung des Broms in der Analyse. Von Dr. G. Vulpius. Um im Gange der Analyse Nickel neben Kobalt nachzu- weisen, wird bekanntlich die Lösung der beiden Salze mit einer alkalischen Lösung von unterchlorigsaurem Natrium versetzt, oder aber in eine alkalische Lösung der beiden Cyanmetalle Chlor eingeleitet, wodurch in beiden Fällen alles Nickel als schwarzes Superoxyd niederfällt, während das Ko- balt in Lösung bleibt. Nun halten sich aber weder eine wässerige Lösung von unterchlorigsaurem Natrium, noch Chlorwasser längere Zeit unverändert, sondern werden nach häufigerem Oeffnen der halbgefüllten Gläser bald ßeagentien • G. Krause. Ueber ein ueues Mineral von Stassfurt. 423 von zweifelhaftem Werthe und auf der andern Seite ist die jedesmalige Entwicklung und Einleitung von Chlorgas auch nicht erwünscht. Ich versuchte daher für diesen speciellen Zweck, das unterchlorigsaure Natrium und das Chlor durch gesättigtes Bromwasser zu ersetzen, wobei sich zeigte, dass der beabsichtigte Zweck hierdurch vollkommen erreicht wird. Die Ausfällung des Nickelsuperoxyds erfolgt prompt und vollständig und die erwähnten, bei Anwendung des Chlors, störenden Umstände sind umgangen, denn es genügt, dafür Sorge zu tragen, dass sich am Boden einer mit Wasser ge- füllten Flasche stets einige Gramme ungelöstes Brom befin- den, um jeden Augenblick frisches und gesättigtes Bromwasser zur Hand zu haben. Yon einem bestimmten Yolum Wasser wird aber dem Gewichte nach viermal soviel Brom aufge- nommen, als Chlor und wenn auch die Hälfte dieses Yortheils durch das doppelt so grosse Aequivalent des Broms wieder aufgehoben wird, so bleibt doch in diesem concreten Fall der Wirkungswerth des Bromwassers noch der doppelte von dem des Chlorwassers. Alle diese Gründe lassen es empfehlens- werth erscheinen, das Brom beim !N"achwei8 von Nickel neben Kobalt dem Chlor zu substituiren. Ueber ein neues Mineral Ton Stassfurt. Von G. Krause, Chemiker in Stassfurt Man hat kürzlich in dem Stassfurter Steiusalzbergwerke ein neues Mineral enidp-^^^j liöer dessen Zusammensetzung, Eigenschaft"" '^^^' ^^^^ einige Notizen folgen mögen. Dasselbe kommt unmittelbar unter dem Hangenden vor also über der Carnallit - Region. Es zeigt sich in langen Adern von einer ungefähren Stärke von 2 — 3 dm, und ist in grösserer Menge bis jetzt noch nicht gefunden worden. Es ist von grauer Farbe, krystallinisch und ähnelt sehr dem grauen Kainit. Der Bruch ist splittrig. Unter dem Mikro- skope erblickt man beim Bruche dicht neben einander gelagerte (quadratische Schuppen, An der Luft verwittert das Mineral 424 G. Krause, üeber ein neues Mineral voti Stassfurt. nach längerer Zeit, unter dem Exsiccator über Chlorcalcium tritt die Verwitterung schon nach 24 Stunden theilweisc ein; nach einigen Tagen ist sie vollständig. Es wird zunächst die Oberfläche weiss und erhält ein Ansehen, wie es der Kieserit hat, jedoch mit dem Unterschiede, dass dieser krystallinisch- körnig ist, jenes Mineral aber amorph wird. Wie nachstehende Analysen darthun werden, ist das Mineral als Bittersalz zu betrachten. Es wurde für die Unter- suchung gepulvert, wobei es eine weisse Earbe annahm und zum Zusammenballen geneigt war. Das Resultat der ersten Analyse war folgendes. Die in Arbeit genommene Menge betrug 0,3555 g. Gefunden oder : 9,730/„Mg 48,660/o^gSO* 38,93% SO* 48,29% H 20 48,29% H^O 96,96%" 96,95% ■ Da Bittersalz, Mg80* + TH^O, 51,21 % H^O und 48,79% ^§80* erfordert, so wären, um das Vorhandensein dieses zu beweisen, 2,927o H^O zu wenig gefunden. Ist diese Quantität nicht vorhanden , oder war ein Theil dersel- ben übersehen! Die Differenz erklärte sich, wie ich es bei der zweiten Prüfung kennen lernte, daraus, dass das Kry- stallwasKer des Minerals beim gewöhnlichen Erwärmen im Trockenschranke nlp.ht vollständig entweicht, sondern erst bei gelinder Glühhitze. Die zweite Untersuchung stellte ich mit ölxiv,Uoti des Minerals an , welche ich selbst aus dem Schachte mitbrachte, gänzlich von anhängendem und eingelagertem Carnallit be- freite und sofort in Arbeit nahm. Es war somit auch einer Veränderung durch die Luft, theilweises Verwittern etc., ent- gegen getreten. Ich bemerkte, dass sich das Mineral Anfangs in kaltem Wasser sehr leicht löste bis auf einen geringen, sandig erscheinenden Rest, welcher erst ein längeres Erwär- men erforderlich machte, um in Lösung überzugehen. Qt. Krause, üebet ein neues Mineral von Stassfurt. 425 Es wurden 0,4015 g. zur Analyse verwendet. Gefunden oder : 10,17 7o ^% 50,85 % M^m^ 40,80 7o ^* (resp. 51,00 % Mg^gO*) 49,36 7o H^O 49,36 \ H^O. 100,33 100,21. Von dem Wasser entwichen 39,45^0 bei 140° im Trocken- schranke, der Eest von 9,91 7o musste durch Erhitzen über der directen Flamme vertrieben werden, ehe ein constantes Gewicht erzielt wurde. Der Glührückstand blieb weiss. Be- stimmungen des Magnesium und der Schwefelsäure wurden zum zweiten Male ausgeführt und wiederum fast dieselben Zahlen erhalten. Das Bittersalz enthält 51,21 ^o H^O, während bei die- ser Analyse nur 49,36 7o H^O gefunden sind. Man ist daher zu der Annahme berechtigt, dass in dem Mineral noch geringe Mengen verschieden gewässertes Magnesiumsulfat vorhanden sind. 49,36 7o H^O entsprächen 96,38 % MgSO* + 7H^0, und zwar sind in diesen: 47,02% ^g^ö^ jedoch oben gefunden 50,85 7o' mithin ein plus von 3,83 % MgSO*. Das Mineral besteht demnach aus: 96,38 7o Bittersalz. 3,83 % Magnesium Sulfat. Die chemische Formel wäre demnach MgSO* + 7H^0 (4-xMgga* + xaq.) Das specifische Gewicht, welches ich verschiedene Male bestimmt habe , fand ich nie gleich. Ich bestimmte es in ab- solutem Alkohol und erhielt folgende Zahlen: 2,2363; — ■ 2,2426; — 2,2563; ~ 2,3112; — 2,3527. Es mag diese Verschiedenheit in der ungleichmässigen Beschaffenheit der •""^tersuchten Stücke, hinsichtlich mehr oder weniger gewäs- serten -ti^'^ucles, seine Erklärung finden. Weitere Versuche sollen ausgefühv. werden, sobald Material zur Verfügung steht. Das Mineral kann ein st<>undäres Product sein, wohl nicht aus dem Kieserit, sondern aus dem Kainit entstanden, 426 G. Krause, üeber ein neues Mineral von Staaefurt. Es sprechen füi* diese Annahme mehrere Umstände, zunächst ist der Platz des Vorkommens nicht die Kieserit- Region, Bondern derselbe, wo sich Kainit findet, unter dem Hangen- den. Ferner gleicht das Aeussere diesem vollkommen. Ausserdem habe ich folgende Bemerkung gemacht. Als ich ein Stück des Steines unter dem Exsiccator dem Verwittern aussetzte, erblickte ich nach einigen Tagen, dass zwar der grösste Theil diesem Processe erlag, jedoch weigerten sich zwei einzelne Stellen ganz hartnäckig. Die eine war umge- lagert und bildete einen fein krystallinischen , dunkelgrauen Streifen von 3 dm. Länge und 0,5 dm. Breite. Die andere Masse sass nur auf der einen Seite auf, während die drei anderen Seiten frei waren-, sie war eben, durchsichtig und hellgrau. An dem Minerale selbst Hess sich dieselbe Beobachtung ma- chen. Es bestand aus einer krystallinischen und einer blätt- rigen durchsichtigen Schicht. Bei letzterer erschienen unter dem ^Mikroskope kleine Querstreifen. Ich trennte beide voll- kommen gleichfarbige Theile und unterwarf jeden einer be- sonderen Prüfung, welche sich zunächst nur auf Magnesium erstreckte. Ich kam zu dem Besultate, dass das blättrige Mineral bei geringer Cl-Reaction weniger Magnesiumsulfat enthielt, als das krystallinische , welches nicht auf Chlor rea- girte. Von Ersterem wurden 0,442 g., von Letzterem 0,489 g., zur Analyse verwendet. Gefunden. Berechnet. Blättr. Theil. Kryst. Theil. Blättr. Theil. Kryst. Theil. 10,177oMg. 10,470/, Mg. 50,850/o MgSO^ b2;d6\^gm\ Derselbe Versuch wurde nochmals ausgeführt und der krystallinische Körper zuerst und zwar 0,489 g. ange- wendet. Gefunden. Berechnet. 10,12 % ^g. 50.60 o/o ^^ ^^ ^• 39,76 7o ^*- (resp. 49,70 % ^§^*-) Der zweite Körper hatt» diesmal eine starke Chlor - Reaction und zeigte bei verbrauchtem 0,557 g. Ak V. Lösecke, Ozoflbeobachtungen. 427 Gefunden i oder 10,04 O/o Mg 50,20% Mg Sa*. 39,85 % m^ (resp. 49,80«/o MggO^). 12,22 o/q K 2 3,31 o/o K Cl. 11,12 «/oCl 73,5l7o. Rest : 26,490/0 H ^O. 100,000/0. Hiernach könnte man annehmen, dass das Mineral sich aus dem Kainit gebildet haben möchte, da ma» beide Salze, wenn auch das Kalium an Chlor gebunden, innig verwach- sen findet. Die Umsetzung müsste durch atmosphärische Feuchtigkeit freilich etwas eigenthümlich entstanden sein. Fast wahrscheinlicher erscheint es, das Mineral als pri- märes Product zu betrachten. "Wie sich in dem Stassfurter Salzlager regelrecht die schwer löslichen Salze ursprünglich zuerst ausgeschieden, also Chlornatrium und Anhydrit, so haben sich die anderen der Reihe nach demselben Processe unterworfen. In dieser Reihenfolge würde sich Bittersalz im krystallisirten Zustande zuletzt gebildet haben, wie man dies hier durch Versuche auf künstlichem Wege vielfach bestätigt findet. Es wäre durch diese neue Entdeckung der Umstand erklärt, welcher bisher ein Widerspruch bei der Erforschung der Bildungsweise des Stassfurter Salzlagers gewesen ist. Man hätte also im Gegensatze zum Kieserit Mg SO* -j- H^O (resp. X aq.) auch das noch fehlende Magnesiumsulfat mit Krystallwasser, nach dem man suchte, aufgefunden. Ozonbeobachtnngen. Von A. V. Lösecke, Apotheker in Hildburghausen. Die vielfache Aufmerksamkeit, welche man neuerdings dem Ozon zugewendet hat, war auch für mich Veranlassung, von Beginn des vorigen Jahres an ozonometrische Beobach- tungen anzustellen. Ich bediente mit zu diesem Zwecke eines Ozonometers nach Dr. Lender von Krebs, Kroll & Comp, in Berlin, welcher aus 428 A. V. Lösecke, Ozonbeobachtungen. einer Farbenscala in 16 verschiedenen Nuancen vom hellsten Rothviolett bis Schwarzviolett und den dazu gehörenden Rea- genspapiei'en besteht. Wenn auch zugegeben werden muss, dass diese Scala in ihren Abstufungen etwas sorgfältiger hätte ausgeführt werden können, so lässt sich nach kurzer Uebung doch leicht der richtige Grad darnach bestimmen; zwischen den Nr. 14 — 16 der Scala jedoch ist eine Farbendifferenz nicht zu bemerken, daher ich die Nr. 14 als Maximum anse- hen musste. * Behufs Anstellung der Messungen wurde ein von den, dem Ozonometer beigegebenen, etwa 1 Dem. langen und 15 Mm. breiten Jodkalium - Stärke - Papierstreifen so aufge- hängt, dass er weder vom directen Sonnenlichte,. noch vom Regen getroffen werden konnte. Bei sehr trocknem Wetter wurde der Streifen durch mehrmaliges Anhauchen oder durch Wasserdampf schwach angefeuchtet. Die Dauer der Aus- setzung betrug 24 Stunden, doch wurde häufig schon nach Verlauf der halben Zeit geprüft. Die Einwirkung des Ozons auf das Beagenspapier zeigt sich schon nach einigen Stunden zuerst an den Bändern durch eine grauröthliche bis bläuliche Färbung und schreitet dann weiter nach der Mitte zu. So wie beispielsweise häufig nach 6 Stunden der 8. Grad an den Bändern angezeigt, nach 12 Stunden der 9., jedoch nicht immer über die ganze Fläche hin, dagegen nach 24 Stunden derselbe Grad über das ganze Papier; bei geringerem Ozongehalte war das Maximum noch nicht erreicht. Vielfache Versuche haben gezeigt, dass auch bei starkem Ozongehalte die Papierstreifen ohne Gefahr 24 Stunden der Luft ausgesetzt bleiben dürfen; vorsichtshal- ber lässt sich immerhin auch nach 12 Stunden mit einem Theile des Papieres der Gehalt feststellen. Längei'e Einwirkung der Luft, besonders sehr ozonreicher, bewirkt häufig durch Oxy- dation des Jods in Jodsäure Braunfärbung. Die Prüfung nun geschieht durch Eintauchen der Streifen in Wasser und Ver- gleichen der dadurch intensiver auftretenden Färbung mit der Scala. Ammoniak, Schwefelammonium, schweflige Säure, ja A. V. Lösecke, OzonbeobacMungen, 429 unter Umständen die Berührung mit nicht ganz trocknen Händen u, s. w. zerstören die Farbe, und ist das Papier davor zu schützen. Zur Selbsthereitung zweckentsprechenden Reagenspapie- res empfiehlt sich nach Prüfung verschiedener Mengen das Verhältniss von 4 Th. Stärke, mit 100 Th. Wasser zu einem Kleister gekocht, auf 0,85 Th. Jodkalium in 45 Th. Wasser gelöst; mit der Mischung beider Flüssigkeiten wird bestes, weisses Filtrirpapier getränkt, im Zimmer getrocknet, zer- schnitten und in einem gut zu verschliessenden Glase auf- bewahrt. Andere Verhältnisse, wie z. B. Stärke 10, Jodka- lium 1, Wasser 100 (Schönbein) oder 5, 1, 10 (Lichtenstein) lieferten Papiere, die sich für das erwähnte Ozonometer als kaum brauchbar erwiesen. Bevor nun die Besultate mitgetheilt werden, sei noch bemerkt, dass die Reagenspapiere in meinem nach Nordosten und nach dieser Richtung hin ziemlich frei gelegenen, c. 1500 — 2000 Meter von grösseren Nadelholzwaldungen ent- fernten Garten (352 Meter über der Meeresfläche) 165 Cm. über dem Boden aufgehängt wurden. Es ist hier also im Jahre 1873 beobachtet " worden : 8 mal kein Ozon. 1 der 1. Grad, 5 w 2. >? 7 » 3. » 1 » 4, » 2 » 6. >j 29 )5 7. j> 113 » 8. » 138 J> 9. » 7 JJ 10. 5J 8 » 11. »> 6 » 12. )} 430 A. V. Lösecke, Ozonteobachtungen, Als DurchscliTiittsraittel für d ie einzelnen Monate ergaben iich folgende Zahlen: Ozongrad Temperat. Regenmenge. *) Januar 9,35. — 0,40 — Februar 9,90. — 2,00 — März 9,30. + 2,30 — April 8,76. + 4,30 — Mai 8,45. + 6,50 — Juni 8,66. + 11,90 7,06 Cm. Juli 8,30. + 14,00 5,98 „ August 8,32. + 12,70 4,57 „ September 7,86. + 8,50 6,95 „ October 8,55. + 6,47 5,56 „ November 2,26. + 1,45 5,59 „ D^cember 5,60. — 1,70 1,43 „ Ferner für das Winterhalbjalir das Mittel von 8,4 , für das Sommerhalbjahr das von 7,5 und für den Tag das von 7,94. Der Ozongehalt in meinem, von massig hohen Gebäuden umgebenen Hofe war allemal um 2 Grade niedriger; in Wohn- und anderen Räumen, mochten die Fenster geschlossen, längere oder kürzere Zeit geöffnet sein, Topfpflanzen sich darin befinden oder nicht, konnte Ozon nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig in den Schulzimmern des hiesigen Gymnasiums und Seminars mit einer einzigen Ausnahme, wo der 2. Grad beobachtet wurde und zwar in einem nach einem freien Platze belegenen Zimmer, dessen Fenster längere Zeit geöffnet waren. Was den Zusammenhang zwischen Ozon und Windrich- tungen betrifft, so lässt sich nach den sorgfältig angestellten Beobachtungen bis jetzt behaupten, dass den Winden ein wesentlicher Einfluss hier wenigstens nicht zuzuschreiben ist. In den Monaten Januar, Februar und März wurde nemlich bei östlichen Winden, NO, und SO, das Mittel von 9,55, *) Die ombrometrischen Beobachtungen konnten erst im Juni be- ginneu, A. V. Lösecke, Ozonbeotaclitungeü, 431 bei westUclien, SW, W und NW, das von 9,46 beobachtet, im November und December das von 6,4 und 6,0, im Octo- ber das von 9 und 8,5. "Wenn diese Resultate von denen anderer Beobachter, welche bei -westlichen Winden grösseren Ozongehalt als bei östlichen gefunden haben, abweichen, so wird das wohl seinen Grund darin haben, dass gleiche Wit- terungsverhältnisse nicht aller Orten gleiche Ozonmengen bedingen, da ausser jenen zweifelsohne noch andere Verhält- nisse mitsprechen werden, wie z. B. grössere oder geringere Entfernung von Wald und Wasserflächen, des Reagenspapie- res von der Erdoberfläche, Beschaffenheit des Erdbodens und namentlich auch die Stärke des Windes. Bei Sturm, nament- lich wenn von Regen oder starkem Schneefall begleitet, zeig- ten sich stets sehr bedeutende Mengen von Ozon, ebenso bei recht schwüler, feuchtwarmer Luft, wohingegen zu anderen Zeiten die Luftfeuchtigkeit und Regenmenge ohne irgend günstige Wirkung waren. An Regen- und Thau-freien Tagen wurden gleich hohe Grade von Ozon beobachtet als bei Regenwetter, und zwar sowohl im Sommer als auch im Winter, wie denn z, B. im Eebruar d. J. bei einer Temperatur von — 15 — 20<^ und bei nachherigem Thauwetter sich ziemlich constant ein und derselbe Ozongehalt zeigte. Vielleicht geben Beobachtungen der atmosphärischen Feuchtigkeit vermittelst eines demnächst aufzustellenden Hy- grometers unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Winde genauere Aufschlüsse. Wenn demnach bei Sturm und feuchtwarmer Luft stets ein starker Ozongehalt zu bemerken ist; so verschwindet die- ser meistens vollständig bei Nebeln. Der December und namentlich der November sind daher so ozonarm gewesen; es zeigte sich 8 mal kein Ozon, 6 mal der 1., 2., oder 3. Grad. Gewitter scheinen von besonderem Einflüsse auf grössere oder geringere Ozonmenge nicht zu sein. Es wäre wünschenswerth , wenn Ozonmessungen unter Beobachtung der Witterungsverhältnisse und Berücksichtig 432 E. B. Shuttleworth, Ceber die Fähigkeit des Glycerlns etc, gung der angedeuteten Xebenums lande an mehreren Orten angestellt würden, um aas den erhaltenen Resultaten, wo- möglich allgemeinere und bestimmte Schlüsse ziehen zu können. Uelber die Fähigkeit des Grlycerins, die Wirkung der Adstringentia zu mildern. Von E. B. Shuttleworth. (Aus dem Amerie. Jouru. of Phai'macie, March 1874, p. 126.) (Eingesandt von Wittstein.) Es giebt nur wenige Hülfsmittel der Materia medica, welche in so kurzer Zeit populär geworden sind und so man- nichfache Verwendung gefunden haben, als das Glycerin. Seine Eigenschaft als Lösungsmittel, welche noch die des Weingeist's übertrifft, hat seiner Benutzung ein weites Feld eröffnet, welches bereits mit viel Vortheil bebauet worden ist. Es ist indessen möglich und selbst wahrscheinlich, dass man in dieser Beziehung auch schon zu weit gegangen ist, d. h. zu sehr generalisirt hat, und zwar unter Umständen, wo der erwartete Zweck in das Gegentheil umschlug. Dahin gehört die allgemeine Anwendung des Glycerins zur Darstel- lung von Tincturen oder flüssigen Extracten aus vegetabili- schen Substanzen complexer Natur, in sofern, ungeachtet des empfehlungswerthen Aeussern und der Haltbarkeit des Prä- parats, wirkungslose oder selbst schädliche Materien mit in dasselbe hineingerathen sein können. Es ist jedoch nicht dieser Punkt, worüber ich mich jetzt näher verbreiten will, sondern ein Verhalten des Glycerins, welches aus einer andern Ursache entspringt. Aerzte haben nemlich beobachtet, dass bei Anwendung von Adatringentiis, wie Gerbsä^ire und Eisenpräparate, wenn dieselben Glyceriu enthielten, eine andere, weit mildere Wirkung erfolgte, als wenn dasselbe nicht darin war. Es ist darüber schon früher in Zeitschriften und Versammlungen die Rede gewesen, und namentlich ein Fall erzählt, wo 300 Gran Eisenchlorid, in Glycerin gelöst, aus Versehen verschluckt waren, ohne eine E. B. Shuttlewörth, Ueber die Fähigkeit des Glycerins etc. 433 Rachtheüige Wirkung hervorzubringen. Gewiss würde weit we- ger Eisenchlorid, in reiner wässeriger Lösung genommen, ernste Gesundheitsstörungen verursacht haben. Ferner weiss man bereits, dass die gewünschte Wirkung eines Adstringens erst dann entschieden eintritt, wenn man seine Lösung in Glycerin vorher mit Wasser verdünnt hat. Auch wurde das Glycerinum acidi carbolici viel milder in seiner Wirkung befunden, als die reine wässerige Lösung dieser Säure von demselben Gehalte. Es handelt sich nun um die Erklärung dieser Thatsache, also warum das Glycerin modificirend auf die Adstringentia wdrkt. Zu diesem Zwecke müssen wir erstens die physiolo- gischen und therapeutischen Wirkungen dieser Klasse von Körpern in's Auge fassen und zweitens die Einwirkung des Gly- cerins auf die chemischen Eigenschaften derselben untersuchen. Was den ersten Punkt betrifft, so finden wir, dass die Wirkung der Adstringentia grossentheils, wo nicht ganz , auf ihrem chemischen Charakter beruhet. In den meisten Fällen besitzen diese Materien eine Affinität zu gewissen festen und flüs- sigen thierischen Körpern, und rufen durch directe Verbindung damit Wirkungen hervor. Die Pharmakologen stimmen in dieser Beziehung allgemein überein, und man nimmt an, dass diese Heilmittel, ob äusserlich oder innerlich verordnet, mehr oder weniger lokal wirken, indem sie eine Zusammenziehung oder Verrunzelung der Gewebe, oder eine Gerinnung der Flüssigkeiten bewirken. Hinsichtlich der Gerbsäure sagt Pe- reira: „Das Tannin wirkt auf thierische Gewebe wegen sei- ner Affinität zu den Bestandtheilen. Es bildet mit Eiweiss und Leim Verbindungen, welche in Wasser unlöslich sind, und es vereinigt sich mit Fibrin; in den Magen gebracht, tritt es an die Bestandtheile des Epitheliums und der Schleim- haut des Darmkanals." Man kann daher annehmen, dass die Adstringentia im Allgemeinen nur chemisch wirken, und dass, wenn die erwartete Wirkung eintreten soll , ihr chemischer Charakter nicht modificirt oder gestört werden darf. Um das chemische Verhalten des Glycerins zu Adstringen- tiis kennen zu lernen, unternahm ich eine Reihe von Ver- hob, d. Pb»na. II. Bdi, S, SA, 2ß 434 E. B. Shuttlewortb, lieber die Fähigkeit des Glycerins. suchen, welche nur so weit fortgesetzt wurden, um zu einem befriedigenden Resultate zu gelangen. Unter den vegetabili- schen Adstringentiis wählte ich als passendsten Repräsentan- ten die Galläpfelgerbsäure — das Tannin des Handels, und unter den mineralischen das Eisenchlorid und das Eisen- oxydsulphat. Das Verhalten einer wässerigen Lösung des Glyceri- num acid. tannici zu Eeagentien ist genau dasselbe, wie das einer wässerigen Lösung des reinen Tannins. Die Eisen- salze, Brech Weinstein , Chlornatrium, Schwefelsäure und Salz- säure, sowie Leim geben in beiden Fällen gleiche Färbungen und Fällungen, Um das vergleichsweise Vermögen der bei- den Solutionen, Leim zu präcipitiren , kennen zu lernen, stellte ich solche von gleichem Tanningehalte dar und fand dann, dass von jeder gleich viel erforderlich ist, um ein und dieselbe Menge Leim niederzuschlagen. Nun wandte ich eine concentrirte Lösung von Tannin in Glycerin an, aber diese w^ard durch Leim nicht gefällt; wenigstens veranlasste nur eine kleine Quantität der Glyce- rinlösung, welche in unmittelbarer Berührung mit dem Was- ser der Leimlösung war, eine Trübung, und diese oberfläch- liche Coagulum - Schicht verschwand bei schwachem Erwärmen sofort wieder. Dieses Verhalten ist in so fern befriedigend und bietet eine mögliche Erklärung der erwähnten Thatsache dar , nemlich dass , um die volle adstringirende Wirkung des Tannin - Glycerin - Pi'äparats zu erzielen, vorher mit Wasser verdünnt werden muss. Mangel an Zeit verhinderte mich, diesen Gegenstand weiter zu verfolgen oder näher zu prüfen, dass, wie schon Andere angegeben haben , das Glycerin die Fällung einiger Eisensalze durch Alkalien verhindert. Aus alledem geht hervor, dass das Glycerin keineswegs ein chemisch so indifferenter Körper ist, wie er allgemein angeschen wird. Musculus, Reagenspapier auf Harnstoff. 435 Uelber ein Reagenspapier auf Harnstoff. Von Musculus. (Eingesandt von Wittstein.) Die rasche Umwandlung des Harnstoffs in kohlensaures Ammoniak rührt bekanntlich von der Einwirkung eines eigen- thümlichen Ferments her, welches im faulenden Harne auf- tritt. Nach Pasteur und van Tieghem besteht dieses Ferment aus einer Torulacee, welche man besonders am Bo- den des Gefässes im Zustande kleiner sphärischer Kügelchen von 0,0015 Millimeter Durchmesser findet, an denen keine Granulationen und keine Wand zu erkennen sind, und die sich durch Knosp ung zu vermehren scheinen. Ich habe versucht, diese Kügelchen zu sammeln und in gelinder Wärme zu trocknen, in der Hoffnung sie in diesem Zustande aufbewahren und durch Wiederzusammenbringen mit Wasser neuerdings beleben zu können. Beides ist mir voll- ständig gelungen. Harn, welcher sich in voller alkalischer Gährung befand, wurde filtrirt. Die Flüssigkeit lief anfangs rasch durch, bald aber geriethen die Ferment - Kügelchen in die Poren des Pa- piers und verstopften sie. Das Filtriren erlitt dadurch eine beträchtliche Verzögerung, ohne indessen ganz aufzuhören. Man wusch so lange nach, bis das Ablaufende nicht mehr alkalisch reagirte, und trocknete dann bei 35 bis 40" C. Das so erhaltene Papier stellt ein sehr empfindliches Eeagens auf Harnstoff dar. Taucht man nemlich ein Stück davon in eine sehr verdünnte Lösung dieses Körpers, so findet man darin schon nach zehn bis fünfzehn Minuten viel kohlensaures Ammoniak, von dessen Anwesenheit man sich leicht überzeugen kann. Nach Verlauf eines Monats hatte das Papier noch nichts von seiner Wirksamkeit verloren. Unter dem Mikroskope be- merkte ich darin zahlreiche Kügelchen, welche wie Monaden aussahen und bei Berührung mit Wasser in Bewegung ge- riethen. 436 Musculus, Eeageuspapier auf Harnstoff. Am bequemsten ist es, dieses Papier mit Curcuma gefärbt anzuwenden. Nachdem man es durch Curcumatinctur gezo- gen und getrocknet hat, hebt man es in einer verschlossenen Flasche auf. Legt man ein Stück davon in eine Lösung von Harnstoff, welche Viooo ^^^ selbst nur Vioooo enthält, so bemerkt man schon nach einigen Minuten auf dem Papiere braune Flecken, welche sich immer mehr ausdehnen und dem- selben schliesslich eine dunkelbraune Farbe ertheilen. Will man in einer Flüssigkeit Harnstoff suchen, so muss man sie erst neutralisiren. Neutral reagirende Alkalisalze wirken nicht störend, vielmehr, wie es scheint, eher bethäti- gend. Carbolsäure verhält sich indifferent. Mit diesem Papiere kann man sogar den Harnstoff quan- titativ bestimmen. Zu diesem Zwecke bringt man die betref- fende Flüssigkeit in eine Flasche , dazu ferraenthaltiges Pa- pier, ein wenig Lackmustinctur, vei'dünnte Schwefelsäure bis zur zvviebelrothen Färbung, verschliesst die Flasche und lässt sie fünf bis sechs Stunden lang in einer Temperatur von 25 bis 30" stehen. Dieser Zeitraum reicht gewöhnlich hin, die Gährung zu Ende zu führen. Hierauf bestimmt man das erzeugte Ammoniak vermittelst einer titrirten Säure. Das beste Papier ist dasjenige, welches man durch Fil- triren des weissen Harnabsatzes erhält. Nach dem Trocknen kann man es von dem grösseren Theile der anhängenden Salze (Urate, Phosphate etc.) leicht befreien; die Gegenwart dieser Salze benachtheiligt übrigens den Gang der Operation nicht im Mindesten. Die ciweissartigen Materien erleiden durch das Ferment keine Veränderung, bringen wenigstens in derselben Zeit, wo der Harnstoff in kolilensaurcs Ammoniak verwandelt wird, keine alkalische Iloaction hervor. Die Harnsäure wird eben- falls nicht zersetzt, denn man findet sie im gefaullen Harne als harnsaures Ammoniak und Natron wieder. Wahrschein- lich verhalten sich andere Körper von ähnlicher Constitution, wie das Xanthin, das Sarkin etc., ebenso. Das Studium der Einwirkung des Ferments auf die verschiedenen Materien, welche mit Harnstofi" vermischt in den thierischen Flüssig- A. Hirschberg, Giftiges Vanille -Eis. 437 keiten vorkommen können, wird den Gegenstand einer späte- ren Mittheilung bilden. Das Aufsuchen und die quantitative Bestimmung sehr kleiner Mengen Harnstoff in Brunnenwässern, in welche Kloakenwässer muthmasslich gelangt sind, ist mit obigem Papiere leicht auszuführen. Bekommt man direct keine Beac- tion, so muss man ein oder mehrere Liter vorher weit ein- engen, bei welcher Operation der Harnstoff kaum eine Ver- änderung erleidet. (Repert. de JPharmacie. Journ. de MSdic. de Bruxelles. Febr. 1874=, p. 133.). Giftiges Vanille -Eis. Von A. Hirschberg, Sondershausen. Seit einigen Jahren häufen sich die Fälle, in denen nach dem Genuss von Vanille -Eis mehr oder weniger bedeutende Krankheitserscheinungen vorkommen, welche auf Vergiftung schliessen lassen, ohne dass es bisher gelungen, eine solche nachzuweisen. Der erste Fall dieser Art ereignete sich vor 30 Jahren in Altona, wo nach dem Genuss solchen Eises eine Tischgesellschaft zum Theil fast lebensgefahrlich erkrankte. Es ward damals ohne Erfolg scharf analysirt und inquirirt und das einzige positive Ergebniss war, dass das Geschäft des betr. Conditors sehr geschädigt wurde und es langer Zeit bedurfte, bevor er das verlorne Vertrauen wiedergewann. Professor Schroff in Wien hat einmal die Vermuthung aus- gesprochen, dass die giftigen Eigenschaften solchen Eises von dem in gewissen Vanille - Sorten enthaltenen scharfen Harze oder Balsam herrühren dürften, aber diese Vermuthung ist, wie es scheint, durch Thatsachen nicht bestätigt worden und auch die seit 30 Jahren so sehr vorgeschrittene Kunst und Wissenschaft der Analyse hat das verborgene Gift ans Licht zu ziehen nicht vermocht. Vielleicht dürfte die Annahme, dass man diesem Gifte weniger auf chemischem und physiologischem, als auf botani- schem oder roikroskopischem Wege nachzuspüren habe , nicht 438 A. Hirschberg, Giftiges Vanille -Eis. ungerechtfertigt erscheinen, wenn man in Betracht zieht, dass das aus Milch, Zucker und Eiweiss bestehende, dem Gefrieren auszusetzende Gemisch, besonders in der feuchtwarmen Luft der Arbeitslokale mancher Conditoreien alle Bedingungen zu der Entwickelung und dem Wachsen von Organismen bietet, welche das Verderben resp. die Fäulniss dieses Gemisches bedingen können , ohne dass sofort eine sichtbare oder durch chemische Reagentien erkennbare Veränderung desselben ein- getreten sein muss. Je mehr eine solche Veränderung Platz gegriffen, um desto energischer können und werden möglicher Weise die pathologischen Erscheinungen auftreten, Mossler studirte das Eindringen von Pilzkeimen in die Eier durch die unverletzte Schale derselben, wo sie wahr- scheinlich erst Eäulnissfermente entwickeln, Henning, Ben- der s, V, Hessling, H. Hoffmann, Montagne, Tan- ceri und v. Wittich haben über denselben Gegenstand Untersuchungen veröffentlicht. {Zürn, die pßanzlichen Pa- rasiten. Wei7nar 1874). V. Hessling sagt in seiner Arbeit über den Pilz der Milch, „Milch, wenn sie bei hoher äusserer Temperatur (im Sommer) 15 — 24 Stunden, im Winter 2 — 3 Tage gestanden, lässt in den oberen Rahmschichten Vibrionen und Pilzsporen erkennen, Butter und Käse (Sauermilchkäse) haben üppig diese Pilze. Die mancherlei Verdauungsbeschwerden der kleinen, namentlich künstlich aufgefütterten Kinder, welche gewöhnlich abnormen Indigesta zugeschrieben werden, mögen mit der Gegenwart dieser Pilze in Zusammenhang stehen ; es Bei nur jener grünen dünnflüssigen , nach Fettsäuren riechen- den, sauer reagirenden Stühle gedacht, welche die Gegend des Afters und der Genitalien erodiren und die Kinder so rasch dem Verfall entgegenführen." (A. a. 0.) Professor F. Cohn in Breslau hat bestätigt, dass ganz besonders das Wasser, fast in allen Fällen, es Bei denn frisch destillirt, Bacterien enthält, und hier- nach die Klarheit eines Wassers nicht immer als Zeichen seiner Sal üb rität anzusprechen sei. Sind aber die Bacterien als die ersten und alleinigen Erreger der A. Hirschberg, Giftiges Vanille- Eis, 439 Fäulniss anzusprechen, was durch die Cohn' sehen Unter- suchungen kaum noch bezweifelt werden dürfte, so ist ferner in dem Wasser, abgesehen davon, dass jede Luft von Pilz- keimen erfüllt ist, ein ferneres Moment zur Einleitung der Veränderung des Cremes gegeben, welches, da die Bacterien sich ebensowohl mit dem "Wasserdunst unzersetzt verflüchti- gen, als sie der Frostkälte widerstehen, auch durch das Gefrieren des Cremes nicht unwirksam gemacht wird. Nachschrift. In Nr. 10 der Berliner Klinischen Wochenschrift vom 10. März d. J. berichtet Dr. L. Rosen- thal über mehrere im August und September v. J. zu Ber- lin vorgekommene Yergiftungsfälle durch Vanille -Eis. Der in der Berl. med. Gesellschaft gehaltene Vortrag desselben constatirt, dass die auf Veranlassung des Polizeipräsidiums von Herrn Dr. Schädler vorgenommene chemische Unter- suchung ergeben habe, dass die bisher gangbarste und plau- sibelste Hypothese, nach welcher diese Vergiftung auf eine Cardalvergiftung zurückzuführen sei, unhaltbar ist, Ver- suche, welche Verf. mit Herrn Dr. Schädler an Hunden und Katzen angestellt, gaben ein negatives Resultat. Erläu- ternd sei hinzugefügt, dass in Columbien, nach Schroff, die Vanille- Schalen mit dem fetten Oel von Anacardium occiden- tale bestrichen und an der Sonne getrocknet werden, allein eine Thatsache, welche aber nirgends bestätigt wird. Da nun weder die die Schoten bedeckenden Krystalle, in dem vorlie- genden Falle war die Vanille krystallfrei , noch viel weniger die zu Aromatisirung derselben, mitunter dienenden Storax und Perubalsam giftige Eigenschaften besitzen, auch nicht feststeht, ob die unreifen Schoten, welche nach Henkel und Elückiger, nachdem ihnen im Ursprungslande durch be- sondere Behandlung das Ansehen der reifen gegeben wer- den, in den Handel kommen sollen, diese Eigenschaften besitzen, so begnügt Dr. Bosenthal sich, die Aufmerksam- keit auf diesen letzten Punkt hinzulenken. Der Vortrag fasst Alles zusammen, was über diesen Gegenstand seit 30 Jahren 440 Miuquarat'sche Vegetabilischer Haarbalsanj. geschrieben worden, aber keines der angeführten Citate reicht aus, um die Cholera - artigen Erscheinungen genügend zu erklären, welche der Verf. in vorliegendem Falle beobachtet hat. Die Kranken sind übrigens genesen. Der Marquart'sche Vegetabilische Haarbalsam, gekennzeichnet von G. C. Wittstein. Dieses Präpai*at ist, laut Angabe des Herrn A. Marquart in Leipzig, das vorzüglichste, sicherste und bis jetzt einzige Mittel, jeden grauen Haaren die ursprüngliche Farbe wieder- zugeben, die Kopfhaut zu stärken, zu reinigen und sich das Haar für die Lebenszeit zu erhalten. Es enthält weder Beize noch andere Schärfen, ist daher vollständig unschädlich. Zur Würdigung dieser Anpreisung möge das Nachfol- gende dienen. Der sog. Haarbalsam befindet sich in flachen vierkanti- gen weissen Flaschen, welche 90g. davon enthalten, und stellt eine graugelb - trübe Flüssigkeit dar, aus welcher sich in der Ruhe ein graugelber pulveriger Satz ablagert, wäh- rend darüber eine wasserhelle Flüssigkeit steht. Der graugelbe Absatz aus einer solchen Flasche wog nach dem Trocknen 1,812 g. und bestand aus Schwefel mit einer geringen Menge Schwefelblei. Die wasserhelle Flüssigkeit roch lavendelartig und schwach ■weingeistig , schmeckte süsslich zusammenziehend aroma- tisch, und reagirte schwach sauer. Als Bestandtheile dersel- ben ergaben sich: Bleizucker und Glycerin, aufgelöst in La- vendel-Spiritus. Zur quantitativen Bestimmung des Bleizuckers und Gly- cerins wurden 10 g. der Flüssigkeit mit verdünnter Schwe- felsäure gelallt. Der dadurch entstandene weisse Niederschlag von schwefelsaurem Bleioxyd betrug nach dem Waschen, Trocknen und Grlühen 0,125 g. , welche 0,156 g. krystallisir- tem essigsaurem Bleioxyd entsprechen, Raland, Wirkung des "Wassers auf das Blei. 441 Die von dem schwefelsauren Bleioxyde geschiedene Flüs- sigkeit wurde mit kohlensaurem Natron übersättigt, bis last zur Trockne verdunstet, die Masse mit 95grädigem Wein- geist behandelt, und der filtrirte geistige Auszug verdunstet, wobei 2,050 g. Glycerin hinterblieben. Das Präparat enthält mithin in 100 Gewichtstheilen : 1,56 Bleizucker. 2,01 Schwefel. 20,50 Glycerin. 75,93 Lavendelspiritus. 100,00. Wir haben also hier, trotz Marquart's Gegenversicherung, ein bei dauerndem Gebrauch höchst gefährliches Haarfärbe- mittel vor uns; es wäre daher Pflicht der Leipziger Apothe- ker, welchen vorstehende Ifotiz zu Gesicht kommt, die dortige Polizei sofort auf jenen gewissenlosen Handel (der, da die Flasche 20 Ngr. kostet, auch noch eine Geldprellerei ein- schliesst, indem der Inhalt sammt Glas mit 4 Ngr. reichlich bezahlt ist) aufmerksam zu machen. Wirkung des Wassers auf das Blei. Von Ealand. (Aus den Compt. rendus, Febr. 1874, t. LXXVIII, p. 392.) (Eingesandt von Wittstein.) Bekanntlich weiss man schon sehr lange, dass das Blei von lufthaltigem Wasser angegriffen wird, indessen hat eine mehr als 20 Jahrhunderte lange Erfahrung gezeigt, dass man die mit bleiernen Röhren in Berührung gestandenen natürli- chen Wässer ohne Nachtheil trinken kann. Beim Forschen nach dieser Unschädlichkeit hat man ge- funden, dass die Anwesenheit sehr kleiner Mengen gewisser Salze es ist, welche den lösenden Einfluss des Wassers auf das Metall verhindert. 442 Raland, Wirkung des Wassers auf das Blei Wie wirken nun diese Salzer Verhindern sie die Oxy- dation des Metalles oder bilden sie mit dem oxydirten Me- talle eine Verbindung, welche weder fähig ist, sich in Wasser zu lösen, noch sich darin zu vertheilen? Diese Frage habe ich durch die nachstehenden Versuche zu beantworten gesucht. Die perlmutterähnliehe Substanz, welche sich in Berüh- rung des Bleies mit lufthaltigem Blei in bedeutender Menge erzeugt, ist nichts als i-eines Bleiweiss. Aeltere Versuche haben mir wiederholt ergeben, dass sie in der That auf 4 Aequiv. Bleioxyd 3 Aequiv. Kohlensäure und 1 Aequiv. Wasser enthält, also ganz so wie viele natürliche oder künst- liche Carbonate zusammengesetzt ist. Diese Art von Blei- weiss besitzt einen hohen Grad von Vertheilung, und ich fand es in einer dem Auge nicht erkennbaren Art von Sus- pension in einer wie klar filtrirt scheinenden Flüssigkeit. In einer solchen Flüssigkeit habe ich die Gegenwart des Bleies nicht auf die gewöhnliche Weise, d. h. mittelst Schwe- felwasserstoff, nachgewiesen. Allerdings färben sich durch dieses Reagens die im Wasser suspendirten Partikelchen Bleiweiss an ihrer Oberfläche , allein diese Färbung steht in gar keinem Verhältniss zu der wirklich vorhandenen Menge der Bleiverbindung. Wenn man dagegen die Vorsicht ge- braucht, das zu prüfende Wasser vorher mit einigen Tropfen einer Lösung von weinsteinsaui'em Ammoniak (einem Salze, welches die Fähigkeit besitzt, unlösliche Bleiverbindungen, wie das Hydrat, Sulphat, Carbonat, Phosphat, Borat, zu lösen) zu versetzen und einige Male aufzukochen , so schlägt nunmehr der Schwefelwasserstoff alles Blei nieder und verursacht da- durch eine nicht zu verkennende dunkle Färbung. Die Reac- tion wird in dem Grade schwächer, als man das (ursprüng- liche) Wasser durch eine Anzahl Papierfilter laufen lässt, ein Beweis, dass die Erscheinung lediglich von einem in Suspen- sion befindlichen Körper heri'ührt; aber selbst Wasser, wel- ches bereits sieben Filtra passirt hatte, enthielt noch Spuren Blei, erkennbar durch Hülfe des oben angegebenen Ver- fahrens. Ealand, Wirkung des Wassers auf das BleL 443 Dieses Verfahren setzte mich in den Stand festzustellen, dass die Quantitäten gesättigter Solution von schwefelsaurem Kalk in destillirtem Wasser, welche von andern Chemikern als die Grenze, bei welcher das Blei nicht mehr angegriffen wird, angegeben sind, sehr bedeutend überschritten waren. Keineswegs hört destillirtes Wasser,", welches 4 oder 5 Hun- dertel gesättigtes Gypswasser enthält, auf, das Blei anzu- greifen; es geschieht dieser Angriff auf das Metall selbst durch gesättigte Gypslösung. Allerdings bemerkt man in gesättigter Gypslösung, worin eine Bleiplatte 24 Stunden lang gelegen hat, nichts vom Blei; wenn man aber stark schüttelt, um an der Oberfläche des Metalles etwa hängende Theilchen abzuspülen oder einen am Boden befindlichen Ab- satz in Suspension zu bringen, so zeigt die Flüssigkeit durch die oben angegebene Behandlung sehr augenfällig die Anwe- senheit des Bleies. Dieser Versuch, welcher dieselben Resul- tate liefert, wenn man ihn mit Wasser wiederholt, worin sich andere Solutionen, die wie der Gyps das Blei zu schützen scheinen, befinden, beweist zweierlei: erstens, dass das Blei in den verschiedenen Fällen angegrifi'en ward, und zweitens dass das Product dieses Angriffs an der Oberfläche des Me- talles fest haften blieb. Diese Oberfläche zeigt in der That selbst nach Anwendung der anscheinend conservirendsten Wässer keineswegs mehr den Glanz des frisch geschmolzenen Bleies. Es handelt sich jetzt darum, zu beweisen, dass dieses Aussehen von einer unlöslichen Bleiverbindung herrührt. Zu dem Zwecke schabte ich gleich grosse Oberflächen metallisch glänzenden und in gesättigtem Gypswasser matt gewordenen Bleies ab, that jede Probe in destillirtes Wasser, welches einige Tropfen weinsteinsaure Ammoniaklösung enthielt, und erhitzte beide Flüssigkeiten zum Sieden. In beiden konnte nun Blei nachgewiesen werden. Obgleich die eine, worin sich das matt gewordene Blei befand, weit mehr Metall aufgelöst enthielt, als die andere, und der Zweck des Experiments somit erreicht war, so wünschte ich doch noch entschiedenere Unterscheidungsmerkmale zu erzielen, Ich operirte daher ein 444 Raland, Wirkung des Wassers auf das Blei. zweites Mal, und zwar in der Kälte. liTun wurde das reine Blei von dem weinsteinsauren Ammoniak weniger, indessen immer noch deutlich angegriffen. Als ich aber dann eine Flüssigkeit anwandte, aus welcher ich die Luft durch einige Minuten langes Kochen getrieben hatte, fand ich darin nach der Einwirkung auf reines Blei kein Metall gelöst. Hier fehlte also der zur Oxydation des Metalles erforderliche Sauerstoff, während in derjenigen Flüssigkeit, welche unter denselben Umständen (d. i. nach Austreibung der Luft) auf das mit Gypslösung behandelte Metall einwirkte, das wein- steinsaure Ammoniak eine schon fertige Bleiverbindung vor- fand, die es bloss aufzulösen brauchte, daher denn auch in dieser Flüssigkeit eine merkliche Menge Blei enthalten war. Lässt man aber die Flüssigkeit, welche im Kochen von dem reinen Metalle nichts aufgenommen hat, mit dem Metalle erkalten, so findet man schon nach einigen Minuten Blei da- rin, ein Beweis, mit welcher Schnelligkeit die Luft ihren Ein- fluss auf das Blei unter der Concurrenz des weinsteinsauren Ammoniaks ausübt und Bleioxyd erzeugt. Aehnliche Ver- suche mit Bleiplatten, welche in destillirtem Wasser verweilt hatten, das schwefelsaure Alaunerde, schwefelsaure Magne- sia,*) doppeltkohlensauren Kalk, einfach - kohlensaures Natron oder doppeltkohlensaures Natron enthielt, lieferten gleiche Resultate. In allen diesen Fällen war die matte Bleiplatte merklich reiner geworden, ohne jedoch das glänzende Ansehn des frisch geschmolzenen Bleies wieder zu erlangen. *) Das schwefelsaure Natron schien mir nicht dieselbe "Wirksamkeit, ■wie die erdigen Sulphate, die Aenderung des Bleies zu verhindern, zu hesitzen; das Product, welches dabei entsteht, ist weniger zusammen- hängend und trennt sich daher leichter von dem Metalle. Während da- gegen Kochsalz haltiges Wasser auf dem Blei eine continuirliche , schwer abtrennbare Schicht erzeugt, bilden die Chloride des Calciums, Magne- siums und Baryums Absätze , welche der Flüssigkeit ein trübes Ansehn ertheilen. Keue Darstellungsmet'hode der Salicylsaure. 445 B. Monatsbericht. Neue Darstellungsmethode und einige bemerkens- werthe Eigenscliaften der Salicylsaure. Das künstliche Gaultlieriaöl , dessen Procentgehalt an salicylsaurem Melhyläther sehr schwankend ist, ist zu kost- bar, um daraus viele Pfunde von Salicylsaure zu bereiten. Prof. Kolbe versuchte daher, ob die früher von Lautemann und ihm beschriebene Methode, O'H^Ö^ künstlich aus Phe- nol und 00^ unter Mitwirkung von Natrium darzustellen, sich nicht vereinfachen und vervollkommnen und damit eine billigere Salicylsaure gewinnen Hesse. Dies ist in der That gelungen. Nach mehreren Versuchen blieb Prof. Kolbe zuletzt bei nach- folgendem Verfahren stehen. Man löst in starker, roher Na- tronlauge von bekanntem NaHO Gehalt so viel krystallisirtes, zuvor geschmolzenes Phenol, dass NaHO und C^H^OH sich gerade sättigen, dampft dann die Lösung in einer eisernen Schaale ein und bringt mittelst Rühren zur staubigen Trockne. Das erhaltene Natrium - Phenol wird in einer Eetorte allmäh- lich bis auf 220 — 250*' erhitzt, während fortwährend trocken GQ^ eingeleitet wird. Die Reaction ist beendet, wenn bei der angegebenen Temperatur kein G*^H^OH mehr übergeht. Es war zu erwarten, dass die Eeaction in der Weise vor sich ging, dass ein Molecül QQ^ sich in ein Molecül O^H^ONa einschieben und so gerade auf ein Molecül salicylsaures Na- trium bilden würde: ^öH^ONa + e02 = GeHsaOOONa. Dies ist jedoch nicht der Fall; nur die Hälfte des Na- trium-Phenols wird in Salicylsaure umgewandelt. Der Pro- oess verläuft nach folgender Gleichung neuöONa G6H60Na + ^^' ^ C6H*ONa€O0Na 4- CeH^OH. In zwei Mol. G^H^ONa findet demnach unter Einwir- kung von 00^ ein Austausch von H und Na in der Weise statt, dass einerseits Phenol, andererseits Dinatrium- Phenol entsteht, welches letztere dann sich mit 00 ^ zu natriumsali- cylsaurem Natrium verbindet. G^HsaNa 4- OeH^ONa = e^H^NaONa 4- G^R^QJl; GSH^NaONa -j- GO« = O^H^ONaGOONa. Aus diesem Salze wird durch HCl die Salicylsaure abge ßchieden. 4iQ Neue Darstellungsmethode der Salicylsäufe. Die speciellen physikalischen und chemischen Eigen- schaften der O'H^O^ sind gut bekannt, fast gar nicht die • physiologischen Wirkungen derselben. Die Erfahrung , dass Öalicylsäure aus G^H^QH und €0^ sich leicht zusammen- setzen lässt, und die bekannte Eigenschaft derselben, sich beim Erhitzen über den Siedepunkt in Phenol und Kohlen- säui'e zu spalten, Hessen Prof. Kolbe vermuthen, dass sie ähnlich der Carbolsäure Gährungs- und Fäulnissprocesse auf- hält oder ganz verhindert, und dass sie überhaupt antisep- tisch wirkt. Diese Vermuthung bestätigte sich. Senfmehl, welches mit lauwarmem Wasser angerührt, nach wenigen Augenblicken einen starken Geruch nach Senföl erzeugt, giebt mit H^O eine geruchlose Mischung, wenn demselben zuvor ganz wenig Salicylsäure zugesetzt war. Auf eine mit etwas O'H^O^ versetzte Traubenzucker- lösung übt Hefe keine Wirkung aus; bereits in Gährung begriffene Zuckerlösung hört nach Hinzufügung von Salicyl- säure auf, zu gähren. Frisches Fleisch, mit Salicylsäure einge- rieben, hält sich an der Luft wochenlang, ohne zu faulen. Verfasser hat augenblicklich eine grössere Menge frisches Ochsen- und Hammelfleisch, mit CH^O^ präparirt, in einem Topfe fest zusammen gelegt, um dasselbe nach x\blauf zu- nächst eines Monats auf seine Brauchbarkeit in der Küche und seinen Geschmack zu prüfen. Die Säure lässt sich vor dem Gebrauche durch Abwaschen grösstentheils entfernen. Der zurückbleibende Antheil Salicylsäure wird, da sie einen nicht unangenehmen schwach süsslichen Geschmack besitzt, hernach schwerlich durch den Geschmack wahrgenommen werden können. Wenn diese Versuche ein günstiges Resul- tat geben, so wird dadurch ermöghcht, dass ein Theil der Fleischmengen, die jetzt in ^ay- Bentos auf Fleischextract verarbeitet werden, in Fässer gepackt zu geringem Kosten- preis in gut erhaltenem und schmackhaftem Zustande mit geringen Kosten uns zugeführt wird. Gleichzeitig experimen- tirte Prof. Thiersch mit Salicylsäure hinsichtlich ihrer Ver- wendung für chirurgische Zwecke ; derselbe giebt ihm vor Carbolsäure den Vorzug und wird demnächst ausführlich berichten. {Journ. f. pract. Chem. 10, 89. 1874.). a J. Einige beraerkeuswerthe Eigeiiscliaften der Salicylsaure. 44T Einige bemerkenswerthe Eigenschaften der Salicyl- saure. Die physiologischen Eigenschaften der Salicylsaure sind von Kolbe untersucht worden, und kam er zu folgenden Re- sultaten. Eine Amygdalinlösung, mit Emulsion von süssen Mandeln zusammengebracht, entwickelte, wenn ihr etwas Salicylsaure zugesetzt war, keinen Geruch nach bitteren Mandeln, Senfmehl, mit sehr verdünnter Salicylsäurelösung ange- rührt, blieb geruchlos. Wird eine Lösung von Traubenzucker mit wenig Sali- cylsaure (höchstens Viooo) vermischt, so übt Hefe hernach keine Wirkung mehr darauf aus, und bereits in Gährung begrijBfene Zuckerlösung hört auf zu gähren, wenn man kleine Mengen Salicylsaure hinzufügt. Bier, dem Viooo Salicylsaure zugesetzt war, wurde dadurch vor dem Verderben durch Pilzbildung geschützt, Frische, reine Kuhmilch, mit 0,04% Salicylsaure vermischt, und bei einer Temperatur von 18° in einem offe- nen Gefässe stehen gelassen, gerinnt 36 Stunden später, als die daneben gestellte gleiche Menge Milch, die keine Salicyl- saure enthielt. Die Milch bleibt wohlschmeckend, die kleine Menge von Salicylsaure ist durch den Geschmack nicht wahr- zunehmen. Prisch gelassener Harn wurde in zwei Theile getheilt, und in gesonderten Gefässen mehrere Tage hinge- stellt, nachdem der einen Hälfte etwas SaKcylsäure zugesetzt war. Dieser Harn war am dritten Tage noch klar und frei von Ammoniakgeruch, während die unvermengte Probe längst in Fäulniss übergegangen war. Frisches Fleisch, mit Salicylsaure eingerieben, hält sich an der Luft wochenlang, ohne zu faulen. Um festzu- stellen, bis zu welcher Ausdehnung man die Salicylsaure als Conservirungsmittel von frischem Fleische anwenden kann, ist Kolbe zur Zeit noch mit der Ausführung umfassender Ver- suche beschäftigt, und ist deren Verlauf abzuwarten, Ueber die antiseptischen Wirkungen der Salicylsaure und speciell über die Verwendung derselben für chirurgische Zwecke hat Professor T hier seh angefangen, Versuche anzu- stellen, worüber er Folgendes mitgetheilt hat: Auf noch nicht gereinigten Quetschwunden, und auf schorfenden Krebsflächen als Pulver, für sich, oder mit Star" 448 Kälteerscbciriungen durcli Haarröhrclienanzlelulng beim Verdunsten. kemehl vermischt, zerstört die Salicylsäure für längere Zeit die Fäulnissgerüche, ohne nennenswerthe entzündliche Er- scheinungen hervorzurufen. In Lösungen von 1 Th. Salicylsäure, 3 Th. phosphor- saurem Katron und 50 Th. Wasser begünstigt sie die Ueber- häutung von Granulationsflächen. Die Wirkung der Salicylsäure auf frische Wunden erwies sich in mehreren Fällen als eine günstige, und wurde hierbei die Beobachtung gemacht, dass, wo sie mit Wunden in Be- rührung ist, sie alsbald im Harne auftritt. — Die bisherigen Versuche berechtigen nach T hier seh zu der Hoffnung, dass die Salicylsäure die guten Wirkungen ohne die unangeneh- men der- Carbolsäure hat. {Dingler' s polyt. Journ. CCXIII, 167). Kr. Kälteerscheiniingen durch Haarröhrchenaiizieliuiig beim Verdunsten. Decharme brachte in ein Eeagensglas, welches Schwe- felkohlenstoff enthielt, einen mehrmals zusammengelegten oder gerollten schwammigen Papierstreifen aufrecht an. Seine Länge 10 — 12 Cm. und seine Breite 2 — 3 Cm. Die Flüs- sigkeit stieg rasch in dem porösen Papier empor, so dass in weniger als einer Minute dieselbe 7 — 8 Cm. gestiegen war. Gegen den oberen Theil des Papiers bemerkte er eine weisse, gleichförmige Zone von Reif, welcher durch Verdichtung des in der atmosph. Luft enthaltenen Wasserdampfes entstan- den ist. Mit der Zeit wird die Zone grösser und nähert sich bis auf 2 Cm. circa dem Niveau des CS^ im Ge fasse. Das Steigen der CS^ scheint alsdann aufzuhören. Im verschlosse- nen Reagensglas bildete sich kein Reif. Uebersteigt die Flüssigkeit nicht mehr die Reifzone, so setzt sich die Capil- laraspiration nichts destoweniger sehr lebhaft in dieser Zone selbst fort, wo er baumartige Gebilde wachsen sah, welche alle senkrecht mit der Oberfläche oder den Papierrän- dern sind. Diese Erscheinung lässt sich fortsetzen, wenn der verflüchtigte CS^ von Zeit zu Zeit erneuert wird. Ist der CS^ ganz verzehrt, so schmelzen die baumartigen Gebilde und zwar bei — 0**. Die Temperatur zeigte im Allgemeinen auf die Bildung derselben keinen Ein flu ss. Man erhielt dieselben zierli- chen Baumgruppen , wenn auch weniger schön als in der Darstellung d. Thalliums a. d. Plugataube d. Schwefelsaurefaferiken. 449 Kälte, wenn selbst der CS^ in einem "Wasserbade auf 60" erhitzt wurde. Der üeif ist bei — 16" gebildet und ist zu bemerken, dass die Temperatur bei freiwill. Verdunsten von Cö^ ohne Anwendung von porösem Papier, nicht unter -}- 5" fällt, wenn die Aussen temperatur 15 — 18" ist. Bei nebligen Wetter sind die Erscheinungen am schön- sten und die Kälte am stärksten. Ist in dem CS^ Schwefel gelöst, so werden dieselben reifartigen Gebilde erhalten, der krystallis. Schwefel macht sie fester, so dass sie längere Zeit nach dem Verdunsten des CS^ beobachtet und aulbe- wahrt werden können. Wurde der Papierstreifen um eine kleine Wasser enthaltende Röhre gelegt und dieselbe in CS^ gesenkt, so tritt sofort ein Gefrieren des Wassers ein, bei trocknem Wetter dauert es etwas länger. Chloroform, rectific. Aether, Bromäthyl geben, wenn auch nicht so leicht, dieselben baumartigen Gebilde. Verfolgt man mikroskop. die Entwickelung derselben, so hat sie mit Kry- stallbildung nichts gemein. Verf. vermuthet, dass alle Flüssigkeiten, deren Siedepunkt unter 60" ist, dieselbe Kälte erzeugende Eigenschaft haben. Unter verschiedenen anderen porösen Stoffen, welche der Haarröhrchenanziehung des CS^ unterworfen wurden, war gewöhnl. Holzkohle besonders interessant. Es trat ein Knit- tern ein, ähnlich wie es beim Anzünden derselben wahrge- nommen wird. Schliesslich ist der Keif, einerlei ob diese oder jene Flüssigkeit angewandt wurde, wässrig. {B.6perioire de Tharmacie. tome I. Dec. 1873. p. 721.). Bl. Darstellimg des Thalliums aus dem Flugstaube der Schwefelsäurefabriken. Bei der Aufarbeitung des thalliumhaltigen Elugstaubes zweier Schwefelsäurefabriken, welche den Schwefelkies von Meggen benutzen, wandte Franz Stolba folgende Methode an, welche auf die Bildung von Thalliumalaun ausgeht. Der Flugstaub wird vermittelst eines groben Siebes von den bei- gemengten Ziegel-, Mörtel- und Thonstücken gesondert, und partieen weise mit Wasser ausgekocht, welches mit etwas Schwefelsäure angesäuert worden war. Der Brei wird auf ein passendes grosses Filter gebracht, und da- selbst nach dem Abtropfen unter fleissigem Umrühren mit heissem Wasser sorgfältig ausgesüsst. Die Waschwässer Arob, d. PUm, II. Bd«, 5. Hf(. %^ 450 Reduction der Tellursäure durch Traubenzucker. dienen nach dem Ansäuern mit Schwefelsäure zum Auskochen einer frischen Partie. Das erste ziemlich concentrirte Filtrat wird in sehr flachen Schalen bis zum Krystallisationspunkte eingedampft, wobei sich beim Erkalten grosse und schöne, röthlich geiäi'bte Krysialle von Thallium- Thonerde-Eisenalaun absetzen. Die Mutterlauge, nach Zusatz von etwas schwefel- saurer Thonerde, nochmals abgedampft, giebt noch eine kleine Menge gemischter Alaune. Die Krystalle des rohen Thal- liumalauns werden aus mit Schwefelsäure sauer gemachtem Wasser zweimal hinter einander krystallisirt , wodurch ein Alaun erbalten wird, der, mit reinem Zink und etwas Schwe- felsäure versetzt, reines Thallium liefert, und mit Salzsäure reines Chlorthallium giebt. Man kann das Princip dieser Methode auch in der Weise verwerthen, dass man in bekann- ter Weise rohes Chlorthallium darstellt, dieses mit Schwefel- säure zunächst in Sulfat, und dann mit schwefelsaurer Thon- erde in Thalliumalaun überführt, der durch Krystallisation gereinigt werden kann. (Vorgetragen in der Sitzung der mathem. naturw. Classe der K. böhmischen Ges. d. Wissensch. am 7. Nov. 1873.) {Dinglers Polyt. J. Bd. CCXI. 323.). Kr. Reduction der Tellursäure durch Traubenzucker. Gleich wie die tellurige Säure wird auch die Tellur- säure in alkalischer Lösung nach F. Stolba darch Trauben- zucker in der Siedehitze reducirt. Er stellte seine Versuche mit tellursaurem Ammoniak an, wegen der leichten Reindar- stellung und Zersetzbarkeit dieses Salzes durch Alkalien. Ein Theil dieser Verbindung wird in die kochende Lö- sung des ätzenden oder kohlensauren Alkali eingetragen, und, nach Austreibung des Ammoniaks, der siedenden, überschüs- siges Alkali enthaltenden Flüssigkeit eine hinreichende Menge Traubenzuckerlösung zugefügt. Die Flüssigkeit, die sich bald färbt, setzt nach und nach schwarze Flocken von Tellur ab, jedoch nicht so rasch wie bei der tellurigen Säure unter gleichen Umständen. Bei längerer Einwirkung wird so alles Tellur abgeschieden. Dieses Verhalten der Tellursäure ermög- licht die Darstellung eines chemisch reinen Tellurmetalls. Das scharf getrocknete Tellur wird im Glaskolben in einem Bade von Eisenfeilspähnen zum Schmelzen erhitzt, und um die Vereinigung der Metallkügelchen zu erleichtern, etwas Beiträge z. Pathologie u. Therapie d. Diabetes mellitus. 451 trockener Kalisalpeter zugesetzt, unter dessen geschmolzener Decke sich das Metall leicht und rasch zu einem Klumpen vereinigt. (Vorgetragen in der Sitzung der math. naturw. Classe der königl. böhm. Gesellsch. am 7. Oct. 1873.) {Binglers yolyt. J. Bd. CCXI, 32i.). Kr. Beiträge zur Pathologie und Therapie des Diabetes mellitus. In der Zeitschrift für Chemie von Hübner und Beilstein, 1866, hat 0. Schulzen, Professor der Medicin in Dorpat, einen merkwürdigen Befund im Harn mit Phosphor Vergifte- ter mitgetheilt; es war demselben damals gelungen, aus sol- chem Harn in enorm grossen Quantitäten einen Körper dar- zustellen, dessen Zinksalz genau die elementare Zusammen- setzung und den Krystallwassergehalt des fleischmilchsauren Zinks zeigte. In einer späteren Mittheilung ist die Darstel- lung dieses Körpers aus Harn bei acuter Leberatrophie ange- geben (Charite-Annalen, Bd. XV.), und dabei bemerkt, dass die Löslichkeit des erhaltenen Salzes in Alkohol eine viel geringere sei, als die des fleischmilchsauren Zinks aus Mus- kelmiichsäure. Damals konnte Schulzen daraus keine Ver- anlassung nehmen, diesen Körper als ein drittes Isomeres der Milchsäure aufzufassen, weil ein solches damals noch nicht bekannt war. Jetzt ist aber ein solcher Körper, der Aldehyd des Glycerins, bekannt geworden, und er stimmt mit dem Körper aus Phosphorharn vollkommen überein. Da das Wesen der Phosphorvergiftung bekanntlich darin beruht, dass das Blut seine Fähigkeit zu oxydiren vollkommen oder nahezu verloren hat, während die Fermentirungsvorgänge ungestört weiter gehen, so müsste man erwarten, dass im Harn solcher Individuen nach Genuss von Zucker dieser in reichlicher Menge auftrete; jedoch findet sich schon in der von Biess uod Schulzen veröffentlichten Phosphorarbeit die Angabe, dass im Harn keine Spur von Zucker nach Genuss von Amy- laceis zu finden war. Diese Beobachtung rief schon damals die TJeberzeugung hervor, dass die Zerstörung des Zuckers im Thierkörper nicht eine Folge der direoten Oxydation sein könne, da diese ja bei Phosphorvergifteten vollkommen fehlt. Später nun beobachtete Schulzen, dass die Menge des in solchem Harn auftretenden Glycerinaldehyds in geradem Ver- 29* 452 Beiträge z. Pathologie u. Therapie d. Diabetes mellitus. hältniss zu den von den Kranken verzehrten Amylaceis oder dem zugeführten Zucker stehe; es lag also nahe anzunehmen, dass diese Substanz das normale Spaltungsproduct des Zuckers sei, welches hier wegen der mangelnden Oxydation unverän- dert durch den Harn ausgeschieden wird. Diese Vermuthung wurde zur Gewissheit durch nachfolgende Experimente, welche bei Diabetikern in Dorpat angestellt wurden. Dass beim Diabetes mellitus die Oxydationskraft in kei- ner Weise beeinträchtigt ist, geht daraus hervor, dass alles Eiweiss und alle sonst ausser den Amylaceen gereichten Sub- stanzen vollkommen verbrannt werden ; ein Diabetiker schei- det unter Umständen 100 g. Harnstoff und darüber aus; pfianzensaure Alkalien verbrennen vollkommen zu kohlensau- rem Alkali, wovon sich Schulzen durch Experimente tber- zeugte; die Oxydation im Körper lässt also nichts zu wün- schen übrig. Beim Diabetiker wird der Zucker unverändert ausgeschieden, weil ihm das Ferment fehlt, welches den Zucker in Glycerin und das Aldehyd des Glycerins spaltet nach der Gleichung Glycerinaldehyd. Glycerin. Versuche bei Diabetikern ergeben nun, dass, wenn man neben reiner Fleischdiät genügende Mengen von Glycerin reicht, dieser letztere Körper im Organismus vollständig zu Kohlensäure und Wasser verbrennt; der Zucker schwindet dabei bis auf wenige Gramm, wie auch sonst bei reiner Fleischdiät; jedoch nimmt bei gleichzeitiger Glycerinfütterung die Ernährung selbst der herabgekommensten Individuen in der überraschendsten Weise zu; das Gefühl der Kraftlosigkeit schwindet , der Durst verliert sich , und alle Erscheinungen des Diabetes schwinden, so lange der Kranke bei dieser Diät bleibt. Ob eine dauernde Genesung eintreten kann, oder ob die Hülfe nur palliativ ist, darüber gestattet die Kürze der Beobachtungen noch kein Urtheil. Bei reiner Fleischdiät, ohne gleichzeitige Darreichung von Glycerin, bleiben die Diabetiker schwach und elend, wenngleich die Zuckerausscheidung eben- falls herabgeht. Die Erscheinungen des Diabetes erklären sich durch die hier raitgetheilten Thatsachen ganz einfach. Das Hauptbrennmaterial für den Körper bilden die eben erwähnten Spaltungsproducte des Zuckers neben den Fetten; beim Diabetiker fehlt das Ferment, welches in der Niere den iäucker spaltet, er führt also diesen, welcher ja als solcbey Behandlung der Zuckerharnnihr mit Carbolsäurö. 453 im Körper unrerbrennbar ist, auch unverändert aus. Dadurch wird also dem Körper 'zunächst sein Hauptbrennmaterial un- genützt entzogen; ja er muss sogar die Arbeitsleistung über- nehmen, den unnützen Ballast bei sich zu führen und auszu- scheiden. Zu dieser Arbeitsleistung gehören natürlich grosse Mengen von verbrennbaren Albuminaten, daher der unersätt- liche Appetit; die Concentration der Säfte erregt den quälen- den Durst und die später folgenden Ernährungsstörungen (Cataract, Tuberculose und Furunkulose) finden in dieser Abnormität der Säftemasse ihre vollkommene Erklärung. Mit der Zufuhr des Grlycerins, des natürlichen Brennma- terials und der Abstinenz von Amylaceis verlieren sich diese Störungen vollkommen. In wunderbarer Uebereinstimmung stehen diese That- sachen mit dem von Voit ermitteltem Gesetz, dass Bewegung und Kraftanstrengung in keiner Weise den Stickstofi'umsatz vermehren, sondern nur eine erhebliche Kohiensäurebildung, also Verbrennung stickstofffreier Substanzen hervorrufen. Die geeignetste Form der Darreichung des Glycerins scheint folgende zu sein: K Glycerini purissimi 20,0 — 50,0 g., Aq. fontanae libr. duas, Acid. citr. oder tartar. 5,0 g. D. S. Im Laufe des Tages zu trinken. Bei 60,0 g. Glycerin und darüber treten zuweilen Diarrhöen und TJebelkeit ein. In der oben angegebenen Dose hat sich das Präparat Monate lang ohne jSTachtheil brauchen lassen.*) (Berl. Mi- nische Wochenschrift. 1872. Nr. 35.). Sbg. ' Behandlung der Zuckerharnruhr mit Carbolsänre. Trotz der Mangelhaftigkeit unserer Kenntnisse über das Wesen des Diabetes mellitus darf man doch schon annehmen, dass er auf verschiedene Weise entstehen kann, und dass in einer grossen Reihe von Fällen abnorme Fermentationsprocesse zu seiner Entstehung Veranlassung geben. So nimmt man z. B. heute allgemein an, dass eine Ursache des Diabetes *) Das hier empfohlene Mittel hat sich ia mehreren Pällen bereits in ausserordentlich- günstiger Weise bewährt , insofern nach fortgesetztem Gebrauch desselben sowohl das specifische Gewicht des Urins, als auch der Zuckergehalt desselben constant abgenommen haben. S^ff' 454 Glycogenbildung in der Leber. mellitus in vermehrter Zuckerbildung in der Leber, sei es durch Vermehrung, oder, wie Andere wollen, durch Bildung des zuckerbildenden Fermentes, gegeben ist. Durch Verhin- derung nun der Bildung oder der Vermehrung dieses zucker- bildenden Ferments in der Leber, müsste man wenigstens in den auf diese Weise entstandenen Fällen auf therapeutischen Erfolg hoffen dürfen. Eine Substanz, welche in ihren antiformativen Eigenschaften von keiner andern übertroffen wird, ist die Carbolsäure. Bereits früher hatte man von dem der Carbolsäure nahe stehenden Kreosot bei Behandlung der Zuckerharnruhr Gebrauch gemacht, doch damals ohne Erfolg. Dr. W. Ebstein und Apotheker S. Müller in Breslau haben nun in mehreren Fällen von Zuckerharnruhr Carbolsäure an- gewendet, und zum grösserem Theile mit durchgreifendem Ei"folge. Theilweise allerdings blieb Carbolsäure ohne jede Wirkung. Die beiden genannten Herren fordern nun zur Prüfung der Carbolsäure bei Zuckerharnruhr in weiterem Kreise auf, und glauben dies um so eher thun zu können, als das Medicament stets ganz gut vertragen wurde. Sie verordneten: Acid. carbol. cryst. 1,0 g. in 300,0 g. Was- ser (250.0 g. Wasser und 50,0 g. Aq. menth. pip. als Corrigens). Die Mixtur wurde in drei Tagen verbraucht, so dass Patient täglich 6 — 7 Esslöffel voll nahm. In einem Falle wurde sogar ohne jeden Nachtheil mit der täglichen Dosis der Carbolsäure auf 0,5 g. gestiegen. {Berliner Tclin. Wochenschrift, 1873. Nr. 49.). Kr. Glycogenl)ilduiig in der Leber. Pavy führte den Beweis, dass die Leber im normalen Zustande keinen Zucker enthält; Tscherinow fand bei Fütte- rungen mit Zucker Glycogenanhäufungen in der Leber. Cl. Bernard beobachtete, dass Traubenzucker in die Pfortader injicirt im Harne nicht erschien , nach Einspritzung in die Körpervenen im Harne ausgeschieden wurde. Schöppfer repetirte die Bernard'schen Versuche an Kaninchen. Er inji- cirte eine 15 "/o Traubenzuckerlösung in die Ven. crualis, wo fast aller Zucker im Harn erschien und eine gleich starke Lösung in die Ven. menscnter, wo gar kein Zucker im Harn auftrat. Die Leber verwandelt in einer Minute 0,12 g. Zucker zu Glycogen und geht die Umwandlung von Traubenzucker in Glycogen nach folgender Gleichung vor sich: Verschiedenh. d. Hämoglobingehaltes etc. — Bestimm, d. Harnstoffs. 455 was an die Bildung der gepaarten Gallensäuren erinnert. Das Glycogen, in der Leberzelle angehäuft, könnte, bei ungenügender Zufuhr von Kohlehydraten ausgespült, sieh in der Blutbahn in Zucker verwandeln. Die Eichhorsten'schen Versuche, nach welchen bei Injectionen von Albuminaten, Amylaceen und Zucker im Harne Zucker erscheinen soll, geben negative Resultate. (Archiv f. exper. Fathol. u. Phar- tnakolog. 1. Bd. 1 Hft. pag. 73. Med. chirg. Rundschau XV. {Neue Folge V) Jahrg. I. Bd. pag. 27.). C. Seh. Verschiedenheit des Hämoglohingehaltes im Blute yerschiedener Thiere. Quinquaud hat im Blute verschiedener Thierclassen den Hämoglobingehalt bestimmt und gefunden, dass derselbe bei den höhern Thieren grösser, als bei den niederen ist, dass aber das Blut des Menschen trotzdem nicht am reichsten daran ist. Bei jungen Thieren findet sich weniger Hämoglo- bin, als bei geschlechtsreifen. Mit dem Alter nimmt es ab. Bei den Vögeln ist der Gehalt auffallend geringer, als bei den Säugethieren. Auch das Geschlecht ist von Einfluss, indem die Weibchen in der Begel hämoglobinärmeres Blut haben als die Männchen. Die Lymphe der Crustaceen ist sehr arm daran. {C. r. 77,4:87. Chem. Gentr.-Bl. 1873, 612.). Er. Bestimmung des Harnstoffs. Boymond hat die Zerlegung des Harnstoffs unter der Einwirkung der salpetrigen Säure zur quantitativen Bestim- mung desselben angewandt. Die Zersetzung erfolgt nach der Formel: C2H4]ST2 02 ^ ^Qh^ HO + N03 = HO -f- :NH3, JS^O^HO + 2N + 2C02 es geben also 60 Th. Harnstoff 20 Th. Stickstoff und 44 Th. Kohlensäure oder 100 Th. Harnstoff 120 Th. beider Gase. B wandte einen Apparat an, der ihm gestattete, auch die kleinste Gewichtsdifferenz zu bestimmen, und die Zersetzung allmählig und ohne jeglichen Verlust vorzunehmen, Zur Zer- 456 D. Lebensphas. d. Protoplasma's. — D. Conserv. d. Nahrungsmittel. Setzung dient eine kalt bereitete Lösung von 125 Th. Queck- silber in 170 Th. concentrirter Salpetersäure, die mit dem g-leichen Volum "Wasser verdünnt wird. Da der Urin freie Gase und kohlensaure Salze enthalten kann, erhitzt man ihn zuvor unter Zusatz von etwas Weinsäure. Von anderen organischen Substanzen sind die nachste- henden ohne Wirkung auf das Reagens: Harnsäm'e, Hippur- säure, Essigsäure, Oxalsäure, Milchsäure, Bnttersäure, Albu- min, Zucker, Gallensubstanzen, Milch, Blut, Muskelfaser, Fett, Schleim, Eiweiss, phosphorsaures Ammon, Kroatin, Kreatinin, Xanthin, Hypoxanthin, Guanin, Leucin und Tyrosin. (A?inal. de Chi7n. et de Thys. 4 ^erie, Bd. XXIX. Seite 359). F. Die Lebciisphasen des Protoplasma's. Nach vergleichenden Untersuchungen C. Heitzmann's von Amöben, von Knorpel- und Knochenkörperchen in ver- schiedenen Altersstufen, besitzt das Protoplasma einen Jugend- und einen AUerszustand. Die Form des jugendlichen Proto- plasma's ist das homogene, gelbliche, glänzende Klümpchen. Die nächst höhere Altersstufe entsteht durch Bildung von Vacuolen innerhalb des Klümpchens. Später differencirt sich in demselben ein Netzwerk der lebenden Materie, wobei das homogene Centrum als Korn erhalten bleibt. Endlich erfolgt auch im Korne eine Differenzirung zu einem Netzmarke, welche zum Verschwinden seines Randcontours führt. Im Knochenraarke sind die Altersunterschiede sowohl in einzel- nen Markräumen jugendlicher Thiere, wie auch in Markräu- men von Thieren verschiedenen Alters nachzuweisen. (Wie- ner Anz. 1873. 115. Chem. C.-Bl. 1873. p. 600). Kr. Das Conservii'en der Nahrungsmittel. Eins der hervorragendsten Kennzeichen des Culturfort- schrittes ist nach Sharples die Aufmerksamkeit, die man der Beschaffung von Nahrungsmitteln für die grosse Masse zuwendet, so dass der Genuss von Früchten und nicht sai- songemässen Gemüsen nicht mehr Vorrecht der Reichen ist. Die älteste Conservirungsmethode war einfaches Trocknen entweder in der offenen Luft oder im Rauche glimmender Das Conservircn der Nahrungsmittel, 457 Feuer. Das letztere zeigt, wie oft wissenschaftliche Sätze von solchen anticipirt werden, denen die Wissenschaft selbst unbekannt ist. Das Kreosot des Rauchs wirkt als Conser- •virungsmittel , die ihm nahe stehende Carbolsäure ist heutzu- tage als eins unserer besten Präservative bekannt, ohne jedoch an das Kreosot heranzureichen. Gegen das Trocknen des Fleisches wird eingewendet, dass es dadurch mehr oder we- niger geschmacklos wird und, wenn es keine vorhergehende Behandlung erfährt, während des Trocknens leicht faul wer- den kann. Gewöhnlich taucht man es vorher in eine starke Salzlösung oder reibt es ein mit einer Mischung von Salz, Salpeter, Zucker oder Melasse. In der letzten Weise werden die bekannten Zuckerpökelschinken Westamerikas bereitet. Der Gebrauch von Salz allein und andern Chemikalien ist zu verwerfen, weil dadurch der Fleischgeschmack verloren geht und leicht Krankheiten entstehen können. Wie das Salz wirkt, ist noch nicht genau ergründet; Salz und Zucker sol- len aus den Conserven das Wasser anziehn; andere sagen, Salz coagulire die zur Fäulniss geneigten Eiweisskörper, noch andere, und darunter die besten Forscher, behaupten, Salz, Carbolsäure, Kreosot und ähnliche Substanzen dienen als Gift für Infusorien und verhindern so die Zersetzung. Bald nach der Entdeckung des Sauerstoffs machte man die Beobachtung, dass der Abschluss freien Sauerstoffs von thierischen oder pflanzlichen Körpern diese unendlich lange in gutem Zustande erhält. Diese Thatsache, wie manche andre, wurde seit Jahrhunderten unbewusst in Anwendung gebracht. Menschen- und Thierkörper wurden in mit Pech und Harz getränkte Tücher gepackt, und die Vornehmen wur- den in hermetisch verschlossenen Bleisärgen begraben. Doch eine Anwendung fürs Leben wurde davon erst seit 1807 gemacht, als in England ein Patent gegeben wurde für eine Methode, heisse Lösung von Gelatine oder Fleischextract über Fleisch auszubreiten, so dass die Luft völlig abgeschlossen w^urde. Dies ist seitdem die beliebteste Methode geblieben, doch ist sie nicht besonders erfolgreich, da es schwer hält, diesen TJeberzug völlig intact zu bewahren. Für eine Methode, Fleisch und Vegetabilien in luftdicht verschlossene Gefässe zu bringen, wurde das erste Patent 1810 an Peter Durand in England gegeben. Seitdem sind unzählige Patente für Modificationen der ursprünglichen Methode gegeben. Die Methode, für welche Isaac Wins- le w neuerdings ein Patent erhielt, ist: Man sammelt die Ve- getabilien 60 frisch als möglich, entfernt sorgfältig alle schlech- 4S8 Das Conserviren der Nahrungsmittel. ten oder nicht vollständig ausgebildeten Theile , die Hülsen und Schalen. Diese Auslese wird auf Kühlern , die von Eis- wasser umgeben sind, bis zur Yc4'wendung aufbewahrt. Dann werden die jetzt ausschliesslich aus Zinn bestehenden Gelasse so schnell als möglich mit diesen gereinigten Vegetabilien gefüllt, verlöthet, ins Ead gestellt und ^^ bis 1 oder 4 Stun- den erhitzt, je nach der Art der Conserve. Einige lassen zur Entweichung des Dampfes eine kleine Oeffnung im Ge- fässe, andere stossen diese erst ein, wenn eine Zeit lang erhitzt ist, noch andere halten dies für ganz überflüssig. Fleisch ist viel schwieriger zu conserviren, und man muss gewöhnlich zu einem chemischen Mittel greifen, gewöhn- lich alkalische oder erdalkalische schwefligsaure Salze. Diese werden in kleiner Menge in die Gefässe gethan vor dem Verlöthen und zerstören den etwaigen freien Sauerstoff oder, was wahrscheinlicher ist, tödten die Infusorien. Viele meinen , solche Nahrungsmittel seien nicht gesund, und es hat viele Schwierigkeiten verursacht, die australischen und südamerikanischen Fleischconserven unter den Arbeitern Englands einzuführen, besonders weil sie nicht besehen konn- ten, was sie kauften. Untersuchungen, ob das Blei, Zinn oder Kupfer der Gefässe dem Flusse schädliche Eigenschaften mittheile, haben nichts ergeben. Wie lange sich diese Conserven gut halten, ist unbe- kannt; wahrscheinlich so lange, bis die Gefässe durch äussere Einflüsse verletzt werden. Letheby fand Gefässe mit Schöpsenfleisch, das vor 44 Jahren hineingebracht und mehre Jahre hindurch dem arctischen Klima ausgesetzt war, noch in völlig gutem Zustande. Der für diese Industrie nöthige Capitalaufwand ist be- trächtlich, und, der allgemeinen Ansicht entgegen, der Profit gering. Das Geschäft erfordert grosse Sorgfalt, wenn es überhaupt gehen soll. 1872 betrug in Amerika die Anzahl Gefässe mit conser- virten Pfirsichen an 12 Millionen, mit Goldäpfeln 18 Millionen, mit Mais 6 bis 8 Millionen. Für Pfirsiche sorgt vorzüglich Maryland und Delaware. Grosse Mengen Austern liefert die Chesapeak-Bai. Goldäpfel kommen hauptsächlich von New Jersey, der beste Mais stammt von Maine, avo sich auch die grössten Etablissements für Hummer befinden. (Journ. of App.Ckem. — American Journal ofPharmacy. 1873. Vol. XLV. 4 th, Ser. Vol. III p. 4M seq.). R. Darstellung von Pepsin, — Hottot's Pepsin. 459 Barstellnng von Pepsin. Aus einer längeren Abhandlung- von Eother über die- sen Gegenstand gebe ich folgenden Auszug: Schweinemägen sind die beste Quelle des Pepsin. Die- selben müssen sehr frisch sein, sie werden ihres Inhalts ent- leert und mit frischem weichem Wasser ausgespült, ohne jedoch, gedrückt oder gebürstet zu werden. Man zerschneide sie hierauf in dünne lange Streifen und macerire 2 bis 3 mal, jedes Mal 2 Tage lang mit, mit Salzsäure angesäuertem Was- ser. Die gesammelten Flüssigkeiten werden vereinigt und etwa mit dem 4. Theil ihres Gewichtes Kochsalz behandelt. Das sich in grossen Flocken abscheidende Pepsin wird mit- telst eines Kochlöffels abgeschöpft und auf ein Durchsaihe- tuch geworfen. Das erhaltene Pepsin wird hierauf sogleich in der Presse stark abgepresst und wiederholentlich mit Löschpapier gepresst, um es so trocken als möglich zu erhal- ten. Die so erhaltene Menge des Pepsins wird gewogen und nach und nach mit so vielem trocknen Milchzucker ver- rieben, dass er das 9 fache des Pepsin ausmache. Wenn es gut bereitet ist, sollen 10 gr, desselben 120 g. coagulirtes Eiweiss auflösen. Das Präparat darf nur in der kalten Jah- reszeit bereitet werden. Will man das Pepsin im gelösten Zustand haben, so nimmt man statt des Milchzuckers, schwach mit Salzsäure angesäuertes reines Glycerin, ebenfalls das 9 fache des gewogenen Pepsins. {The Fharmacist. Vol. VI. p. 65). A. I. Hottot's Pepsin wird in folgender Weise dargestellt: Schweinemagen werden macerirt, die Flüssigkeit vrird filtrirt, mit Bleiacetat gefallt, der gewaschene Niederschlag durch Schwefelwasserstoff zer- setzt und das Filtrat, nach der Concentratiori, durch Glauber- salz gefällt. Nach mehrfachem Waschen wird das Pepsin in kleinen glänzenden Schuppen erhalten, gelblichgrau, fast geruchlos, nicht hygroskopisch und unlöslich in Wasser. Wird 1 Centig. dieses Pepsins eine Stunde lang bei 45" C. (113° F.) mit 30 g. Wasser, 45 Centig. Salzsäure (1,18 spec. Gew.) und 6 g. Fibrin digerirt, so wird das letztere gelöst und ist nach 12 Stunden völlig in Albuminose übergeführt, 80 dass die Flüssigkeit weder beim Kochen noch mit Salpe- tersäure einen Niederschlag giebt, Dieselbe Wirkung tritt \ 460 Bemerkungen über Pepsin. ein, wenn man 6 Centig. Pepsin auf 6 g. frisch coagulirtes Eiweiss wirken lässt. (American Journal of Pharmacy. 1873. Vol. XLV. 4th. Ser. Vol. III. p. 476.). R. Bemerkungen über Pepsin. Pepsin gehört zu den Präparaten, die Avegen ihrer Un- reinheit und wegen völliger Unwirksamkeit ihres wirksamen Prineips den gehegten Erwartungen nicht entsprechen. Der Markt ist überfluthet mit Pepsin aus Deutschland, Frankreich, Amerika und mit seinen zahllosen Präparationen : aber es ist nicht alles Pepsin, was sich so nennt. Hoskin fand bei zahlreichen Versuchen nicht ein einziges Pepsin oder Pepsin - Präparat, das seinem Zweck entsprochen hätte, d. h. coagulir- tes Eiweiss löste, und folgert daraus, dass alles käufliche Pepsin ein Betrug ist, die Aerzte um den gehofften Erfolg, die Patienten um Gesundheit und Geld bringt. Endlich erhielt Hoskin Pepsin von Scheffer in Louis- ville: gezuckertes und concentr. Pepsin. Von letzterem lösten 6,090 Centig. 6,090 g. coagulirtes Eiweiss, von ersterm 30,45 Centig. 3,654 g. Eiweiss, beide angewandt in 30 g. Wasser mit 6 Tropfen Salzsäure. 6,090 Centig. des concen- trirten Pepsins lösten 8,343 g. rohes mageres Rindfleisch. Der therapeutische Werth anderer sog. Pepsine ist dem- nach sehr problematisch, da sie keine Wirkung auf coagulir- tes Eiweiss haben. Hoskin entdeckt die Gegenwart von activem Pepsin in den Pepsinpräparaten nach folgender Methode: Es ist bekannt, dass Eiweiss in diabetischem Harn die Entdeckung des Zuckers erschwert, sodass die Reactionen nach Trommer oder Fehling nicht scharf auftreten. Es wurde nun coagulirtes Eiweiss in Pepsin -Wein oder -Elixir gebracht und im Wasserbade auf 38» C. (100» F.) erhitzt. Falls actives Pepsin zugegen war, musste das in einen allo- tropischen Zustand übergeführte Eiweiss die Zuckerreaction ergeben. Der Wein ergab dies nicht, wohl aber trat die Reaction bei in Wasser gelöstem Pepsin ein. Das Eiweiss kann durch Fleisch oder Käse ersetzt werden, kurz durch jeden Stoff, der Peptone ergiebt und so beweist, dass actives Pepsin zugegen war. Die Pepsin -Weine sind also nutzlos und zeigen, dass Alkohol, oder eine geringe Menge Tannin, oder beide die katalytische Wirkung des Pepsins zerstören: Dasselbe thun Hex Cassme. 461 die meisten Metallsalze. Fügt man zu- schon vorhandener Peptone Wein, Alkohol, Tannin oder ein Metallsalz, so tritt die Eeaction ein, die allerdings durch mehr Tannin maskirt wird, aber darthut, dass das Versagen der Eeaction bei Pep- sin nur daher rührt, dass das Pepsin inert ist. Wenn nun diese eleganten pseudo - pharmaceutischen Präparate eine Proteinsubstanz nicht in der Proberöhre in Peptone verwandeln, so ist auch nicht anzunehmen, dass sie es im Magen thun werden. {Boston Med. and Surg. Jou?m. — Atnerican Journal of Fharmacy. 1873. Vol. XL V. 4 th. Ser. Vol. III. p. 322 s). B. Hex Cassme. Die Blätter dieses an den Küsten der Süd - Staaten Nord- amerikas wildwachsenden Strauches werden unter dem Na- men Yaupon, vermischt mit den Blättern von J. ramitoria und J. dahoon, von den Indianern zur Bereitung ihres berüch- tigten „ schwarzen Tranks " (black drink) verwendet und wird dieser als Arzenei, besonders aber als ein brechenerregender Trank genossen, um vor Beginn eines Raubzugs ihren Magen gehörig zu reinigen und zu den zu erwartenden copiösen Grenüssen vorzubereiten. Der an der Regierungs - Versuchsstation zu Washington angestellte Chemiker Assistent M. Smith hat die Blätter von Hex Cassine untersucht, als wirksame Bestandtheile derselben ätherisches Oel, Kaffein und Gerbsäure angesprochen und Vergleichungsweise den Gehalt von Hex, Mate, schwarzen Thee, grünen Thee und Kaffee wie folgt nebeneinander gestellt. Hex Mat6 oder Paraguay Schwarzer Thee im Grüner Thee im Grüner cassi- Thee. Mittel. Mittel. ihee. ne. Stenhouse. Mulder. Mulder. Peligot. 0,01 0,63 0,88 0,50 0,12 0,13 0,56 0,52 6,00 2,41 2,04 17,68 14,00 Kaffee. Payen. Aetheri- sches Oel Caffein Tannin 0,003 1,00 10,00 {Monthly reports of the Departement of agriculture Washing- ton 1872). Hbg. 462 Verfalsch. tl. Weinsteins. — -Verf. v. Weinsäure. — Leucbt.d. faul. Holzes. Yerfälselinng der Weiiisteinsäure. AV. H. Pile hat in einer käuflichen Weinsteinsäure 50 Procent Bittersalz gefunden. Beim Auflösen in starkem Weingeist blieb letzteres ungelöst zurück. (Froceedings of the Americ. Pharm. Association at the 19. th. annual mee- ting 3i0.). G. C. W. Verfälschung Ton Weinsäure. Maclagan giebt an, dass die Weinsäure des Handels oft beträchtliche Mengen Schwefelsäure enthalte. So setzt sich aus Seidlitz - Pulver bisweilen nach dem Aufbrausen ein weisser Bodensatz ab, der aus doppeltweinsaurem Kali be- steht. Die Schwefelsäure hatte das Salz zersetzt und Cre- mortartarie und Glaubersalz gebildet. Es wird dadurch der Character der Arznei in einer Weise verändert, die für den Patienten oft nicht wünschenswerth ist. (Üanadian Pharm. Journ. — Amencan Journal of Pharmacy. Vol. XLVL 4 th. Ser. Vol. IV. 187L pag. 32). R. Ursache des Leuchtens des faulen Holzes. Das Leuchten des faulen Holzes schrieb man früher dem mit der Verwesung eintretenden eigenthümlichen Verbren- nungsprocesse zu. Neuerdings hat man jedoch die Gegen- wart eines Pilzes nachgewiesen, von welchem das Leuchten ausgeht. Dieser Pilz lässt sich, ohne seine Leuchtkraft ein- zubüssen, von dem Holze abschaben und auf andres übertra- gen. Sein Leuchten ist von seinem Lebensprocesse abhängig und hört sofort auf, wenn er durch Hitze oder durch de» Einfluss von Gasen getödtet wird, oder wenn ihm die nöthige Feuchtigkeit entzogen wird. Der Pilz siedelt sich auch auf andern faulenden Pflanzentheilen unter dem Einflüsse von Feuchtigkeit, dumpfer Luft und einer massigen Temperatur, ja sogar auf sich zersetzenden animalischen Stoff'en an , und macht dieselben leuchtend. {Polytechn. Notizbl. Nr. 20. 1873. Pharm. Zettschr. für Russl. Jahrg. XII. 1873. pag. 757.). a Seh. Prüfung a. Traubenzucker 'etc. — Prüf. d. französ. Rottweins etc. 463 Prüfung auf Traulienziicker und Milelizncker. Als Reagens wendet jCampani an eine concentrirte Lösung von salpetersauerm Bleioxyd, gemischt mit einer ver- dünnten Lösung von essigsauerm Kupferoxyd. Zu 5 C. C. dieser Lösung wird die zu prüfende Flüssigkeit gegeben und zum Sieden erhitzt. Bei Gegenwart von Traubenzucker färbt sich die Mischung und giebt einen gelben Niederschlag; Bohrzucker hat keine Wirkung; Milchzucker in verdünnter Lösung verhält sich wie Traubenzucker. Concentrirte Lö- sungen dieser Zuckerarten geben ziegelrothe Niederschläge. {Chem. News. — American Journal of Fharmacy. Vol. XLV. 4th. Ser. Vol. 211. 1873. p. 562.). B. Prüfung des französischen ßotliweins auf die Aecht- heit seiner Farbe. Nach Eugen Dietrich in Helfenberg zeichnet sich der französische Bothwein schon äusserlich durch ein Both aus, welches in dünnen Schichten bräunlich erscheint. Eunf- ziglach mit Wasser verdünnt, tritt die Earbe wenig hervor, während gefärbte Weine auch in dieser Verdünnung noch ziemlich intensiv blauroth erscheinen. Zu den vergleichenden Versuchen mit Beagentien verdünnte derselbe den Wein zwanzigfach mit Wasser und gelangte zu folgenden Besul- taten : Reagentien. Aechter, "Wein. Geßirbter ViTein. Essigsaures Bleioxyd. Lösung V. 1 — 10. Farbe verschwindet, Flüssigkeit schmutzig trübe. Beim Erwär- menkleine silbergraue Flocken mit Stich ins Eöthliche. Käsige grosse Flocken von dunkel veilchen- blauer Farbe; beim Erwärmen noch mehr hervortretend. Schwefelsaures Ku- pferoxyd. Lösung V. 1 — 10. Farbe verschwindet fast gänzlich ; ohne Trübung. Veilchenblau ; schwache Trübung. Barytwasser. Lösung Y. 1—10. Verliert die Farbe i Veilchenblau bis nahezu vollständig; blaugrün bei Trü- schwache Trübung. bung. 464 Neue gäivanisclie Batterie. — Verflüssigung von Gaseü, Um schnell und bequem prüfen zu können , empfiehlt derselbe Filterpapier mit den Keagentien zu tränken und zu trockenen. Aechte Weine Hessen das Papier farblos, während die gefärbten einen violetten bis blauen Fleck machten. {Leipz. Apoth.-Zeü. 187 L Nr. 7.). C. Seh. Neue galvanische Batterie. Pierlot beschreibt eine neue Säule von starkem und ungewöhnlich dauerhaftem Strom: In ein Glas oder Porzel- langefäss bringe man gegen 500 g. Bleichlorür, versenke dann eine Bleiplatte, befestigt an einem durch Firniss isolirten Draht desselben Metalls, darauf eine Zinkplatte von etwa 9 m. Dicke , amalgamirt und eingehüllt in einem Sack von Pergamentpapier, als Verbindungsflüssigkeit dient "Wasser, welches man nur alle 2 oder 3 Monate zu erneuern braucht. Monü. scientif. Nov. 1873. 996). G. E. Verflüssigung Ton Grasen. Melsens zeigt einen Weg, auf dem man mittels der condensirenden Wirkung der Kohle leicht die Verflüssigung der nicht permanenten Gase realisiren kann. Man füllt den einen Schenkel einer Faraday'schen Röhre mit trockner Holz- kohle, leitet durch die ausgezogenen Enden z. B. Chlorgas, bei gewöhnlicher Temperatur. (Holzkohle nimmt von Chlor leicht ihr eigenes Gewicht auf.) Nach der Sättigung schmilzt man die Böhrenenden ab. Erwärmt man nun den Kohle enthaltenden Schenkel im Wasserbade, während der andere in ein Kältegemisch taucht, so gelingt es leicht, mehre Ku- bikcentimeter flüssigen Chlors zu erhalten. Die Absorption aller Gase findet unter beträchtlicher Wärmeentwicklung statt und die absorbirten Gase werden noch nicht vollstäadig aus- getrieben bei 100** C. und gewöhnlichem Druck. Verfasser operirte mit Chlor, Ammoniak, schwefliger Säure, Chloräthyl u. a. m. Mit Alkohol gesättigte Kohle Hess selbst bei 100" noch nichts überdestilliren. {Monü. scientif. Nov. 1873. 1007.). G. K starkem, i. Wasser. — Eothbraun. Holzanstticli, — Ueb. d. Harlemer Oel. 465 Lösliehkeit des Stärkemehls in Wasser. Um das lästige Kleisterkochen bei verschiedenen Titer- versuchen zu vermeiden, empfiehlt August Vogel anstatt des ex tempore gekochten Kleisters gewöhnliche weisse Ob- laten in Anwendung zu bringen. Die Oblaten quellen in Wasser unter schwachem Erwärmen auf und geben rasch, eine nach dem Piltriren durchscheinende wasserklare Flüssig- keit. Werden die Oblatenstücke in einer Flasche mit kaltem destillirten Wasser geschüttelt, so gewinnt man ebenfalls eine schnell filtrirende Flüssigkeit, die die Jodreaction sehr deutlich zeigt und scheint dies in der That eine wirkliche ' Lösung des Stärkemehls in Wasser zu sein; es lässt sich diese Annahme um so mehr festhalten, da auch eine derartige, durch ein doppeltes Filtrum von besonders dichtem Papier filtrirte, Lösung Jod bläuete. {Neues Repertor. für Pharm. Bd. XXXIU. pag. 7.). G. Sek. Rothlbranner Holzanstriieli. Kuhr (Böttcher'ß polyt. Notizblatt) löst ein Pfund Ku- pfervitriol in 4 Liter Wasser, und bestreicht damit die Holz- fläche mittelst eines Borstenpinsels, Dann benetzt er dieselbe mit einer Lösung von i/g Pfund Blutlaugensalz in 4 Liter Wasser. Das auf diese Weise sich bildende Ferrocyankupfer haftet fest am Holze, widersteht Wind und Wetter und hält Pilze und Insecten fern. Durch einen Anstrich mit Leinölfirniss wird die Farbe noch dauerhafter und erhält Glanz. (Bingler's polyt. Journ. Bd. CCIX. p. 466.). Kr. tJelber das Harlemer Oel. In Holland gab es nach Vial vor einigen Jahrhunderten eine 80 grosse Anzahl an Stein und Gries Leidender, dass man bei- nahe sagen konnte , die Harnblase eines jeden Einwohners sei eine Steingrube; führte doch ein einziger Chirurg Namens Raw mehr als 1500 Steinoperationen aus. Heutzutage hat das Land diese Eigenthümlichkeit verloren, und man schneidet dort nur noch kostbare Steine. Das Aufhören der Steinkrankheit erklärt sich wohl eines- theils durch veränderte Lebensweise, namentlich durch den 4rch. d. Pharm. U. Bds. 5. Hft. 30 466 Ueber das Harlemer Oel. häufigen Gebrauch harn- oder schwelsstreibender Getränke z. B. Thee; andern Theils durch das allgemein gewoi-dene Einnehmen eines stark wirkenden Geheimmittels, welches den Namen Harlemer Oel führt. Auf den Wunsch des Dr. Arnal analysirte ich im Jahre 1867 mehrere Fläschchen voll dieses Oeles und ich fand , dass es eine eigenthümliche Art von Wachholderöl ist, nemlich zum Theil durch trockne Destilla- tion des Holzes und zum Theil durch Destillation der Beeren bereitet. Doch kursiren unter jener Bezeichnung auch andere Präparate, wie ich sogleich zeigen werde. Nr. 1. Eine in Harlem gekaufte Probe. Sie enthielt 4 Theile Terpenthinöl, 1 „ Schwefel, 3 „ Wachholderholzöl. Nr. 2. Aechtes Harlemer Oel, von Dr. Arnal erhalten. Bestand aus gleichen Theilen Wachholderholzöl und Wachholderbeerenöl. Eine dritte Probe , von Dr. Guillon erhalten , wich in Farbe, Consistenz und Geruch von den beiden vorigen sehr ab, betrug aber zu wenig, um sie gründlich zu untersuchen. Ich muss hier nun gleich bemerken: 1) dass das Dippel'sche Thieröl, ausser einer bedeutenden Menge Ammoniaksalze, wie kohlensaures, bernsteinsaures, salzsaures Ammoniak, auch Schwefel in der Form von Schwe- felammonium enthält, und sich daher der Nr. 1 nähert; 2) dass die Zusammensetzung von Nr. 1 selbst sich sehr demjenigen Medikamente nähert, welches früher unter dem Namen Holländische Tropfen bekannt war; 3) dass Nr. 1 auch Aehnlichkeit mit den berühmten Palmieri- Tropfen hat. In der That bereitete man die Holländischen Tropfen aus 3 Theilen Terpenthinöl, 1 „ Schwefel, 1 „ Leinöl, und wandte sie innerlich bei Lungen - Afiectionen und ausser- lieh bei Geschwüren an. Die steinzerkleinernden Palmieri - Tropfen stellte man dar durch Kochen von 30 Theilen Schwefel \md 500 „ Theerwasser Paraffin, Cosmolin und Vaselin. 467 bis zu dem Punkte, wo die Flüssigkeit eine schöne rubin- rothe Farbe angenommen hatte. Es stand in Italien sehr im Rufe und wurde gegen Blasenleiden täglich zu 12 bis 15 Tropfen eingenommen. Nicht minder bemerkenswerth ist es, dass, ungeachtet der verschiedenen Zusammensetzung dieser Präparate, doch eine gewisse Aehnlichkeit der Eigenschaften gestattet, sie sämmtlich in eine Gruppe zu bringen, welcher auch gleiche Heilkräfte zugeschrieben werden. Aus dem Gesagten geht übrigens hervor, dass das Har- lemer Oel ein in seiner Zusammensetzung variables und daher auch in seinen Wirkungen unsicheres Mittel ist. Dr. Arnal veranlasste mich daher, durch Destillation des Holzes und der Beeren des Wachholders ein gemischtes Oel darzustellen, welches gleiche Theile von jedem Oele enthält.*) Mit einem solchen Präparate sind alle seit mehreren Jahren angestellten therapeutischen Versuche ausgeführt, und sowohl die Aussagen der Aerzte Arnal, Philips , Guyot etc., als auch die der behandelten Kranken beweisen, dass dasselbe die erwartete Wirkung besitzt. Die innerliche tägliche Dosis ist 80 Centigr, in 4 Kap- seln vertheilt. Die Kur muss längere Zeit fortgesetzt wer- den;, denn die Heilung erfolgt langsam, obwohl die Kranken gleich vom Anfang an Erleichterung ihrer Leiden spüren. Das Mittel löst zwar die schon vorhandenen Blasensteine nicht auf, und ebenso wenig die in den Gelenken abgesetzten Callositäten, verhindert aber die Bildung neuer Ausscheidun- gen, Sand und Gries hören auf und die Schmerzen in den Nieren verschwinden. Offenbar wirkt es also dadurch, dass es die Funktionen der Nieren wieder auf ihren normalen Standpunkt zurückführt. {Repetioire de Pharmacie.). G. a w. Paraffin, Cosmolin und Yaselin. Die Reinigung des Paraffins beginnt nach Miller da- mit, dass man die Kohlenöl- Rückstände destillirt in grossen *) Aus 'den Angaben des Verf. geht niclit klar hervor, ob sein Wacbholderholzöl durch trockne Destillation oder durch Destillation mit Wasser bereitet worden ist. Man sollte fast das Erstere vermuthen, denn er nennt dieses Oel huile de cade vraie, während er das von ihm verwendete Beerenöl hu ile essentielle des baies de g^nevrier nennt, 30* 468 Pafaffin, Cosmolin und Vaselin. Blasen , die ans ^/g zölligein Kesseleisen angefertigt sind und von 1500 bis 2500 Gallonen Inhalt haben. Das Destillat wird in einem System von Eisenröhren condensirt, die in Holz- cisternen stehen. Die Destillation beginnt bei 220^ und ist gegen 570^ beendigt; der Boden der direct erhitzten Destil- lirblasen ist dann weissglühend. Das Product ist bei gewöhn- licher Temperatur eine dicke, fettige Masse, die gegen oder etwas über 100° schmilzt; es hat die eigenthümliche irisirende Farbe und den characteristischen Geruch des Paraffins. Der Rückstand ist eine harte, poröse, geruchlose, schwarze Masse, die den Gascokes ähnelt und als Brennmaterial dient. Das Destillat wird zunächst mit 4 bis 5 Proc. Schwefel- säure behandelt, dann wird, nach Entfernung der Säure durch kohlensaures Natron, die ölige Masse in 3 bis 4 Gallonen fassende Segeltuchbeutel gebracht, von welchen je eine An- zahl in Schraubenpressen kommt. Im Sommer muss mit Eis gekühlt werden, um Yerlust an Paraffin zu vermeiden. Das ausgepresste Oel ist 25° schwer, als schweres Paraffinöl bekannt und ein ausge- zeichnetes Schmiermaterial. Es kann leicht von seinem Ge- ruch befreit und dann als eine weichere Varietät des sog. Cosmolins betrachtet werden. Das aus den Pressen genommene rohe Paraffin wird geschmolzen und in Formen gegossen. Es ist nun hellgelb oder strohfarbig, noch weich und stark nach Petroleum rie- chend. In diesem Zustande wird es an die Raffinerien ver- kauft. Das rohe, „Wachs" genannte Paraffin kommt beim Kaf- finiren in kräftig wirkende hydraulische Pressen, wodurch ein 28° schweres Paraffinöl gewonnen wird, das fast ausschliess- lich als Schmiermittel dient. Der Rückstand wird mit einer Art Gasolin oder Benzin behandelt, das von bestimmter Dich- tigkeit speciell für diesen Zweck dargestellt wird. Um das Product völlig geruchlos zu machen, wird es dem Wasser- dampfe ausgesetzt. Von dem reinen, weissen Paraffin werden zwei Varietä- ten dargestellt: die gewöhnliche harte Waare mit krystallini- scher Structur, und eine weichere, gelatinöse, zur Gummi- fabrication verwendete. Unter den Verwendungen des Paraffins ist die zur Wäsche zu erwähnen. Wenn man es der Stärke zusetzt, so ertheilt es der Wäsche einen ebensolchen Glanz, wie es durch Wal- rath oder weisses Wachs geschieht. Es ist ferner ein gutes Conservirungsmittel für Holz, dient in der Gummifabrication, Cosmolin. 469 ZU Streichzündhölzchen, in der Weberei, Kerzenfabrication, Zuckerbäckerei. Man gebraucht es zum Wasserdichtmachen von Geweben, zum TJeberziehen des Innern yon Wein- und Bierfässern, zur Conservirung von Frescomalereien , zum Im- prägniren von Kork und Papier, als ein Leim für kleine Gregenstände aus Leder, Holz und Knochen, zum Conserviren von Früchten u. s. w. Um das Cosmolin, das schwere Paraffinöl, geruchlos zu machen, versuchte Miller die Einwirkung von Dampf; das Oel war dann geschmacklos und ohne Geruch. Es wurde durch präparirte Thierkohle filtrirt, wobei die Wärme eines Ofens es flüssig erhalten musste. In grösserem Maassstabe wäre ein Wasserbad vorzuziehen, da eine noch so geringe Steigerung der Hitze den Geruch des Kohlenöls wieder zu entwickeln scheint. Dieses so gereinigte Paraffinöl ist mit Cosmolin völlig identisch. Die Präparation der Thierkohle geschieht dadurch, dass man sie mit 5procentiger Lösung von kohlensauerm ISTatron mischt, wiederholt mit einem starken Ueberschuss von Salz- säure erwärmt und durch Wasser die Säure entfernt. Nach dem Trocknen war die Kohle auf Yg ihres vorigen Gewichts reducirt. Es können beide Paraffinöle, das von 25° und das von 28° Schwere, so behandelt werden. Shinn lenkt die Aufmerksamkeit auf ein ähnliches Prä- parat, das Vaselin genannt wird. Miller hält dafür, dass das obige Paraffinöl dafür substituirt werden kann und dass Cheesebrough's Vaselin einfach Paraffin sei. (American Journal of Fharmacy. Vol. XLVL 4 th. Ser. Vol. IV. 1874. pag. 1 seq.), B. Cosmolin wird nach Miller dadurch dargestellt, dass man rohes Pe- troleum destillirt, um Gasolin, Benzin, die brennbaren und die leichten Maschinenöle zu entfernen. Der Bückstand wird dann grösserer Hitze ausgesetzt, und die entwickelten Dämpfe in Berührung gebracht mit einem Strome überhitzten Was- serdampfs, um die letzten Spuren leichter Kohlenwasserstofi'e zu entfernen. Darauf wird durch heisse Thierkohle weiter gereinigt. Man kann demnach folgern, dass Cosmolin nichts weiter ist, wie unreines Paraffin, oder ein Gemenge von Pa- 470 Federn, ein neuer BekleidungsstoflF. — Borax als Waschmittel. raffin mit verschiedenen ihm nahe stehenden schweren Oelen: es sind dies die im Handel bekannten Paraffinöl, Neutralöl, Schmieröl, Spindelöl u. s. w. Die Fabrikanten behaupten zwar, Cosmolin sei ein einfacher Stoflf, aber sie bringen diesen in den Handel als einen festen Körper, der noch bei 95° fest bleibt, und als eine bei So**, und eine noch bei 32° flüssige Substanz. Mit Cosmolin angestellte Versuche haben jedesmal die Gegenwart von Paraffin ergeben. {American Journal of Phar- macy. Vol. XLV. 4tk. Ser. Vol. lU. 1873. pag. 53i.). R. Federn, ein neuer Bekleiclungsstoff. Nach der „Gazette du village*' hat man aus den Flaum- federn der Vögel ein Tuch bereitet. 700 — 750 g. Flaumen geben ein Q Meter Tuch, welches viel leichter und viel wär- mer als Wollenstoff ist. Dieses Tuch lässt sich sehr gut walken und in allen Nuancen färben und ist ausserdem was- serdicht. (Eepert. de Pharm, tome II. f6vr. 181 i. p. 126.). Bl. Borax als Waschmittel. In einigen Wäschereien gebraucht man jetzt an Stelle der Soda Borax, und erzielt damit günstige Erfolge. Man nimmt eine starke Hand voll gereinigten Borax auf 40 bis 50 Liter kochendes Wasser, und vertritt so die Stelle der Soda, wodurch die Hälfte an Seife erspart wird. Für Spitzen und andere feine Stoffe wird etwas mehr Borax in Anwen- dung gebracht. Borax greift die Wäsche nicht im Gering- sten an, und besitzt ausserdem noch die Eigenschaft, das härteste Wasser weich zu machen. Borax giebt auch ein vortreffliches Zahnpulver ab, da sein Geschmack nicht unan- genehm und Borax nicht schädlich ist. (Musterzeitung.) [Dinglers polt/t. Journ. Bd. CCX, 239.). Kr. Ammoniakseife, — Japan. Lack. — Wirkung versch. Substanzen etc. 471 Ammoniakseife. Eine zum Entfetten der "Wolle vorzüglicli geeignete Am- moniakseife erhält man nach E. Ashart, indem man gefaul- ten Urin mit einer Säure oder Metallsalzen sättigt, Kali - oder Natronseife hinzufügt, bis keine Ausscheidung mehr erfolgt, und das Ausgeschiedene, welches wie ein Coagulum obenauf schwimmt und die Ammoniakseife ist, mittelst eines Durch- schlages von der Elüssigkeit trennt und abtropfen lässt. Diese Seife ist in Wasser wenig löslich, löst sich aber in den schwächsten alkalischen Elüssigkeiten auf. {Le Technologiste, Juli 1873, S. 306. Dingler's Folyt. J. Bd. CCX. f. 157:). Kr. Japanischer Lack. Zur Bereitung des Lackes wird der härteste Copal, be- sonders Zanzibarcopal verwendet, zur Erreichung der schwar- zen Farbe (wahrscheinlich) Tusche. Nachdem die Gegenstände einige Male mit Lack überzogen sind, werden sie nochmals lackirt, und in diesen Ueberzug, so lange er noch klebrig ist, die dünn geschliffene Perlmutter eingelegt. Die Figuren werden ausgesägt, häufig wiederkehrende Formen ausgestanzt oder mit Zangen ausgekneipt. Die Gegenstände werden nun in einem Ofen getrocknet, wodurch der Lack und die Perl- mutter die nöthige Festigkeit bekommen. Nach abermaligem Ueberstreichen mit Lack und Trocknen im Ofen wird mit Bimsstein der Lack von der Perlmutter abgeschliffen, und dieses Ueberstreichen und Abschleifen so lange fortgesetzt, bis die Perlmutter so dünn, und der Lack so dick geworden sind, dass eine glatte Fläche hergestellt ist. Die Politur wird mit Tripel gegeben. {Kunst u. Gewerbe.) Dingler's Folyt. Journ. Bd. CCX. f. 159). Kr. Wirkung Terschiedener Substanzen auf das Conser- yiren der Eier. Es ist bekannt, wie leicht Eier verderben und in Fäul- niss übergehen, ohne dass bisher die Ursache dieser Zersetzung sicher ermittelt worden, 472 Ueber Schwammfischerei. F. C. Calvert hat dieser Frage dadurch näher zu kom- men gesucht, dass er den Einfluss verschiedener Gase und Lösungen auf die Eier durch lange Reihen von Experimenten untersuchte, welche zu nachstehenden Ergebnissen führten: Der Sauerstoff wirkt sehr verschieden, je nachdem er trocken oder feucht ist. Trockner Sauerstoff lässt damit behandelte Eier unverändert, während durch feuchten sich nach kurzer Zeit die Eier mit Schimmel bedecken, ihr Inneres jedoch nur dann zersetzt ist, wenn man vorher mit einer Nadel ein Loch in die Schale gestossen hatte. In feuchtem Stickstoff können die ganzen , wie die ange- bohrten Eier sich drei Monate lang unzersetzt erKalten. Die ganzen Eier bedecken sich mit einem Elaum von Penicillium, aber das Innere bleibt gesund. Bei durchbohrten Eiern wird der Inhalt etwas zersetzt, und man findet in ihm Vibrionen, jedoch kein fremdes Gas. In Wasserstoff bedecken sich die ganzen, wie die angebohrten Eier mit einem leichten Flaum, aber der Inhalt bleibt gesund. Unverletzte Eier, wie durch- bohrte haben sich in Kohlensäure vortrefflich conservirt, auf der Oberfläche erschien keine Spur von Penicillium. Das Hesultat blieb dasselbe, ob die Kohlensäure feucht oder trocken, war. Leuchtgas verhielt sich wie Kohlensäure. In einer Lösung von Chlor (Vsoo) zeigten sich die Eier nach 6 Mo- naten in einem verschlossenen Gefässe vollkommen gut erhal- ten, in einer offenen Flasche jedoch bedeckten sie sich schon nach einer Woche mit Schimmel. Chlorkalklösung, Kalkwas- ser, und eine Lösung von schwefligsaurem Kalk geben nur geringen Schutz. In Carbolsäurelösung (V500) gebrachte Eier zeigten nach längerer Zeit keine Veränderung. (Comptes rendus t LXXVll p. 1024. Dinglers Pohjt J. Bd. GGXI. p. i08.). Kr. Ueber Sehwammfischerei. Ungeachtet der grossen und stets steigenden Menge von Schwämmen, welche alljährlich den Meerestiefen im türkischen und griechischen Archipel entnommen wird, hat man nach der Angabe englischer Sachverständigen bis jetzt noch keine Abnahme dieses hochgeschätzten Naturproductes beobachtet, dessen Sammlung die beinahe ausschliessliche Nahrungsquelle der Bevölkerung einer Beihe der betreffenden Inseln aus- macht. Die Ausbeute hat sich sogar in den letzten Jahren flurch die Anwendung verbesserter Taucherapparate französi- Löschung der Petroleumflamme durch Chloroform. 473 scher und besonders englischer Fabrikation noch gesteigert, ohne dass jedoch hierdurch wieder umgekehrt ein extensive- rer Betrieb dieser Arbeit veranlasst worden wäre. Es sind nemlich durch die gesteigerte Production die Preise der Ba- deschwämme während der letzten Jahre an den Versandt- lokalitäten so erheblich gesunken, dass die schwammfischende Bevölkerung nicht mehr in der Lage ist, die zur Yergrösse- rung ihrer Bootflottille und zur Anschaffung der kostspieligen Taucherapparate erforderlichen Kapitalien anzusammeln, so dass also die verbesserte Tauchermethode das Correctiv gegen TJeberproduction in sich selbst trägt. Ein neuer Taucherap- parat kostet gegen 3000 Thaler, eine immerhin erhebliche Summe in durchschnittlich armen und auf ausländisches Ka- pital angewiesenen Territorien. Im Jahr 1872 waren im griechischen und türkischen Archipel 110 Taucherapparate bei einer Gesammtzahl von 468 Booten im Dienste der Schwammfischerei. Das hierdurch repräsentirte Betriebskapi- tal belief sich auf die runde Summe von 800,000 Thalern. Die eigentliche Arbeitszeit der Schwammfischer ist auf den Sommer beschränkt, nur eine kleine Anzahl von Booten betreibt die Sache auch während des Winters, natürlich ohne Taucher, mit Hilfe von Zugnetzen. Die Hauptmasse und die beste Qualität der Schwämme geht nach England, wohin z. B. im Jahr 1870 volle 600,000 Pfund in einem Durch- schnittswerthe von 1% Thaler per Pfund versendet wurden, während der europäische Continent und Amerika geringere Posten direct bezogen. (The Chemist and Bruggist. March 1874.). Dr. G. V. Löschung der Petroleumflamme durch Chloroform. Bei Grelegenheit von Untersuchungen über die Diather- manität verschiedener Elüssigkeiten machte C. Ommeganck die bemerkenswerthe Entdeckung, dass entflammtes Petro- leum durch Chloroform sofort gelöscht werden kann. Auf Grund angestellter Versuche muss die Angabe der chemischen Handbücher, es sei das Chloroform nur wenig und nur unter besonderen Bedingungen brennbar, dahin berichtigt werden, dass es nicht nur im vollkommen reinen und alkoholfreien Zustande absolut nicht brennbar ist, sondern dass sogar ein Zusatz von ihm anderen leicht entzündlichen Flüssigkeiten ihre Brennbarkeit benimmt. Wird es mit dem fünffachen 474 Zur Geschichte der Bierhefe. Volumen Petroleum gemischt, so kann das Letztere durch die gewöhnlichen Mittel nicht mehr entzündet werden. Bringt man ein Liter Petroleum in ein so flaches Gefäss, dass die Oberfläche der Flüssigkeit 10 Decimeter beträgt, entzündet dieselbe, lässt einige Augenblicke brennen und giesst dann rasch 50 Kubikcenümeter Chloroform auf die Mitte des bren- nenden Petroleums , so erlischt dieses wie mit einem Zauber- ßchlage, obwohl nur ^20 Volum Chloroform zugesetzt wurde; ja man kann dieses Resultat schon durch ^Jqq Volum Chloro- form erreichen , denn der Efi'ect des Zusatzes von 50 Kubik- centimeter Chloroform war derselbe, wenn unter Beibehaltung der gleichen Oberfläche die Schicht des Petroleums durch Zugiessen von zwei weiteren Litern in der Dicke verdreifacht wurde. Das auf diesem Wege ausgelöschte Petroleum kann durch ein brennendes Streichholz nicht wieder entzündet werden, sondern dieses erlischt schon bei der Annäherung an die Oberfläche. Selbst explosible Gasgemenge verlieren ihre Entzündbarkeit durch beigemischten Chloroformdampf und eine Weingeistflamme kann durch darauf geleiteten Chloro- formdampf ausgelöscht werden. Ist dessen Menge zu gering, so wird die Alkoholflamme nur leuchtend und russend, da sich Kohlenstofi" ausscheidet, während Chlor und Wasserstoflf des Chloroforms sich zu Salzsäure verbinden. Es wird vor- geschlagen, diese Eigenschaft des Chloroforms zu verwerthen, um Petroleumbrände , z. B. auf Schiffen im Entstehen zu un- terdrücken und zu diesem Zwecke stets ein gewisses Quan- tum Chloroform an Bord zu führen. (Journ, de Pharm. d'An- vers. Mars 1874.). Dr. G. V. Zur Creschichte der Bierliefe. Schützenberger hat gefunden, dass eine Bierhefe, welcher durch Kochen und Waschen mit heissem Wasser etwa 8 "/o fester Substanz entzogen werden können, nach vorhergegangener zwölfstündiger Digestion mit Wasser an dieses Lösungsmittel 1 7 % fester Stoffe abgiebt , wenn in genau gleicher Weise gekocht und ausgewaschen wird. Während der Digestion trat keine Spur von Fäulniss ein, dagegen fand eine langsame Entwickelung von Kohlensäure und Bildung von etwas Alkohol statt, so dass man wohl auf eine vorhergängige Bildung von etwas Zucker schliesseu darf. Neues Verfahren z, Entdeckung v, Baumwolle in leinenen Geweben. 475 Die Untersuchung des Verdampfungsrtickstandes vom heissbereiteten wässerigen Auszug der einer Digestion unter- worfen gewesenen Hefe ergab, dass derselbe neben einer erheblichen Menge von Phosphaten noch eine Menge anderer Stoffe enthielt. Zunächst wurde ein Körper beobachtet, wel- cher alle chemischen und physikalischen Eigenschaften, sowie die Zusammensetzung des Arabins besass und gleich diesem mit Salpetersäure Schleimsäure lieferte. In reichlicher Menge fanden sich darin Leucin und Tyrosin, welche also in diesem Ealle nicht als Producte eines Fäulnissprocesses , sondern eines physiologischen Vorganges zu betrachten sind. Das Leucin hielt einen Gehalt von 2 % Schwefel unter allen Umständen hartnäckig zurück, welcher jedoch auf Rechnung eines anderen schwefelhaltigen Körpers geschrieben werden muss, welcher das Leucin begleitet. Endlich hat Schützen- berger aus diesem Hefenextract noch eine Reihe genau cha- rakterisirter und der Elementaranalyse unterworfener stick- stoffhaltiger Basen isolirt, so das Carnin, Xanthin, Guanin und Hypoxanthin oder Sarcin, welches letztere wahrscheinlich durch Oxydation aus dem Carnin entstanden ist, das über- haupt der Quantität nach dominirt. Alle diese Basen gehen unzweifelhaft aus den unlöslichen Proteinkörpern der Hefe hervor und zwar wohl durch einen chemischen Process, wel- cher mit demjenigen übereinstimmt, der in den thierischen Geweben stattfindet. Daher denn auch die frappante Aehn- lichkeit der Zusammensetzung dieses Hefenextraktes mit den aus thierischen Geweben gewonnenen Auszügen. Die Ab- stammung des nachgewiesenen Zuckers und Arabins ist dage- gen noch dunkel. {Journ. de Tharm. et de Chim. 4. Serie. Tome XIX. päg. 371). Dr. G. V. Neues Yerfahren znr Entdeckung Yon Baumwolle in leinenen Gfewelben. Dasselbe gründet E. Böttger auf die Eigenschaft der Leinenfaser, beim Eintauchen in eine alkoholische Lösung von Bosolsäure, hierauf in eine concentrirte wässerige Lösung von kohlensaurem Natron und schliesslichem mehrmaligen Auswaschen mit solcher Sodalösung, schön rosenroth ge- färbt zu werden, während die Baumwollenfaser ungefärbt bleibt. Es genügt hierzu ein einige CG. breiter, zuvor durch Waschen von seiner Appretur befreieter, hierauf wieder 476 Zuckerkohle z. Glasschneiden. — Rectification des Alkohols über Kalk. getrockneter und an drei Seiten bis auf einige Millimeter ausgezupfter Leinwandstreifen. — Mit dem Namen Rosolsäure bezeichnete Runge bekanntlich einen von ihm im Steinkoh- lentheer gefundenen Farbstoff, der seitdem im Grossen darge- stellt wird und im Handel unter dem Namen Aurin oder gelbes Corallin vorkommt. Man erhält dieses Corallin am leichtesten nach Kolbe, indem man 4 bis 5 Stunden lang bei einer Temperatur von 140 bis 1500 Q_ qIj^ Gemisch von 1 Theil Oxalsäure, IV2 Theil Phenol (Carbolsäure) und 2 Theilen concentrirter Schwefel- säure behandelt, und die dickflüssige Masse hierauf mit Was- ser auskocht. Es resultirt dann ein in der Kälte sprödes, harzartiges Product mit grünem Plächenschimmer, welches zerrieben ein rothes Pulver giebt. In diesem Zustande wird es nun zur Anstellung des vorgenannten Versuchs in 80 grä- digem Weingeist gelöst. {Jahresbericht des yhysikal. Vereins in Frankfurt ajM. für 1872 — 73, p. 20). Wst Zuckerkohle zum Crlasselineiden. Monier fand die Dichtigkeit der Kohle, welche er aus reinem Zucker in einem geschlossenen Gefäss erhielt, um 1,85 grösser als die des Anthracits. Sie schneidet Glas sehr leicht und hängt von der Reinheit des angewandten Zuckers seine Härte ab. Da die Cohäsionskraft dieser Kohle schwach ist, so bereitete sich Verf. Stifte, womit er Glas und selbst Quarz ritzen konnte. Er mischte nemlich das Kohlenpulver mit 25 — 30^0 gesättigtem Theer, presste den Teig in eine Porcellanröhre soviel als möglich zusammen, durchstach mit einer Nadel die gepresste Masse, um den sich entwickelnden Gasen Ausgang zu geben, schloss ein Ende der Röhre und brachte das Ganze zur Weissglühhitze. (Rupert, de Pharmacie. tome II. Fövr. 1^7L p. 116.). Bl. Rectification des Alkohols über Ealk. Die gewöhnliche Methode, absoluten Alkohol zu erhalten, ist die Destillation des Weingeistes über ungelöschten Kalk. Bull eck erhielt folgendo Resultate: Rectification des Alkohols über Kalk. 477 15 Gallonen Alkohol von 0,82361 spec. Gew. bei 60 f» F. (15,56« C; 12,440 ]ß^) _ 93 Proc. wurden auf 70 Pfund gut gebrannten, in kleine Stücke zerbrochenen Kalk gegossen, in eine durch Dampf geheizte Blase. Nach drei Tagen wurde unter Luftabschluss destillirt und jede Gallone besonders auf- gefangen. Durch Dampfhitze konnten nur 10 Gallonen erhal- ten werden. Dann wurde zu dem Kalk in der Blase Wasser gegossen und der yerdünnte Alkohol abgezogen. Die erhaltenen 10 Gallonen starker Alkohol wurden wie- derum in eine Blase mit 25 Pfund ungelöschtem Kalk gege- ben und die Destillation wiederholt. Es wurden 8 Gallsnen, zu je 1 Gallone aufgefangen, erhalten. Die spec. Gewichte bei 60** F. waren: Gallone. Erste Destillation. Zweite Destillation. 1 0,80170 0,80978 2 0,79756 0,79700 3 0,79610 0,79461 4 0,79762 0,79516 5 0,80040 0,79458 6 0,79593 0,79410 7 0,79782 0,79425 8 0,79632 0,79615 9 0,79706 — 10 0,79780 0,79783 — Mittel: 0,79695. Die Dichtigkeit des absoluten Alkohols wird verschieden angegeben: Drinkwater und Fowne 0,79381; Tralles 0,7939; Gay-Lussac 0,7947; im Mittel 0,79413. Es ist also nach obigen Zahlen nur die 6» Gallone der zweiten De- stillation absoluter Alkohol nach der Mittelzahl, und die 3. 4, 5. 6. 7. Gallone der zweiten Destillation mit der Mittelzahl 0,79425 absoluter Alkohol nach Gay-Lussac. Zuerst geht der schwächste Alkohol über, so dass man eine Affinität zwischen Kalk und starkem Alkohol annehmen kann, oder dass Wasser in Alkoholdampf sich leichter ver- flüchtigt. Alle Destillate enthalten Kalk, der sich nicht ab- setzt; je stärker der Alkohol, um so grösser der Kalkgehalt. Nur Wiederdestillation über stark getrocknete Weinsäure giebt nach Gmelin völlig klaren Alkohol. {American Jour- nal of marmacy. Vol. XLVI, ^th. Ser., Vol. IV. 1874. pag. 184.). E. 478 Bücherschau. C. Bücherschau. Wissenschaftlich - Practische Forschungen auf dem Gebiete der Landwirthschaft. Separatausgabe des Centralblattes für Agriculturchemie u, rationellen Wirthschaftsbetrieb, Heraus- gegeben von Dr. Richard Biedermann, Leipzig. Luck- h^rdt'sche Yerlagsbuchhandlung. Unter diesem Titel erscheint ein Journal, welches, als ein Sammel- werk der neuesten Erscheinungen auf dem Gebiete der Agriculturchemie, die Beachtung jedes rationellen Landwirthes, sowie auch die des Agricul- turchemikers von Fach sehr wohl verdient. Unter der tüchtigen Redac- tion des Dr. Biedermann bringt diese Zeitschrift neben Originalarbeiten der anerkanntesten Capacitäten auf dem Gebiete der Landwirthschaft und Technik, Auszüge aus allen möglichen Fachblättern und einschlagenden Zeitschriften. Die Auszüge sind, obwohl in gedrängter Form, doch so gehalten , dass sie dem Leser das wirklich WerthvoUe vollkommen klar und anschaulich machen, ausserdem ist bei allen diesen Auszügen genau die Quelle angegeben, so dass sich jedermann leicht die betreffende Ori- ginalarbeit verschaffen kann. Wenn man bedenkt, wie schwierig es für den Practiker ist, aus den verschiedenen laudwirthschaftlichen Blättern und wissenschaftlichen Zeitschriften das ihn Interessirende herauszusuchen, so wird man jedenfalls den Werth dieses Journales nicht unterschätzen. Es war ein sehr guter Gedanke, diese Zeitschrift, mit übersichtlichen Registern versehen, halbjährlich als Buch erscheinen zu lassen; denn so sind die betreffenden Aufsätze jederzeit leicht aufzufinden und es wird das mühevolle Suchen erspart. Möge dem Unternehmen die Unterstützung, die es wirklich verdient, nicht fehlen, so dass die Redaction im Stande ist, es in der bisherigen Weise fortzuführen. Jena im Juli 1874. Julius Hertz. Dr. HofFmann's medicinischer Führer durch Wien, des- sen Unterrichts - , Sanitäts - und Humanitäts - Anstalten, nebst allen einschlägigen Gesetzen und einem vollständigen Verzeichnisse des medicinischen Lehrkörpers und sämmtli- cher Sanitätspersonen nach neuesten, authentischen Quellen bearbeitet. Wien 1874. Verlag von Karl Czermak, Buch- handlung für Medicin und Naturwissenschaften. I. Schot- tengasse 6. ist der Titel eines Bändchens in Duodezformat , in welchem der Ver- fasser seinem gestellten Programm auf 250 Seiten Text nachzukommen sucht Das mit vielem Fleisse bearbeitete Büchelchen wird für die mei- sten pharmaceutischen Fachgenossen wenig Interesse haben , jedoch kön- nen wir denselben die Capitel über „Oeffentliche Einrichtungen Büeherscliau; 479 Txaä hygienische Vorkehrungen" und über die „ Sanitäts- Verwaltung" empfehlen, welche manches JNachahmenswerthe, aber auch manches Mangel- hafte aufdecken. ' Verfasser bespricht in seinem Büchelchen die Naturver- hältnisse , den Umfang und die Baulichkeit , so wie den Stand und die Bewegung der Bevölkerung Wiens, die öfientlichen Einrichtungen und hygienischen Vorkehrungen und die Sanitäts - Verwaltung. Verordnungen und Erlasse des Minister's des Innern, die Unterrichtsanstalten, die aca- demischen Behörden, Institute, KKniken, Sammlungen, Krankenhäuser und Humanitätsanstalten, Fachliteratur und sonstige medic, Hülfsmittel, die Medicin auf der Weltausstellung und zum Schluss ein Namensver- zeichniss des gesammten Heil - und Sanitätspersonals. Uebrigens ist das Werkchen hübsch ausgestattet, nur vermissen wir ungern eine gute Karte oder einen Bauplan Wiens. Möge ein reicher Absatz dem Verfasser seine Mühe lohnen! Jena im Juli 1874. C. Schulze. Zur Apothekerfrage. Drei Gutachten, erstattet vom pharma- ceutischen Tünfer- Ausschuss in "Würtemberg. Stuttgart 1874. C. G-rüninger. Die vorliegenden Gutachten betreffen Vorlagen, welche seitens der Würtemberg. Regierung dem gewählten Ausschusse der Würtembergischen Apotheker zur Begutachtung vorgelegt wurden und zwar I. betreffs der an den Reichstag gerichteten Petition der Droguisten, III. des vom Eeichskanzleramte aufgestellten Programm's zur Berathung der Grund- sätze für einheitliche Ordnung des Apothekerwesens und II. einer an die Würtemberg. Ständeversammlung gerichteten Eingabe der Gesellschaft „ Hahnemannia, " betr. das Dispensirrecht der Aerzte. Jedem diesen Fragen Nahestehenden ist die Kenntniss dieser kleinen Brochüre zu empfehlen , da in kurzen Worten die sehr begründeten An- sichten des Ausschusses hier geboten werden. Eine Besprechung für und wider kann hier in der der Wissenschaft gewidmeten Zeitschrift nicht wohl stattfinden, aber jedenfalls werden die ausgesprochenen Urtheile die Anerkennung der meisten Fachgenossen besitzen, Dr. B. Meichardt. Dr. ÜdoSchwarzwäller, Lehrbuch der Spiritusfabrica- tion. Vierte vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 58 Holzschnitten und 11 Zahlentafeln. Hannover und Leipzig, Verlag von Cohen und Risch. 1874. 8. x. 554. 10 Mark. Die Spiritusfabrication ist Ivielleicht das bedeutendste der landwirth- schaftlichen Gewerbe ; um so mehr muss es auffallen, dass ausser dem vor- liegenden höchst ansehnlichen Werke keines voa neuestem Datum darüber existirt, denn Werke wie etwa „Hamilton' s sämmtliche Brennereierfah- rungen" sind veraltet und andere wie Gumbinner etc. sind für das abc der Brennerei berechnet. Für die Bedeutung des vorliegenden Buchs 480 Bücherschau. spricht schon der Umstand, dass es in vierter Auflage, und zwar wirk- lieh -perinehrter und verbesserter Auflage, vorliegt. Wer die vor zehn Jahren erschienene dritte Auflage mit dieser neuen vergleicht, wird fin- den, dass der Verf. mit Erfolg bemüht gewesen ist , nach allen Richtun- gen hin zu verbessern und das Buch dem gegenwärtigen Standpunkte des Gewerbes und seiner Entwickelung entsprechend herzustellen. Aus dem Texte ist manches geschwunden, was in frühern Auflagen noch nöthig erschien, dagegen ist Neues überall eingeschaltet worden, wo der Fort- schritt im Betrieb , wo die Technik in ihren Maschinen und Apparaten solches nothwendig erscheinen Hessen. Der Inhalt zeigt folgende Hauptabtheilungen : I. Eintheilung des Betriebs ; II. Material und dessen Vorbereitung ; III. das gährungsfähige Material; IV. die Gährungsgesetze; V. der Betrieb: a) Vorarbeiten, b) Maischbereitung, c) Abkühlung der Maische, d) üeberführung in den Gährraum und die Gährung, e) das Gährungsmittel und dessen Bereitung, f) Gährung der Maische, g) Rückblicke ; VI. die Destillation ; VII. andere RohstoflTe als Kartofl'eln zur Spiritusfabrication — wobei die Melasse viel- leicht etwas zu kurz fortgekommen ist — ; VIII. der Spiritus und der Verkehr damit ; IX. die Wärmequelle und die bewegende Kraft. Die in dem Text an den entsprechenden Stellen angebrachten Zah- lentafeln enthalten: 1) Bestimmung des Trocken- und Stärkegehalts der Kartofl'eln aus ihrem specifischen Gewicht nach Lüdersdorff, Bal- lin g und Fischern, der die Tabelle bis auf 34 Trockengehalt weiter geführt hat. 2) Ermittelung des specifischen Gewichts nach Balling. 3) Ermittelung des Stärkemehl- und Trockengehalts mit Krocker's Kartoffelprober. 4) Saccharometerprocente in ihrem Verhältniss zur Beaume'schen Senkwage. 5) Alkoholfactoren und Attenuationsquotien- ten für Zuckerlösungen ohne Neubildung von Hefe. 6) Dieselben für Branntweinmaischwürzen mit Hefenbildung. 7) Verhältniss zwischen spe- cifischem Gewicht und Saccharometerprocenten. 8) Alkoholausbeute aus jeder Art Rohmaterial. 9) Vergleichung der Volumprocente mit berech- neten und Ri chter'schen Gewichtsprocenten. 10) Gewicht der Spiri- tusvermischung mit "Wasser. 11) Vergleichung der specifischen Schwere der Lösungen von Zucker in reinem Wasser mit ihrem Zuckergehalte bei 140 T. Die grösste Bereicherung dieser neuen Auflage tritt bei den Illustra- tionen hervor, und die Verlagshandlung hat keine Opfer gescheut, um in dieser Richtung zu thun, was nur irgend gerechter Weise gefordert wer- den kann. Man kann ohne Bedenken sagen, dies Werk entspricht allen An- forderungen der heutigen Praxis und wird jedem einsichtsvollen Fachmann Nutzen und Freude gewähren. Dr. Meinrieh Böhnke - Reich. &alle, Bachdruckerei des Wainanhaases. ARCHIV DER PHARMACIE. 2. Band, 6. Heft. A. Originalmittheilimgen. lieber Arzneimittelprüfimgen. (Fortsetzung-,) Von E. Biltz, Apotheker in Erfurt. Bromkalium. 1. Prüfung auf bromsaures Kali. Man kann jedenfalls die völlige Abwesenheit dieser Ver- unreinigung verlangen ; die Probe der Pharmacopöe ist gut. Zu ihrer Ausführung bringt man ein "Wenig des zerriebenen Salzes auf recht weisses Porcellan, drückt es breit, und giebt in die Mitte einen Tropfen verdünnter Schwefelsäure. Der Procentgehalt an bromsaurem Kali verräth sich wie folgt: Bei 1 Procent wird die benetzte Stelle bräunlich, sofort Brom exhalirend. Bei Yio Pi'oc. citronengelb, von starkem Bromgeruch; Bei ^/^oo Proc. sehr blassgelb, aber Geruch noch wahr- nehmbar. Bei ^200 Proc. Färbung äusserst schwach, aber noch unzweifelhaft erkennbar, Greruch dagegen nicht. Bei ^/goo Proc. Färbung zweifelhaft. Bei Ysoo Pi'oc. keine Färbung wahrnehmbar. Diese Probe giebt ein schärferes Eesultat, als die Be- handlung in Lösung und Ausschüttelung des Broms durch Chloroform oder Aether, wodurch nur bis ^loo Procent und bei Anwendung grösserer Mengen ein deutlicher Erfolg er- zielt wird. Arch. d. Pharm. H. Bda. 6. Hft. 31 482 E. Biltz, lieber Arzneimittelprüfungen. Die Probe giebt also ^j^qq Proc. broms. Kali sicher an, und ist daher, das "Wort coloretur nach seiner absoluten Bedeutung aufgefasst, ausserordentlich scharf, indessen durch- aus nicht zu scharf, da sich derselben ohne Schwierigkeit genügen lässt. 2. Prüfung des Bromkalium's auf Gehalt an Jod- kalium. Um zu entscheiden, welches der zweckmässigste Weg zur Auffindung von Jodkalium im Bromkalium sei, glaube ich diesen interessanten Gegenstand ganz allgemein, und zwar mit Bücksicht auf alle verwandten Vorkommnisse der phar- maceutischen Praxis behandeln zu müssen. Wir haben näm- lich im Bereich der Pharm. German. theils freies Jod, theils verschiedenartige Jodverbindungen zu suchen im Brom, Acid. nitricum, Kalium bromatum und Natr. nitricum. Die Auffindung des Jods gründet sich fast ohne Aus- nahme auf seine Isolirung, und auf seine characteristischen Beactionen im freien Zustande. Da nun das Jod in unserm Bereiche in Verbindungen von entgegengesetzter chemischer Natur vorkommt, so müssen auch die Mittel zu seiner Isoli- rung dem entsprechend verschiedenartige sein; inner- halb der gleichartigen kann man sich dann wieder verschie- der empfindlicher Mittel bedienen, und endlich hat man auch mehrerlei Erkennungsmittel für das freigemachte Jod selbst. In unserm Bereich sind es bekanntlich einerseits die Verbindungen des Jods mit Wasserstofi" oder mit Metallen, andrerseits die Jodsauerstoffverbindungen, welche verschieden behandelt werden müssen. Die ersteren werden wir durch solche Mittel zersetzen, welche den Wasserstoff oder die Metalle oxydiren oder binden, die letzteren dagegen erfordern reducirende Mittel, Als Mittel der ersten Klasse werden angewendet : salpetrige Säure, rauchende Salpetersäure, übermangansaures Kali, Brom, Chlor, Eisenchlorid (die Wirkung des schwefel- sauren Kupferoxyds, welches ebenfalls aus Jodkalium Jod E. Biltz, Ueber Arzneinaittelprüfimgen. 483 frei maclit, gehört nicht hierher, sie ist vielmehr eine secun- däre, sofern nämlich kein Kupferjodid existirt, sondern sich Kupferjodür bildet, und die andre Hälfte des Jods in Freiheit tritt; darum ist sie auch eine wenig empfindliche, und zeigt z. B. Y2 Pfoc. Jodkalium im Bromkalium erst nach einer hal- ben Stunde an). Diese Mittel zerfallen wiederum in zwei Klassen, in solche, die im TJeberschuss schädlich wirken, d. h. das freigemachte Jod selbst oxydiren, so dass bei Mangel an Vorsicht die zu erwartende Eeaction auf das Erkennungsmit- tel ausbleibt; dies sind Brom, Chlor, Übermangans. Kali und die unverdünnte rauchende Salpetersäure — und in solche, von denen ein TJeberschuss ohne diese schädliche Wirkung ist; hierher gehören das Eisenchlorid und die verdünnte sal- petrige Säure (ohne zu grosse Beimischung von Salpeter- säure). Unter den reducirenden Mitteln sind hauptsächlich der Wasserstoff in statu nascendi (Zusatz der zu prüfenden Flüssigkeit zu Zink, welches vorher mit verdünnter Schwe- felsäure Übergossen, und in Wasserstoffentwicklung begriffen ist), und der Schwefelwasserstoff zu nennen, Sie dienen zur Isolirung des Jods aus der Jodsäure. Auch hier ist das eine im TJeberschuss schädlich, nämlich der Schwefelwasserstoff, welcher freies Jod unter Abscheidung von Schwefel in Jod- wasserstoff überführt, so dass die zu erwartende Jodreaction ausbleiben muss. Es scheint nun auf den ersten Blick, dass man die im TJeberschuss schädlich wirkenden Mittel beider Kategorieen von vornherein ausschliessen, und sich also einerseits nur der verdünnten salpetrigen Säure oder des Eisenchlorids, andrer- seits nur des Wasserstoffs in statu nasc. bedienen müsse. Die einzelnen Fälle werden darüber entscheiden, ob sich dies con- sequent durchführen lässt; Consequenz aber innerhalb gleich- artiger Vorkommnisse halte ich aus G-ründen der Logik so- wohl, als der Einfachheit für eine nothwendige Eigenschaft eines Gesetzbuches. Die Pharm. German. ist, vielleicht zum Zweck de8 TJnterrichts, hiervon abgewichen. 31* 484 E. Biltz, Ueber Ai-zneimittelprüfungea. Was endlich die Erkennung des freien Jods be- triift, so wird es sich auch hierbei darum handeln, am liebsten nur ein einziges Reagens consequent festzuhalten, da die Pharmacopöe nicht ein Lehrbuch sein soll, welches die viel- seitige Uebung des Experimentirenden zum Zwecke hat, son- dern ein Gesetzbuch, welches das Beste aus den Lehrbüchern für seine legislatorische Aufgabe heranzieht. Fast scheint es jedoch, als wenn die Pharm. German. auch hier den Zweck des Unterrichts vorzugsweise im Auge gehabt hätte, denn die Bezeichnung bald der Stärkelösung (bei der reinen Salzsäure), bald des Chloroforms, bald des Schwefelkohlenstoffs als Erken- nungsmittel des freien Jods lässt sich weder aus einer ver- schiedenen Empfindlichkeit dieser drei Stoffe, noch aus andern Rücksichten genügend begründen. Alle drei nämlich sind gleich scharfe Reagentien auf freies Jod , sie zeigen dasselbe noch bei Vsoo^ooo Verdünnung mit gleicher Sicherheit an, darüber hinaus mit gleicher Unsicherheit; alle drei lassen sich auch in der Mehrzahl der Fälle eins mit dem andern ver- tauschen, völlig gleichgültig ist es aber wohl in allen Fällen, ob man Chloroform oder Schwefelkohlenstoff anwendet, so dass die Vermehrung der Reagentien durch den letzteren überflüssig ofschemt (mir wenigstens erscheint die Färbung des Schwefelkohlenstoffs durch Minimalmengen Jod nur von einer andern Nuance, als die des Chloroforms, kaum aber intensiver). Gehen wir nun an der Hand dieser principiellen Erörte- rungen zur Betrachtung der einzelnen Fälle über, welche innerhalb der Pharm. German. die Auffindung des Jods zum Gegenstande haben. a) Erste Klasse, Isolirung des Jods aus seiner Ver- bindung mit Metallen (Auffindung des Jodkalium im Brom- kalium, des Jodnatrium im Natr, nitric). In der Voraussetzung, dass wir im Kalium bromat.*) und im Natr. nitric. zufolge des allgemeinen Verhaltens der *) Ein geringer Jodgehalt lässt sich nach meinen Versuchen durch Zusatz von etwas Brom zur Lösung des Bromkaliunj s und Eindampfen zur Trockne leicht entfernen. E. Biltz, Ueber Arzneimittelprüfungen 485 besten Handelswaare die gänzliche Abwesenheit des Jods for- dern können, habe ich die Proben überhaupt nur mit ^^qq und Yöo -Proc. Gehalt an Jodmetall ang-estellt. Indessen ver- hielten sich Bromkalium und Natr. nitr. yerschieden, sofern bei letzterem die Proben auch bei Yioo I*^oc. unzweifelhaft waren, bei ersterem aber nicht, so dass ich diese Forderung nicht aufrecht erhalten kann. Es hat daher ^^q Proc. als Grundlage der Prüfung gedient. Beide Salze wurden mit diesem Gehalt versehen, im Verhältniss 1 : 20 in Wasser gelöst, und immer 10 CO. dieser Lösungen zu den einzelnen Proben verwendet; die Erkennungsmittel werden zweckmässig vor Zusatz des E-eagens beigemischt, besonders bei Anstel- lung der Proben der Pharmacopöe, damit man vielleicht an der Wirkung der ersten Tropfen sieht, w^as der Ueberschuss wieder verdirbt. Acid. nitr. fumans. Dies Beagens im unverdünnten Zustande anzuwenden, ist nicht nur überaus lästig, sondern auch insofern bei unvorsichtigem Zusatz bedenklich, als es zugleich die stärkste Salpetersäure repräsentirt , welche wir besitzen, und daher kleine Mengen Jod mit Leichtigkeit zu oxydiren vermag. Die Probe ergab mit Zusatz eines Tropfens ein leidlich gutes Resultat, sowohl mit Amylum, als mit Chloroform, mehrere Tropfen schwächten jedoch die mit dem ersten Tropfen erhaltene Eeaction sichtlich. Man muss diese Säure daher nur verdünnt anwenden, wobei dann vorzugsweise die salpetrige Säure wirkt, die Wirkung der Salpetersäure aber abgeschwächt ist. Kali nitrosum, in 100 Th. Wasser gelöst, und mit etwas verdünnter Schwefelsäure versetzt. Dies Salz ist ge- wöhnlich im geschmolzenen Zustande in Stangenform im Han- del, und enthält nur sehr geringe Mengen salpetersaures Kali, so dass seine angesäuerte Lösung überwiegend nur salpetrige Säure repräsentirt, und selbst der verdünnten rauchenden Salpetersäure bei Weitem vorzuziehen ist. Die Proben ergaben selbst bei reichlichem Ueberschuss ein aus- gezeichnetes Resultat. 486 E. Biltz , lieber ArzneimittelprüfuDgen. Eisenchloridflüssigkeit wirkte ebenfalls sicher und im Ueberschusse unschädlich, jedoch sehr langsam, und ist jedenfalls entbehrlich. Für Chlorwasser in dieser Anwendungsweise gilt dasselbe, wie für acid. nitr. fum. Somit liegt für diese Anwendungsweise der Reagentien die Entscheidung auf Seiten des salpetrigsauren Kali, oder, bei Ermangelung desselben, des Ersatzes durch stark ver- dünnte rauchende Salpetersäure. b) Zweite Klasse, Isolirung des Jods aus seinen Sauerstoffverbindungen (Auffindung der Jodsäure in der Sal- petersäure und im Natr. nitricum). Man kann auch hier die vollständige Abwesenheit dieser Verunreinigung verlangen, also jede positive Reaction ver- bieten. Wasserstoff in statu nascendi. Man übergiesst ein Stückchen Zink oder etwas Zinkpulver mit verdünnter Schwefelsäure, und sobald die Wasserstoffentwicklung in regelmässigen Gang gekommen, setzt man die Lösung des Natr. nitric. hinzu. Hat man dieselbe bereits mit Stärkelö- sung vermischt, so erkennt man . früher oder später die am Zink stattfindende Reduction der Jodsäure an der hier auf- tretenden blauen Färbung. Will man das reducirte Jod durch Chloroform (oder Schwefelkohlenstoff) erkennen , so muss man die zu prüfende Flüssigkeit mindestens eine halbe Stunde mit dem Wasser- stoff entwickelnden Zink in Berührung lassen, bevor man das Chloroform zusetzt, sonst wird das Zink davon eingehüllt, die Gasentwicklung unterbrochen, und die allmählige Reduc- tion der Jodsäure unmöglich gemacht. Die Probe giebt bei ^50 P^^oc. jodsaurem Natron im Natr. nitric. im Verlauf etwa einer Stunde ein gutes Resultat, bei ^/25 Proc. in etwas kürzerer Zeit. Sie ist selbstverständlich nicht anwendbar zur Prüfung der Salpetersäure, und es tritt hier der Fall ein, dass man die im Ueberschuss schädlichen Mittel nicht ausschliessen kann. Man bedient sich dess- halb des E. Biltz, Ueber Arzneimittelprüfungen. 487 Schwefelwasserstoffs, dessen "Wasserstoff die Jod- säure reducirt, unter Abscheidung von Schwefel. Da aber der geringste Ueberschuss an Schwefelwasserstoff das freige- iaachte Jod in Jodwasserstoff verwandelt, und dadurch die erwartete Jodreaction verhindert, so muss man das Schwe- felwasserstoffwasser verdünnt anwenden, und nach Zu- satz jedes einzelnen Tropfens beobachten, ob die mit Stär- kelösung vermischte Flüssigkeit blaue Färbung zeigt, oder das Chloroform beim Schütteln sich röthlich färbt. Yom unverdünnten Eeagens wird gewöhnlich schon ein einzi- ger Tropfen zu viel sein, wenn man ihn sogleich mit der Flüssigkeit mischt, und dann erst das Erkennungsmittel, Stär- kelösung oder Chloroform, hinzufügt; dieser Möglichkeit lässt aber der Wortlaut der Pharm. German. freien Spielraum, und ihre Methode ist desshalb in dieser Form fehlerhaft. Ich werde am Schluss dieser kritischen Untersuchungen die Me- thode genau angeben, wie sich mit den im Ueberschusse schädlichen Reagentien, also hier mit dem Schwefelwasser- stoff, ganz vorzügliche Resultate erzielen lassen, und gehe desshalb an dieser Stelle nicht weiter darauf ein. c) Dritte Klasse, Ueberführung des Jods in Jodme- tall, und nachherige Behandlung nach Klasse a (Auffindung des Jods im Brom). Da mehrere von mir untersuchte Parthieen Brom völlig jodfrei waren, so nehme ich auch hier an, dass man die Ab- wesenheit des Jods fordern solle. Zur Erkennung desselben ist es nothwendig, das Brom nebst seinem Jodgehalt in solche : Verbindungen überzuführen, aus denen das Jod zufolge seiner schwächeren Affinität früher als das Brom abgeschieden, und dadurch gesondert von dem- selben erkannt werden kann. Die Pharm. German. hat mit der Lösung des Broms in Natronlauge (Bildung von Bromnatrium und bromsaurem Na- tron, Jodnatrium und jodsaurem Natron) und Wiederzersetzung dieser Flüssigkeit durch rauchende Salpetersäure im Ueber- schuss , eine Methode vorgeschrieben, welche mir trotz exac- 488 E. liiltz, Ueber Arzneimittelpriifungen. ter Ausführung ein befriedigendes Resultat nicht gegeben hat, und da sie ausserdem zu den lästigsten Operationen für die Respirationsorgane gehört, so habe ich sie nicht weiter studirt. Es existiren andere Methoden, welche ohne solche Belästigung ein glänzendes Resultat geben. Ich empfehle die folgende als die beste: Man löst das zu prüfende Brom in 40 Th. Wasser, giesst dies Bromwasser, unter Zurücklassung eines kleinen Theiles, auf eine genügende Menge Eisenpulver, schüttelt etwa eine Minute (d. h. bis zur vollständig erfolgten Bildung von Brom- und Jodeisen), lässt klar absetzen, giesst die farblose Flüs- sigkeit vom überschüssigen Eisen in einen Reagircylinder ab, vermischt sie mit Stärkelösung, und lässt nun von dem zurückbehaltenen Bromwasser einige Tropfen vorsichtig oben auffliessen. Zwischen der unteren farblosen und der oberen gelben Flüssigkeit wird sich dann bei Anwesenheit von Eisen- jodür eine blaue Schicht von Jodstärke zeigen, indem das Brom aus dem Eisenjodür Jod frei macht, aber dieses Jod nicht wieder binden oder oxydiren kann, weil es an dieser Grenzschicht nicht im üeberschusse zu wirken vermag; denn es begegnet hier an jedem Puncto überschüssigem Eisenjo- dür. Man erkennt auf diese Weise ^j.^^ bis ^jq Proc. Jod im Brom leicht und rasch, ja noch geringere Mengen, wenn man die Eisenflüssigkeit filtrirt anwendet. Hierbei kann man sich zur Zersetzung des Eisenjodürs statt des Bromwassers nicht der salpetrigen Säure oder der verdünnten rauchenden Salpetersäure bedienen , weil die dem Eisenoxydul entsprechende .Eisenflüssigkeit durch beide Rea- gentien sofort geschwärzt wird. Schlussfolgerungen. Prüfen wir nun die Eingangs aufgeworfene Frage, ob es nicht vorzuziehen sei, die im Ueber- schuss schädlich wirkenden Pteagentien gänzlich auszuschliessen, so finden wir, dass dies nicht in allen Fällen möglich ist. Denn zur Auffindung der Jodsäure in der Salpetersäure kön- nen wir die Methode des Wasserstofl's in statu nasc. nicht gebrauchen, wir müssen uns des Schwefelwasserstoffs bedienen j E. Biltz, Ueber Arzneimittelprüfungen.i 489 bei der Prüfung des Broms auf Jod können wir aus den dort angeführten G-ründen wiederum die salpetrige Säure nicht anwenden u. s. w. kurz, es lässt sich aus dem obigen G-e- sichtspuncte im Gebiete der Jodproben weder Verbesserung noch Vereinfachung erreichen. In der That wird jene Präge bei gründlicher Durcharbeitung des Gegenstandes gerade entgegengesetzt beantwortet, nämlich dahin, dass die im TJeberschuss schädlichen E,e agen tien bei sachge- mässer Behandlung ganz untrüglich sind, und die vorzüglichsten Besultate geben. Wohin sie freilich bei unvorsichtiger Behandlung führen können, will ich vor der näheren Erörterung meiner Prü- fungsweise an einem schlagenden Beispiele darthun, welches einem übrigens sehr beachtenswerthen neueren Werke ent- nommen ist. (Ich muss darüber so weitläufig werden, weil es durchaus nothwendig ist, solche Dinge bei Zeiten zu moni- ren , um vor den gröbsten Irrthümern bewahren zu helfen). Es heisst daselbst, „dass 2 g. Natr. nitricum behufs Prüfung auf Jodnatrium mit 8 g. Chlorwasser gemischt werden sollen, und dass der mit dieser Flüssigkeit geschüttelte Schwefel- kohlenstoff sich bei Anwesenheit von Jodnatrium roth färben werde." Nehmen wir an , dass das zu prüfende Natr. nitri- cum die enorme Menge von einem ganzen Procent Jodna- trium enthalte, so sind in 2 g. 0,02 vorhanden. Nun müs- sen in 8 g. Chlorwasser mindestens 0,4 Procent Chlor sein, d. h. == 0,0320. Die 0,02 Jodnatrium erfordern aber nur 0,0047 Chlor' zur Isolirung des Jods, es sind also 0,0273 Chlor zu viel vorhanden, welche das ausgeschiedene Jod (nämlich 0,017 Jod aus 0,02 Jodnatrium) sogleich vollständig zu oxy- diren vermögen. Denn 5 Aequiv. Chlor oxydiren 1 Aequiv. Jod zu Jodsäure, also werden 0,0273 Chlor 0,019 Jod oxy- diren können, d. h. mehr als vorhanden ist. Von einer Bothfärbung des mit dieser Probeflüssigkeit geschüttelten Schwefelkohlenstoffs kann also keine Bede sein, und es folgt daraus, dass man nach einer solchen Vorschrift ein ganzes 490 E. Biltz, üeber Arzneimittelprüfungen. Pro Cent Jodnatrium geradezu übersieht, ja noch mehr, da 0,4 Proc. Chlor im Chlorwasser der gesetzliche Minimal- g ehalt desselben ist! Von der Richtigkeit des Exempels kann sich Jedermann durch den directen Versuch über- zeugen. Ich behaupte aber trotzdem, das8 diese im TJeberschuss schädlichen Mittel bei richtigem Verfahren die besten Resultate geben, und dass sich die sämmtlichen im Bereich der Pharm. German. vorkommenden Proben auf Jod dadurch wesentlich vereinfachen lassen. Während wir bisher acht Reagentien (rauchende Salpetersäure, Chlor, Schwefelwasser- stoff, Zink, Schwefelsäure, Stärke, Chloroform, Schwefelkoh- lenstoff) gebrauchten, werden wir nach dem von mir anzuge- benden Verfahren mit der Hälfte ausreichen: mit dem Chlor für die Jodmetalle, mit dem Schwefelwasserstoff für die Jod- säure, mit dem Amylum als Erkennungsmittel des freien Jods. Ich bevorworte noch, dass es nicht neue Reactionen sind, welche ich angebe, sondern eine nicht allgemein angewandte Reactionsweise, die aber auf verschiedenem Gebiete, und namentlich auf dem vorliegenden, nach meinen langjährigen Erfahrungen die schärfsten und zugleich zuverlässigsten Re- sultate giebt. Das Verfahren gründet sich darauf, dass man die im TJeberschus se schädlichen Reagentien nicht mit der ganzen Probeflüssigkeit mischt, sondern sie in der Weise zufügt, dass sie oben auf schwimmen, und dass sich dadurch eine Grenz- schicht bildet, unterhalb welcher der gesuchte Körper, oberhalb welcher das Reagens im TJeber- schuss ist. Hieraus folgt ganz einfach, dass sich innerhalb dieser Grenzschicht eine Zone bilden wird, in welcher das Reagens genau nicht mehr als die verlangte erste Wirkung ausüben kann, in unserm Falle also nur die Ausscheidung von Jod aus Jodmetallen oder Jodsäure, aber keine weitere Veränderung des Jods bewirken kann. Bedarf man, wie beim Jod, eines besondern Erkennungsmittels, so muss dasselbe vor Zusatz des Reagens mit der ganzen Probe- E. Biltz, Ueber Arzneimittelprüfungen. 491 flüssigkeit vermischt werden, man wird sich daher in unserm Palle nur der Stärkelösung bedienen können, und auf die elegante Erkennung durch Chloroform oder Schwefelkohlen- stoff verzichten müssen — wiewohl es fraglich ist, ob eine prachtvolle Jodstärkezone zwischen zwei Flüssigkeiten nicht die gleiche Berechtigung hat, eine elegante E,eaction genannt zu werden. Eine Hauptbedingung für ein zuverlässiges Eesultat ist natürlich die, dass die Probeflüssigkeit specifisch schwerer ist, als das zugesetzte Eeagens, weil sich im entgegengesetzten Falle gerade das ereignen würde, was man zu vermeiden hat, nämlich die vollständige Mischung mit dem Eeagens, Je schwerer die untere Flüssigkeit ist, um so schärfer und schöner tritt die Reaction auf. Im Allgemeinen sind nun aber die zu